TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/27 2005/11/0163

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Veröffentlicht am 27.09.2007
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs3;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 2000 idF doktorinwien 9/2001 §7a;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Univ. Prof. Dr. H in W, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien, vor dem Verwaltungsgerichtshof vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer & Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vom 6. Juli 2005, Zl. B 245/05, betreffend Beitrag zum Wohlfahrtsfonds, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Wien vom 4. April 2005 wurde der Beitrag des Beschwerdeführers für die Krankenunterstützung gemäß Abschnitt VI der Beitragsordnung für den Zeitraum der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bis einschließlich 31. Dezember 2004 mit EUR 140,30 festgesetzt.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde (Berufung) brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, dass er mit Schreiben vom 18. November 1986 auf die Schließung seiner Ordination mit 30. November 1986 hingewiesen und um Befreiung von der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds angesucht habe. Mit Schreiben vom 10. Dezember 1986 habe der Beschwerdeführer der Ärztekammer mitgeteilt, dass er mit 1. Jänner 1987 eine Privatordination ohne Kassenverträge eröffnen werde. Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Wien vom 14. April 1987 sei er von der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds mit Ausnahme des Beitrages zur Todesfallbeihilfe befreit worden. Der Beschwerde schloss er Kopien der genannten Schriftstücke an. Die genannte Befreiung von der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds bestehe, so der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, auch unter Bedachtnahme auf § 7a der Satzung des Wohlfahrtsfonds weiter, weil die Voraussetzungen für die Befreiung nicht "nachträglich" weggefallen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, es sei unverständlich, weshalb der Beschwerdeführer bestreite, dass er der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds unterliege, weil der Verwaltungsgerichtshof dies bereits im Erkenntnis vom 6. Juli 2004, Zl. 2003/11/0095, "abschließend klar gestellt" habe. Ein Eingehen auf die diesbezüglichen Ausführungen des Beschwerdeführers erübrige sich daher. Zur Höhe des vorgeschriebenen Betrages verwies die belangte Behörde auf Abschnitt VI der Beitragsordnung.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl. 2002/11/0257, mit der nachstehenden, von der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien in ihrer Sitzung vom 12. Dezember 2000 beschlossenen Änderung der Satzung auseinander gesetzt:

"ARTIKEL I 1. § 7a hat zu lauten wie folgt:

Eine Befreiung nach § 7 Abs. 1, die vor dem 1. Juli 1990 ausgesprochen wurde, wird mit 1. Juli 2001 unwirksam, wenn eine Voraussetzung, unter der die Befreiung erfolgen konnte, nachträglich weggefallen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Fondsmitglied zum Stichtag 1. Juli 2001 das 60. Lebensjahr bereits vollendet hat."

Diese Bestimmung trat nach Art. II dieser Satzungsänderung mit 1. Juli 2001 in Kraft. Die in der Vollversammlung der Ärztekammer für Wien vom 12. Dezember 2000 beschlossene Satzungsänderung wurde von der Wiener Landesregierung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 15. Juni 2001 genehmigt und in der Zeitschrift "doktorinwien" 9/2001 ordnungsgemäß kundgemacht.

Nach dem zitierten Erkenntnis setzt die Anwendung des wiedergegebenen § 7a der Satzung voraus, dass eine Voraussetzung, unter der die Befreiung erfolgen konnte, nachträglich weggefallen ist, d.h. dass § 7a der Satzung dann nicht herangezogen werden kann, wenn der Wegfall der Voraussetzung bereits vor der Erlassung des die Befreiung aussprechenden Bescheides eingetreten ist (dies wäre der Fall, wenn der Beschwerdeführer bereits vor der Erlassung des Befreiungsbescheides seine freiberufliche Tätigkeit wieder aufgenommen hat) oder die Voraussetzung für die Befreiung in Wahrheit nie bestanden hat (z.B. weil die freiberufliche Tätigkeit gar nicht aufgegeben wurde). In diesen Fällen wäre der Befreiungsbescheid rechtswidrig gewesen und hätte unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 und 3 AVG nach Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens, mit dem die Befreiung ausgesprochen wurde, beseitigt werden können (vgl. zum Ganzen auch die auf das zitierte Erkenntnis Zl. 2002/11/0257 Bezug nehmenden Erkenntnisse vom 19. Dezember 2003, Zlen. 2003/11/0086, 2003/11/0089, 2003/11/0094, und vom 14. September 2004, Zl. 2003/11/0227).

Im vorliegenden Beschwerdefall stand bei Erlassung des angefochtenen Bescheides (29. Juli 2005) § 7a der Satzung in der zitierten Fassung unverändert in Geltung, sodass auf die genannte Judikatur gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann. Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist daher gegenständlich für die Frage, ob die mit Bescheid des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Wien vom 14. April 1987 ausgesprochene Befreiung von der Beitragspflicht gemäß § 7a der Satzung unwirksam geworden ist, entscheidend, ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - bereits vor der Erlassung des Befreiungsbescheides seine freiberufliche Tätigkeit wieder aufgenommen hat. Mit dieser Frage hat sich die belangte Behörde in unrichtiger Beurteilung der Rechtslage nicht auseinander gesetzt:

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nämlich meint, die genannte Frage habe der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom 6. Juli 2004, Zl. 2003/11/0095, "abschließend klar gestellt" (mit diesem Erkenntnis wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die bescheidmäßige Festsetzung seines Beitrages zum Wohlfahrtsfonds für das Jahr 2001 abgewiesen), so übersieht sie, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich daher im Rahmen des letztzitierten Erkenntnisses nicht mit der Frage auseinander zu setzen, ob eine der Voraussetzungen für die Befreiung des Beschwerdeführers von der Beitragspflicht schon vor der Erlassung des Befreiungsbescheides vom 14. April 1987 oder erst nachträglich weggefallen ist.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die begehrte Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand bereits im Pauschbetrag nach der genannten Verordnung enthalten ist.

Wien, am 27. September 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005110163.X00

Im RIS seit

12.11.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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