TE OGH 2007/4/18 8ObS13/06d

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Veröffentlicht am 18.04.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Thomas Neumann und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Katrin W*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Insolvenzausfallgeld (EUR 16.450 netto; Revisionsinteresse EUR 7.048 netto), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Mai 2006, GZ 8 Rs 39/06a-10, womit über Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. November 2005, GZ 37 Cgs 175/05v-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war ab 1. 10. 2002 als Angestellte bei einer GmbH beschäftigt, über deren Vermögen aufgrund eines am 11. 3. 2005 gestellten Antrags mit Beschluss vom 15. 3. 2005 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Im Konkursedikt wurde festgehalten, dass das im Zeitpunkt der Konkurseröffnung geschlossene Unternehmen geschlossen bleibt.

Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung befand sich die damals schwangere Klägerin in der absoluten Schutzfrist, die von 6. 3. 2004 bis 27. 6. 2004 dauerte. Am 2. 5. 2004 brachte sie einen Sohn zur Welt. Ab 6. 3. 2004 bezog sie Wochengeld. An das Ende der Schutzfrist am 27. 6. 2004 schloss sich ab 28. 6. 2004 der mit dem Arbeitgeber für die Zeit bis 2. 5. 2006 vereinbarte Karenzurlaub an. Schließlich wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Austritt gemäß § 25 KO zum 22. 3. 2005 - also während des Karenzurlaubs - gelöst.Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung befand sich die damals schwangere Klägerin in der absoluten Schutzfrist, die von 6. 3. 2004 bis 27. 6. 2004 dauerte. Am 2. 5. 2004 brachte sie einen Sohn zur Welt. Ab 6. 3. 2004 bezog sie Wochengeld. An das Ende der Schutzfrist am 27. 6. 2004 schloss sich ab 28. 6. 2004 der mit dem Arbeitgeber für die Zeit bis 2. 5. 2006 vereinbarte Karenzurlaub an. Schließlich wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Austritt gemäß Paragraph 25, KO zum 22. 3. 2005 - also während des Karenzurlaubs - gelöst.

Die Klägerin, deren Antrag auf Gewährung von Insolvenzausfallgeld von der Beklagten mit Bescheid vom 11. 8. 2005 zur Gänze abgelehnt wurde, begehrt im vorliegenden Verfahren den Zuspruch von EUR 16.450 netto. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind offene Gehaltsansprüche der Klägerin (einschließlich Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) von EUR 7.048 für die letzten drei Monate vor Beginn des Beschäftigungsverbots am 6. 3. 2004.

Wegen dieser Ansprüche brachte die Klägerin keine Klage gegen ihre Arbeitgeberin ein, weil sie am 16. 11. 2004 mit dieser eine Zahlungsvereinbarung über EUR 7.329,69 netto (restliches Entgelt für November 2003 bis Februar 2004) getroffen hatte. Es wurden monatliche Teilzahlungen von je EUR 1000, beginnend mit 30. 11. 2004, vereinbart. Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung hatte die Klägerin so lange zugewartet, weil ihr versprochen worden war, dass Zahlungen geleistet werden. Die anderen Mitarbeiter hatten Teilzahlungen erhalten. Die Klägerin ging leer aus, weil sie in Karenz war. Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, dass bei richtlinienkonformer Interpretation des Gesetzes ihr Arbeitsverhältnis iSd § 3a Abs 1 IESG als mit Beginn der absoluten Schutzfrist beendet anzusehen sei, sodass die Sechsmonatsfrist des § 3a Abs 1 IESG ab diesem Zeitpunkt zurückzurechnen sei. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 15. 5. 2003 in der Rechtssache Karin Mau - C-160/01) dürfe der Begriff des Arbeitsverhältnisses nicht so ausgelegt werden, dass die in Artikel 4/2 der Richtlinie angeführten Mindestrechte auf Null herabsinken. Fristen, die in die Vergangenheit gehen, seien daher nicht ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung zu berechnen, wenn in diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis ohne Entgeltanspruch - etwa wegen Schutzfrist oder Karenzurlaub - bestehe. In solchen Fällen sei die Frist ab Beginn der Schutzfrist oder des Karenzurlaubs in die Vergangenheit zu rechnen. Im Fall der Klägerin bedeute dies, dass die in Rede stehenden Ansprüche zur Gänze innerhalb von sechs Monaten gelegen und gesichert seien. Sollte eine richtlinienkonforme Interpretation in diesem Sinn nicht möglich sein, ergebe sich eine Mindestsicherung der Klägerin aus einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie. Die Beklagte erachtet demgegenüber die von der Klägerin ins Treffen geführte Entscheidung des EuGH auf den hier zu beurteilenden Fall nicht als anwendbar. In Fall der zitierten Entscheidung sei - anders als hier - die geltend gemachte Entgeltforderung für die drei letzten Monate des Erziehungsurlaubs innerhalb von sechs Monaten vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gelegen. Es sei nicht Intention des europäischen Gesetzgebers, die Befriedigung von Ansprüchen sicherzustellen, die aus einer Zeit mehr als sechs Monate vor Insolvenz des Arbeitgebers stammten. Es müsse zwischen Ansprüchen gegen bloß zahlungsunwillige und gegen zahlungsunfähige Arbeitgeber unterschieden werden. § 3a Abs 1 IESG stehe daher nicht in Widerspruch zur Insolvenzrichtlinie. Das Erfordernis der Klageführung für mehr als sechs Monate zurückliegende Ansprüche sei eine dem Artikel 10 der Richtlinie entsprechende Maßnahme zur Vermeidung von Missbräuchen. Diesem Erfordernis sei die Klägerin nicht nachgekommen. Auch vom Mindestschutz der Insolvenzrichtlinie sei dieser Teil der Forderung der Klägerin daher nicht umfasst.Wegen dieser Ansprüche brachte die Klägerin keine Klage gegen ihre Arbeitgeberin ein, weil sie am 16. 11. 2004 mit dieser eine Zahlungsvereinbarung über EUR 7.329,69 netto (restliches Entgelt für November 2003 bis Februar 2004) getroffen hatte. Es wurden monatliche Teilzahlungen von je EUR 1000, beginnend mit 30. 11. 2004, vereinbart. Mit dem Abschluss dieser Vereinbarung hatte die Klägerin so lange zugewartet, weil ihr versprochen worden war, dass Zahlungen geleistet werden. Die anderen Mitarbeiter hatten Teilzahlungen erhalten. Die Klägerin ging leer aus, weil sie in Karenz war. Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, dass bei richtlinienkonformer Interpretation des Gesetzes ihr Arbeitsverhältnis iSd Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG als mit Beginn der absoluten Schutzfrist beendet anzusehen sei, sodass die Sechsmonatsfrist des Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG ab diesem Zeitpunkt zurückzurechnen sei. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 15. 5. 2003 in der Rechtssache Karin Mau - C-160/01) dürfe der Begriff des Arbeitsverhältnisses nicht so ausgelegt werden, dass die in Artikel 4/2 der Richtlinie angeführten Mindestrechte auf Null herabsinken. Fristen, die in die Vergangenheit gehen, seien daher nicht ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung zu berechnen, wenn in diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis ohne Entgeltanspruch - etwa wegen Schutzfrist oder Karenzurlaub - bestehe. In solchen Fällen sei die Frist ab Beginn der Schutzfrist oder des Karenzurlaubs in die Vergangenheit zu rechnen. Im Fall der Klägerin bedeute dies, dass die in Rede stehenden Ansprüche zur Gänze innerhalb von sechs Monaten gelegen und gesichert seien. Sollte eine richtlinienkonforme Interpretation in diesem Sinn nicht möglich sein, ergebe sich eine Mindestsicherung der Klägerin aus einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie. Die Beklagte erachtet demgegenüber die von der Klägerin ins Treffen geführte Entscheidung des EuGH auf den hier zu beurteilenden Fall nicht als anwendbar. In Fall der zitierten Entscheidung sei - anders als hier - die geltend gemachte Entgeltforderung für die drei letzten Monate des Erziehungsurlaubs innerhalb von sechs Monaten vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gelegen. Es sei nicht Intention des europäischen Gesetzgebers, die Befriedigung von Ansprüchen sicherzustellen, die aus einer Zeit mehr als sechs Monate vor Insolvenz des Arbeitgebers stammten. Es müsse zwischen Ansprüchen gegen bloß zahlungsunwillige und gegen zahlungsunfähige Arbeitgeber unterschieden werden. Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG stehe daher nicht in Widerspruch zur Insolvenzrichtlinie. Das Erfordernis der Klageführung für mehr als sechs Monate zurückliegende Ansprüche sei eine dem Artikel 10 der Richtlinie entsprechende Maßnahme zur Vermeidung von Missbräuchen. Diesem Erfordernis sei die Klägerin nicht nachgekommen. Auch vom Mindestschutz der Insolvenzrichtlinie sei dieser Teil der Forderung der Klägerin daher nicht umfasst.

Mit dem angefochtenen Teilurteil wies das Erstgericht das Teilklagebegehren von EUR 7.048 netto ab. Die Ansprüche der Klägerin seien vom Garantiezeitraum der Insolvenzrichtlinie nicht umfasst. § 3a Abs 1 IESG stehe nicht im Widerspruch zur Richtlinie. Der der Rechtssache Mau zugrunde liegende Sachverhalt sei nicht vergleichbar, weil die hier in Rede stehende Entgeltforderung aus weiter als sechs Monate vor der Insolvenz des Arbeitgebers liegenden Zeiträumen resultierte.Mit dem angefochtenen Teilurteil wies das Erstgericht das Teilklagebegehren von EUR 7.048 netto ab. Die Ansprüche der Klägerin seien vom Garantiezeitraum der Insolvenzrichtlinie nicht umfasst. Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG stehe nicht im Widerspruch zur Richtlinie. Der der Rechtssache Mau zugrunde liegende Sachverhalt sei nicht vergleichbar, weil die hier in Rede stehende Entgeltforderung aus weiter als sechs Monate vor der Insolvenz des Arbeitgebers liegenden Zeiträumen resultierte.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Nach der österreichischen Rechtslage sei die europarechtlich gebotene Mindestsicherung von Ansprüchen dann gegeben, wenn der Sicherungszeitraum von drei Monaten innerhalb von sechs Monaten, rückgerechnet vom Stichtag liege. Arbeitnehmer könnten aber ihre Ansprüche durch rechtzeitige Einklagung wahren, wobei auch die dafür auflaufenden Kosten letztlich gesichert seien. Die Sicherung von Ansprüchen, deren Fälligkeit außerhalb des Garantiezeitraums von sechs Monaten liege, werde somit von der Klageführung durch den Arbeitnehmer abhängig gemacht. Bei dieser in § 3a Abs 1 IESG normierten Voraussetzung für die Sicherung von Entgeltrückständen aus länger zurückliegenden Zeiträumen handle es sich um eine gemäß Art 10 lit a der Insolvenzrichtlinie zulässig/notwendige Maßnahme zur Vermeidung von Missbräuchen.Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Nach der österreichischen Rechtslage sei die europarechtlich gebotene Mindestsicherung von Ansprüchen dann gegeben, wenn der Sicherungszeitraum von drei Monaten innerhalb von sechs Monaten, rückgerechnet vom Stichtag liege. Arbeitnehmer könnten aber ihre Ansprüche durch rechtzeitige Einklagung wahren, wobei auch die dafür auflaufenden Kosten letztlich gesichert seien. Die Sicherung von Ansprüchen, deren Fälligkeit außerhalb des Garantiezeitraums von sechs Monaten liege, werde somit von der Klageführung durch den Arbeitnehmer abhängig gemacht. Bei dieser in Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG normierten Voraussetzung für die Sicherung von Entgeltrückständen aus länger zurückliegenden Zeiträumen handle es sich um eine gemäß Artikel 10, Litera a, der Insolvenzrichtlinie zulässig/notwendige Maßnahme zur Vermeidung von Missbräuchen.

Dass der Arbeitsvertrag im Zeitpunkt des Beginns der absoluten Schutzfrist als beendet zu betrachten sei, um den Garantiezeitraum von diesem Zeitraum zurück zu berechnen, könne der Richtlinie nicht entnommen werden. Auch wenn man den Begriff des Arbeitsverhältnisses dahin auslege, dass darunter nur Zeiten zu verstehen seien, die ihrem Wesen nach zu nicht erfüllten Ansprüchen führen können, so könne daraus nicht geschlossen werden, dass dadurch auch der gesamte Garantiezeitraum weiter in die Vergangenheit verlagert werde, sodass letztlich nicht mehr der Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit maßgeblich sei, sondern das absolute Beschäftigungsverbot.

Auch eine direkte Anwendbarkeit der Richtlinie könne nach deren Wortlaut nicht zum Ergebnis führen, dass der Klägerin die Entgelte aus den letzten drei Monaten vor Beginn der absoluten Schutzfrist zuerkannt werden.

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu fehlt, wie der Sicherungszeitraum nach § 3a Abs 1 IESG zu berechnen ist, wenn die Arbeitnehmerin zum Stichtag zwar in einem aufrechten Arbeitsverhältnis steht, allerdings wegen eines Beschäftigungsverbotes nach MSchG nicht beschäftigt werden kann. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu fehlt, wie der Sicherungszeitraum nach Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG zu berechnen ist, wenn die Arbeitnehmerin zum Stichtag zwar in einem aufrechten Arbeitsverhältnis steht, allerdings wegen eines Beschäftigungsverbotes nach MSchG nicht beschäftigt werden kann. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 3a Abs 1 IESG gebührt Insolvenz-Ausfallgeld für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (§ 3 Abs 1) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichen Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht worden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird.Gemäß Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG gebührt Insolvenz-Ausfallgeld für das dem Arbeitnehmer gebührende Entgelt einschließlich Sonderzahlungen, das in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag (Paragraph 3, Absatz eins,) oder, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag geendet hat, in den letzten sechs Monaten vor dessen arbeitsrechtlichen Ende fällig geworden ist. Die Frist von sechs Monaten gilt nicht, soweit Ansprüche auf Entgelt binnen sechs Monaten nach ihrem Entstehen gerichtlich oder im Rahmen eines in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung vorgesehenen Schlichtungsverfahrens oder eines Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission zulässigerweise geltend gemacht worden und das diesbezügliche Verfahren gehörig fortgesetzt wird und soweit eine Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung beantragt wird.

Stichtag im Sinne des § 3 Abs 1 IESG ist hier der Tag der Konkurseröffnung, also der 15. 3. 2005 (die Differenz zur InsolvenzRL, die - anders als das IESG - auf die Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens abstellt, ist hier angesichts des unmittelbaren Aufeinanderfolgens von Antragstellung und Konkurseröffnung von vornherein nicht von Bedeutung - vgl dazu im Übrigen 8 ObS 86/00f; 8 ObS 89/00x jeweils mwN; zuletzt 8 ObS 5/07d). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete am 22. 3. 2005 und somit nicht vor dem Stichtag. Da keiner jener Fälle vorliegt, in denen sich nach § 3a Abs 1 zweiter Satz IESG der Sicherungszeitraum verlängert (klageweise Geltendmachung; Geltendmachung einer Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung), sind daher nur jene Entgeltansprüche der Klägerin gesichert, die in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag - also vor dem 15. 3. 2005 - fällig wurden.Stichtag im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, IESG ist hier der Tag der Konkurseröffnung, also der 15. 3. 2005 (die Differenz zur InsolvenzRL, die - anders als das IESG - auf die Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens abstellt, ist hier angesichts des unmittelbaren Aufeinanderfolgens von Antragstellung und Konkurseröffnung von vornherein nicht von Bedeutung - vergleiche dazu im Übrigen 8 ObS 86/00f; 8 ObS 89/00x jeweils mwN; zuletzt 8 ObS 5/07d). Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete am 22. 3. 2005 und somit nicht vor dem Stichtag. Da keiner jener Fälle vorliegt, in denen sich nach Paragraph 3 a, Absatz eins, zweiter Satz IESG der Sicherungszeitraum verlängert (klageweise Geltendmachung; Geltendmachung einer Differenz zwischen unterkollektivvertraglicher und kollektivvertraglicher Entlohnung), sind daher nur jene Entgeltansprüche der Klägerin gesichert, die in den letzten sechs Monaten vor dem Stichtag - also vor dem 15. 3. 2005 - fällig wurden.

Die Klägerin vertritt allerdings nach wie vor die Auffassung, dass in ihrem Fall bei richtlinienkonformer Interpretation des § 3a Abs 1 IESG bzw bei unmittelbarer Anwendung der Insolvenzrichtlinie als Stichtag nicht der Tag der Konkursereröffnung, sondern der Beginn des Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG zu gelten habe. Sie bezieht sich dabei im Wesentlichen auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Karin Mau und will daraus ableiten, dass im Falle der Geltung eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG die Sechsmonatsfrist von diesem Zeitpunkt zurückzurechnen sei.Die Klägerin vertritt allerdings nach wie vor die Auffassung, dass in ihrem Fall bei richtlinienkonformer Interpretation des Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG bzw bei unmittelbarer Anwendung der Insolvenzrichtlinie als Stichtag nicht der Tag der Konkursereröffnung, sondern der Beginn des Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG zu gelten habe. Sie bezieht sich dabei im Wesentlichen auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Karin Mau und will daraus ableiten, dass im Falle der Geltung eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG die Sechsmonatsfrist von diesem Zeitpunkt zurückzurechnen sei.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat nicht an:

Wie jedem anderen in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer wäre es auch der Klägerin freigestanden, ihre offenen Entgeltansprüche innerhalb von sechs Monaten gegen ihren Arbeitgeber einzuklagen. Hätte sie diese Vorgangsweise gewählt, wären sämtliche der hier in Rede stehenden Entgeltansprüche gesichert gewesen. Inwiefern die Situation einer Arbeitnehmerin während eines Beschäftigungsverbotes nach MSchG (oder während eines Karenzurlaubes) gegenüber jener eines „normalen" Arbeitnehmers in einem aufrechten Arbeitsverhältnis unterschiedlich sein soll, zeigt die Revision nicht auf.

Aus dem Verweis der Revision auf die Entscheidung in der Rechtssache Karin Mau ist für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen. Der EuGH legte zwar in dieser Entscheidung den Begriff des „Arbeitsverhältnisses" im Sinne der Art 3 und 4 der Richtlinie dahin aus, dass nur Zeiträume, die dem Wesen nach zu nicht erfüllten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt führen können, erfasst seien und dass daher jene Zeiträume ausgeschlossen seien, in denen das Arbeitsverhältnis während eines Erziehungsurlaubs ruhe, weil während dieser Zeiträume kein Arbeitsentgelt geschuldet werde. Allerdings lag dem Rechtsstreit Karin Mau die völlig anders geartete Regel des § 183d SGB zugrunde: Nach dieser deutschen Regelung besteht ein Anspruch auf Insolvenzgeld ausschließlich für die dem Stichtag vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Eine der österreichischen Regelung vergleichbare Möglichkeit, durch gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis auch Entgeltansprüche zu sichern, die vor den letzten drei Monaten vor dem Stichtag fällig wurden, besteht nicht. Dadurch würde aber die Anwendung des § 183d SGB zu dem mit der Richtlinie nicht vereinbaren Ergebnis führen, dass eine in einem aufrechten Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmerin, die in den letzten drei Monaten vor dem deutschen Stichtag aufgrund eines Beschäftigungsverbotes oder eines Erziehungsurlaubes nicht tätig war und daher auch keine Entgeltansprüche hatte, keinen Anspruch auf die nach der Richtlinie zumindest zustehenden drei Monatsentgelte hätte. Da diese deutsche Regelung, wie bereits ausgeführt, mit der österreichischen Regelung nicht vergleichbar ist, nach der der Arbeitnehmer bei gerichtlicher Geltendmachung seiner Ansprüche auch Insolvenz-Ausfallgeld für Zeiträume erhält, die außerhalb des Sicherungszeitraumes liegen, bestehen keine Bedenken gegen die Richtlinienkonformität des § 3a Abs 1 IESG.Aus dem Verweis der Revision auf die Entscheidung in der Rechtssache Karin Mau ist für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen. Der EuGH legte zwar in dieser Entscheidung den Begriff des „Arbeitsverhältnisses" im Sinne der Artikel 3 und 4 der Richtlinie dahin aus, dass nur Zeiträume, die dem Wesen nach zu nicht erfüllten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt führen können, erfasst seien und dass daher jene Zeiträume ausgeschlossen seien, in denen das Arbeitsverhältnis während eines Erziehungsurlaubs ruhe, weil während dieser Zeiträume kein Arbeitsentgelt geschuldet werde. Allerdings lag dem Rechtsstreit Karin Mau die völlig anders geartete Regel des Paragraph 183 d, SGB zugrunde: Nach dieser deutschen Regelung besteht ein Anspruch auf Insolvenzgeld ausschließlich für die dem Stichtag vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Eine der österreichischen Regelung vergleichbare Möglichkeit, durch gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis auch Entgeltansprüche zu sichern, die vor den letzten drei Monaten vor dem Stichtag fällig wurden, besteht nicht. Dadurch würde aber die Anwendung des Paragraph 183 d, SGB zu dem mit der Richtlinie nicht vereinbaren Ergebnis führen, dass eine in einem aufrechten Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmerin, die in den letzten drei Monaten vor dem deutschen Stichtag aufgrund eines Beschäftigungsverbotes oder eines Erziehungsurlaubes nicht tätig war und daher auch keine Entgeltansprüche hatte, keinen Anspruch auf die nach der Richtlinie zumindest zustehenden drei Monatsentgelte hätte. Da diese deutsche Regelung, wie bereits ausgeführt, mit der österreichischen Regelung nicht vergleichbar ist, nach der der Arbeitnehmer bei gerichtlicher Geltendmachung seiner Ansprüche auch Insolvenz-Ausfallgeld für Zeiträume erhält, die außerhalb des Sicherungszeitraumes liegen, bestehen keine Bedenken gegen die Richtlinienkonformität des Paragraph 3 a, Absatz eins, IESG.

Der unberechtigten Revision der Klägerin war daher ein Erfolg zu versagen.

Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit sind nicht zu erkennen: Unterliegt der Versicherte im gerichtlichen Verfahren zur Gänze, hat er dem Grunde und der Höhe nach einen nach den in § 77 Z 2 lit b ASGG genannten Maßstäben zu beurteilenden Kostenersatzanspruch. Nach dem Wortlaut der Bestimmung setzt ein Kostenersatz nach Billigkeit voraus, dass sowohl tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten des Verfahrens vorliegen, als auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten einen Kostenersatz nahelegen. Es ist Sache des Versicherten, Umstände, die einen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen können, geltend zu machen (Neumayr in ZellKomm § 77 ASGG Rz 13 f; RIS-Justiz RS0085829; 10 ObS 106/03s). Dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse einen Kostenersatz nahelegen, hat die Klägerin weder vorgebracht, noch ergeben sich dafür aus dem Akteninhalt ausreichende Anhaltspunkte, in welchem Fall vom Erfordernis der Bescheinigung abgesehen werden könnte (10 ObS 106/03s) Darauf, ob das Kriterium der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten erfüllt ist, kommt es daher nicht mehr an.Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit sind nicht zu erkennen: Unterliegt der Versicherte im gerichtlichen Verfahren zur Gänze, hat er dem Grunde und der Höhe nach einen nach den in Paragraph 77, Ziffer 2, Litera b, ASGG genannten Maßstäben zu beurteilenden Kostenersatzanspruch. Nach dem Wortlaut der Bestimmung setzt ein Kostenersatz nach Billigkeit voraus, dass sowohl tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten des Verfahrens vorliegen, als auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten einen Kostenersatz nahelegen. Es ist Sache des Versicherten, Umstände, die einen Kostenzuspruch nach Billigkeit rechtfertigen können, geltend zu machen (Neumayr in ZellKomm Paragraph 77, ASGG Rz 13 f; RIS-Justiz RS0085829; 10 ObS 106/03s). Dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse einen Kostenersatz nahelegen, hat die Klägerin weder vorgebracht, noch ergeben sich dafür aus dem Akteninhalt ausreichende Anhaltspunkte, in welchem Fall vom Erfordernis der Bescheinigung abgesehen werden könnte (10 ObS 106/03s) Darauf, ob das Kriterium der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten erfüllt ist, kommt es daher nicht mehr an.

Anmerkung

E841088ObS13.06d

Schlagworte

Kennung XPUBL - XBEITRDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZIK 2007/240 S 142 - ZIK 2007,142 = Arb 12.675 = SSV-NF 21/19 = DRdA2008,436/43 (Wolligger) - DRdA 2008/43 (Wolligger)XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:008OBS00013.06D.0418.000

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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