Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Thomas Neumann und Peter Schönhofer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zentralbetriebsrat der B***** AG, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach, Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B***** AG, ***** vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert 30.000 EUR), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. September 2006, GZ 10 Ra 69/06z-19, womit über Berufung des Klägers das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. Dezember 2005, GZ 29 Cga 94/05p-15, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 1.503,54 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 250,59 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 nahm die B***** GmbH (in der Folge immer: GmbH), deren Alleingesellschafterin die Beklagte ist, 160 Mitarbeiter auf und überließ diese mit ihrer Zustimmung der Beklagten. Im selben Zeitraum erfolgten bei der Beklagten selbst bis auf einen Mitarbeiter keine direkten Anstellungen. Unter diesen Mitarbeitern, die ausschließlich bei der Beklagten eingesetzt wurden, waren 24 von der Beklagten ausgebildete Lehrlinge, die nach Ablauf der Behaltefrist einen Dienstvertrag mit der GmbH unterschrieben.
Die ab 1. 8. 2003 wirksame Lehrlingsbetriebsvereinbarung der Beklagten regelt in § 19 unter dem Titel „Vorgangsweise anlässlich der Übernahme in ein kaufmännisches Dienstverhältnis nach Ende der Lehrzeit bzw der Behaltesfrist" wie folgt:
„1. Vor Beginn der Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen gemäß den Bestimmungen des BAG ist seitens der ...... (Beklagten), Ressort HR, zu entscheiden, wer von den ausgelernten Lehrlingen für die Übernahme in ein - zunächst nach Z 3 befristetes - Dienstverhältnis in Frage kommt. Diese Entscheidung liegt ausschließlich im Ermessen der ......(Beklagten) Ressort HR, wobei sich diese Entscheidung insbesondere an den folgenden Kriterien orientiert: ......
2. Sofern keine Übernahme in ein Dienstverhältnis geplant ist, erfolgt keine Beschäftigung nach Ablauf der gesetzlichen Weiterverwendung von ausgelernten Lehrlingen.
3. Soferne eine Übernahme in ein Dienstverhältnis geplant ist, erfolgt eine Befristung des Dienstverhältnisses des weiterverwendeten Lehrlings...."
Es gibt seit Juni 2005 ein Anbot der Beklagten, dass Mitarbeiter der GmbH, die im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 aufgenommen wurden, ab 1. 1. 2006 einen Arbeitsvertrag bei der Beklagten erhalten können. Eine überwiegende Anzahl der Mitarbeiter hat von dieser Möglichkeit mittlerweile Gebrauch gemacht.
Der Kläger begehrt mit seinem ersten Hauptbegehren die Feststellung, dass Lehrlinge, die im Betrieb der Beklagten von dieser ausgebildet wurden und nach der Behaltefrist im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 im Betrieb der Beklagten weiter beschäftigt wurden, in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stünden. Das erste dazu erhobene Eventualbegehren lautet auf Feststellung, dass Lehrlinge, die im Zeitraum 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 nach Ablauf der Behaltefrist im Betrieb der Beklagten weiter beschäftigt wurden, einen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten nach Maßgabe der geltenden Betriebsvereinbarung und des für die Beklagte geltenden Kollektivvertrages hätten. Mit dem zweiten Eventualbegehren begehrt der Kläger die Feststellung, dass Lehrlinge, die im Zeitraum 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 nach Ablauf der Behaltefrist im Betrieb der Beklagten weiter beschäftigt wurden, einen Anspruch auf Ersatz des Schadens durch die Beklagte hätten, der ihnen durch die Vereinbarung schlechterer Arbeitsbedingungen entstanden sei, als wenn sie in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen würden.
Mit seinem zweiten Hauptbegehren begehrt der Kläger die Feststellung, dass die von der GmbH im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 aufgenommenen und auf Dauer ausschließlich an die Beklagte überlassenen Arbeitskräfte in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stünden. Das dazu erhobene Eventualbegehren lautet auf Feststellung, dass die von der GmbH im Zeitraum vom 1. 5. 2004 bis 31. 3. 2005 aufgenommenen und auf Dauer ausschließlich an die Beklagte verliehenen Arbeitnehmer gegenüber der Beklagten Anspruch auf Ersatz des Schadens hätten, der ihnen durch die Vereinbarung schlechterer Arbeitsbedingungen entstanden sei, als wenn sie in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stünden.
Der Kläger bringt zusammengefasst vor, er sei als Zentralbetriebsrat der Beklagten zur Klageerhebung gemäß § 54 Abs 1 ASGG legitimiert. Die Aktivlegitimation sei gegeben, weil Rechte gegenüber der Beklagten geltend gemacht würden, somit nicht der Betriebsrat des Überlasserunternehmens, sondern der klagende Betriebsrat des Beschäftigerunternehmens legitimiert sei. Das rechtliche Interesse an einer korrekten Vorgangsweise bei Arbeitskräfteüberlassung sei vom Betriebsrat des Beschäftigerbetriebes wahrzunehmen, der auch die Rechte der Stammbelegschaft zu schützen habe.
Die Beklagte habe im Zeitraum zwischen 1. 5. 2004 und 31. 3. 2005 sämtliche Neuanstellungen (mit Ausnahme eines Personalchefs) von Mitarbeitern über die GmbH durchgeführt. Die Beklagte verfolge durch die Anstellungen über ihre Tochtergesellschaft das Ziel, systematisch ihr Dienstrecht und die dort herrschenden Lohn- und Arbeitsbedingungen zu umgehen. Diese zum Zwecke der Umgehung des bei der Beklagten anzuwendenden Kollektivvertrages und der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen vorgenommene Vorgangsweise widerspreche den Wertungen des AÜG und sei gemäß § 879 ABGB unwirksam. Die planmäßige Umgehung des Dienstrechtes der Beklagten durch Anstellung neuer Mitarbeiter bei der GmbH gefährde auch die Rechte der Stammbelegschaft. Die Nachteiligkeit für die betroffenen Mitarbeiter bestehe unter anderem darin, dass für die GmbH nur der Handelskollektivvertrag und nicht der für die Beklagte relevante Sparkassenkollektivvertrag gelte. Bei der GmbH würden generell „all in" Verträge geschlossen, die nur geringfügig über den kollektivvertraglichen Ansätzen der Beklagten lägen. Es gäbe keine Pensionskassenregelungen. Es gelte eine höhere Arbeitszeitverpflichtung. Es gäbe keine Sozialzulagen und sonstigen Vergünstigungen. Jene Betriebsvereinbarungen, die Vergünstigungen beinhalteten, hätten für die GmbH keine Geltung.
Bis Ende September/Mitte Oktober 2004 hätten sich 24 von der Beklagten ausgebildete Lehrlinge innerhalb der Behaltefrist nach Abschluss der Lehre befunden. Diese sollten im Rahmen des Betriebes der Beklagten weiter eingesetzt werden. Entgegen der für die Beklagte geltenden Lehrlingsbetriebsvereinbarung habe die Beklagte sämtlichen im Betrieb weiterbeschäftigten Lehrlingen nach Ablauf der Lehrzeit und Behaltefrist keine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses im eigenen Unternehmen angeboten, sondern lediglich Dienstverträge bei der GmbH. Das widerspreche der Lehrlingsbetriebsvereinbarung der Beklagten. Dort habe sich die Beklagte verpflichtet, Lehrlinge, die sie weiterverwenden wolle, in ein Dienstverhältnis zu übernehmen.
Die Beklagte habe durch Austritt aus dem Sparkassenverband und Aufkündigung von Betriebsvereinbarungen versucht, einseitig das in ihrem Unternehmen geltende Dienstrecht zu beseitigen und mit 1. 4. 2005 ein neues Dienstrecht zu erlassen. Die Beklagte selbst habe die Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens offenkundig erkannt: Sie habe mit Schreiben vom Juni 2005 den vom Klagebegehren betroffenen Dienstnehmern mit 1. 1. 2006 das Anbot der Übernahme gemacht.
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation sowie ihre Passivlegitimation: Das Feststellungsbegehren beziehe sich auf Angestellte der GmbH und an die Beklagte überlassene Arbeitnehmer. Dem Beschäftigerbetriebsrat kämen nur jene Kompetenzen zu, die unmittelbar in einem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stünden oder an die im Arbeitsplatz bezogenen Weisungsrechte (Arbeitnehmerschutz etc) des Arbeitgebers anknüpften. Hingegen sei der Betriebsrat des Überlasserbetriebes für die Wahrnehmung von Interessen zuständig, die untrennbar mit dem Arbeitsvertrag verknüpft seien, worunter jedenfalls auch die Frage nach dem Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu verstehen sei.
Aber auch inhaltlich sei das Klagebegehren unberechtigt: Ein Recht der Arbeitnehmerschaft auf Aufstockung der Stammbelegschaft lasse sich weder aus dem AÜG noch aus dem ArbVG entnehmen. Der Kläger verabsäume es, konkret anzuführen, worin die behauptete Umgehung liegen solle: Eine Überlassung auf Dauer sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe lediglich während der bestehenden Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit den 2004 und 2005 stattgefundenen Dienstrechtsverhandlungen den Entschluss gefasst, in dieser Phase keine neuen Mitarbeiter aufzunehmen, sondern einen vorübergehenden Bedarf an Mitarbeitern durch Anstellungen über die GmbH, aber auch andere Konzerngesellschaften, abzudecken. Sämtliche Überlassungen innerhalb des Konzerns seien im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt worden. Der Kläger verabsäume darzulegen, worin die Nachteiligkeit für die betroffenen Arbeitnehmer liegen solle. Ganz im Gegenteil hätte die Beklagte sämtlichen Mitarbeitern, also sowohl den Lehrlingen als auch den übrigen vom Klagebegehren erfassten Mitarbeitern, ab 1. Jänner 2006 ein Dienstverhältnis angeboten. Es sei nicht ersichtlich, woraus der Kläger ableite, dass die Beklagte unmittelbar Arbeitgeber der vom Klagebegehren betroffenen Mitarbeiter sei: Abgesehen von hier nicht anwendbaren gesetzlich angeordneten Vertragsübergängen (zB im AVRAG) bestehe im Arbeitsrecht kein Kontrahierungszwang. Der Gesetzgeber des AÜG habe ebenfalls bewusst auf die Fiktion des Arbeitsvertrages zwischen dem Beschäftiger und der überlassenen Arbeitskraft verzichtet. Aber auch das Schadenersatzbegehren sei unberechtigt, weil die auch längerfristige Beschäftigung von überlassenen und nicht beim Beschäftiger angestellten Arbeitskräfte nicht nur nicht rechtswidrig sei, sondern sogar Gegenstand spezieller gesetzlicher Regelungen (etwa des AÜG und des ASchG) geworden sei.
Das Erstgericht wies beide Hauptbegehren ebenso wie sämtliche Eventualbegehren ab. Rechtlich erachtete das Erstgericht, dass das AÜG zwar gemäß § 1 Abs 2 Z 5 im vorliegenden Fall keine Anwendung finde, dass jedoch die im AÜG enthaltenen Schutztendenzen nicht zu vernachlässigen seien. Aus der Entscheidung 9 ObA 113/03p sei abzuleiten, dass das AÜG dann nicht abschließend die Rechtsstellung der überlassenen Arbeitskräfte regle, wenn eine von der für typisch angesehenen erheblich abweichende Arbeitskräfteüberlassung vorliege. Je weiter sich die konkret zu beurteilende Arbeitskräfteüberlassung von jenem Typus entferne, den der Gesetzgeber bei der gesetzlichen Regelung im Auge gehabt habe, desto eher könne es im Einzelfall sachgerecht erscheinen, die Rechtsstellung des Arbeitnehmers jener des Dienstnehmers im Beschäftigerbetrieb anzunähern. Allerdings seien die vom Klagebegehren betroffenen Arbeitnehmer Arbeitnehmer der GmbH und nicht der Beklagten. Wie die Beklagte zutreffend ausführe, gelte im österreichischen Privatrecht grundsätzlich kein Kontrahierungszwang. Dieser Privatautonomie seien zwar im Arbeitsrecht Grenzen gesetzt. Diese Grenzen führten allerdings nicht soweit, dass sich der Arbeitnehmer den Vertragspartner einseitig aussuchen könne. Allfällige Nachteile für Arbeitnehmer würden dadurch hintangehalten, dass - wie sich gerade im Fall der Arbeitskräfteüberlassung zeige - der vertraglich einmal festgelegte Arbeitgeber zur Einhaltung gewisser Richtlinien verpflichtet sei. Ob im konkreten Fall überhaupt eine Arbeitskräfteüberlassung auf Dauer vorliege, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls lasse sich kein Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf ein Arbeitsverhältnis zum Beschäftiger ableiten. Durchsetzbar sei lediglich die rechtliche Gleichstellung im Vergleich zu einem direkten Beschäftigungsverhältnis. Sehr wohl könne daher ein Schadenersatzanspruch bestehen, der sich daraus ergebe, dass beim Beschäftigerbetrieb geltende, für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen nicht zur Anwendung kämen. Die Frage nach den konkreten Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer könne allerdings dahingestellt bleiben, weil insoweit der Einwand der mangelnden Sachlegitimation von der Beklagten zu Recht erhoben worden sei: Entsprechend der Entscheidung 9 ObA 113/03p habe der betroffene Arbeitnehmer das Recht, so gestellt zu werden, wie er stünde, wäre er Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebes. In einem solchen Haftungsprozess sei jedoch jedenfalls nicht die Beklagte, sondern nur der wirkliche Arbeitgeber, somit der Überlasser, legitimiert. Die betroffenen Arbeitnehmer müssten daher den Anspruch auf Ersatz ihres „Schadens", allerdings durch den ebenfalls existenten Zentralbetriebsrat der GmbH, gegen die GmbH als Überlasserbetrieb geltend machen.
Aus der Lehrlingsvereinbarung ergebe sich kein Anspruch eines von der Beklagten ausgebildeten Lehrlings auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten. Auch im Umfang des zu Punkt 1 gestellten Hauptbegehrens bezüglich der zunächst bei der Beklagten ausgebildeten Lehrlinge sei daher das Klagebegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Ein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Beschäftiger lasse sich weder dem Gesetzestext des AÜG noch dessen Zielsetzungen entnehmen. Auch aus den Bestimmungen des Kollektivvertrages und der Lehrlingsbetriebsvereinbarung der Beklagten ergebe sich nicht, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten bestünde. Selbst wenn man von einem Umgehungstatbestand ausginge, würde das nicht zu einem Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages führen. Vielmehr würde sich daran nur die Rechtsunwirksamkeit der bestehenden Arbeitsverträge mit der Beklagten anknüpfen, wobei allfällige Schadenersatzansprüche gegen den Vertragspartner, also die GmbH, bestünden. Aus dem Richtlinienvorschlag der EU-Kommission über die Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer ergebe sich ebenfalls kein Anspruch eines Mitarbeiters auf ein Arbeitsverhältnis mit dem Beschäftiger. Allfällige Schadenersatzansprüche seien nicht gegen die Beklagte als Beschäftiger, sondern gegen die GmbH als Überlasser zu richten.
Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
In der Revision hält der Kläger insbesondere im Hinblick auf die vom Klagebegehren betroffenen Lehrlinge seinen Standpunkt aufrecht, dass sich aus der Lehrlingsbetriebsvereinbarung ein Anspruch der zunächst bei der Beklagten ausgebildeten Lehrlinge auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten ergebe. Ob diese Auffassung des Klägers zutrifft, kann allerdings aus folgenden Überlegungen dahingestellt bleiben:
Unstrittig ist, dass die Beklagte sämtlichen Mitarbeitern, so auch den vom Klagebegehren betroffenen Lehrlingen, den Abschluss eines Arbeitsvertrages ab 1. 1. 2006 anbot, von welchem Anbot eine überwiegende Anzahl der Mitarbeiter, die vom Klagebegehren betroffen sind, Gebrauch machte. Damit fehlt es aber in Ansehung des nur die Lehrlinge betreffenden ersten Eventualbegehrens auf Feststellung, dass die Lehrlinge einen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten hätten, an dem auch für Klagen nac § 54 Abs 1 ASGG notwendigen rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung (Neumayr in ZellKomm § 54 ASGG Rz 6 mwN).
Das sowohl die Lehrlinge als auch die übrigen Mitarbeiter betreffende Hauptbegehren auf Feststellung, dass die vom Klagebegehren umfassten Lehrlinge bzw Mitarbeiter in einem aufrechten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stünden, ist aus der bereits von den Vorinstanzen herangezogenen Begründung verfehlt: Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers haben die vom Hauptbegehren betroffenen Lehrlinge und Mitarbeiter Dienstverträge mit der GmbH geschlossen und einer Überlassung an die Beklagte zugestimmt. Woraus sich die vom Kläger behauptete „automatische" Arbeitgeberstellung der Beklagten ergeben soll, ist nicht ersichtlich: Der Kläger selbst argumentiert auch im Wesentlichen nur mit einem behaupteten Recht der Betroffenen auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten. Ob aber ein solcher Anspruch aus der Lehrlingsbetriebsvereinbarung der Beklagten abgeleitet werden kann (ein Begehren auf Feststellung, dass ein Recht auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten bestünde, hat der Kläger nur bezüglich der Lehrlinge gestellt), kann aber, wie bereits dargetan, deshalb dahingestellt bleiben, weil die Beklagte den vom Klagebegehren betroffenen Lehrlingen ohnedies das Anbot machte, ab 1. 1. 2006 einen Arbeitsvertrag zu schließen. Ein konkretes rechtliches Interesse an der Feststellung, dass ein solches Recht auf Abschluss eines Arbeitsvertrages der im Betrieb der Beklagten beschäftigten Lehrlinge auch schon vor Stellung des Anbotes der Beklagten auf Abschluss eines Vertrages ab 1. 1. 2006 bestand, hat der Kläger weder vorgebracht noch sein die Lehrlinge betreffendes Eventualbegehren in diesem Sinn formuliert.
Auch die sowohl die Mitarbeiter als auch die Lehrlinge betreffenden Eventualbegehren auf Schadenersatz sind inhaltlich unberechtigt:
Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend hervorhoben, lässt sich eine generelle Unzulässigkeit der Arbeitskräfteüberlassung aus keiner gesetzlichen Vorschrift ableiten: Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Schaffung des AÜG die Arbeitskräfteüberlassung als eine gesellschaftspolitische und wirtschaftlich akzeptable Einrichtung anerkannt (Geppert, AÜG 12). Aber auch aus dem Richtlinienvorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 28. 11. 2002 über die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern und den dort vorgesehenen Schutzmechanismen zugunsten der Leiharbeitnehmer lässt sich nicht der vom Kläger offenbar gezogene Schluss der Unzulässigkeit und somit Rechtswidrigkeit der Arbeitskräfteüberlassung im hier zu beurteilenden Fall ableiten. Dem Kläger gelingt es auch nicht, konkret aufzuzeigen, gegen welche gesetzliche Verpflichtung die Beklagte dadurch verstieß, dass sie in dem vom Klagebegehren betroffenen Zeitraum Mitarbeiter nicht selbst anstellte, sondern bei der GmbH aufgenommene Mitarbeiter mit deren ausdrücklicher Zustimmung in ihrem Betrieb einsetzte. Sämtlichen noch in der Revision aufrechterhaltenen Argumenten dahin, dass im konkreten Fall die Überlassung der bei der GmbH aufgenommenen Mitarbeiter einerseits gegen die Rechte der Stammbelegschaft der Beklagten verstieße und andererseits die Rechte der vom Klagebegehren betroffenen Mitarbeiter durch schlechtere Arbeitsbedingungen vereitelt worden seien, ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG die Regelung von Grundsätzen der betrieblichen Beschäftigung von Arbeitnehmern, die im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung tätig sind, der erzwingbaren Mitbestimmung unterliegt. Ansatzpunkt der erzwingbaren Betriebsvereinbarung kann Arbeitskräfteüberlassung sowohl im als auch außerhalb des Geltungsbereiches des AÜG sein (Strasser/Jabornegg, ArbVG³ § 97 Anm 10c; M. Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 22; Reissner in ZellKomm § 97 ArbVG Rz 20). Die abzuschließende Betriebsvereinbarung verpflichtet den Beschäftiger, seine Rechtsbeziehungen zum Überlasser und zur überlassenen Arbeitskraft nach den in ihr festgelegten Grundsätzen zu gestalten (Strasser/Jabornegg, ArbVG³ § 97 Anm 10d). Möglicher Regelungsinhalt ist unter anderem die Bestimmung einer Höchstquote von „Leiharbeitnehmern" im Verhältnis zur Stammbelegschaft, die Einschränkung der „Leiharbeitnehmer" auf gewisse Betriebsabteilungen oder Arbeitsplätze, die richtlinienartige Präzisierung des Entgeltniveaus der „Leiharbeitnehmer" im Verhältnis zu jenem der Stammarbeiter des Beschäftigungsbetriebes und Herstellung eines konkreten Bezugsrahmens in Ausführung des § 10 Abs 1 AÜG, Regulierung der Qualität der für „Leiharbeitnehmer" maßgebenden Arbeitsbedingungen, die (aliquote) Beteiligung der „Leiharbeitnehmer" an betrieblichen Sozialleistungen, die im Beschäftigerbetrieb der Stammbelegschaft gewährt werden, ein Kündigungsverzicht in Bezug auf Stammarbeitnehmer während der Einsatzdauer von „Leiharbeitnehmern" und die Festlegung eines Kontrahierungsgebots, sofern „Leiharbeitnehmer" über eine gewisse Dauer hinaus im Beschäftigerbetrieb eingesetzt werden und Interesse an einer Daueranstellung bekunden, schließlich die Absicherung der wechselseitig auferlegten Pflichten durch Festlegung einer Konventionalstrafe, da „Grundsätze" prinzipiell nicht einklagbar sind (M. Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 25). Nach herrschender Auffassung sind, um die Interessen der Stammbelegschaft des Beschäftigerbetriebs zu schützen, obligatorisch wirksame Bestimmungen über das zahlenmäßige Verhältnis des Stammpersonals zum überlassenen Fremdpersonal Inhalt der Betriebsvereinbarung (Reissner in ZellKomm § 97 ArbVG Rz 22; Geppert, AÜG 250; Sacherer/Schwarz AÜG² 330; Preiss, ArbVR III³ § 97 Anm 6; M. Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 25; aA lediglich Schrank, ecolex 2000, 734 f).
Aus § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG ergibt sich somit, dass jedenfalls eine zwischen dem Betriebsrat des Beschäftigerbetriebes (dem Kläger) und dem Betriebsinhaber (der Beklagten) zu schließende Betriebsvereinbarung (allenfalls auch im Überlasserbetrieb – vgl M. Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 21) erzwingbar ist, deren Zweck darin begründet ist, neben den in der Revision mehrfach erwähnten Rechten der Stammbelegschaft auch die Rechte der überlassenen Arbeitnehmer zu schützen. Aus dem AÜG - dessen Abschnitt I und dessen §§ 10 Abs 1, 3 und 4 sowie 10a wegen der Überlassungsdauer auch für die hier zu beurteilende konzerninterne Überlassung von Arbeitskräften anzuwenden sind (Schindler in ZellKomm AÜG § 1 Rz 29) - und aus § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG lässt sich somit ableiten, dass der Gesetzgeber nicht von einer Rechtswidrigkeit der Arbeitskräfteüberlassung ausgeht, sondern lediglich ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, um den Schutz der Stammbelegschaft und den Schutz der überlassenen Arbeitnehmer zu gewährleisten. Die Nichtausnützung dieses Instrumentariums führt nicht zum Ergebnis, dass die Arbeitskräfteüberlassung per se rechtswidrig wäre.Aus § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG ergibt sich somit, dass jedenfalls eine zwischen dem Betriebsrat des Beschäftigerbetriebes (dem Kläger) und dem Betriebsinhaber (der Beklagten) zu schließende Betriebsvereinbarung (allenfalls auch im Überlasserbetrieb – vergleiche M.Binder in Tomandl, ArbVG § 97 Rz 21) erzwingbar ist, deren Zweck darin begründet ist, neben den in der Revision mehrfach erwähnten Rechten der Stammbelegschaft auch die Rechte der überlassenen Arbeitnehmer zu schützen. Aus dem AÜG - dessen Abschnitt römisch eins und dessen §§ 10 Abs 1, 3 und 4 sowie 10a wegen der Überlassungsdauer auch für die hier zu beurteilende konzerninterne Überlassung von Arbeitskräften anzuwenden sind (Schindler in ZellKomm AÜG § 1 Rz 29) - und aus Paragraph 97, Abs 1 Z 1a ArbVG lässt sich somit ableiten, dass der Gesetzgeber nicht von einer Rechtswidrigkeit der Arbeitskräfteüberlassung ausgeht, sondern lediglich ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, um den Schutz der Stammbelegschaft und den Schutz der überlassenen Arbeitnehmer zu gewährleisten. Die Nichtausnützung dieses Instrumentariums führt nicht zum Ergebnis, dass die Arbeitskräfteüberlassung per se rechtswidrig wäre.
Es fehlt daher für den behaupteten Schadenersatzanspruch der Lehrlinge bzw der übrigen vom Klagebegehren betroffenen Mitarbeiter bereits an einem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten.
Schon aus diesem Grund war auch das auf Feststellung des Bestehens eines Schadenersatzanspruches gerichtete Eventualbegehren abzuweisen, ohne dass es auf die weiteren Einwände der Beklagten, insbesondere auf den Einwand der mangelnden Sachlegitimation, ankäme.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 51, 50 ZPO. Es gebührt lediglich 50 % Einheitssatz.
Textnummer
E84103European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:008OBA00108.06Z.0418.000Im RIS seit
18.05.2007Zuletzt aktualisiert am
16.11.2010