TE Vwgh Beschluss 2007/9/27 2007/11/0074

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Veröffentlicht am 27.09.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §38;
AVG §69 Abs1 litc;
AVG §73 Abs2;
AVG §73;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art132;
FSG 1997 §24 Abs1;
FSG 1997 §32 Abs1;
FSG 1997 §7 Abs3 Z3;
KFG 1967 §66 Abs2 litf;
StVO 1960 §99 Abs2 litc;
VwGG §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, in der Beschwerdesache des J in N, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner und Dr. Michael Pichlmair, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Entziehung der Lenkberechtigung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 12. Dezember 2006 wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 und 3, 30 Abs. 1 und 32 Abs. 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen Av, A und B für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab 12. Dezember 2006 (Ablauf des Vorentzuges) entzogen, für diese Dauer ein Lenkverbot ausgesprochen und dem Beschwerdeführer das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen; ferner wurden gemäß §§ 8, 24 Abs. 3 und 4 leg. cit. begleitende Maßnahmen verfügt. Es wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung aberkannt. Die Behörde führte aus, der Beschwerdeführer habe, wie sich aus der Anzeige vom 9. Juli 2006 ergebe, am 20. Mai 2006 als Lenker eines Kraftfahrzeuges ein Alkoholdelikt begangen, wobei der bei ihm gemessene Alkoholisierungsgrad einen Alkoholgehalt des Blutes von 1,34 %o ergeben habe. Er habe dabei auch einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht. Der Beschwerdeführer habe zwar bestritten, das Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, auf Grund einer vorliegenden kriminaltechnischen Untersuchung sei aber davon auszugehen, dass er das Fahrzeug gelenkt habe. Im Rahmen der Wertung sei zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung bereits zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren habe entzogen werden müssen und dass er sich innerhalb von zwei Jahren bereits zum dritten Mal wegen eines Alkoholdeliktes zu verantworten habe, wobei die letzte Entziehung der Lenkberechtigung (ab 11. März 2006) erst am 11. Dezember 2006 geendet habe, sodass er auch das Lenken eines Kraftfahrzeuges trotz entzogener Lenkberechtigung zu verantworten habe.

Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2006, bei der Erstbehörde eingelangt am 29. Dezember 2006, erhob der Beschwerdeführer dagegen Berufung, in welcher er den ihm zur Last gelegten Sachverhalt bestritt und die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragte.

Mit der nunmehrigen Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Erledigung der belangten Behörde vom 3. April 2007 (nach Auffassung des Beschwerdeführers ein Bescheid), aus welcher sich ergebe, dass das Entziehungsverfahren bis zum Abschluss eines Strafverfahrens ausgesetzt werde, rechtswidrig sei, weil darin weder ein konkretes Strafverfahren genannt noch ausgesprochen worden sei, welche Vorfrage gemäß § 38 AVG zu klären sei. Sollten Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer eingeleitet worden sein, würden diese nicht ausreichen, das Verfahren gemäß § 38 AVG auszusetzen. Sollte man davon ausgehen, dass die genannte behördliche Erledigung nicht als Bescheid zu qualifizieren sei, würde Säumnis der belangten Behörde vorliegen, weil sie gemäß § 29 Abs. 1 FSG spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einlangen seiner Berufung über dieselbe hätte entscheiden müssen. Da die Behörde innerhalb dieser Frist nicht entschieden habe, sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf eine Sachentscheidung über seine Berufung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers entgegenzuhalten, dass es sich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mit seinem Beschluss vom 19. Juni 2007, Zl. 2007/11/0073, mit welchem seine Beschwerde gegen die Erledigung der belangten Behörde vom 3. April 2007 zurückgewiesen wurde, ausgesprochen hat - , diesbezüglich um keinen förmlichen, der Rechtskraft zugänglichen Aussetzungsbescheid gehandelt hat. Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Beschluss, auf den gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Entziehungsverfahren bis zur Entscheidung einer Vorfrage durch die zu ihrer Beurteilung als Hauptfrage zuständige Behörde ausgesetzt werden dürfe, ohne dass es hiezu eines Aussetzungsbescheides nach § 38 AVG bedürfe. Es könne somit die Kraftfahrbehörde auch ohne Erlassung eines förmlichen Bescheides den Ausgang des über die Vorfrage anhängigen Verfahrens abwarten. Das gilt in gleicher Weise, wenn in einer gerichtlichen Entscheidung die Vorfrage für die Kraftfahrbehörde geklärt wird.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde nämlich hervorgehoben, dass für die Ermessensübung bei der Aussetzung des Verfahrens regelmäßig der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie eine entscheidende Rolle spielt. Es ist unzweckmäßig, wenn die Kraftfahrbehörde ein weiteres Ermittlungsverfahren parallel zu einem gerichtlichen Strafverfahren oder zu einem Verfahren einer Verwaltungsstrafbehörde führt, auch könnten durch die Aussetzung des Verfahrens Bindungskonflikte und die Wiederaufnahme von Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG vermieden werden (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Feber 2001, Zl. 2001/11/0023, und vom 30. Mai 2001, Zl. 2001/11/0121).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gegen den Beschwerdeführer wegen des gegenständlichen Vorfalles ein Strafverfahren wegen § 88 Abs. 1 und 4 zweiter Fall StGB eingeleitet und von der Staatsanwaltschaft Linz der Antrag auf Bestrafung gestellt wurde. Wie sich auf Grund des Akteninhaltes ergibt, wurde auch bereits die mündliche Hauptverhandlung (am 30. Juli 2007) durchgeführt, jedoch zur Beischaffung eines Gutachtens auf unbestimmte Zeit vertagt. Im Hinblick auf das anhängige Strafverfahren kann es daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde das gegenständliche Administrativverfahren - ohne Erlassung eines förmlichen Bescheides - gemäß § 38 AVG aussetzte.

Infolge dieser Aussetzung des Verfahrens war die Behörde aber auch ihrer Entscheidungspflicht für die Dauer desselben enthoben; daraus ergibt sich, dass die Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Wege einer Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG ausgeschlossen ist. Aus diesem Grund erweist sich die vorliegende Säumnisbeschwerde als unzulässig (vgl. in diesem Sinn den hg. Beschluss vom 30. März 2004, Zl. 2002/06/0156).

Da die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG somit nicht gegeben waren, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. W ien, am 27. September 2007

Dr. Bernard

Mag. Runge

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete Ermessen VwRallg8 Besondere Rechtsgebiete Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Verschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007110074.X00

Im RIS seit

04.01.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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