Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Friedrich H*****, vertreten durch Dr. Harald Hauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Manfred S*****, vertreten durch Dr. Ernst Blasl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Beseitigung, infolge Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Landesgerichts Wr. Neustadt als Berufungsgericht vom 30. Mai 2005, GZ 17 R 76/05f-46, womit das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 14. Dezember 2004, GZ 8 C 1287/01v-42, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
Der Revision wird nicht und dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird in Ansehung des Entfernungsbegehrens aufgehoben und insoweit in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass das Begehren, der Beklagte sei schuldig, die am Balkongeländer seines Hauses A*****gasse 16 in ***** K***** angebrachte Videokamera bzw Videokameras vortäuschende Attrappen zu entfernen, abgewiesen wird.
Die Kosten des Revisions- und des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft A*****gasse 14, der Beklagte Eigentümer der benachbarten Liegenschaft A*****gasse 16 in K*****.
Der Kläger begehrt zuletzt, den Beklagten schuldig zu erkennen,
1. es künftig zu unterlassen, mittels Videokamera das Haus und den Gartenbereich des Klägers zu überwachen bzw zu filmen bzw den Eindruck einer derartigen Tätigkeit mittels Attrappen von Videokameras zu erwecken,
2. die am Balkongeländer seines Hauses A*****gasse 16 in K***** angebrachte Videokamera bzw Videokameras vortäuschende Attrappen zu entfernen bzw ihren Einstellungswinkel derartig zu verändern, dass durch ihren Betrieb das Haus und der Garten des Klägers nicht überwacht bzw gefilmt werden kann bzw auch nicht der Eindruck des Überwachens bzw Filmens von Haus und Garten des Klägers erweckt werden kann.
Der Beklagte habe am Balkon seines Hauses eine ferngesteuert schwenkende Videokamera angebracht. Er verfüge über mehrere Überwachungsgeräte. Die Videokamera überwache in einer Einstellung das Küchenfenster und die Haustüre und den Garteneingang des Hauses des Klägers, in der anderen Stellung den Garten des Klägers zur Gänze. Der Kläger könne nicht kontrollieren, ob die Kamera an einem Betriebssystem angeschlossen bzw in Betrieb oder eine Attrappe sei. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Er habe im Frühjahr 2001 eine im Handel erhältliche Attrappe eines kleinen Videoüberwachungsgeräts zum Zweck der Abschreckung von Einbrechern gekauft und im Juni 2001 am Balkon seines Hauses montiert, weil immer wieder Grasschnitt, Müll oder andere Gegenstände über die Grundstücksgrenze geworfen worden seien. Durch die Errichtung der Videokameraattrappe sollten auch die Nachbarn abgeschreckt werden. Die Attrappe sei niemals direkt ausschließlich auf den Nachbargrund gerichtet „bzw zumindestens niemals absichtlich in dieser Richtung gerichtet" gewesen. Weil sie leicht beweglich sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Wind die Attrappe bewegt und diese zeitweise einen Winkel eingenommen habe, der vom Beklagten nicht beabsichtigt gewesen sei. Die Attrappe sei mit dem Stromnetz nicht verbunden. Sie weise auch kein funktionierendes Kameragehäuse auf. Da die Attrappe nie in Betrieb genommen werden könne, sei die Unterlassungsklage nicht zulässig. Die Attrappe sei außerdem bereits im April 2002 entfernt worden.
Das Erstgericht gab den Klagebegehren statt. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
In Absprache mit dem Beklagten brachte dessen Lebensgefährtin Anfang Juli 2001 ein Gerät, bei dem es sich entweder um eine echte Videokamera oder um eine Attrappe einer Videokamera handelte, auf der obersten waagrechten Holzplanke des Balkongeländers des Hauses des Beklagten an. Es kann nicht festgestellt werden, ob das Gerät eine echte Videokamera oder eine Attrappe einer Videokamera war. Anlass für die Anbringung des Gerätes war, dass nach Meinung des Beklagten Gartenabfall und dergleichen vom Grundstück des Klägers auf dasjenige des Beklagten geworfen worden war. Außerdem sollte das Gerät einen Schutz gegen Einbrecher bieten. Das Gehäuse dieses Gerätes war relativ leicht beweglich. Eine Veränderung der Stellung des Gerätes durch den Wind war möglich. Die Ehegattin des Beklagten verdrehte das Objektiv dieses Gerätes immer wieder so, dass das Objektiv einmal auf die eine und einmal auf die andere Seite gerichtet war, so auch auf den Grillplatz des Beklagten, der unmittelbar an die Grundgrenze zur Liegenschaft des Klägers angrenzt. Das Objektiv dieses Gerätes war vor und bei Klagseinbringung mehrfach so ausgerichtet, dass der theoretische Erfassungsbereich auch Teile der Liegenschaft des Klägers erfasste, so etwa den Bereich der Eingangstüre des Hauses des Klägers und den Gartenbereich.
Der Kläger forderte den Beklagten mit Schreiben vom 3. 7. 2001 auf, die Videokamera zu entfernen. Es kann nicht festgestellt werden, dass dieses Schreiben dem Beklagten nicht zugekommen ist. Der Beklagte reagierte auf diesen Brief nicht.
Ungefähr Anfang September 2001 montierte der Beklagte im Bereich vor dem auf dem Balkongeländer angebrachten Gerät eine Plexiglasabdeckung. Durch diese wurde das Gerät, insbesondere dessen Objektiv, zum Grundstück des Klägers hin nicht vollständig abgedeckt. Die theoretische Erfassungsmöglichkeit von Teilen der Liegenschaft des Klägers war nach wie vor gegeben.
Anfang April 2002 entfernte der Beklagte das Gerät vom Balkongeländer, Ende April 2003 auch die Plexiglasblende. Einige Wochen nach der Befestigung der Plexiglasblende deponierte der Beklagte im Bereich der Balkonverkleidung eine Pappkartonschachtel, in die er ein aus der Entfernung einem Objektiv einer Videokamera ähnliches Gerät gesteckt hatte. Ob es sich dabei um das Objektiv einer Videokamera, eine Attrappe oder einen anderen Gegenstand handelte, war für den Kläger nicht erkennbar und kann auch nicht festgestellt werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass auf dem Grundstück des Beklagten eine verdeckte Videokamera unter einer Attrappe einer Satellitenschüssel situiert war.
Es kann nicht festgestellt werden, dass es für den Kläger erkennbar war, ob es sich bei dem Anfang Juli 2001 auf dem Balkongeländer des Hauses des Beklagten montierten Geräts um eine echte Videokamera oder nur um eine Kameraattrappe handelte.
Rechtlich folgerte das Erstgericht aus seinen Feststellungen, dass das Recht des Klägers auf Achtung seines Privatbereichs und der Geheimsphäre verletzt worden sei. Es sei dabei unerheblich, ob der Beklagte tatsächlich eine Videokamera angebracht habe oder ob sich der Kläger durch eine bloße Attrappe beobachtet fühle. Über Berufung des Beklagten bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts im Unterlassungsausspruch. Im Beseitigungsausspruch hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Es verneinte die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die Begründetheit der Beweisrüge, sofern diese rechtlich erhebliche Feststellungen betrifft. Rechtlich sei es unerheblich, ob es sich um eine Kamera oder nur um eine Attrappe handle. Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, nach den Grundsätzen der oberstgerichtlichen Entscheidung 7 Ob 89/97g sei ein Eingriff in das Recht nach § 16 ABGB durch eine Kameraattrappe zu bejahen, weil durch die Attrappe für den Kläger der Eindruck erweckt werden könne, er werde beobachtet. Außerdem könne der Beklagte die Attrappe jederzeit gegen ein funktionstüchtiges Gerät austauschen. Der Kläger müsse aus eigenem Antrieb nicht herausfinden, ob es sich nur um eine Attrappe handle. In Bezug auf das Beseitigungsbegehren sei die Sache noch nicht spruchreif. Das Erstgericht habe zwar festgestellt, dass der Beklagte im April 2002 die Kameraattrappe entfernt habe; es habe jedoch auch festgestellt, einige Wochen nach Befestigung der Plexiglasblende sei im Bereich der Balkonverkleidung eine Pappkartonschachtel angebracht worden, die ebenfalls entweder eine Kamera oder eine Attrappe enthalten habe. Ob und gegebenenfalls wann dieses Gerät entfernt wurde, sei nicht festgestellt worden. Wenn es schon vor dem Schluss der Verhandlung erster Instanz entfernt und keine weitere Kameraattrappe angebracht worden wäre, so wäre das Entfernungsbegehren wegen Erfüllung abzuweisen. Dieser Umstand sei im fortgesetzten Verfahren zu erörtern; gegebenenfalls seien dazu Beweise aufzunehmen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die Revision gegen das Teilurteil und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht über eine „mögliche Verletzung des § 16 ABGB durch Kamera-Attrappen" entschieden habe.Rechtlich folgerte das Erstgericht aus seinen Feststellungen, dass das Recht des Klägers auf Achtung seines Privatbereichs und der Geheimsphäre verletzt worden sei. Es sei dabei unerheblich, ob der Beklagte tatsächlich eine Videokamera angebracht habe oder ob sich der Kläger durch eine bloße Attrappe beobachtet fühle. Über Berufung des Beklagten bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts im Unterlassungsausspruch. Im Beseitigungsausspruch hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Es verneinte die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens und die Begründetheit der Beweisrüge, sofern diese rechtlich erhebliche Feststellungen betrifft. Rechtlich sei es unerheblich, ob es sich um eine Kamera oder nur um eine Attrappe handle. Zur Rechtsfrage führte das Berufungsgericht aus, nach den Grundsätzen der oberstgerichtlichen Entscheidung 7 Ob 89/97g sei ein Eingriff in das Recht nach Paragraph 16, ABGB durch eine Kameraattrappe zu bejahen, weil durch die Attrappe für den Kläger der Eindruck erweckt werden könne, er werde beobachtet. Außerdem könne der Beklagte die Attrappe jederzeit gegen ein funktionstüchtiges Gerät austauschen. Der Kläger müsse aus eigenem Antrieb nicht herausfinden, ob es sich nur um eine Attrappe handle. In Bezug auf das Beseitigungsbegehren sei die Sache noch nicht spruchreif. Das Erstgericht habe zwar festgestellt, dass der Beklagte im April 2002 die Kameraattrappe entfernt habe; es habe jedoch auch festgestellt, einige Wochen nach Befestigung der Plexiglasblende sei im Bereich der Balkonverkleidung eine Pappkartonschachtel angebracht worden, die ebenfalls entweder eine Kamera oder eine Attrappe enthalten habe. Ob und gegebenenfalls wann dieses Gerät entfernt wurde, sei nicht festgestellt worden. Wenn es schon vor dem Schluss der Verhandlung erster Instanz entfernt und keine weitere Kameraattrappe angebracht worden wäre, so wäre das Entfernungsbegehren wegen Erfüllung abzuweisen. Dieser Umstand sei im fortgesetzten Verfahren zu erörtern; gegebenenfalls seien dazu Beweise aufzunehmen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die Revision gegen das Teilurteil und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht über eine „mögliche Verletzung des Paragraph 16, ABGB durch Kamera-Attrappen" entschieden habe.
Der Beklagte bekämpft diese Entscheidung mit „Revision". Richtigerweise handelt es sich um eine Revision gegen das Teilurteil und einen Rekurs (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO) gegen den Aufhebungsbeschluss. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht (§ 84 Abs 2 ZPO).Der Beklagte bekämpft diese Entscheidung mit „Revision". Richtigerweise handelt es sich um eine Revision gegen das Teilurteil und einen Rekurs (Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO) gegen den Aufhebungsbeschluss. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht (Paragraph 84, Absatz 2, ZPO).
Die Rechtsmittel sind zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht entschieden hat, ob eine „Überwachung" eines Nachbargrundstücks mit einer Kameraattrappe das Persönlichkeitsrecht des Nachbarn verletzen kann. Sie sind jedoch nicht berechtigt.
Der Beklagte macht geltend: Da mit einer Kameraattrappe Bilder oder Töne nicht aufgenommen werden können, sei eine Attrappe nicht geeignet, den Kläger in seinem Recht auf Achtung seines Privatbereichs und seiner Geheimsphäre zu verletzen. Der Beklagte habe die Kamera angebracht, um Einbrecher abzuschrecken und das Hinüberwerfen von Mist auf sein Grundstück hintanzuhalten. Diese beiden Gründe rechtfertigten die Aufstellung einer Kamera. Die „abstrakte Gefährdung", der Beklagte könne die Attrappe gegen eine echte Kamera austauschen und diese anschließen, reiche für einen Unterlassungsanspruch nicht aus. Auf die Empfindung des Klägers komme es nicht an. Da nicht festgestellt habe werden können, dass der Beklagte eine Kamera montiert habe, seien die Begehren abzuweisen. Hiezu wurde erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 16 ABGB hat jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als Person zu betrachten. Die Bestimmung anerkennt die Persönlichkeit als Grundwert. Aus ihr wird - ebenso wie aus anderen durch die Rechtsordnung geschützten Grundwerten (Art 8 EMRK; § 1 DSG) - das jedermann angeborene Persönlichkeitsrecht auf Achtung seines Privatbereichs und seiner Geheimsphäre abgeleitet (8 Ob 108/05y mwN; SZ 2002/107; RIS-Justiz RS0008993).Gemäß Paragraph 16, ABGB hat jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als Person zu betrachten. Die Bestimmung anerkennt die Persönlichkeit als Grundwert. Aus ihr wird - ebenso wie aus anderen durch die Rechtsordnung geschützten Grundwerten (Artikel 8, EMRK; Paragraph eins, DSG) - das jedermann angeborene Persönlichkeitsrecht auf Achtung seines Privatbereichs und seiner Geheimsphäre abgeleitet (8 Ob 108/05y mwN; SZ 2002/107; RIS-Justiz RS0008993).
Die Berechtigung der vom Kläger geltend gemachten Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren setzt zunächst voraus, dass der Beklagte in das Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre (Geheimsphäre), das als absolutes Persönlichkeitsrecht Schutz gegen Eingriffe Dritter genießt (8 Ob 108/05y mwN; 6 Ob 2401/96y = SZ 70/18), eingegriffen hat. Aus dem Charakter der Persönlichkeitsrechte als absolute Rechte bejaht die Rechtsprechung Unterlassungsansprüche bei Persönlichkeitsverletzungen auch dann, wenn sie gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen sind (8 Ob 108/05y mwN). Bei bereits erfolgtem Verstoß stehen auch Beseitigungsansprüche zu (SZ 74/168; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB § 16 Rz 9). Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schützt insbesondere gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person (8 Ob 108/05y mwN). Eine Verletzung der Geheimsphäre stellen geheime Bildaufnahmen im Privatbereich und fortdauernde unerwünschte Überwachungen dar (SZ 70/18). Entscheidend für den jeweiligen Schutz ist eine Güter- und Interessenabwägung (7 Ob 89/97g = JBl 1997, 641; SZ 67/173 mwN; Koch aaO § 16 Rz 4 mwN). In der Entscheidung 7 Ob 89/97g hat der Oberste Gerichtshof in einem Fall, in dem die Überwachungskamera nicht an ein Betriebssystem angeschlossen und bislang auch nicht in Betrieb gewesen war, den Anspruch des klagenden Nachbarn auf Abwehr von Eingriffen in seine Privatsphäre bejaht, weil dieser Anspruch nur dann effizient durchsetzbar ist, wenn die Kamera nicht mehr auf das Grundstück des Klägers gerichtet ist, und zwar unabhängig davon, ob sie sich im Betrieb befindet oder nicht, habe doch der Kläger insoweit keinerlei Kontrollmöglichkeit. Auch wenn die Kamera derzeit nicht betriebsbereit sei, liege keine bloß abstrakte Befürchtung eines möglichen Missbrauchs, die für sich allein das Begehren nicht rechtfertigen würde, vor. Nach den näher dargelegten Umständen des Falls bestehe die konkrete Befürchtung, dass die dortigen Beklagten die Kamera jederzeit vom Kläger unbemerkt anschließen und in Betrieb setzen könnten. Der insoweit einer vorbeugenden Unterlassungsklage vergleichbare Anspruch, die Kamera so einzustellen, dass davon das Grundstück des Klägers nicht erfasst werde (damit - auch - es zu unterlassen, mit Hilfe der Kamera Teile des Grundstücks des Klägers ständig zu beobachten und Vorgänge dort auf Fotos festzuhalten), sei wegen der in solchen Fällen an die Stelle der Wiederholungsgefahr tretenden Verletzungsgefahr, die im zu entscheidenden Fall in einer konkreten Gefährdung bestehe, zu bejahen. Da mit einem bloßen Unterlassungsbegehren den Interessen des Klägers mangels jeglicher Kontrollmöglichkeit, ob eine Unterlassungsanordnung auch befolgt werde, nicht ausreichend Rechnung getragen wäre, sei auch der darüber hinausgehende, von den Vorinstanzen zuerkannte Anspruch zu bejahen. Aus dieser Entscheidung ist für den vorliegenden Fall hervorzuheben, dass sie auf die subjektive Sicht des Betroffenen abstellt, wenn sie die Eingriffsgefahr bejaht, weil die Befürchtung besteht, die Beobachtung mit der Kamera könnte einsetzen.Die Berechtigung der vom Kläger geltend gemachten Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren setzt zunächst voraus, dass der Beklagte in das Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre (Geheimsphäre), das als absolutes Persönlichkeitsrecht Schutz gegen Eingriffe Dritter genießt (8 Ob 108/05y mwN; 6 Ob 2401/96y = SZ 70/18), eingegriffen hat. Aus dem Charakter der Persönlichkeitsrechte als absolute Rechte bejaht die Rechtsprechung Unterlassungsansprüche bei Persönlichkeitsverletzungen auch dann, wenn sie gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen sind (8 Ob 108/05y mwN). Bei bereits erfolgtem Verstoß stehen auch Beseitigungsansprüche zu (SZ 74/168; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB Paragraph 16, Rz 9). Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schützt insbesondere gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person (8 Ob 108/05y mwN). Eine Verletzung der Geheimsphäre stellen geheime Bildaufnahmen im Privatbereich und fortdauernde unerwünschte Überwachungen dar (SZ 70/18). Entscheidend für den jeweiligen Schutz ist eine Güter- und Interessenabwägung (7 Ob 89/97g = JBl 1997, 641; SZ 67/173 mwN; Koch aaO Paragraph 16, Rz 4 mwN). In der Entscheidung 7 Ob 89/97g hat der Oberste Gerichtshof in einem Fall, in dem die Überwachungskamera nicht an ein Betriebssystem angeschlossen und bislang auch nicht in Betrieb gewesen war, den Anspruch des klagenden Nachbarn auf Abwehr von Eingriffen in seine Privatsphäre bejaht, weil dieser Anspruch nur dann effizient durchsetzbar ist, wenn die Kamera nicht mehr auf das Grundstück des Klägers gerichtet ist, und zwar unabhängig davon, ob sie sich im Betrieb befindet oder nicht, habe doch der Kläger insoweit keinerlei Kontrollmöglichkeit. Auch wenn die Kamera derzeit nicht betriebsbereit sei, liege keine bloß abstrakte Befürchtung eines möglichen Missbrauchs, die für sich allein das Begehren nicht rechtfertigen würde, vor. Nach den näher dargelegten Umständen des Falls bestehe die konkrete Befürchtung, dass die dortigen Beklagten die Kamera jederzeit vom Kläger unbemerkt anschließen und in Betrieb setzen könnten. Der insoweit einer vorbeugenden Unterlassungsklage vergleichbare Anspruch, die Kamera so einzustellen, dass davon das Grundstück des Klägers nicht erfasst werde (damit - auch - es zu unterlassen, mit Hilfe der Kamera Teile des Grundstücks des Klägers ständig zu beobachten und Vorgänge dort auf Fotos festzuhalten), sei wegen der in solchen Fällen an die Stelle der Wiederholungsgefahr tretenden Verletzungsgefahr, die im zu entscheidenden Fall in einer konkreten Gefährdung bestehe, zu bejahen. Da mit einem bloßen Unterlassungsbegehren den Interessen des Klägers mangels jeglicher Kontrollmöglichkeit, ob eine Unterlassungsanordnung auch befolgt werde, nicht ausreichend Rechnung getragen wäre, sei auch der darüber hinausgehende, von den Vorinstanzen zuerkannte Anspruch zu bejahen. Aus dieser Entscheidung ist für den vorliegenden Fall hervorzuheben, dass sie auf die subjektive Sicht des Betroffenen abstellt, wenn sie die Eingriffsgefahr bejaht, weil die Befürchtung besteht, die Beobachtung mit der Kamera könnte einsetzen.
Die Wendung in den Feststellungen des Erstgerichts, es konnte nicht festgestellt werden, dass es für den Kläger erkennbar war, ob es sich bei dem Anfang Juli 2001 auf dem Balkongeländer des Hauses des Beklagten montierten Gerät um eine echte Videokamera oder nur um eine Kameraattrappe handelte, ist im Licht der Ausführungen des Erstgerichts in seiner Beweiswürdigung (S 9 der Urteilsausfertigung) dahin zu verstehen, dass es dem Kläger nicht erkennbar war, ob es sich bei dem Gerät um eine Videokamera oder um eine Kameraattrappe handelte. Fest steht weiters, dass das Gerät so ausgerichtet wurde, dass es Teile des Grundstücks des Klägers erfasste. Der Kläger musste daher davon ausgehen, dass der Beklagte zumindest bei bestimmten Gelegenheiten zum Mittel der Videoaufzeichnung greifen wird. Er war deshalb einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Musste sich der Kläger immer kontrolliert fühlen, wenn er sein Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, so bewirkten die mit Einverständnis des Beklagten getroffenen Maßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera gewesen sein sollte, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) des Klägers (vgl Beater in Soergel13 BGB § 823 Anh IV Rz 78; Helle, JZ 2004, 340 [342]; BAG 2 AZR 51/02 = JZ 2004, 366; Helle, JZ 1995, 1117 [1118]).Die Wendung in den Feststellungen des Erstgerichts, es konnte nicht festgestellt werden, dass es für den Kläger erkennbar war, ob es sich bei dem Anfang Juli 2001 auf dem Balkongeländer des Hauses des Beklagten montierten Gerät um eine echte Videokamera oder nur um eine Kameraattrappe handelte, ist im Licht der Ausführungen des Erstgerichts in seiner Beweiswürdigung (S 9 der Urteilsausfertigung) dahin zu verstehen, dass es dem Kläger nicht erkennbar war, ob es sich bei dem Gerät um eine Videokamera oder um eine Kameraattrappe handelte. Fest steht weiters, dass das Gerät so ausgerichtet wurde, dass es Teile des Grundstücks des Klägers erfasste. Der Kläger musste daher davon ausgehen, dass der Beklagte zumindest bei bestimmten Gelegenheiten zum Mittel der Videoaufzeichnung greifen wird. Er war deshalb einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Musste sich der Kläger immer kontrolliert fühlen, wenn er sein Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, so bewirkten die mit Einverständnis des Beklagten getroffenen Maßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera gewesen sein sollte, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) des Klägers vergleiche Beater in Soergel13 BGB Paragraph 823, Anh römisch IV Rz 78; Helle, JZ 2004, 340 [342]; BAG 2 AZR 51/02 = JZ 2004, 366; Helle, JZ 1995, 1117 [1118]).
Dem durch die Maßnahme des Beklagten begründeten Eingriff in das Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre (Geheimsphäre) stehen auf der Seite des Beklagten keine diesen Eingriff aufwiegende Gründe entgegen. Der Beklagte hat das Recht, geeignete Schutzmaßnahmen für sein Liegenschaftseigentum zu ergreifen. Sein im Verfahren dargelegtes und festgestelltes Interesse am Schutz seines Eigentums erfordert aber keine Überwachung des Grundstücks des Klägers. Für die bezweckte Abschreckung genügt die Überwachung des eigenen Grundstücks (vgl 7 Ob 89/97g).Dem durch die Maßnahme des Beklagten begründeten Eingriff in das Recht des Klägers auf Achtung seiner Privatsphäre (Geheimsphäre) stehen auf der Seite des Beklagten keine diesen Eingriff aufwiegende Gründe entgegen. Der Beklagte hat das Recht, geeignete Schutzmaßnahmen für sein Liegenschaftseigentum zu ergreifen. Sein im Verfahren dargelegtes und festgestelltes Interesse am Schutz seines Eigentums erfordert aber keine Überwachung des Grundstücks des Klägers. Für die bezweckte Abschreckung genügt die Überwachung des eigenen Grundstücks vergleiche 7 Ob 89/97g).
Das Unterlassungsbegehren ist somit berechtigt.
Da dem Beklagten die Überwachung oder die Schaffung des Eindrucks der Überwachung des eigenen Grundstücks erlaubt ist, kann er nicht zur begehrten Entfernung der Videokamera bzw Videokameras vortäuschender Attrappen verurteilt werden.
Da der Kläger keinen Anspruch auf Entfernung hat, ist der vom Berufungsgericht genannte Aufhebungsgrund in Ansehung dieses Begehrens unerheblich. Die Sache ist im Bezug darauf vielmehr im Sinne einer Abweisung dieses Begehrens spruchreif. Insoweit war dem Rekurs stattzugeben.
Im Bezug auf das Begehren einer Änderung der Einstellung der Kamera oder der Attrappen (vgl 7 Ob 89/97g) hat es bei der vom Berufungsgericht beschlossenen Aufhebung und Zurückverweisung aus dem in der angefochtenen Entscheidung genannten Grund zu bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Im Bezug auf das Begehren einer Änderung der Einstellung der Kamera oder der Attrappen vergleiche 7 Ob 89/97g) hat es bei der vom Berufungsgericht beschlossenen Aufhebung und Zurückverweisung aus dem in der angefochtenen Entscheidung genannten Grund zu bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E83887 6Ob6.06kSchlagworte
Kennung XPUBL - XBEITR Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ÖJZ-LS 2007/52 = MR 2007,127 = Zak 2007/382 S 216 - Zak 2007,216 = RdW 2007/548 S 528 - RdW 2007,528 = ÖGZ 2008,59 (Kind) XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0060OB00006.06K.0328.000Zuletzt aktualisiert am
24.07.2008