TE OGH 2007/4/18 8Ob30/07f

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.04.2007
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Kuras, Dr. Hradil und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** AG, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Andreas S*****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 2 Mio sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. November 2006, GZ 13 R 80/06i-11, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Februar 2006, GZ 23 Cg 75/05a-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit EUR 4.847,22 (darin EUR 807,87 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Bis zum 31. 12. 1995 waren die klagende Partei zu 51 % und die L***** GmbH zu 49 % am Stammkapital der I***** R***** GmbH (IRAB) beteiligt. Nach dem Gesellschaftsvertrag der IRAB war die klagende Partei berechtigt, den Geschäftsanteil der L***** GmbH zu übernehmen. Von dieser Möglichkeit machte sie Gebrauch. Der bei Übernahme dieser Beteiligung von der klagenden Partei zu bezahlende Abtretungspreis ist nach dem Gesellschaftsvertrag nach dem einschlägigen Fachgutachten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu ermitteln. Unmittelbar nach Übernahme der Beteiligung an der IRAB durch die klagende Partei entstanden zwischen den Gesellschaftern gravierende Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Abtretungspreises. Die L***** GmbH klagte die (hier) klagende Partei zu 40 Cg 99/96m des LG Innsbruck auf Feststellung des Wertes ihrer Beteiligung an der IRAB. In diesem Verfahren wurde der Beklagte zum Sachverständigen bestellt und beauftragt, den Wert der von der (hier) klagenden Partei übernommenen Beteiligung an der IRAB zu ermitteln.

Im ersten Rechtsgang stellte das LG Innsbruck auf Grund des vom Beklagten erstatteten Gutachtens (samt Ergänzungen) den Wert der von der klagenden Partei übernommenen Beteiligung (zum Bewertungsstichtag 31. 12. 2005) mit ATS 204,610.000,-- fest. Dieses Urteil wurde vom OLG Innsbruck als Berufungsgericht aufgehoben. Im zweiten Rechtsgang wurde mittlerweile die mündliche Verhandlung erster Instanz wiederum (nach weiterer Gutachtensergänzung durch den Beklagten) geschlossen, ein Urteil ist bisher nicht ergangen (bzw den Parteien des Verfahrens nicht zugestellt worden).

Die klagende Partei begehrt die Feststellung, dass der Beklagte ihr für alle Schäden hafte, die dieser auf Grund der „rechtswidrigen und schuldhaften gutachterlichen Tätigkeit im Verfahren 40 Cg 99/96m des LG Innsbruck und zwar insbesondere im ersten Rechtsgang" erleide (insbesondere Zinsen, Prozesskosten), in eventu die Feststellung, dass der Beklagte der klagenden Partei „für alle Schäden hafte, die ihr im Fall des nicht gänzlichen Obsiegens im vorgenannten Verfahren auf Grund der gutachterlichen" Tätigkeit des Beklagten in diesem Verfahren entstehen. Dem Beklagten seien im Rahmen seiner Sachverständigentätigkeit gravierende Fehler unterlaufen. Er habe es rechtswidrig und schuldhaft unterlassen, den ihm erteilten gerichtlichen Auftrag zu erfüllen. Für den Fall der teilweisen Erfüllung sei diese verspätet erfolgt. Jedenfalls habe sich der Beklagte derart unverständlich ausgedrückt und wesentliche Überlegungen verschleiert, dass niemand habe erkennen können, dass der Gutachtensauftrag zumindest teilweise nicht erfüllt worden sei. Der Beklagte habe auch in schuldhafter und rechtswidriger Art unrichtig bewertet. Die Fehler des Beklagten hätten dazu geführt, dass der zweite Rechtsgang überhaupt erst erforderlich geworden sei. Überdies sei zu befürchten, dass die Gerichte wegen der Fehler des Beklagten einen Wert der von der klagenden Partei übernommenen Beteiligung ermitteln würden, der weit über dem wahren Wert liege. Zu diesem Preis werde die klagende Partei dann die vertraglichen Zinsen zu zahlen haben. Dieser Zinsbetrag übersteige jenen, den sich die klagende Partei bisher erspart habe und in der Folge noch ersparen werde. Der Schaden in Höhe der Zinsendifferenz stehe bloß der Höhe nach noch nicht fest. Zusätzlich entstehe der klagenden Partei weiterer Prozess- und Beratungsaufwand.

Das rechtliche Interesse der klagenden Partei sei zu bejahen, weil der Beklagte durch seine gutachterliche Tätigkeit ein die klagende Partei schädigendes Verhalten gesetzt habe, der Schaden ohne weiteres Zutun des Beklagten eintreten könne und sein Verhalten für den Schaden ursächlich sei. Dass bereits ein Schaden eingetreten sei, sei für das rechtliche Interesse nicht erforderlich. Dieses ergebe sich überdies aus dem vom Beklagten erhobenen Verjährungseinwand. Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Der klagenden Partei fehle das Feststellungsinteresse, weil das Verfahren vor dem LG Innsbruck bisher nicht beendet sei. Im Falle einer (dortigen) Klagsabweisung entstehe der klagenden Partei überhaupt kein Schaden, weil sie keine Leistung an die Klägerin zu erbringen und auch keine Verzugszinsen zu zahlen hätte sowie vollen Kostenersatz erhalte. Es fehle sowohl am Rechtschutzbedürfnis als auch an der Prozessökonomie als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Feststellungsklage. Da es der klagenden Partei nicht gelungen sei (im Vorverfahren) einen Zweitgutachter durchzusetzen, vermeine sie offenbar in diesem Verfahren ihr Ziel durch eine „Überbegutachtung" der Tätigkeit des Beklagten zu erreichen. Dies sei nicht Zweck einer Feststellungsklage. Im Übrigen wendete der Beklagte Verjährung ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren und das Eventualbegehren ab. Es verneinte ein rechtliches Interesse der klagenden Partei, weil der Ausgang des Verfahrens vor dem LG Innsbruck noch nicht bekannt sei. Ein Rechtschutzbedürfnis der klagenden Partei sei auch schon deshalb zu verneinen, weil eine Feststellungsklage im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen regelmäßig darauf abziele, den Eintritt der Verjährung im Bezug auf erst künftig eintretende Schäden zu verhindern. Vorliegend sei überhaupt noch kein Schaden entstanden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu. Zwar sei vorliegend ein Schaden noch nicht eingetreten, doch könne allein deshalb das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung nicht verneint werden. Vom Obersten Gerichtshof werde die Auffassung vertreten, dass es unter bestimmten Umständen für die Annahme eines rechtlichen Interesses nicht erforderlich sei, dass bis zum Schluss der Verhandlung bereits ein Schaden eingetreten sei. Dies werde dann angenommen, wenn sich das Ereignis, das den Schaden auslösen könnte, bereits ereignet habe, und der Schaden ohne weiteres Zutun des Schädigers eintreten könne. Auch bedingte Rechtsverhältnisse seien feststellungsfähig, wenn der übrige rechtserzeugende Sachverhalt feststehe und nur die bereits genau festgesetzte Bedingung noch nicht eingetreten sei. Tatsächlich sei die Tätigkeit des Beklagten im Verfahren vor dem LG Innsbruck noch nicht als endgültig beendet anzusehen, sodass sich die theoretische Kollisionslage noch nicht konkret aktualisiert habe. Im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer weiteren gutachterlichen Tätigkeit des Beklagten im Verfahren vor dem LG Innsbruck stelle sich überdies die Frage, inwieweit das öffentliche Interesse an der Tätigkeit des Sachverständigen als Hilfsperson des Richters und einer ordnungsgemäßen Rechtspflege zu berücksichtigen sei. Nach der Rechtsprechung gebiete diese Interessenlage die Ausnahme der Tätigkeit eines vom Gericht bestellten Sachverständigen von jenen Bestimmungen, wie etwa § 1330 Abs 2 ABGB, die einen Unterlassung- oder Widerrufsanspruch begründen könnten. Begründet werde dies damit, dass an der Tätigkeit des Sachverständigen als Hilfsperson des Richters ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe und dessen Behinderung die Rechtsprechung entscheidend beeinträchtigen würde. Diese Überlegungen dürften auch bei Beurteilung eines rechtlichen Interesses der Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben. Ein von einer Prozesspartei mit Feststellungsklage belangter Sachverständiger könne ohne Zweifel erfolgreich abgelehnt werden. Folge man der Meinung, dass das Gutachten eines erfolgreich abgelehnten Sachverständigen nicht berücksichtigt werden dürfe, habe es eine Partei, die mit dem Ergebnis eines Sachverständigengutachtens nicht einverstanden sei, in der Hand, dem Richter die Benützung dieses Beweismittels unmöglich zu machen. Abgesehen davon sei hier bei Prüfung des rechtlichen Interesses ein strenger Maßstab anzulegen und dieses nur dann zu bejahen, wenn die mit der Klage verfolgten Ziele - Ausschluss der Verjährung und Vermeidung künftiger Beweisschwierigkeiten - zur Wahrung von Ersatzansprüchen unbedingt erforderlich seien. Eines Ausschlusses der Verjährung bedürfe es nicht, weil der Klägerin bis jetzt kein Schaden entstanden sei; künftige Beweisschwierigkeiten seien nicht zu erwarten.Das rechtliche Interesse der klagenden Partei sei zu bejahen, weil der Beklagte durch seine gutachterliche Tätigkeit ein die klagende Partei schädigendes Verhalten gesetzt habe, der Schaden ohne weiteres Zutun des Beklagten eintreten könne und sein Verhalten für den Schaden ursächlich sei. Dass bereits ein Schaden eingetreten sei, sei für das rechtliche Interesse nicht erforderlich. Dieses ergebe sich überdies aus dem vom Beklagten erhobenen Verjährungseinwand. Der Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Der klagenden Partei fehle das Feststellungsinteresse, weil das Verfahren vor dem LG Innsbruck bisher nicht beendet sei. Im Falle einer (dortigen) Klagsabweisung entstehe der klagenden Partei überhaupt kein Schaden, weil sie keine Leistung an die Klägerin zu erbringen und auch keine Verzugszinsen zu zahlen hätte sowie vollen Kostenersatz erhalte. Es fehle sowohl am Rechtschutzbedürfnis als auch an der Prozessökonomie als besondere Zulässigkeitsvoraussetzung einer Feststellungsklage. Da es der klagenden Partei nicht gelungen sei (im Vorverfahren) einen Zweitgutachter durchzusetzen, vermeine sie offenbar in diesem Verfahren ihr Ziel durch eine „Überbegutachtung" der Tätigkeit des Beklagten zu erreichen. Dies sei nicht Zweck einer Feststellungsklage. Im Übrigen wendete der Beklagte Verjährung ein. Das Erstgericht wies das Klagebegehren und das Eventualbegehren ab. Es verneinte ein rechtliches Interesse der klagenden Partei, weil der Ausgang des Verfahrens vor dem LG Innsbruck noch nicht bekannt sei. Ein Rechtschutzbedürfnis der klagenden Partei sei auch schon deshalb zu verneinen, weil eine Feststellungsklage im Zusammenhang mit Schadenersatzansprüchen regelmäßig darauf abziele, den Eintritt der Verjährung im Bezug auf erst künftig eintretende Schäden zu verhindern. Vorliegend sei überhaupt noch kein Schaden entstanden. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu. Zwar sei vorliegend ein Schaden noch nicht eingetreten, doch könne allein deshalb das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung nicht verneint werden. Vom Obersten Gerichtshof werde die Auffassung vertreten, dass es unter bestimmten Umständen für die Annahme eines rechtlichen Interesses nicht erforderlich sei, dass bis zum Schluss der Verhandlung bereits ein Schaden eingetreten sei. Dies werde dann angenommen, wenn sich das Ereignis, das den Schaden auslösen könnte, bereits ereignet habe, und der Schaden ohne weiteres Zutun des Schädigers eintreten könne. Auch bedingte Rechtsverhältnisse seien feststellungsfähig, wenn der übrige rechtserzeugende Sachverhalt feststehe und nur die bereits genau festgesetzte Bedingung noch nicht eingetreten sei. Tatsächlich sei die Tätigkeit des Beklagten im Verfahren vor dem LG Innsbruck noch nicht als endgültig beendet anzusehen, sodass sich die theoretische Kollisionslage noch nicht konkret aktualisiert habe. Im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer weiteren gutachterlichen Tätigkeit des Beklagten im Verfahren vor dem LG Innsbruck stelle sich überdies die Frage, inwieweit das öffentliche Interesse an der Tätigkeit des Sachverständigen als Hilfsperson des Richters und einer ordnungsgemäßen Rechtspflege zu berücksichtigen sei. Nach der Rechtsprechung gebiete diese Interessenlage die Ausnahme der Tätigkeit eines vom Gericht bestellten Sachverständigen von jenen Bestimmungen, wie etwa Paragraph 1330, Absatz 2, ABGB, die einen Unterlassung- oder Widerrufsanspruch begründen könnten. Begründet werde dies damit, dass an der Tätigkeit des Sachverständigen als Hilfsperson des Richters ein erhebliches öffentliches Interesse bestehe und dessen Behinderung die Rechtsprechung entscheidend beeinträchtigen würde. Diese Überlegungen dürften auch bei Beurteilung eines rechtlichen Interesses der Klägerin nicht unberücksichtigt bleiben. Ein von einer Prozesspartei mit Feststellungsklage belangter Sachverständiger könne ohne Zweifel erfolgreich abgelehnt werden. Folge man der Meinung, dass das Gutachten eines erfolgreich abgelehnten Sachverständigen nicht berücksichtigt werden dürfe, habe es eine Partei, die mit dem Ergebnis eines Sachverständigengutachtens nicht einverstanden sei, in der Hand, dem Richter die Benützung dieses Beweismittels unmöglich zu machen. Abgesehen davon sei hier bei Prüfung des rechtlichen Interesses ein strenger Maßstab anzulegen und dieses nur dann zu bejahen, wenn die mit der Klage verfolgten Ziele - Ausschluss der Verjährung und Vermeidung künftiger Beweisschwierigkeiten - zur Wahrung von Ersatzansprüchen unbedingt erforderlich seien. Eines Ausschlusses der Verjährung bedürfe es nicht, weil der Klägerin bis jetzt kein Schaden entstanden sei; künftige Beweisschwierigkeiten seien nicht zu erwarten.

Der Verneinung eines rechtlichen Interesses der Klägerin an der begehrten Feststellung stehe auch der Verjährungseinwand des Beklagten nicht entgegen. Die theoretischen Gefahr der Beklagte könne in einem Folgeprozess erfolgreich Verjährung einwenden, bestehe nicht, wenn nach Eintritt eines Primärschadens rechtzeitig geklagt werde.

Die Revision sei zulässig, weil zur Frage des rechtlichen Interesses einer Partei an der Feststellung der Haftung eines vom Gericht bestellten Sachverständigen noch vor rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens und vor Schadenseintritt und zur Frage der Berücksichtigung des Interesses an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege bei Prüfung dieses rechtlichen Interesses - soweit überblickbar - keine höchstgerichtliche Judikatur existiere.

Die Revision der klagenden Partei ist entgegen des, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs des Berufungsgerichtes unzulässig.

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung haftet ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der in einem Zivilprozess schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgibt, den Prozessparteien gegenüber für die Folgen dieses Versehens. Ob einer Prozesspartei durch ein solches schuldhaftes Fehlverhalten des Sachverständigen ein Schaden entstanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die Entscheidung im Vorprozess für sie günstiger ausgefallen wäre, wenn der Sachverständige dort ein in allen von ihm begutachteten Fragen richtiges Gutachten abgegeben hätte (SZ 50/98; SZ 57/105; 3 Ob 93/05f; 4 Ob 228/05s; RIS-Justiz RS0026360 auch: RIS-Justiz RS0026319).

Die vom Berufungsgericht und der Rechtsmittelwerberin als erheblich relevierten Rechtsfragen stellen sich nicht.

Die Rechtsmittelwerberin weist selbst darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof gerichtlichen Sachverständigen im Schadenersatzrecht keine Sonderstellung einräumt. Vielmehr ist das rechtliche Interesse der klagenden Partei an der begehrten Feststellung unter Heranziehung der von der Rechtsprechungg herausgearbeiteten Kriterien zu prüfen. Während die frühere Judikatur an das Erfordernis knüpfte, dass bereits - bis Schluss der Verhandlung erster Instanz - ein (Teil-)Schaden eingetreten ist, vertritt der Oberste Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass es unter bestimmten Umständen für die Annahme eines rechtlichen Interesses nicht erforderlich sei, dass ein Schaden bis zum Schluss der Verhandlung eingetreten sei, und zwar dann, wenn sich das schädigende Ereignis, das den konkreten Schaden hätte auslösen können, bereits ereignet habe und der Schaden auch ohne weiteres Zutun des Schädigers in der Zukunft eintreten könne (SZ 56/38; 6 Ob 6/00a mwN; 6 Ob 295/03f; RIS-Justiz RS0040838; 7 Ob 278/06t ua). Das Berufungsgericht hat ohne (gravierende) Fehlbeurteilung dargelegt, dass die gutachterliche Tätigkeit des Beklagten im Verfahren vor dem LG Innsbruck noch nicht als endgültig beendet angesehen werden könne, sei doch eine Gutachtenserörterung oder Gutachtensergänzung im zweitinstanzlichen Verfahren oder in einem allfälligen dritten Rechtsgang nicht auszuschließen. Die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, dass sich die theoretische Kollisionslage noch nicht konkret aktualisiert habe, bevor die Tätigkeit des Beklagten beendet sei, steht im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung. Soweit die Rechtsmittelwerberin den Standpunkt vertritt, dass allfällige Auswirkungen der gutachterlichen Tätigkeit des Beklagten auf der Entscheidung des Gerichtes lediglich die Kausalitätsfrage beträfen, ist ihr entgegenzuhalten, dass das Ergebnis der gutachterlichen Tätigkeit eines Sachverständigen erst mit Abschluss des Verfahrens endgültig feststeht und es daher bereits an einer wesentlichen Voraussetzung für eine „vorbeugende Feststellungsklage" fehlt, nämlich dass sich das schädigende Ereignis, das einen konkreten Schaden hätte auslösen können, bereits ereignet hat. Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin, dass es für die Frage der Haftung des Beklagten für sein „bisheriges rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten" nicht darauf ankommen könne, dass er vielleicht vom Gericht Gelegenheit bekomme, seine Gutachtensaussagen „zurückzunehmen", würde doch die Änderung des Gutachtens im Sinn der Ausführungen der klagenden Partei zu deren Prozesserfolg im Vorverfahren führen und wäre in diesem Fall bereits die Möglichkeit eines Schadenseintrittes nicht mehr gegeben. Wird - wie hier - die Begründung des rechtlichen Interesses auf die drohende Verjährung gestützt, droht eine solche jedoch nicht, da sie noch nicht einmal zu laufen begonnen hat, muss das Feststellungsinteresse verneint werden (7 Ob 211/97y; RIS-Justiz RS0034503).

Auf die von der Rechtsmittelwerberin als erheblich relevierte Frage, unter welchen Voraussetzungen bedingte Rechtsverhältnisse feststellungsfähig sind, sowie auf die vom Berufungsgericht relevierte Frage eines „öffentlichen Interesses an der Tätigkeit des Sachverständigen" kann aus den oben angeführten Gründen im hier zu beurteilenden Fall nicht eingegangen werden. Es ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes rein theoretische Fragen im Sinne eines Rechtsgutachtens zu lösen (RIS-Justiz RS0109383).

Auch der von der Rechtsmittelwerberin mit der Begründung, dass ein „Zinsschaden" dem Grunde nach bereits entstanden und nur der Höhe nach ungewiss sei, als erheblich relevierte Feststellungsmangel ist nicht geeignet eine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Der Beklagte weist in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend darauf hin, dass die begehrte Feststellung (teilweise) das Ergebnis des Verfahrens vor dem LG Innsbruck vorwegnehmen würde. Ob der klagenden Partei überhaupt ein Schaden in Form einer Zinsendifferenz entsteht, kann tatsächlich erst nach rechtskräftiger Beendigung des vorgenannten Verfahrens beurteilt werden. Die Vorinstanzen haben ohne gravierende, das korrigierende Einschreiten des Obersten Gerichtshofes erfordernde Fehlbeurteilung die hier allein wesentliche Frage des rechtlichen Interesses an den begehrten Feststellungen verneint, ohne dass es der Lösung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO bedurft hätte. Die Revision ist daher zurückzuweisen.Auch der von der Rechtsmittelwerberin mit der Begründung, dass ein „Zinsschaden" dem Grunde nach bereits entstanden und nur der Höhe nach ungewiss sei, als erheblich relevierte Feststellungsmangel ist nicht geeignet eine Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufzuzeigen. Der Beklagte weist in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend darauf hin, dass die begehrte Feststellung (teilweise) das Ergebnis des Verfahrens vor dem LG Innsbruck vorwegnehmen würde. Ob der klagenden Partei überhaupt ein Schaden in Form einer Zinsendifferenz entsteht, kann tatsächlich erst nach rechtskräftiger Beendigung des vorgenannten Verfahrens beurteilt werden. Die Vorinstanzen haben ohne gravierende, das korrigierende Einschreiten des Obersten Gerichtshofes erfordernde Fehlbeurteilung die hier allein wesentliche Frage des rechtlichen Interesses an den begehrten Feststellungen verneint, ohne dass es der Lösung einer Rechtsfrage von der Qualität des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO bedurft hätte. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO; der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Anmerkung

E84098 8Ob30.07f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0080OB00030.07F.0418.000

Dokumentnummer

JJT_20070418_OGH0002_0080OB00030_07F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten