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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der S Gesellschaft m. b.H. in I, vertreten durch Knoflach Söllner Kroker Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 2. Dezember 2003, Zl. IIb2-3-7-2- 25/5, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages iA. KFG 1967, zu Recht erkannt.
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang (d.h. soweit er über die Zulässigkeit des Feststellungsantrages abspricht) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 10. April 2003, gerichtet an die Bundespolizeidirektion Innsbruck, beantragte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin die Erlassung eines Feststellungsbescheides mit dem Inhalt, dass durch die Anwachsung und Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB der S. Gesellschaft m.b.H. & Co OHG (im Folgenden kurz: OHG) durch die S. Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden kurz: GmbH (= Beschwerdeführerin)) kein Umstand vorliege, der eine Abmeldung der für die OHG zugelassenen Fahrzeuge und eine Neuanmeldung dieser Fahrzeuge für die GmbH erfordere, sondern dass vielmehr eine bloße Berichtigung der Bezeichnung des Zulassungsbesitzers in den jeweiligen Zulassungsscheinen vorzunehmen sei.
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 2. Dezember 2003 wies der Landeshauptmann von Tirol (nach Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides) den angeführten Feststellungsantrag als unzulässig zurück.
Zur Begründung führte der Landeshauptmann von Tirol aus, von der Beschwerdeführerin sei die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses nicht begehrt worden. Das gegenständliche Feststellungsbegehren betreffe vielmehr die Auslegung einer Rechtsvorschrift, die jedoch nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens sein könne.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, welche sich (lediglich) gegen den Abspruch des angefochtenen Bescheides über die Zulässigkeit des Feststellungsantrages richtete, wurde mit Beschluss vom 28. Juni 2004, Zl. B 218/04-3, abgelehnt und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, worauf sie von der Beschwerdeführerin ergänzt wurde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Rechtsvorschriften des KFG 1967 lauten (auszugsweise):
"IV. ABSCHNITT
Zulassung zum Verkehr, Probe- und Überstellungsfahrten und Kennzeichen der Kraftfahrzeuge und Anhänger
Allgemeines
§ 36. Kraftfahrzeuge und Anhänger außer Anhängern, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, dürfen unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs. 7 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn
a) sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden,
b) sie das behördliche Kennzeichen (§ 48) führen
...
Zulassungsschein
§ 41. (1) Die Behörde hat dem Zulassungsbesitzer über die Zulassung eine Bescheinigung, den Zulassungsschein, auszustellen; bei der eingeschränkten Zulassung durch den Landeshauptmann (§ 39, § 40 Abs. 3 und 4) ist der Zulassungsschein jedoch von der Behörde auszustellen, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug seinen dauernden Standort hat. Wurde gemäß § 48 Abs. 1 letzter Satz ein Deckkennzeichen zugewiesen, so ist ein mit dem ersten gleichlautender zweiter Zulassungsschein auszustellen, jedoch an Stelle des ersten Kennzeichens das Deckkennzeichen einzutragen.
(2) In den Zulassungsschein sind insbesondere einzutragen:
1. Name und Anschrift des Zulassungsbesitzers, im Falle einer Miete des Fahrzeuges aus einem anderen EU-Mitgliedstaat auch Name und Anschrift des Mieters,
2. das Kennzeichen (§ 48) sowie das Datum der erstmaligen Zulassung im In- oder Ausland und das Datum der Genehmigung,
...
Änderungen für die Zulassung maßgebender Umstände
§ 42. (1) Der Zulassungsbesitzer hat der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug zugelassen ist, binnen einer Woche jede Änderung von Umständen anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Zulassungsschein berührt werden, wie insbesondere die Verlegung seines Hauptwohnsitzes, seiner Hauptniederlassung oder seines Sitzes und des Ortes, von dem aus er über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt, innerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches derselben Behörde oder Änderungen des Typenscheines oder des Bescheides über die Einzelgenehmigung.
...
Abmeldung
§ 43. (1) Die Zulassung eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers erlischt, wenn der Zulassungsbesitzer das Fahrzeug bei der Behörde abgemeldet hat, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug zugelassen ist oder in deren örtlichem Wirkungsbereich er seinen Aufenthalt hat. Bei der Abmeldung sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung. Bei Fahrzeugen, die zur Verwendung zur gewerbsmäßigen Beförderung oder zur gewerbsmäßigen Vermietung ohne Beistellung eines Lenkers gemäß § 103 Abs. 1 lit. c Z 22 GewO 1973 bestimmt waren, hat die Behörde die zuständige gesetzliche Interessenvertretung von der Abmeldung zu verständigen.
...
(4) Der Zulassungsbesitzer hat sein Fahrzeug abzumelden, wenn
...
c) er nicht der rechtmäßige Besitzer oder, bei Fahrzeugen, die der Zulassungsbesitzer auf Grund eines Abzahlungsgeschäftes im Namen des Besitzers innehatte (§ 37 Abs. 2), nicht mehr Inhaber des Fahrzeuges ist; die Pflicht zur Abmeldung des Fahrzeuges entfällt bei Zulassungsbesitzern, die das Fahrzeug in Bestand gegeben haben und keine Zustimmungserklärung zu einer vom Bestandnehmer beantragten Zulassung abgegeben haben (§ 37 Abs. 2 lit. f), oder
d) die vorgeschriebene Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug nicht besteht, beendet ist oder ihre Versicherungssummen die vorgeschriebenen Mindestsummen nicht erreichen.
...
(7) Ist der Zulassungsbesitzer eine juristische Person, eine Personengesellschaft des Handelsrechtes oder eine Genossenschaft, die aufgelöst oder beendigt worden ist, so haben die Abwickler die Behörde von der Auflösung oder Beendigung zu verständigen.
...
Kennzeichen nach eigener Wahl
§ 48a. (1) Die nicht behördenbezogenen Teile eines Kennzeichens (Vormerkzeichen) können nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen frei gewählt werden (Wunschkennzeichen).
...
(7) Das Wunschkennzeichen ist ein höchstpersönliches Recht, das nicht auf andere Personen übertragbar ist. Eine Freihaltung gemäß § 43 Abs. 3 ist zulässig. Das Wunschkennzeichen ist auf den Wirkungsbereich der Behörde beschränkt und ist bei einer Standortverlegung des Fahrzeuges (§ 43 Abs. 4 lit. b) nicht übertragbar.
...
XIII. Abschnitt
Übergangs-, Straf- und Vollzugsbestimmungen
...
Strafbestimmungen
§ 134. (1) Wer diesem Bundesgesetz ... zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist ... zu bestrafen. ... .
..."
2. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich der Inhalt des Anbringens, somit das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend. Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt voraus, dass eine der Auslegung zugängliche Parteienerklärung vorliegt und dass der Wille der Partei aus ihrem Vorbringen mit Eindeutigkeit erschlossen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1993, Zl. 92/10/0431).
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde hat die Beschwerdeführerin, wie sich aus einer Bedachtnahme auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 10. April 2003 ergibt, wonach sich im gegenständlichen Zusammenhang die entscheidungswesentliche Rechtsfrage stelle, ob durch die erfolgte Anwachsung entweder eine Abmeldung der Zulassung und eine Neuanmeldung einerseits oder eine Berichtigung des Zulassungsscheines andererseits durch die Beschwerdeführerin zu erfolgen habe, die Feststellung eines Rechtes bzw. Rechtsverhältnisses im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes begehrt. Dies wird deutlich auch durch die im Berufungsverfahren erstattete Äußerung der Beschwerdeführerin vom 3. November 2003, worin diese unter Hinweis auf die gegenständliche unklare Rechtslage ihr rechtliches Interesse an deren bescheidmäßiger Feststellung in Hinblick auf ein ihr drohendes Verwaltungsstrafverfahren darlegte.
Bei verständiger Würdigung kann der Feststellungsantrag nur dahin verstanden werden, dass um die Feststellung angesucht wurde, dass nach Anwachsung und Vermögensübernahme der OHG gemäß § 142 HGB durch die Beschwerdeführerin diese nicht die Verpflichtung trifft, die für die OHG zugelassenen Fahrzeuge, welchen zum Teil Kennzeichen nach eigener Wahl gemäß § 48a KFG 1967 zugewiesen sind, abzumelden. Ferner wurde ersucht festzustellen, dass die Beschwerdeführerin lediglich verpflichtet ist, eine bloße Berichtigung der Bezeichnung des Zulassungsbesitzers in den jeweiligen Zulassungsscheinen vorzunehmen.
2.1.1. Der Feststellungsantrag stellt, soweit es um die Verpflichtung zur Abmeldung geht, ein notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung dar. Das zeigt sich schon daran, dass die Erstbehörde mit ihrem Bescheid vom 17. Juni 2003 der Beschwerdeführerin ihre Rechtsauffassung zur Kenntnis brachte, derzufolge entgegen deren Rechtsmeinung eine Abmeldung der angeführten Fahrzeuge gemäß § 43 Abs. 4 lit. c KFG 1967 vorzunehmen sei, und sich die Beschwerdeführerin für den Fall, dass sie ihren Verpflichtungen nach Auffassung der Behörde nicht (zur Gänze) nachkommt, im Hinblick auf die Blankettstrafnorm des § 134 Abs. 1 KFG 1967 der Gefahr einer Bestrafung aussetzen würde, was ihr nicht zugemutet werden kann (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom 27. August 2002, Zl. 2000/10/0126, und vom 28. Februar 2005, Zl. 2004/10/0010).
Das KFG 1967 sieht auch nicht vor, dass die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene Frage nach dem Ausmaß der sie treffenden Verpflichtungen im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens beantwortet werden kann. Insbesondere fehlt es an einer Regelung, nach der die von einem Zulassungsbesitzer bzw. dessen Rechtsnachfolger zu treffenden Vorkehrungen diesem mit Bescheid vorzuschreiben sind. Das KFG 1967 sieht vielmehr vor, dass diese Vorkehrungen vom Verpflichteten unmittelbar auf der Basis des Gesetzes getroffen werden und jegliches Nichtbefolgen der gesetzlichen Gebote ohne Dazwischentreten eines Bescheides mit Verwaltungsstrafe bedroht ist.
Der Umstand, dass der erstbehördliche Bescheid durch die belangte Behörde aufgehoben wurde, änderte für die Beschwerdeführerin nichts an der Gefahr einer Bestrafung, weil im angefochtenen Bescheid die Rechtsmeinung der Erstbehörde, die Beschwerdeführerin habe die angeführten Fahrzeuge gemäß § 43 Abs. 4 lit. c KFG 1967 abzumelden, inhaltlich nicht verworfen wurde.
Insoweit der Feststellungsantrag daher den Umfang der Verpflichtungen zur Abmeldung der Fahrzeuge betraf, ist er als zulässig anzusehen.
2.1.2. Insoweit allerdings auch begehrt wurde festzustellen, dass die Beschwerdeführerin lediglich verpflichtet ist, eine bloße Berichtigung der Bezeichnung des Zulassungsbesitzers in den jeweiligen Zulassungsscheinen vorzunehmen, kann der begehrte Feststellungsbescheid im Beschwerdefall nicht als notwendiges Mittel zur Rechtsverteidigung qualifiziert werden. Anders als beim Umfang der verwaltungsstrafbewehrten Abmeldungspflicht geht es bei der Berichtigung des Zulassungsscheins nicht um eine von der Beschwerdeführerin zu treffende Vorkehrung. Die Behörde ist im Beschwerdefall von Umständen im Sinne des § 42 Abs. 1 KFG 1967 (Anwachsung und Vermögensübernahme) ohnehin in Kenntnis, eine Berichtigung des Zulassungsscheines wäre, lägen die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vor, ausschließlich Sache der Behörde. Eine Sanktion oder ein anderer Rechtsnachteil ist von der Beschwerdeführerin nach KFG 1967 auch bei Nichtklärung des von ihr aufgeworfenen Rechtsproblems nicht zu befürchten.
2.2. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Feststellungsantrag zur Gänze zurückgewiesen wurde, war aus diesen Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. September 2007
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete Verwaltungsvorschrift BlankettstrafnormEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004110133.X00Im RIS seit
25.10.2007