Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Privatanklagesache gegen Karin Maria T***** wegen des Vergehens nach § 91 Abs 1 und 2a iVm § 86 Abs 1 Z 1 UrhG, AZ 39 E Hv 166/05s des Landesgerichtes Wiener Neustadt, über den Antrag des Generalprokurators auf außerordentliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 27. März 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Privatanklagesache gegen Karin Maria T***** wegen des Vergehens nach Paragraph 91, Absatz eins und 2a in Verbindung mit Paragraph 86, Absatz eins, Ziffer eins, UrhG, AZ 39 E Hv 166/05s des Landesgerichtes Wiener Neustadt, über den Antrag des Generalprokurators auf außerordentliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Im Strafverfahren gegen Karin Maria T*****, AZ 39 E Hv 166/05s des Landesgerichtes Wiener Neustadt, wird die außerordentliche Wiederaufnahme verfügt, der Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. November 2006, AZ 23 Bs 312/06k (ON 12), und die Endverfügung des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 27. November 2006 (S 3) werden aufgehoben und die Sache wird zur Durchführung des Berufungsverfahrens an das Oberlandesgericht Wien verwiesen.
Text
Gründe:
Karin Maria T***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 28. August 2006, GZ 39 E Hv 166/05s-6, des Vergehens nach § 91 Abs 1 und 2a iVm § 86 Abs 1 Z 1 UrhG schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. In ihrer Eingabe vom 31. August 2006 erklärte die Angeklagte, „Einspruch", mit dem Beisatz „wegen neuer Beweisführung durch Zeugen", gegen das Urteil zu erheben. Dieses Schreiben wurde dem Landesgericht Wiener Neustadt am 1. September 2006 im Wege des Telefax übermittelt (ON 7).Karin Maria T***** wurde mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 28. August 2006, GZ 39 E Hv 166/05s-6, des Vergehens nach Paragraph 91, Absatz eins und 2a in Verbindung mit Paragraph 86, Absatz eins, Ziffer eins, UrhG schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. In ihrer Eingabe vom 31. August 2006 erklärte die Angeklagte, „Einspruch", mit dem Beisatz „wegen neuer Beweisführung durch Zeugen", gegen das Urteil zu erheben. Dieses Schreiben wurde dem Landesgericht Wiener Neustadt am 1. September 2006 im Wege des Telefax übermittelt (ON 7).
Der Akt wurde mit Vorlagebericht vom 12. Oktober 2006 (ON 9) dem Oberlandesgericht Wien mit dem Bemerken vorgelegt, die Berufung sei am 1. September 2006 verspätet angemeldet worden. Mit Beschluss vom 20. November 2006, AZ 23 Bs 312/06k, wurde die Berufung der Karin Maria T***** als verspätet zurückgewiesen (ON 12).
Am 27. November 2006 traf die Einzelrichterin die Endverfügung (S 3). Die Angeklagte teilte mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 dem Oberlandesgericht Wien mit, dass sie den „Einspruch" am 31. August 2006 zur Post gegeben und das Schreiben am nächsten Tag lediglich zur Kenntnisnahme an die Einzelrichterin per Fax weitergeleitet habe. Sie schloss eine Ablichtung des Aufgabescheines mit der Nummer „*****" an. Wie dem Gesamtabgabeschein der Post vom 1. September 2006 zu entnehmen ist, wurde dieses Schreiben von der Einlaufstelle des Landesgerichtes Wiener Neustadt auch tatsächlich übernommen (siehe Akt AZ 23 Bs 312/06k des Oberlandesgerichtes Wien), jedoch dem Strafakt nicht angeschlossen, obgleich die Überwachung des Eingangs des Originals angeordnet worden war (S 37 des Strafaktes).
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Richtigkeit der dem Zurückweisungsbeschluss zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachenannahmen, dass die Verurteilte erst am 1. September 2006 ein Rechtsmittel angemeldet hat, bestehen, wie der Generalprokurator in seinem Antrag auf Prüfung der Akten (§ 362 Abs 1 Z 2 StPO) zutreffend aufzeigt, erhebliche Bedenken. Ob die Angeklagte die Anmeldung des Rechtsmittels rechtzeitig vorgenommen hat, ist eine Frage tatsächlicher Natur, die das Berufungsgericht zu entscheiden hat. Der von der Angeklagten mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 vorgelegte Aufgabeschein und die Ergebnisse der Erhebungen bezüglich der Übernahme der Postsendung durch das Landesgericht Wiener Neustadt stehen im Widerspruch zur Beurteilungsgrundlage, von welcher das Oberlandesgericht bei seiner Zurückweisungsentscheidung ausgegangen ist.Gegen die Richtigkeit der dem Zurückweisungsbeschluss zu Grunde gelegten entscheidenden Tatsachenannahmen, dass die Verurteilte erst am 1. September 2006 ein Rechtsmittel angemeldet hat, bestehen, wie der Generalprokurator in seinem Antrag auf Prüfung der Akten (Paragraph 362, Absatz eins, Ziffer 2, StPO) zutreffend aufzeigt, erhebliche Bedenken. Ob die Angeklagte die Anmeldung des Rechtsmittels rechtzeitig vorgenommen hat, ist eine Frage tatsächlicher Natur, die das Berufungsgericht zu entscheiden hat. Der von der Angeklagten mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 vorgelegte Aufgabeschein und die Ergebnisse der Erhebungen bezüglich der Übernahme der Postsendung durch das Landesgericht Wiener Neustadt stehen im Widerspruch zur Beurteilungsgrundlage, von welcher das Oberlandesgericht bei seiner Zurückweisungsentscheidung ausgegangen ist.
Somit ist eine (nicht vom Obersten Gerichtshof selbst getroffene) letztinstanzliche Entscheidung eines Strafgerichtes auf einer in tatsächlicher Hinsicht objektiv bedenklichen Verfahrensgrundlage ergangen, ohne dass dem Gericht ein Rechtsfehler anzulasten ist. Demnach kommt die analoge Anwendung der Bestimmungen über die außerordentliche Wiederaufnahme nach § 362 StPO (durch den Obersten Gerichtshof) in Betracht (13 Os 63/03).Somit ist eine (nicht vom Obersten Gerichtshof selbst getroffene) letztinstanzliche Entscheidung eines Strafgerichtes auf einer in tatsächlicher Hinsicht objektiv bedenklichen Verfahrensgrundlage ergangen, ohne dass dem Gericht ein Rechtsfehler anzulasten ist. Demnach kommt die analoge Anwendung der Bestimmungen über die außerordentliche Wiederaufnahme nach Paragraph 362, StPO (durch den Obersten Gerichtshof) in Betracht (13 Os 63/03).
Um die auf anderem Weg nicht behebbare (vgl 12 Os 4/03) Benachteiligung der Angeklagten auszugleichen (Ratz, WK-StPO § 362 Rz 12 f, insbes 17), war daher im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens zugunsten der Verurteilten anzuordnen.Um die auf anderem Weg nicht behebbare vergleiche 12 Os 4/03) Benachteiligung der Angeklagten auszugleichen (Ratz, WK-StPO Paragraph 362, Rz 12 f, insbes 17), war daher im außerordentlichen Weg die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens zugunsten der Verurteilten anzuordnen.
Anmerkung
E83805 11Os17.07wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0110OS00017.07W.0327.000Dokumentnummer
JJT_20070327_OGH0002_0110OS00017_07W0000_000