TE Vfgh Erkenntnis 2008/12/11 B1336/08

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Veröffentlicht am 11.12.2008
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
  1. B-VG Art. 144 heute
  2. B-VG Art. 144 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/1999
  5. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  6. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1984 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 296/1984
  7. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1981 bis 31.07.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 350/1981
  8. B-VG Art. 144 gültig von 01.07.1976 bis 31.07.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  9. B-VG Art. 144 gültig von 25.12.1946 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 144 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 144 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.860,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid versagte die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung dem Rechtserwerb der Erstbeschwerdeführerin an einer näher bezeichneten Liegenschaft GB Ried vom Zweitbeschwerdeführer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung und wies den Antrag auf Feststellung, "dass eine ordentliche Bewirtschaftung ordentlich durchgeführt wird", zurück. Die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wird damit begründet, dass eine Selbstbewirtschaftung der Liegenschaft durch die Erwerberin (mangels entsprechender Absicht und mangels Fähigkeit) im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von §6 Abs1 litb Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. 61 idF LGBl. 85/2005, nicht gewährleistet sei.römisch eins. 1. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid versagte die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung dem Rechtserwerb der Erstbeschwerdeführerin an einer näher bezeichneten Liegenschaft GB Ried vom Zweitbeschwerdeführer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung und wies den Antrag auf Feststellung, "dass eine ordentliche Bewirtschaftung ordentlich durchgeführt wird", zurück. Die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wird damit begründet, dass eine Selbstbewirtschaftung der Liegenschaft durch die Erwerberin (mangels entsprechender Absicht und mangels Fähigkeit) im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes im Sinne von §6 Abs1 litb Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. 61 in der Fassung Landesgesetzblatt 85 aus 2005,, nicht gewährleistet sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit des Liegenschaftsverkehrs sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Landes-Grundverkehrskommission als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2008, G85/08, die Bestimmungen des §6 Abs1 litb und die Wortfolge "c) der Erwerber, in den Fällen der litb Z. 2 und 3 die für den landwirtschaftlichen Betrieb der Gesellschaft, Privatstiftung oder Genossenschaft tätige Person bzw. der Pächter oder Fruchtnießer, über die für die Selbstbewirtschaftung erforderlichen fachlichen Kenntnisse verfügt", des §6 Abs2, des §6 Abs3 und die Wortfolgen ", sofern nicht ein Ausnahmetatbestand nach Abs1 litb Z. 1 bis 3 verwirklicht wird," und "durch den Erwerber selbst" in §6 Abs7 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (TGVG 1996), LGBl. 61/1996 idF LGBl. 85/2005, als verfassungswidrig aufgehoben. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2008, G85/08, die Bestimmungen des §6 Abs1 litb und die Wortfolge "c) der Erwerber, in den Fällen der litb Ziffer 2 und 3 die für den landwirtschaftlichen Betrieb der Gesellschaft, Privatstiftung oder Genossenschaft tätige Person bzw. der Pächter oder Fruchtnießer, über die für die Selbstbewirtschaftung erforderlichen fachlichen Kenntnisse verfügt", des §6 Abs2, des §6 Abs3 und die Wortfolgen ", sofern nicht ein Ausnahmetatbestand nach Abs1 litb Ziffer eins bis 3 verwirklicht wird," und "durch den Erwerber selbst" in §6 Abs7 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (TGVG 1996), Landesgesetzblatt 61 aus 1996, in der Fassung Landesgesetzblatt 85 aus 2005,, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).

3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am 11. Dezember 2008. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 28. Juli 2008 eingelangt, war also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war. Die Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.römisch III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG unter Berücksichtigung eines Streitgenossenzuschlages von 10%. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 440,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlassfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1336.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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