TE OGH 2007/5/3 1Ob11/07k

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Veröffentlicht am 03.05.2007
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solè und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. Klemens D*****, Rechtsanwalt, *****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R*****bank AG, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Österreichische Nationalbank, Wien 9, Otto Wagner-Platz 3, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wegen EUR 1,288.551,70 sA, EUR 1,288.551,70 sA, EUR 1,288.551,70 sA, EUR 1,288.551,70 sA sowie EUR 10,823.834,29 sA und Feststellung (Streitwert EUR 440.448,39), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Oktober 2006, GZ 14 R 118/06k-125, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 21. April 2006, GZ 33 Cg 15/93f-120, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - soweit das Urteil des Erstgerichts nicht bereits mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist - aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die nunmehrige Gemeinschuldnerin war im Besitz einer Konzession zum Betrieb des Devisen- und Wechselstubengeschäfts nach § 1 Abs 2 Z 6 KWG 1979 sowie einer auf das Wechselstubengeschäft beschränkten Devisenhändlerermächtigung nach Abschnitt I der Kundmachung der Nebenintervenientin DE 4/71.Die nunmehrige Gemeinschuldnerin war im Besitz einer Konzession zum Betrieb des Devisen- und Wechselstubengeschäfts nach § 1 Abs 2 Z 6 KWG 1979 sowie einer auf das Wechselstubengeschäft beschränkten Devisenhändlerermächtigung nach Abschnitt römisch eins der Kundmachung der Nebenintervenientin DE 4/71.

Nachdem ein derartiger Antrag bereits rechtskräftig abgewiesen worden war, beantragte sie im Jahr 1986 erneut die Erteilung einer Ermächtigung zur Durchführung näher bezeichneter Devisenkassa- und Devisentermingeschäfte für Devisenhändler sowie einer Devisenhändlerermächtigung laut Abschnitt II der Kundmachung der Nebenintervenientin DE 4/82 und die damit verbundene Möglichkeit der Kursfestsetzung gemäß Abschnitt III der Kundmachung. Die Nebenintervenientin wies diese Anträge mit Bescheid vom 9. 6. 1987 ab. Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. 2. 1990 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf, wobei auf die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung hingewiesen wurde. Das Erkenntnis wurde der Gemeinschuldnerin am 5. 4. 1990 zugestellt. Mit Bescheid der Nebenintervenientin vom 30. 3. 1995 wurde der Antrag der Gemeinschuldnerin letztlich abgewiesen, und zwar mit der wesentlichen Begründung, diese habe nicht alle prüfungsrelevanten Geschäftsunterlagen vorgelegt und damit eine Klärung ihrer Verlässlichkeit nachhaltig und in rechtswidriger Weise unter Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht verhindert; sie habe darüber hinaus versucht, Erhebungen der Nebenintervenientin bei einer Korrespondenzbank zu verhindern. Im Ergebnis habe daher nicht festgestellt werden können, dass der Mehrheitsaktionär über die nach § 2 Abs 2 Z 3 DevG erforderliche Verlässlichkeit verfüge. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der VwGH mit Erkenntnis vom 21. 12. 1998 ab: Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung des Verhaltens der nunmehrigen Gemeinschuldnerin könne durchaus davon gesprochen werden, dass dieses an Gewicht etwa den in § 2 Abs 4 Z 2 DevG geregelten Gründen für die Entziehung der Ermächtigung nahe komme. Da dieses Verhalten auch dem Einfluss des Mehrheitsaktionärs zuzuschreiben sei, habe die Nebenintervenientin zumindest im Ergebnis zutreffend dessen Verlässlichkeit verneint.Nachdem ein derartiger Antrag bereits rechtskräftig abgewiesen worden war, beantragte sie im Jahr 1986 erneut die Erteilung einer Ermächtigung zur Durchführung näher bezeichneter Devisenkassa- und Devisentermingeschäfte für Devisenhändler sowie einer Devisenhändlerermächtigung laut Abschnitt römisch II der Kundmachung der Nebenintervenientin DE 4/82 und die damit verbundene Möglichkeit der Kursfestsetzung gemäß Abschnitt römisch III der Kundmachung. Die Nebenintervenientin wies diese Anträge mit Bescheid vom 9. 6. 1987 ab. Diesen Bescheid hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. 2. 1990 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf, wobei auf die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung hingewiesen wurde. Das Erkenntnis wurde der Gemeinschuldnerin am 5. 4. 1990 zugestellt. Mit Bescheid der Nebenintervenientin vom 30. 3. 1995 wurde der Antrag der Gemeinschuldnerin letztlich abgewiesen, und zwar mit der wesentlichen Begründung, diese habe nicht alle prüfungsrelevanten Geschäftsunterlagen vorgelegt und damit eine Klärung ihrer Verlässlichkeit nachhaltig und in rechtswidriger Weise unter Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht verhindert; sie habe darüber hinaus versucht, Erhebungen der Nebenintervenientin bei einer Korrespondenzbank zu verhindern. Im Ergebnis habe daher nicht festgestellt werden können, dass der Mehrheitsaktionär über die nach § 2 Abs 2 Z 3 DevG erforderliche Verlässlichkeit verfüge. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der VwGH mit Erkenntnis vom 21. 12. 1998 ab: Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung des Verhaltens der nunmehrigen Gemeinschuldnerin könne durchaus davon gesprochen werden, dass dieses an Gewicht etwa den in § 2 Abs 4 Z 2 DevG geregelten Gründen für die Entziehung der Ermächtigung nahe komme. Da dieses Verhalten auch dem Einfluss des Mehrheitsaktionärs zuzuschreiben sei, habe die Nebenintervenientin zumindest im Ergebnis zutreffend dessen Verlässlichkeit verneint.

Unter Berufung auf die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 9. 6. 1987 begehrte die Gemeinschuldnerin zunächst im führenden Verfahren mit Klage vom 15. 6. 1990 aus dem Titel der Amtshaftung den Ersatz des verlorenen Aufwands und des Gewinns, der ihr durch die Verweigerung der beantragten Ermächtigungen in den Jahren 1987 bis 1990 entstanden sei. Dieses Klagebegehren in Höhe von EUR 7,444.246,49 wurde mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 11. 1. 1994 als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt.

In der Folge erhob die Gemeinschuldnerin in etwa halbjährlichen Abständen, beginnend mit 30. 12. 1993, fünf weitere Amtshaftungsklagen, mit denen sie jeweils weiteren Verdienstentgang aus der rechtswidrigen Verweigerung der beantragten Ermächtigungen für den von der vorangegangenen Klage nicht mehr abgedeckten Zeitraum sowie die Feststellung begehrte, dass die Beklagte für den künftig aus der Nichterteilung der beantragten Devisenhändlerermächtigung durch den Bescheid vom 9. 6. 1987 bis zu deren Erteilung entstehenden Schaden hafte. Im Einzelnen entstanden daraus folgende Verfahren, die später mit dem führenden Verfahren verbunden wurden:

Geschäftszahl Einbringungs- Schadenszeitraum Begehren

datum

33 Cg 1/94y 30.12.1993 Juli 1990-Juni 1991 EUR 1,288.551,70

31 Cg 24/94s 30.06.1994 Juli-Dezember 1991 EUR 1,288.551,70

33 Cg 36/94w 19.12.1994 Jänner-Juni 1992 EUR 1,288.551,70

31 Cg 17/95p 29.06.1995 Juli-Dezember 1992 EUR 1,288.551,70

32 Cg 2/96s 29.12.1995 Jän 1993-Dez. 1995 EUR 10,823.834,29

und Feststellung.

Zu all diesen Klagen brachte die Gemeinschuldnerin im Wesentlichen vor, dass der inkriminierte Bescheid vom 9. 6. 1987 grob fahrlässig erlassen worden sei und die Nebenintervenientin nach dessen Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof keine positive Entscheidung erlassen, sondern zuletzt einfach überhaupt nicht mehr entschieden habe; vorher sei noch ein „Abweisungsbescheid" mit Erkenntnis des VfGH vom 24. 6. 1993 aufgehoben worden. Am 30. 3. 1995 sei neuerlich ein inhaltlich unrichtiger abweisender Bescheid ergangen. Wäre schon 1987 pflichtgemäß die beantragte Ermächtigung erteilt worden, wäre die Gemeinschuldnerin von späteren (nachteiligen) Änderungen des DevG nicht mehr betroffen gewesen. Es würden laufend neue Schäden entstehen.

Die beklagte Partei bestritt sämtliche Klagebegehren und vertrat den Standpunkt, dass die dem inkriminierten Bescheid zu Grunde liegende Rechtsansicht vertretbar gewesen sei und sich die Gemeinschuldnerin die eingetretenen Verzögerungen selbst zuzuschreiben habe. Auch bei einem umfassenderen Beweisverfahren hätte der Antrag abgewiesen werden müssen. Im Übrigen wandte sie in allen verbundenen Verfahren Verjährung ein, welchem Einwand sich auch die Nebenintervenientin anschloss. Der Verjährungseinwand wurde unter anderem damit begründet, dass die (damalige) Klägerin einen ihr aufgetragenen Kostenvorschuss für ein Sachverständigengutachten nicht rechtzeitig erlegt und damit das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe.

Das Erstgericht wies mit seiner - als Teilurteil bezeichneten - Entscheidung alle Klagebegehren mit Ausnahme des im führenden Verfahren erhobenen wegen Verjährung ab. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beginne die Verjährungsfrist auch für künftige, vorhersehbare weitere Teilschäden schon mit dem Eintritt des „Erstschadens", sodass für die Verjährungsunterbrechung eine Feststellungsklage erforderlich sei. Die dreijährige Verjährungsfrist habe mit Zustellung des Erkenntnisses des VwGH im April 1990 zu laufen begonnen, da der Gemeinschuldnerin spätestens zu diesem Zeitpunkt bekannt geworden sei, dass der Bescheid der Nebenintervenientin vom 17. 6. 1987 rechtswidrig war. Gemäß § 6 Abs 1 AHG beginne die Verjährungsfrist für Ersatzansprüche für Schäden, die auch durch Rechtsmittel nicht mehr abgewendet werden können, mit dem Eintritt des tatsächlichen Schadens oder mit dem Eintritt der ersten Schadensfolge, die nicht mehr abgewendet werden könne. Alle in den verbundenen Verfahren geltend gemachten Ansprüche und auch das Feststellungsbegehren seien damit verjährt, weil sämtliche Klagen nach Ablauf der Verjährungsfrist für den Primärschaden (April 1993) eingebracht worden seien.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Gemäß § 6 Abs 1 AHG verjährten Amtshaftungsansprüche grundsätzlich in drei Jahren nach Ablauf des Tages, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist. Entwickeln sich aus einer einzigen schädigenden Verhaltensweise fortlaufend gleichartige schädliche Folgen, die im überschaubaren Zusammenhang stünden und schon ursprünglich voraussehbar gewesen wären, so handle es sich um einen einheitlichen Schaden, der schon durch die erste schädliche Auswirkung entstanden sei; solche Folgeschäden lösten verjährungsrechtlich keinen gesonderten Fristenlauf aus, sodass der drohenden Verjährung des daraus abgeleiteten Ersatzanspruchs mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen sei. Der Kläger stelle auch nicht in Frage, dass die Gemeinschuldnerin mehr als drei Jahre vor Einleitung des ersten verbundenen Verfahrens Kenntnis von dem (im führenden Akt geltend gemachten) „Erstschaden" gehabt habe. Seine Auffassung, in den verbundenen Verfahren seien keine vorhersehbaren Folgeschäden eingeklagt worden, sondern es liege der Fall einer fortgesetzten Schädigung vor, bzw es handle sich um nicht vorhersehbare Folgeschäden, sei unrichtig. Richtig sei, dass bei fortgesetzter Schädigung für jede weitere Schädigung eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt beginne, in welchem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelange. Eine fortgesetzte Schädigung in diesem Sinn liege vor, wenn durch eine schädigende Anlage, das Nichtbeseitigen eines gefährlichen oder das Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Zustands Schäden hervorgerufen werden, oder wenn wiederholte schädigende Handlungen vorliegen, von denen jede den Tatbestand einer neuen Rechtsverletzung verkörpere und jede für sich Schadensursache sei. Von einer fortgesetzten Schädigung könne allerdings dann nicht gesprochen werden, wenn ein Schaden eingetreten sei, der sich nur wegen der Fortdauer des schädigenden Verhaltens vergrößert habe. Im vorliegenden Fall habe das schädigende Verhalten, das sämtlichen Schadenersatzbegehren zugrundeliege, in der rechtswidrigen Verweigerung der beantragten Ermächtigung zur Durchführung bestimmter Devisengeschäfte bestanden. Der Schaden durch das auf diese Weise erzwungene Unterbleiben solcher Geschäfte sei von Anfang an eingetreten und habe sich so lange vergrößert, als kein für die Gemeinschuldnerin positiver Ersatzbescheid erlassen worden sei. Die Nichterlassung eines Ersatzbescheids über einen längeren Zeitraum und der damit allenfalls verbundene Verstoß gegen die Entscheidungspflicht nach § 73 AVG sei in diesem Sinne nicht als ein eigenes schädigendes Verhalten anzusehen, weil es keinen zusätzlichen Schaden verursacht, sondern lediglich die Vergrößerung des schon ursprünglich eingetretenen Schadens nicht verhindert habe. Es handle sich um einen von Anfang an entstandenen, der Höhe nach aber noch nicht völlig bekannten und sich durch weitere Säumigkeit der Nebenintervenientin mit der Bescheiderlassung nur erhöhenden Schaden und somit nicht um das Ergebnis einer fortgesetzten Schädigung. Derartige Folgeschäden seien auch vorhersehbar gewesen. Es habe für die Gemeinschuldnerin keinen Zweifel daran geben können, dass der Verdienstentgang aus dem Unterbleiben solcher Geschäfte so lange eintreten und weiter anwachsen werde, bis die entsprechenden Ermächtigungen erteilt würden. Die Gemeinschuldnerin hätte daher zur Vermeidung von Verjährungsfolgen schon mit der Klage im führenden Verfahren ein Feststellungsbegehren erheben müssen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Bedeutung der Rechtsfrage, ob eine fortgesetzte Schädigung vorliege, nicht über den Einzelfall hinausgehe.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision des Klägers ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Soweit die Beklagte und die Nebenintervenientin auch im Revisionsverfahren die Auffassung vertreten, Verjährung sei schon deshalb eingetreten, weil der verspätete Erlag des Kostenvorschusses für den Sachverständigen als nicht gehörige Fortsetzung der Klage zu qualifizieren sei, vermag sich dem der erkennende Senat nicht anzuschließen. In der Rechtsprechung wird eine gehörige Fortsetzung der Klage im Sinn des § 1497 ABGB dann verneint, wenn dem Kläger bei seiner Prozessführung solche Versäumnisse unterlaufen, dass daraus bei objektiver Betrachtung der Schluss gerechtfertigt ist, ihm sei an der Erreichung seines Prozessziels nicht mehr gelegen (vgl dazu nur die Nachweise bei M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 II/3 § 1497 Rz 10). Eine solche Annahme ist im vorliegenden Fall keineswegs berechtigt, geht es doch um ein mehrere Jahre dauerndes Verfahren mit einem Gesamtstreitwert von mehr als 20 Mio EUR und hat die Klägerin über Hinweis des Erstgerichts den (nicht unerheblichen) Betrag von 500.000 S umgehend erlegt. Auch die ausdrückliche Angabe der jeweiligen Schadenszeiträume in der Tagsatzung vom 5. 4. 2006 vorgetragenen Schriftsatz bedeutet nicht, dass erst zu diesem Zeitpunkt ein ausreichend schlüssiges Vorbringen vorgelegen wäre, zumal schon aus den Ausführungen in den Klagen die maßgeblichen Daten nachvollziehbar waren. Aber auch sonst kann nicht ohne weiteres von einer Verjährung der hier zu beurteilenden Klageforderungen ausgegangen werden.Soweit die Beklagte und die Nebenintervenientin auch im Revisionsverfahren die Auffassung vertreten, Verjährung sei schon deshalb eingetreten, weil der verspätete Erlag des Kostenvorschusses für den Sachverständigen als nicht gehörige Fortsetzung der Klage zu qualifizieren sei, vermag sich dem der erkennende Senat nicht anzuschließen. In der Rechtsprechung wird eine gehörige Fortsetzung der Klage im Sinn des § 1497 ABGB dann verneint, wenn dem Kläger bei seiner Prozessführung solche Versäumnisse unterlaufen, dass daraus bei objektiver Betrachtung der Schluss gerechtfertigt ist, ihm sei an der Erreichung seines Prozessziels nicht mehr gelegen vergleiche dazu nur die Nachweise bei M. Bydlinski in Rummel, ABGB3 II/3 § 1497 Rz 10). Eine solche Annahme ist im vorliegenden Fall keineswegs berechtigt, geht es doch um ein mehrere Jahre dauerndes Verfahren mit einem Gesamtstreitwert von mehr als 20 Mio EUR und hat die Klägerin über Hinweis des Erstgerichts den (nicht unerheblichen) Betrag von 500.000 S umgehend erlegt. Auch die ausdrückliche Angabe der jeweiligen Schadenszeiträume in der Tagsatzung vom 5. 4. 2006 vorgetragenen Schriftsatz bedeutet nicht, dass erst zu diesem Zeitpunkt ein ausreichend schlüssiges Vorbringen vorgelegen wäre, zumal schon aus den Ausführungen in den Klagen die maßgeblichen Daten nachvollziehbar waren. Aber auch sonst kann nicht ohne weiteres von einer Verjährung der hier zu beurteilenden Klageforderungen ausgegangen werden.

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, beginnt bei fortgesetzter Schädigung für jeden weiteren Schaden eine neue Verjährung in jenem Zeitpunkt, in welchem der jeweilige Schaden dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt (RIS-Justiz RS0034536). Bei Schäden infolge fortgesetzten oder wiederholten Verhaltens ist jede einzelne Handlung oder Unterlassung für sich selbst Schadensursache, weshalb mit jeder weiteren Zufügung eines Schadens eine neue Verjährung in dem Zeitpunkt in Gang gesetzt wird, in welchem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt (1 Ob 41/94). Ebenso hat das Berufungsgericht zutreffend die höchstgerichtliche Judikatur wiedergegeben, nach der eine fortgesetzte Schädigung etwa dann vorliegt, wenn durch das Nichtbeseitigen eines gefährlichen oder das Aufrechterhalten eines rechtswidrigen Zustands Schäden hervorgerufen werden, oder wenn wiederholte schädigende Handlungen vorliegen, von denen jede den Tatbestand einer neuen Rechtsverletzung verkörpert und jede für sich Schadensursache ist (JBl 1986, 304; 4 Ob 543/87; SZ 2005/6 ua). Ein fortgesetztes rechtswidriges Verhalten des Schädigers stellt regelmäßig ein Dauerdelikt dar, sodass mit jeder Schadenszufügung eine gesonderte Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt, in dem sie dem Geschädigten zur Kenntnis gelangt, in Gang gesetzt wird (1 Ob 94/03k).

Im vorliegenden Verfahren ging das Berufungsgericht davon aus, der Kläger leite sämtliche Schadenersatzansprüche aus einem einzigen rechtswidrigen Verhalten, nämlich der Nichterteilung der beantragten devisenrechtlichen Ermächtigungen ab, sodass sämtliche Schadensfolgen nicht nur vorhersehbar, sondern auch durch dieses Verhalten der Nebenintervenientin veranlasst worden seien. Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen.

Dafür, das Unterlassen einer positiven Entscheidung insgesamt als eine „einzige schädigende Verhaltensweise" anzusehen, aus der sich fortlaufend gleichartige schädliche Folgen entwickelten, besteht kein Anlass. Ebensowenig kann die Auffassung des Berufungsgerichts geteilt werden, die Nichterlassung eines „Ersatzbescheides" und der damit verbundene Verstoß gegen die Entscheidungspflicht nach § 73 AVG sei nicht als ein eigenes (weiteres) schädigendes Verhalten anzusehen, weil es keinen zusätzlichen Schaden verursacht, sondern lediglich die Vergrößerung des schon ursprünglich eingetretenen Schadens nicht verhindert habe.

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der vom Berufungsgericht angenommene Konnex zwischen den verschiedenen Verhaltensweisen der Nebenintervenientin nicht gegeben, auch wenn beide im Ergebnis dazu geführt haben, dass die Gemeinschuldnerin über die von ihr beantragte Ermächtigung bis zuletzt nicht verfügte. Der erste Vorwurf, den Antrag zu Unrecht abgewiesen zu haben, kann keineswegs mit dem weiteren Vorwurf, nach der Aufhebung des abweisenden Bescheids durch den VwGH über lange Zeit der Entscheidungspflicht nicht nachgekommen zu sein, gleichgesetzt werden. Auch davon, dass die Gemeinschuldnerin nach dem aufhebenden Erkenntnis mit einer solchen Untätigkeit rechnen musste, kann keine Rede sein, sodass die Auffassung, auch die auf eine Verletzung der Entscheidungspflicht zurückgehenden späteren Schäden stellten sich als Folge des inhaltlich unrichtigen abweisenden Bescheids dar, nicht geteilt werden kann.

Nur für jene Schäden, die (allein) aus der Antragsabweisung resultierten, begann die Verjährungsfrist gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 AHG mit Kenntnis des Erstschadens, keinesfalls aber vor Ablauf eines Jahrs nach Rechtskraft der rechtsverletzenden Entscheidung. Mit diesem Zeitpunkt begann auch die Verjährungsfrist für zukünftige Schadensfolgen, soweit diese allein auf diese Entscheidung zurückzuführen sind. Als weitere, voraussehbare Folgeschäden gehören dazu auch jene Nachteile, die bis zu jenem Zeitpunkt entstanden sind, zu dem mit einer neuerlichen Entscheidung („Ersatzbescheid") der Nebenintervenientin nach Aufhebung der ursprünglichen Entscheidung gerechnet werden konnte; der VwGH hatte in seinem aufhebenden Erkenntnis ja die Notwendigkeit einer Verfahrensergänzung konstatiert.

Da die dreijährige Verjährungsfrist für den Primärschaden unter Berücksichtigung der Ablaufhemmung nach § 6 Abs 1 erster Satz AHG (erst) ein Jahr nach Zustellung der Entscheidung des VwGH ablief (SZ 64/23), die Gemeinschuldnerin mit der im Juni 1990 eingebrachten (ersten) Klage aber ein Feststellungsbegehren für zukünftige Schadensfolgen nicht verbunden hat, kann Verjährung nur im Hinblick auf jene Teile der hier zu beurteilenden Schäden eingetreten sein, die in der ursprünglichen Klage nicht geltend gemacht wurden, sich aber (auch) nicht als Folge der (behaupteten) anschließenden Verletzung der Entscheidungspflicht der Nebenintervenientin nach dem aufhebenden Erkenntnis des VwGH darstellen.

Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Nebenintervenientin an ihren ursprünglichen Bescheid bis zu dessen Aufhebung gebunden war, ist jener Zeitpunkt verjährungsrechtlich als maßgebliche Zäsur anzusehen, zu dem sie verpflichtet gewesen wäre, neuerlich über den Antrag der Gemeinschuldnerin zu entscheiden. Mit der (erstmaligen) Verletzung der Entscheidungspflicht trotz - allenfalls durch pflichtgemäße Maßnahmen erst herbeizuführender - Spruchreife hätte die Nebenintervenientin ein (gesondert zu beurteilendes) Fehlverhalten gesetzt, das insoweit für die nach diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensnachteile der Gemeinschuldnerin ursächlich war, als pflichtgemäßes Verhalten - nach den Klagebehauptungen wäre eine Ermächtigung ja zu erteilen gewesen - diesen Einnahmenentfall verhindert hätte.

Vorhersehbar waren für die Gemeinschuldnerin somit vorerst nur jene Schäden, die aus der ersten (inhaltlich unrichtigen) Entscheidung bis zur Möglichkeit einer neuerlichen, inhaltlich veränderten Entscheidung zu erwarten waren. Damit, dass die Nebenintervenientin auch nach der Aufhebung nicht unverzüglich entscheiden und dadurch weitere (vermeidbare) Nachteile verursachen würde, war vernünftigerweise nicht zu rechnen, sodass zur Vermeidung der Verjährung von Ansprüchen auf Ersatz durch das weitere Fehlverhalten zugefügter Nachteile eine Feststellungsklage innerhalb der durch das erste schädigende Ereignis ausgelösten Verjährungsfrist nicht zu verlangen war. Die (behauptete) Verletzung der Entscheidungspflicht löst somit neuerlich den Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist ab jenem Zeitpunkt aus, ab dem für den Geschädigten erkennbar war, dass eine (positive) Entscheidung nicht getroffen wurde, obwohl diese pflichtgemäß zu treffen gewesen wäre. Die fortgesetzte Unterlassung stellt im Sinne der eingangs zitierten Judikatur ein „Dauerdelikt" dar, weil sich die Nebenintervenientin nach den Klagebehauptungen ab dem frühestmöglichen Entscheidungstermin ja jeden weiteren Tag durch ihre Untätigkeit neuerlich rechtswidrig verhalten habe. Deshalb stand für jeden daraus resultierenden Schaden ab seinem Bekanntwerden eine Frist von drei Jahren für die gerichtliche Geltendmachung von Ersatzansprüchen offen.

Als „vorhersehbare Folgeschäden", für die die ursprüngliche Verjährungsfrist maßgeblich wäre, sind daher nicht solche Teilschäden zu beurteilen, die durch eine in einem späteren Verfahrensstadium pflichtgemäß zu treffende positive Entscheidung vermieden worden wären; für diese läuft die Verjährungsfrist erst ab Kenntnis der durch dieses neuerliche Fehlverhalten entstandenen (neuen) Schäden. Wurde die ursprünglich schädigende Fehlentscheidung aufgehoben, muss der Geschädigte regelmäßig nicht damit rechnen, dass die Schadenszufügung durch weitere Fehlentscheidungen bzw gar durch pflichtwidrige Untätigkeit „prolongiert" wird. Er ist daher auch nicht gehalten, derartige, durch nachfolgendes pflichtgemäßes Verhalten vermeidbare Folgeschäden schon innerhalb der Verjährungsfrist für den (ursprünglichen) Primärschaden mit Feststellungsklage geltend zu machen. Anderes gilt hingegen für jene Schäden, die bis zu jenem Zeitpunkt eingetreten sind, zu dem pflichtgemäß eine neuerliche Entscheidung zu fällen gewesen wäre. Diese wurden allein durch das ursprüngliche Fehlverhalten verursacht; sie waren auch von vornherein für den Geschädigten vorhersehbar.

Dem kann auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass sich aus der (vom VwGH bestätigten) Entscheidung der Nebenintervenientin vom 30. 3. 1995 (bindend) ergäbe, dass ein positiver Bescheid für die nunmehrige Gemeinschuldnerin auch vorher nicht zu erlassen gewesen wäre. Bei dieser Argumentation wird in den Revisionsbeantwortungen nämlich übersehen, dass sich die Verweigerungsgründe (mangelnde Mitwirkung, fehlende Verlässlichkeit) ja erst in einem erheblich späteren Stadium des Verfahrens bei der Nebenintervenientin ergeben haben. Es ist keinesfalls auszuschließen, dass bei der vom Kläger geforderten rascheren Erledigung des Antrags in einem hypothetischen früheren Entscheidungszeitpunkt Versagungsgründe noch gar nicht vorgelegen sind. Hätte die Nebenintervenientin die beantragten Ermächtigungen bei pflichtgemäßem Verhalten zu einem früheren Zeitpunkt erteilen müssen, hätte die Beklagte für jenen Verdienstentgang zu haften, der bei gewöhnlichem Lauf der Dinge - allenfalls bis zu einer späteren rechtswirksamen Entziehung der ursprünglich zu erteilenden Ermächtigung - eingetreten wäre. Ähnliche Kausalitätserwägungen sind auch im Hinblick auf die Argumentation des Klägers anzustellen, die Gemeinschuldnerin wäre bei (pflichtgemäßer) rechtzeitiger Erteilung der Ermächtigung von späteren nachteiligen Änderungen des DevG nicht mehr betroffen gewesen. Auch eine pflichtwidrige Verzögerung der Erledigung, die - entgegen der früheren Rechtslage - eine Verweigerung der beantragten Ermächtigung zur Folge gehabt hätte, führte ebenfalls zu einem Amtshaftungsanspruch, weil die Verpflichtung der Behörde zu möglichst rascher Entscheidung auch derartige Schäden eines Antragstellers verhindern soll.

Das Erstgericht wird sich daher unter Berücksichtigung dieser Erwägungen mit den Parteibehauptungen auseinandersetzen und nach Verfahrensergänzung über die Leistungsbegehren neuerlich entscheiden müssen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E84001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0010OB00011.07K.0503.000

Im RIS seit

02.06.2007

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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