Kopf
Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Jelinek als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichts Dr. Herberger und MMMag. Frank in der Rechtssache der klagenden Partei S***** K*****, Unternehmer, *****, Republik Kasachstan, vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Mag. A***** E*****, Rechtsanwältin in Wien, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der A*****-GmbH, *****, wegen (richtig) EUR 70.634,40 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 10.1.2007, 32 Cg 140/06i-3, den Beschluss:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, und die Rechtssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung über den Antrag der beklagten Partei auf Festsetzung einer aktorischen Kaution an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass ihm im Konkurs der Gemeinschuldnerin eine Konkursforderung von EUR 70.634,40 sA zustehe; entgegen den Annahmen beider Streitteile entspricht dieser Betrag ex lege dem Streitwert (RIS-Justiz RS0042401). Die Beklagte stellte am Beginn ihrer Klagebeantwortung den Antrag auf Festsetzung einer aktorischen Kaution von EUR 10.000,--; in weiterer Folge bestritt sie das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach.
Mit dem angefochtenen Beschluss trug das Erstgericht dem Kläger auf, binnen 14 Tagen eine aktorische Kaution von EUR 10.000,-- zu erlegen, widrigenfalls die Klage auf Antrag der Beklagten für zurückgenommen erklärt werden würde.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss wendet sich der vorliegende Rekurs des Klägers aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung dahin abzuändern, dass der Antrag der Beklagten auf Festsetzung einer aktorischen Kaution abgewiesen werde; in eventu, dass die Kaution mit EUR 3.000,-- und die Erlagsfrist mit 10 Wochen ab Rechtskraft des Beschlusses festgesetzt werde. Weiters wird hilfsweise ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Rekurs ist berechtigt.
Das Gesetz sieht eine Vernehmung des Klägers über einen Antrag auf Festsetzung einer aktorischen Kaution nicht ausdrücklich vor. Dennoch muss das rechtliche Gehör des Klägers nach einhelliger Ansicht gewahrt werden (Schoibl in Fasching/Konecny, ZPO² § 59 Rz 18 mwN). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an, zumal der Kläger nur im Rahmen einer Vernehmung die Möglichkeit hat, Befreiungstatbestände iSd § 57 Abs 2 ZPO zu behaupten und unter Beweis zu stellen (siehe zur Beweislast des Klägers Schoibl aaO, § 57 Rz 69 mwN). Im hier zu beurteilenden Fall hat es der Erstrichter verabsäumt, den Kläger vor der Beschlussfassung - sei es mündlich, sei es schriftlich - zu hören. Die Entscheidung ist daher gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO (iVm § 514 Abs 2 ZPO) in Stattgebung des vorliegenden Rekurses als nichtig aufzuheben (Schoibl aaO, § 59 Rz 19 mwN; vgl RIS-Justiz RS0111369).Das Gesetz sieht eine Vernehmung des Klägers über einen Antrag auf Festsetzung einer aktorischen Kaution nicht ausdrücklich vor. Dennoch muss das rechtliche Gehör des Klägers nach einhelliger Ansicht gewahrt werden (Schoibl in Fasching/Konecny, ZPO² Paragraph 59, Rz 18 mwN). Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an, zumal der Kläger nur im Rahmen einer Vernehmung die Möglichkeit hat, Befreiungstatbestände iSd Paragraph 57, Absatz 2, ZPO zu behaupten und unter Beweis zu stellen (siehe zur Beweislast des Klägers Schoibl aaO, Paragraph 57, Rz 69 mwN). Im hier zu beurteilenden Fall hat es der Erstrichter verabsäumt, den Kläger vor der Beschlussfassung - sei es mündlich, sei es schriftlich - zu hören. Die Entscheidung ist daher gemäß Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO in Verbindung mit Paragraph 514, Absatz 2, ZPO) in Stattgebung des vorliegenden Rekurses als nichtig aufzuheben (Schoibl aaO, Paragraph 59, Rz 19 mwN; vergleiche RIS-Justiz RS0111369).
Im fortgesetzten Verfahren wird der Kläger über den Antrag der Beklagten schriftlich oder mündlich einzuvernehmen sein. Die Ansicht, eine mündliche Verhandlung sei stets unerlässlich (Schoibl aaO, § 59 Rz 18 mwN; OLG Wien 2 R 258/01b unter Hinweis auf § 239 Abs 3 ZPO idF vor der ZVN 2002), wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Gegen die Richtigkeit dieser Auffassung lässt sich zunächst sowohl § 261 Abs 1 Satz 1 ZPO als auch § 260 Abs 1 Satz 2 ZPO ins Treffen führen, wonach über einen auf § 239 Abs 3 Z 3 ZPO gestützten Antrag eine abgesonderte Verhandlung anberaumt werden "kann". Auch die Absicht des Gesetzgebers, den Kläger vor dem Auflaufen unbesicherter Verfahrenskosten nach Möglichkeit zu schützen, spricht gegen das zwingende Erfordernis einer Verhandlung (ebenso G. Kodek aaO, § 261 Rz 13). Schließlich können Befreiungstatbestände iSd § 57 Abs 2 ZPO oft schon allein durch aussagekräftige Urkunden bewiesen werden. Nur wenn der Kläger zur Untermauerung seines Vorbrin- gens seine eigene Vernehmung und/oder die Einvernahme von Zeugen beantragt, werden diese Beweise im Rahmen einer kontradiktorischen Verhandlung aufzunehmen sein. Nach der Einholung einer Stellungnahme des Klägers und allfälligen Beweisaufnahmen wird über den Antrag der Beklagten neuerlich eine begründete Entscheidung zu fällen sein. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.Im fortgesetzten Verfahren wird der Kläger über den Antrag der Beklagten schriftlich oder mündlich einzuvernehmen sein. Die Ansicht, eine mündliche Verhandlung sei stets unerlässlich (Schoibl aaO, Paragraph 59, Rz 18 mwN; OLG Wien 2 R 258/01b unter Hinweis auf Paragraph 239, Absatz 3, ZPO in der Fassung vor der ZVN 2002), wird vom erkennenden Senat nicht geteilt. Gegen die Richtigkeit dieser Auffassung lässt sich zunächst sowohl Paragraph 261, Absatz eins, Satz 1 ZPO als auch Paragraph 260, Absatz eins, Satz 2 ZPO ins Treffen führen, wonach über einen auf Paragraph 239, Absatz 3, Ziffer 3, ZPO gestützten Antrag eine abgesonderte Verhandlung anberaumt werden "kann". Auch die Absicht des Gesetzgebers, den Kläger vor dem Auflaufen unbesicherter Verfahrenskosten nach Möglichkeit zu schützen, spricht gegen das zwingende Erfordernis einer Verhandlung (ebenso G. Kodek aaO, Paragraph 261, Rz 13). Schließlich können Befreiungstatbestände iSd Paragraph 57, Absatz 2, ZPO oft schon allein durch aussagekräftige Urkunden bewiesen werden. Nur wenn der Kläger zur Untermauerung seines Vorbrin- gens seine eigene Vernehmung und/oder die Einvernahme von Zeugen beantragt, werden diese Beweise im Rahmen einer kontradiktorischen Verhandlung aufzunehmen sein. Nach der Einholung einer Stellungnahme des Klägers und allfälligen Beweisaufnahmen wird über den Antrag der Beklagten neuerlich eine begründete Entscheidung zu fällen sein. Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz 2, ZPO.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00618 3R28.07wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:2007:00300R00028.07W.0321.000Dokumentnummer
JJT_20070321_OLG0009_00300R00028_07W0000_000