TE OGH 2007/4/26 2Ob174/06m

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Veröffentlicht am 26.04.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud M*, vertreten durch Dr. Klaus J. Mitzner und Dr. Michael Krautzer, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei C*GmbH, *, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in Klagenfurt, sowie die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei C* L* GmbH, *, vertreten durch Dr. Lanker & Partner Rechtsanwälte KEG in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitinteresse EUR 3.600,--), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 14. Juni 2006, GZ 4 R 184/06k-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 13. März 2006, GZ 42 C 618/05w-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:

Es wird gegenüber der beklagten Partei festgestellt, dass diese zu 75 % für sämtliche künftige Schäden, die der klagenden Partei aus dem Unfall vom 5. 4. 2005 in Klagenfurt/Pfarrplatz erwachsen werden, schadenersatzpflichtig ist.

Das Mehrbegehren, es werde gegenüber der beklagten Partei auch festgestellt, dass diese der klagenden Partei zu 75 % für Schäden aus dem Unfall vom 5. 4. 2005 in Klagenfurt/Pfarrplatz schlechthin, also auch für bereits fällige Ansprüche hafte, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.775,40 (darin EUR 391,40 USt und EUR 427,-- Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei betreibt eine Schlosserei und ist Halterin des PKWs mit dem Kennzeichen *. Am 5. 4. 2005 fuhr ein Mitarbeiter der beklagten Partei mit diesem PKW zum „Café C*" auf dem Pfarrplatz in Klagenfurt, um eine defekte Eingangstür zu reparieren. Da er keinen Parkplatz fand, parkte er den PKW vor dem „Schanigarten" des Cafés dergestalt, dass sich das linke Räderpaar auf der Fahrbahn und das rechte Räderpaar auf dem Gehsteig befand. Zwischen der rechten (vorderen) Fahrzeugecke und der von einem Metallzaun gebildeten Begrenzung des „Schanigartens" verblieb eine Durchgangsbreite von etwa 70 bis 75 cm. Außerdem ragten die Steher des Metallzaunes um ca 30 bis 40 cm in den den Fußgängern vorbehaltenen Bereich des Gehsteiges hinein, wo sie durch zusätzliche Metallstangen verbunden waren. Auf diesen Stangen waren Vorrichtungen zur Befestigung von Blumentrögen angebracht. Da sich am 5. 4. 2005 keine Blumentröge in den Halterungen befanden, lagen deren nach oben weisenden scharfkantigen Enden frei.

Die Klägerin war gemeinsam mit einer Begleiterin auf dem vor dem „Schanigarten" zunächst 3 m breiten und sich dann zunehmend verjüngenden Gehsteig des Pfarrplatzes unterwegs. Um dem auf dem Gehsteig geparkten PKW der beklagten Partei auszuweichen, mussten sie ihre „Gehlinie" nach rechts verlagern. Dadurch gerieten sie näher an die Begrenzung des „Schanigartens" heran, als dies ansonsten der Fall gewesen wäre. Auf Höhe des PKWs mussten die beiden Fußgängerinnen hintereinander gehen, um die „Engstelle" passieren zu können. Dabei stolperte die vorangehende Klägerin über den vorletzten Steher des Metallzaunes. Sie kam zu Sturz, prallte mit dem Kopf gegen einen der metallenen Befestigungshaken und zog sich schwere Gesichtsverletzungen zu. Das Schmerzgeschehen ist noch nicht abschließend beurteilbar.

Die Klägerin begehrte unter Anrechnung eines Mitverschuldens von 25 % die Feststellung der Haftung der beklagten Partei im Ausmaß von 75 % für sämtliche Schäden, die ihr aus dem Unfall vom 5. 4. 2005 „erwachsen sind und noch erwachsen werden". Das auf dem Gehsteig geparkte Fahrzeug habe sich im Sinne des § 1 EKHG in Betrieb befunden. Die beklagte Partei hafte daher für das Verschulden ihres Betriebsgehilfen.Die Klägerin begehrte unter Anrechnung eines Mitverschuldens von 25 % die Feststellung der Haftung der beklagten Partei im Ausmaß von 75 % für sämtliche Schäden, die ihr aus dem Unfall vom 5. 4. 2005 „erwachsen sind und noch erwachsen werden". Das auf dem Gehsteig geparkte Fahrzeug habe sich im Sinne des Paragraph eins, EKHG in Betrieb befunden. Die beklagte Partei hafte daher für das Verschulden ihres Betriebsgehilfen.

Die beklagte Partei bestritt ihre Haftung als Halterin des geparkten PKWs und wandte ein, das Fahrzeug sei nicht in Betrieb gewesen. Der Sturz der Klägerin stehe auch in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der Position des geparkten PKWs. Er sei vielmehr auf die Unvorsichtigkeit der Klägerin zurückzuführen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und erörterte in rechtlicher Hinsicht, der Sturz der Klägerin sei auf das verkehrsordnungswidrige Parken des von der beklagten Partei gehaltenen PKWs zurückzuführen. Ein atypischer Geschehensablauf liege nicht vor. Das Fahrzeug habe sich in Betrieb befunden, als die adäquate Ursache für den Unfall gesetzt worden sei. Die beklagte Partei hafte daher als Fahrzeughalterin für den verursachten Schaden nach dem EKHG. Im Hinblick auf die geringe Auffälligkeit der Zaunsteher und den Umstand, dass sich die Klägerin auch auf den PKW konzentrieren habe müssen, sei eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:3 zu Lasten der beklagten Partei angemessen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach sich der PKW der beklagten Partei zur Zeit des Unfalles in Betrieb befunden habe. Nur von einem ordnungsgemäß geparkten Fahrzeug gehe grundsätzlich keine Betriebsgefahr aus. Im vorliegenden Fall habe der Fahrzeuglenker hingegen teilweise auf dem Gehsteig geparkt und dadurch gegen die Schutznormen der §§ 8 Abs 4 und 23 Abs 2 StVO verstoßen. Bei gehöriger Aufmerksamkeit wäre ihm die mit der gewählten Parkposition verbundene Schaffung einer gefahrenträchtigen Engstelle für Fußgänger auch erkennbar gewesen. Gegenüber diesem Fehlverhalten trete der geringfügige Beobachtungsfehler der Klägerin deutlich in den Hintergrund. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil erhebliche Rechtsfragen von grundlegender, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung nicht zu klären gewesen seien.Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, wonach sich der PKW der beklagten Partei zur Zeit des Unfalles in Betrieb befunden habe. Nur von einem ordnungsgemäß geparkten Fahrzeug gehe grundsätzlich keine Betriebsgefahr aus. Im vorliegenden Fall habe der Fahrzeuglenker hingegen teilweise auf dem Gehsteig geparkt und dadurch gegen die Schutznormen der Paragraphen 8, Absatz 4 und 23 Absatz 2, StVO verstoßen. Bei gehöriger Aufmerksamkeit wäre ihm die mit der gewählten Parkposition verbundene Schaffung einer gefahrenträchtigen Engstelle für Fußgänger auch erkennbar gewesen. Gegenüber diesem Fehlverhalten trete der geringfügige Beobachtungsfehler der Klägerin deutlich in den Hintergrund. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil erhebliche Rechtsfragen von grundlegender, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung nicht zu klären gewesen seien.

Im Verlaufe des Rechtsmittelverfahrens trat die das „Café C*" betreibende GmbH auf Seiten der beklagten Partei als Nebenintervenientin bei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer - schon vor der Zustellung einer Mitteilung nach § 508a Abs 2 ZPO erstatteten - Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.Die Klägerin beantragt in ihrer - schon vor der Zustellung einer Mitteilung nach Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO erstatteten - Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof bisher weder zur Betriebsgefahr eines (teilweise) auf dem Gehsteig geparkten Kraftfahrzeuges noch zum Schutzzweck des § 8 Abs 4 StVO geäußert hat; sie ist aber nur im Ergebnis teilweise berechtigt.Die Revision ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof bisher weder zur Betriebsgefahr eines (teilweise) auf dem Gehsteig geparkten Kraftfahrzeuges noch zum Schutzzweck des Paragraph 8, Absatz 4, StVO geäußert hat; sie ist aber nur im Ergebnis teilweise berechtigt.

Die beklagte Partei macht geltend, von einem geparkten Kraftfahrzeug gehe keine Betriebsgefahr aus. Es fehle an einem adäquaten ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Sturz der Klägerin und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des von der beklagten Partei gehaltenen PKWs. Im Übrigen erfasse der Schutzzweck der §§ 8 Abs 4 und 23 Abs 2 StVO lediglich den Fließverkehr, nicht aber auch Fußgänger, selbst wenn diese statt des Gehsteiges die Fahrbahn benützen müssten. Keinesfalls reiche der Schutzzweck dieser Bestimmungen so weit, dass damit ein Stolpern über vorstehende Teile eines Metallzaunes bzw eine Verletzung durch Blumentroghalterungen verhindert werden solle. Die verbliebene Durchgangsbreite von 75 cm habe für eine gefahrlose Benützung des Gehsteiges ausgereicht. Die von der Begrenzung des „Schanigartens" ausgehende Gefahr sei unabhängig vom Fahrzeug der beklagten Partei vorhanden und für deren Mitarbeiter nicht erkennbar gewesen.Die beklagte Partei macht geltend, von einem geparkten Kraftfahrzeug gehe keine Betriebsgefahr aus. Es fehle an einem adäquaten ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Sturz der Klägerin und einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des von der beklagten Partei gehaltenen PKWs. Im Übrigen erfasse der Schutzzweck der Paragraphen 8, Absatz 4 und 23 Absatz 2, StVO lediglich den Fließverkehr, nicht aber auch Fußgänger, selbst wenn diese statt des Gehsteiges die Fahrbahn benützen müssten. Keinesfalls reiche der Schutzzweck dieser Bestimmungen so weit, dass damit ein Stolpern über vorstehende Teile eines Metallzaunes bzw eine Verletzung durch Blumentroghalterungen verhindert werden solle. Die verbliebene Durchgangsbreite von 75 cm habe für eine gefahrlose Benützung des Gehsteiges ausgereicht. Die von der Begrenzung des „Schanigartens" ausgehende Gefahr sei unabhängig vom Fahrzeug der beklagten Partei vorhanden und für deren Mitarbeiter nicht erkennbar gewesen.

Hiezu wurde erwogen:

Der Begriff „beim Betrieb" im Sinne des § 1 EKHG ist dahin zu verstehen, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges bestehen muss (2 Ob 13/93 = ZVR 1994/53; 2 Ob 67/04y2 Ob 33/06a; 2 Ob 13/07y; RIS-Justiz RS0022592). Im vorliegenden Fall kommt von diesen Varianten nur der adäquat ursächliche Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang, nämlich dem Abstellen des Fahrzeuges der beklagten Partei auf dem Gehsteig in Betracht, der - wie hier - zeitlich auch schon vor dem Unfall gelegen sein kann (vgl ZVR 1980/328; RIS-Justiz RS0022728).Der Begriff „beim Betrieb" im Sinne des Paragraph eins, EKHG ist dahin zu verstehen, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist, ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges bestehen muss (2 Ob 13/93 = ZVR 1994/53; 2 Ob 67/04y2 Ob 33/06a; 2 Ob 13/07y; RIS-Justiz RS0022592). Im vorliegenden Fall kommt von diesen Varianten nur der adäquat ursächliche Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang, nämlich dem Abstellen des Fahrzeuges der beklagten Partei auf dem Gehsteig in Betracht, der - wie hier - zeitlich auch schon vor dem Unfall gelegen sein kann vergleiche ZVR 1980/328; RIS-Justiz RS0022728).

Nach der sowohl in Österreich als auch (bei identer Rechtslage) in Deutschland herrschenden Auffassung ist bei Prüfung der Frage, ob sich ein Kraftfahrzeug (noch) „in Betrieb" befindet, nicht von einem rein maschinentechnischen Ansatz auszugehen; maßgebend ist vielmehr, ob der Unfall mit der verkehrstechnischen Gefährlichkeit eines Kraftfahrzeuges in ursächlichem Zusammenhang steht (SZ 45/99; ZVR 1976/232; ZVR 1980/162; RIS-Justiz RS0058385; Apathy, EKHG § 1 Rz 24 und 28; Schauer in Schwimann, ABGB3 VII § 1 EKHG Rz 14; Kunschert in Geigel, Der Haftpflichtprozess24 Kap 25 Rn 49; Baur in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht15 II Kap 17 Rn 11). Ein Kraftfahrzeug ist demnach solange „in Betrieb", als es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet (Kunschert aaO). Diese ausdehnende Auslegung hat zur Folge, dass auch von Kraftfahrzeugen, die sich nicht in Bewegung befinden und deren Motor abgestellt ist, eine Betriebsgefahr ausgehen kann (vgl zuletzt 2 Ob 33/06a mwN; Apathy aaO Rz 24 ff; Schauer aaO Rz 14 und 33 ff). Der Oberste Gerichtshof hat dies auch schon im Falle eines Kraftfahrzeuges bejaht, welches auf der Fahrbahn im Bereich eines Halteverbotes abgestellt war (1 Ob 9/96 = SZ 69/186). Im Einklang damit wurde andererseits betont, dass von einem in verkehrstechnischer Hinsicht ordnungsgemäß geparkten Kraftfahrzeug keine Betriebsgefahr mehr ausgeht (2 Ob 243/98y = ZVR 1999/49; 9 ObA 36/03i = RdA 2004/30 [Reissner]). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erkenntnis, dass auch ein verkehrswidrig abgestelltes Kraftfahrzeug andere Verkehrsteilnehmer gefährden kann (vgl Apathy aaO Rz 24 und 28; Kunschert aaO Rn 60; Baur aaO Rn 7 und 11; ebenso Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs3 Rn 96). Kommt es etwa zu einem Unfall, weil ein anderer Verkehrsteilnehmer einem verbotswidrig abgestellten Kraftfahrzeug ausweichen muss, so verwirklicht sich dessen Betriebsgefahr (Kunschert aaO Rn 60; Greger aaO Rn 99).Nach der sowohl in Österreich als auch (bei identer Rechtslage) in Deutschland herrschenden Auffassung ist bei Prüfung der Frage, ob sich ein Kraftfahrzeug (noch) „in Betrieb" befindet, nicht von einem rein maschinentechnischen Ansatz auszugehen; maßgebend ist vielmehr, ob der Unfall mit der verkehrstechnischen Gefährlichkeit eines Kraftfahrzeuges in ursächlichem Zusammenhang steht (SZ 45/99; ZVR 1976/232; ZVR 1980/162; RIS-Justiz RS0058385; Apathy, EKHG Paragraph eins, Rz 24 und 28; Schauer in Schwimann, ABGB3 römisch VII Paragraph eins, EKHG Rz 14; Kunschert in Geigel, Der Haftpflichtprozess24 Kap 25 Rn 49; Baur in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht15 römisch II Kap 17 Rn 11). Ein Kraftfahrzeug ist demnach solange „in Betrieb", als es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet (Kunschert aaO). Diese ausdehnende Auslegung hat zur Folge, dass auch von Kraftfahrzeugen, die sich nicht in Bewegung befinden und deren Motor abgestellt ist, eine Betriebsgefahr ausgehen kann vergleiche zuletzt 2 Ob 33/06a mwN; Apathy aaO Rz 24 ff; Schauer aaO Rz 14 und 33 ff). Der Oberste Gerichtshof hat dies auch schon im Falle eines Kraftfahrzeuges bejaht, welches auf der Fahrbahn im Bereich eines Halteverbotes abgestellt war (1 Ob 9/96 = SZ 69/186). Im Einklang damit wurde andererseits betont, dass von einem in verkehrstechnischer Hinsicht ordnungsgemäß geparkten Kraftfahrzeug keine Betriebsgefahr mehr ausgeht (2 Ob 243/98y = ZVR 1999/49; 9 ObA 36/03i = RdA 2004/30 [Reissner]). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erkenntnis, dass auch ein verkehrswidrig abgestelltes Kraftfahrzeug andere Verkehrsteilnehmer gefährden kann vergleiche Apathy aaO Rz 24 und 28; Kunschert aaO Rn 60; Baur aaO Rn 7 und 11; ebenso Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs3 Rn 96). Kommt es etwa zu einem Unfall, weil ein anderer Verkehrsteilnehmer einem verbotswidrig abgestellten Kraftfahrzeug ausweichen muss, so verwirklicht sich dessen Betriebsgefahr (Kunschert aaO Rn 60; Greger aaO Rn 99).

Nach diesen Grundsätzen befand sich das Kraftfahrzeug der beklagten Partei im Zeitpunkt des Unfalles noch „in Betrieb", weil es, wie noch näher darzustellen sein wird, verbotswidrig abgestellt war, sodass von ihm eine Gefahr für die den Gehsteig befugt benützenden Verkehrsteilnehmer ausgegangen ist, die sich letztlich durch den Sturz der Klägerin auch verwirklicht hat.

Aus der Legaldefinition des § 2 Abs 1 Z 10 StVO und aus § 76 StVO folgt, dass Gehsteige grundsätzlich der Benützung durch Fußgänger vorbehaltene Verkehrsflächen sind (zur Erlaubnis der Benützung durch Rollschuhfahrer vgl § 88a Abs 1 StVO). Diese Vorschriften werden durch § 8 Abs 4 StVO ergänzt, wonach - von den dort geregelten, hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - die Benützung von Gehsteigen sowie anderer dem Fußgängerverkehr gewidmeten Verkehrsflächen (Gehwege, Schutzinseln) mit Fahrzeugen aller Art verboten ist (Dittrich/Stolzlechner, StVO3 § 8 Rz 22). Unter dieses Benützungsverbot fällt auch das Verbot, Fahrzeuge zum Zwecke des Haltens oder Parkens auf dem Gehsteig abzustellen. Es genügt zur Erfüllung des Tatbestandes, wenn nur ein Rad des Fahrzeuges auf dem Gehsteig abgestellt ist (Dittrich/Stolzlechner aaO Rz 23 f). Insoweit ist § 8 Abs 4 StVO lex specialis gegenüber der Anordnung des § 23 Abs 2 StVO, Fahrzeuge außerhalb von Parkplätzen zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen (stRsp des VwGH; vgl Erk vom 10. 4. 1991, Zl 90/03/0162; vgl auch Dittrich/Stolzlechner aaO Rz 30). Nur wenn durch Bodenmarkierungen das Aufstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen vorgesehen ist, ist das Parken auf Gehsteigen gemäß § 23 Abs 2 letzter Satz StVO ausnahmsweise erlaubt (Dittrich/Stolzlechner aaO § 23 Rz 45; vgl ferner § 62 Abs 4 StVO zum ausnahmsweisen Aufstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen zum Zwecke einer Ladetätigkeit sowie § 89a Abs 2 iVm Abs 2a lit e StVO zur behördlichen Entfernung verbotswidrig auf dem Gehsteig aufgestellter Fahrzeuge).Aus der Legaldefinition des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 10, StVO und aus Paragraph 76, StVO folgt, dass Gehsteige grundsätzlich der Benützung durch Fußgänger vorbehaltene Verkehrsflächen sind (zur Erlaubnis der Benützung durch Rollschuhfahrer vergleiche Paragraph 88 a, Absatz eins, StVO). Diese Vorschriften werden durch Paragraph 8, Absatz 4, StVO ergänzt, wonach - von den dort geregelten, hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - die Benützung von Gehsteigen sowie anderer dem Fußgängerverkehr gewidmeten Verkehrsflächen (Gehwege, Schutzinseln) mit Fahrzeugen aller Art verboten ist (Dittrich/Stolzlechner, StVO3 Paragraph 8, Rz 22). Unter dieses Benützungsverbot fällt auch das Verbot, Fahrzeuge zum Zwecke des Haltens oder Parkens auf dem Gehsteig abzustellen. Es genügt zur Erfüllung des Tatbestandes, wenn nur ein Rad des Fahrzeuges auf dem Gehsteig abgestellt ist (Dittrich/Stolzlechner aaO Rz 23 f). Insoweit ist Paragraph 8, Absatz 4, StVO lex specialis gegenüber der Anordnung des Paragraph 23, Absatz 2, StVO, Fahrzeuge außerhalb von Parkplätzen zum Halten oder Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen (stRsp des VwGH; vergleiche Erk vom 10. 4. 1991, Zl 90/03/0162; vergleiche auch Dittrich/Stolzlechner aaO Rz 30). Nur wenn durch Bodenmarkierungen das Aufstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen vorgesehen ist, ist das Parken auf Gehsteigen gemäß Paragraph 23, Absatz 2, letzter Satz StVO ausnahmsweise erlaubt (Dittrich/Stolzlechner aaO Paragraph 23, Rz 45; vergleiche ferner Paragraph 62, Absatz 4, StVO zum ausnahmsweisen Aufstellen von Fahrzeugen auf Gehsteigen zum Zwecke einer Ladetätigkeit sowie Paragraph 89 a, Absatz 2, in Verbindung mit Absatz 2 a, Litera e, StVO zur behördlichen Entfernung verbotswidrig auf dem Gehsteig aufgestellter Fahrzeuge).

Die erwähnten Bestimmungen verfolgen den gemeinsamen Zweck, eine Verringerung der (primär) den Fußgängern vorbehaltenen Verkehrsflächen durch abgestellte Fahrzeuge und alle in diesem Zusammenhang auftretenden Gefahren für die körperliche Sicherheit von Fußgängern hintanzuhalten (ähnlich 1 Ob 34/05i = ZVR 2005/121 zum Schutzzweck des § 82 StVO). Es handelt sich um Schutznormen im Sinne des § 1311 ABGB, somit um abstrakte Gefährdungsverbote, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder eines Personenkreises (hier: die Fußgänger) gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen (RIS-Justiz RS0027710; vgl Karner in KBB, § 1311 Rz 3). Auch § 8 Abs 4 StVO ist daher eine solche Schutznorm, deren Zweck in der Vermeidung jedweder Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern liegt.Die erwähnten Bestimmungen verfolgen den gemeinsamen Zweck, eine Verringerung der (primär) den Fußgängern vorbehaltenen Verkehrsflächen durch abgestellte Fahrzeuge und alle in diesem Zusammenhang auftretenden Gefahren für die körperliche Sicherheit von Fußgängern hintanzuhalten (ähnlich 1 Ob 34/05i = ZVR 2005/121 zum Schutzzweck des Paragraph 82, StVO). Es handelt sich um Schutznormen im Sinne des Paragraph 1311, ABGB, somit um abstrakte Gefährdungsverbote, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder eines Personenkreises (hier: die Fußgänger) gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen (RIS-Justiz RS0027710; vergleiche Karner in KBB, Paragraph 1311, Rz 3). Auch Paragraph 8, Absatz 4, StVO ist daher eine solche Schutznorm, deren Zweck in der Vermeidung jedweder Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern liegt.

Um herauszufinden, ob die jeweilige Vorschrift, die übertreten wurde, den in einem konkreten Fall eingetretenen Schaden verhüten soll, hat das Gericht das anzuwendende Schutzgesetz teleologisch zu interpretieren (2 Ob 279/05a; 2 Ob 39/06h; 2 Ob 183/06k; RIS-Justiz RS0008775 [T1]). Es genügt, dass die Verhinderung des Schadens bloß mitbezweckt ist; die Norm muss aber die Verhinderung eines Schadens wie des später eingetretenen zumindest intendiert haben (2 Ob 39/06h; 2 Ob 183/06k; RIS-Justiz RS0008775 [T2 und 4]).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde durch das abgestellte Fahrzeug der beklagten Partei die Benützbarkeit des Gehsteiges für Fußgänger derart eingeschränkt, dass die Klägerin ihren Weg nicht wie beabsichtigt fortsetzen konnte, sondern näher an den Metallzaun der Nebenintervenientin herantreten musste. Erst dadurch geriet sie in einen Gefahrenbereich, in welchem sie zu Sturz kam und sich verletzte. Da nach dem erörterten Zweck des § 8 Abs 4 StVO jegliche Gefährdung von Fußgängern vermieden werden soll, stehen die Unfallfolgen mit der Verletzung dieser Schutznorm im Rechtswidrigkeitszusammenhang.Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde durch das abgestellte Fahrzeug der beklagten Partei die Benützbarkeit des Gehsteiges für Fußgänger derart eingeschränkt, dass die Klägerin ihren Weg nicht wie beabsichtigt fortsetzen konnte, sondern näher an den Metallzaun der Nebenintervenientin herantreten musste. Erst dadurch geriet sie in einen Gefahrenbereich, in welchem sie zu Sturz kam und sich verletzte. Da nach dem erörterten Zweck des Paragraph 8, Absatz 4, StVO jegliche Gefährdung von Fußgängern vermieden werden soll, stehen die Unfallfolgen mit der Verletzung dieser Schutznorm im Rechtswidrigkeitszusammenhang.

Auch die von der beklagten Partei bezweifelte Ädaquanz des Kausalzusammenhanges ist zu bejahen; liegt es doch keineswegs außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass ein Fußgänger, der wegen eines widerrechtlich geparkten Fahrzeuges nur noch einen schmalen Streifen des Gehsteiges benützen kann, über ein dort befindliches Hindernis stolpert und stürzt. Für diese Beurteilung ist es bedeutungslos, ob der daraus resultierende Schaden für den Schädiger subjektiv vorhersehbar war (vgl RIS-Justiz RS0022940).Auch die von der beklagten Partei bezweifelte Ädaquanz des Kausalzusammenhanges ist zu bejahen; liegt es doch keineswegs außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit, dass ein Fußgänger, der wegen eines widerrechtlich geparkten Fahrzeuges nur noch einen schmalen Streifen des Gehsteiges benützen kann, über ein dort befindliches Hindernis stolpert und stürzt. Für diese Beurteilung ist es bedeutungslos, ob der daraus resultierende Schaden für den Schädiger subjektiv vorhersehbar war vergleiche RIS-Justiz RS0022940).

Den nach ständiger Rechtsprechung dem Schädiger obliegenden Beweis, dass ihm die objektive Übertretung einer Schutznorm nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist, etwa weil ihn an der Übertretung kein Verschulden traf (2 Ob 181/97z = ZVR 1999/99 uva; RIS-Justiz RS0112234 [T5]), hat die beklagte Partei nicht erbracht. Sie hat daher als Fahrzeughalterin gemäß § 19 Abs 2 EKHG für das Verschulden ihres (befugten) Lenkers einzustehen.Den nach ständiger Rechtsprechung dem Schädiger obliegenden Beweis, dass ihm die objektive Übertretung einer Schutznorm nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist, etwa weil ihn an der Übertretung kein Verschulden traf (2 Ob 181/97z = ZVR 1999/99 uva; RIS-Justiz RS0112234 [T5]), hat die beklagte Partei nicht erbracht. Sie hat daher als Fahrzeughalterin gemäß Paragraph 19, Absatz 2, EKHG für das Verschulden ihres (befugten) Lenkers einzustehen.

Im Hinblick darauf, dass der vorsätzlichen Missachtung eines dem Schutz des Fußgängerverkehrs dienenden Benützungsverbotes lediglich ein geringfügiger Aufmerksamkeitsfehler der Klägerin gegenübersteht, billigt der erkennende Senat auch die von den Vorinstanzen als gerechtfertigt erachtete, schon der Klage zu Grunde liegende Verschuldensteilung im Verhältnis von 1:3 zu Lasten der beklagten Partei.

Es ist jedoch auch noch im Verfahren dritter Instanz der Umstand von Amts wegen wahrzunehmen, dass es der Klägerin teilweise am rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung fehlt (RIS-Justiz RS0039123). Ein rechtliches Interesse besteht nur an der Feststellung künftiger Schadenersatzansprüche, demnach solcher, die im Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage noch nicht fällig waren (2 Ob 13/03f; 2 Ob 105/05p; 2 Ob 232/06s; vgl RIS-Justiz RS0034771). Soweit das Feststellungsbegehren der Klägerin auch bereits fällige Forderungen umfasst, ist es daher abzuweisen.Es ist jedoch auch noch im Verfahren dritter Instanz der Umstand von Amts wegen wahrzunehmen, dass es der Klägerin teilweise am rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung fehlt (RIS-Justiz RS0039123). Ein rechtliches Interesse besteht nur an der Feststellung künftiger Schadenersatzansprüche, demnach solcher, die im Zeitpunkt der Einbringung der Feststellungsklage noch nicht fällig waren (2 Ob 13/03f; 2 Ob 105/05p; 2 Ob 232/06s; vergleiche RIS-Justiz RS0034771). Soweit das Feststellungsbegehren der Klägerin auch bereits fällige Forderungen umfasst, ist es daher abzuweisen.

In teilweiser Stattgebung der Revision waren die Entscheidungen der Vorinstanzen wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 2 erster Fall, 50 ZPO. Der in der Revisionsbeantwortung verzeichnete Streitgenossenzuschlag war nicht zuzusprechen, weil sich die Nebenintervenientin am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat (RIS-Justiz RS0036223).Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 43, Absatz 2, erster Fall, 50 ZPO. Der in der Revisionsbeantwortung verzeichnete Streitgenossenzuschlag war nicht zuzusprechen, weil sich die Nebenintervenientin am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat (RIS-Justiz RS0036223).

Textnummer

E84019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:E84019

Im RIS seit

26.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2023
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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