TE OGH 2007/4/11 13Os16/07p

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Veröffentlicht am 11.04.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann M***** wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2. Oktober 2006, GZ 22 Hv 34/06z-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat am 11. April 2007 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag. Lendl, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann M***** wegen der Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Johann M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2. Oktober 2006, GZ 22 Hv 34/06z-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann M***** Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann M***** Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB und Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach Paragraph 212, Absatz eins, Ziffer eins, StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 26. Februar und am 5. März 2006 in Linz

1. außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person, nämlich seinem am 30. Oktober 1997 geborenen Sohn Lukas M***** vorgenommen bzw von diesem an sich vornehmen lassen, indem er bei einem gemeinsamen Bad in der Badewanne1. außer dem Fall des Paragraph 206, StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person, nämlich seinem am 30. Oktober 1997 geborenen Sohn Lukas M***** vorgenommen bzw von diesem an sich vornehmen lassen, indem er bei einem gemeinsamen Bad in der Badewanne

  1. a.Litera a
    am 26. Februar 2006 dessen Penis erfasste und drückte,
  2. b.Litera b
    am 5. März 2006 dessen Penis erfasste und drückte, die Vorhaut vor- und zurück schob sowie ihn an den Hoden berührte und ihn veranlasste, seinen (Johann M*****s) erigierten Penis und Hoden anzufassen,
                  2.              in Tateinheit zu den unter Punkt 1. beschriebenen Tathandlungen im Zuge der Ausübung seines Besuchsrechts mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person, nämlich seinem am 30. Oktober 1997 geborenen Sohn Lukas M*****, eine geschlechtliche Handlung vorgenommen bzw von diesem an sich vornehmen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus dem Grunde der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen (13 Os 43/03, 12 Os 38/04), nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 490).Die dagegen aus dem Grunde der Ziffer 5 a, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Ziffer 5 a, greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen (13 Os 43/03, 12 Os 38/04), nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, maW intersubjektiv gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 490).

Soweit sich die Tatsachenrüge (Z 5a) wiederholt auf eine in der Hauptverhandlung vom 2. Oktober 2006 - ohne vorangehende Verlesung - (unjournalisiert) zum Akt genommene aussagepsychologische Stellungnahme des Privatgutachters a.Univ. Prof. Dr. Gerhard K***** (S 145, US 10) stützt, ohne auch nur zu behaupten, an einer auf die Vorführung des Beweismittels oder auch daran geknüpfte weitere Aufklärung abzielenden Antragstellung gehindert gewesen zu sein, verfehlt sie den Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial und bedarf insoweit schon deshalb keiner inhaltlichen Antwort (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481 f, 486). Privatgutachter sind im Übrigen ohnehin keine Sachverständigen im Sinne der StPO, weshalb selbst bei Einbringung eines „Privatgutachtens" in die Hauptverhandlung nur dessen Befund (maW der Bericht des Gutachters über seine sinnlichen Wahrnehmungen), nicht aber Schlussfolgerungen und Meinungen zu erheblichen Bedenken im Sinne der Z 5a Anlass geben oder auch aus Z 5 zweiter und dritter Fall beachtlich sein können (WK-StPO § 281 Rz 351, 435). Das übrige Vorbringen der Beschwerde zielt just auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung außerhalb der oben dargestellten Sonderfälle ab.Soweit sich die Tatsachenrüge (Ziffer 5 a,) wiederholt auf eine in der Hauptverhandlung vom 2. Oktober 2006 - ohne vorangehende Verlesung - (unjournalisiert) zum Akt genommene aussagepsychologische Stellungnahme des Privatgutachters a.Univ. Prof. Dr. Gerhard K***** (S 145, US 10) stützt, ohne auch nur zu behaupten, an einer auf die Vorführung des Beweismittels oder auch daran geknüpfte weitere Aufklärung abzielenden Antragstellung gehindert gewesen zu sein, verfehlt sie den Bezug zu aktenkundigem Beweismaterial und bedarf insoweit schon deshalb keiner inhaltlichen Antwort (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 481 f, 486). Privatgutachter sind im Übrigen ohnehin keine Sachverständigen im Sinne der StPO, weshalb selbst bei Einbringung eines „Privatgutachtens" in die Hauptverhandlung nur dessen Befund (maW der Bericht des Gutachters über seine sinnlichen Wahrnehmungen), nicht aber Schlussfolgerungen und Meinungen zu erheblichen Bedenken im Sinne der Ziffer 5 a, Anlass geben oder auch aus Ziffer 5, zweiter und dritter Fall beachtlich sein können (WK-StPO Paragraph 281, Rz 351, 435). Das übrige Vorbringen der Beschwerde zielt just auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung außerhalb der oben dargestellten Sonderfälle ab.

Im Einzelnen:

Mit den Unsicherheiten des Zeugen Lukas M***** in Bezug darauf, ob es ein oder zwei Mal zu Missbrauchshandlungen gekommen ist sowie mit der - nicht entscheidungswesentlichen - Frage, ob sich seine Schilderung auf Ereignisse im Hallenbad oder in der Badewanne bezogen hat, haben sich die Tatrichter eingehend auseinandergesetzt (US 8, 9). Indem der Beschwerdeführer aus einzelnen, isoliert zitierten Aussagedetails andere Schlüsse zieht, als die des Erstgerichtes und die - teilweise aus Vorhalten aus der Anzeige bestehende - Befragung des Kindes durch die Sachverständige als suggestiv bewertet, zweifelt er der Sache nach die Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen an. Erhebliche Bedenken im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes werden damit nicht geltend gemacht. Gleiches gilt für die vermisste amtswegige (denn der Verteidiger wäre nicht gehindert gewesen, selbst entsprechende Fragen zu stellen [ON 8]) Abhörung des Zeugen zu „Randumständen, Umgebungsfaktoren und peripheren Ergebnissen".

In Bezug auf die Zeugin Maria M***** schlägt die Beschwerde fehl, weil sie sich inhaltlich neuerlich nicht gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache richtet, sondern bloß - hier unbeachtlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 491) - den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit dieser Beweisperson bekämpft. Das angespannte Verhältnis zwischen dem Angeklagten und der Kindesmutter wurde im Urteil ebenso ausführlich erörtert (US 7) wie die Eintragungen des Angeklagten in seinem Handkalender (US 7). Von einer bereits seit 2003 durchgeführten Behandlung der psychischen Auffälligkeiten des mj Lukas M***** ging das Erstgericht ebenfalls aus (US 3, 12). Der Beschwerdeführer greift unter isolierter Betrachtung bloß dieser Beweisergebnisse ein weiteres Mal die daran geknüpften Überlegungen der mängelfrei begründeten Argumentationskette der Tatrichter an und setzt dieser eigene Beweiswerterwägungen entgegen, ohne erhebliche Bedenken im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.In Bezug auf die Zeugin Maria M***** schlägt die Beschwerde fehl, weil sie sich inhaltlich neuerlich nicht gegen die Feststellung einer entscheidenden Tatsache richtet, sondern bloß - hier unbeachtlich (Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 491) - den persönlichen Eindruck der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit dieser Beweisperson bekämpft. Das angespannte Verhältnis zwischen dem Angeklagten und der Kindesmutter wurde im Urteil ebenso ausführlich erörtert (US 7) wie die Eintragungen des Angeklagten in seinem Handkalender (US 7). Von einer bereits seit 2003 durchgeführten Behandlung der psychischen Auffälligkeiten des mj Lukas M***** ging das Erstgericht ebenfalls aus (US 3, 12). Der Beschwerdeführer greift unter isolierter Betrachtung bloß dieser Beweisergebnisse ein weiteres Mal die daran geknüpften Überlegungen der mängelfrei begründeten Argumentationskette der Tatrichter an und setzt dieser eigene Beweiswerterwägungen entgegen, ohne erhebliche Bedenken im Sinne des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.

Die mit der Kritik an den Erwägungen des Erstgerichtes zu einer sexuellen Motivation des Angeklagten der Sache nach bekämpften Feststellungen zur subjektiven Tatseite hat der Schöffensenat nicht bloß auf die in der Beschwerde zitierten Argumente (nämlich eine geschlechtliche Erregung des Beschwerdeführers anlässlich der Vorfälle vom 5. März 2006 und das Fehlen denkbarer „anderweitiger Motive" für sein inkriminiertes Verhalten) gestützt, sondern - mängelfrei - unter Verweis auf die allgemeine Lebenserfahrung auch aus der Art der Tathandlungen und aus den Angaben des Lukas M***** abgeleitet, wonach ihm vom Vater aufgetragen worden sei, niemandem von den Vorfällen in der Badewanne zu erzählen (US 9 f). Eine geschlechtliche Erregung oder Befriedigung des Täters ist im Übrigen weder für die Unterstellung nach § 207 Abs 1 StGB noch nach § 212 Abs 1 Z 1 StGB erforderlich. Mit - erneut auf das in der Hauptverhandlung nicht vorgekommene Privatgutachten und eigenständige Würdigung der Schilderungen des mj Lukas M***** über seine Wahrnehmungen gestützter - Kritik an den Konstatierungen, dass der Penis des Angeklagten bei den Vorfällen vom 5. März 2006 erigiert war, spricht der Beschwerdeführer demnach zum einen keine entscheidende Tatsache an und vermag zum anderen erneut keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Feststellung der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken. Die in der Nichtigkeitsbeschwerde angestellten Spekulationen zu anderen „möglichen Motiven für das gegenseitige Berühren der Geschlechtsteile" nehmen wiederum nicht an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichtes Maß und beziehen sich ein weiteres Mal nicht auf aktenkundiges Beweismaterial. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.Die mit der Kritik an den Erwägungen des Erstgerichtes zu einer sexuellen Motivation des Angeklagten der Sache nach bekämpften Feststellungen zur subjektiven Tatseite hat der Schöffensenat nicht bloß auf die in der Beschwerde zitierten Argumente (nämlich eine geschlechtliche Erregung des Beschwerdeführers anlässlich der Vorfälle vom 5. März 2006 und das Fehlen denkbarer „anderweitiger Motive" für sein inkriminiertes Verhalten) gestützt, sondern - mängelfrei - unter Verweis auf die allgemeine Lebenserfahrung auch aus der Art der Tathandlungen und aus den Angaben des Lukas M***** abgeleitet, wonach ihm vom Vater aufgetragen worden sei, niemandem von den Vorfällen in der Badewanne zu erzählen (US 9 f). Eine geschlechtliche Erregung oder Befriedigung des Täters ist im Übrigen weder für die Unterstellung nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB noch nach Paragraph 212, Absatz eins, Ziffer eins, StGB erforderlich. Mit - erneut auf das in der Hauptverhandlung nicht vorgekommene Privatgutachten und eigenständige Würdigung der Schilderungen des mj Lukas M***** über seine Wahrnehmungen gestützter - Kritik an den Konstatierungen, dass der Penis des Angeklagten bei den Vorfällen vom 5. März 2006 erigiert war, spricht der Beschwerdeführer demnach zum einen keine entscheidende Tatsache an und vermag zum anderen erneut keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Feststellung der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken. Die in der Nichtigkeitsbeschwerde angestellten Spekulationen zu anderen „möglichen Motiven für das gegenseitige Berühren der Geschlechtsteile" nehmen wiederum nicht an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen des Erstgerichtes Maß und beziehen sich ein weiteres Mal nicht auf aktenkundiges Beweismaterial. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (Paragraph 285 d, StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung (Paragraph 285 i, StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf Paragraph 390 a, Absatz eins, StPO.

Anmerkung

E83963 13Os16.07p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0130OS00016.07P.0411.000

Dokumentnummer

JJT_20070411_OGH0002_0130OS00016_07P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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