Kopf
Im Namen der Republik
Das Arbeits- und Sozialgericht Wien erkennt durch den Richter Dr. Walter Schober als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Otto Skach ( aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Egon Csar (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei S***, vertreten durch Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mahlerstraße 7, wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, Wienerbergstraße 15-19, 1100 Wien, wegen Heilmittel, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:
Spruch
1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei € 4.304,20 samt 4% Zinsen seit 7.5.2007 für die Therapie des Klägers mit den Arzneimittel „Tysabri Konz. 300 mg Dfl. OP III" laut Rezept des Krankenhauses Hietzing vom 19.10.2006 und 24.11.2006 binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen.
2. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, die Kosten der Heilbehandlung des Klägers mit dem Präparat „Tysabri Konz. 300 mg Dfl. OP III" laut Rezept des Krankenhauses Hietzing vom 19.10.2006 und 24.11.2006, soweit diese nicht durch das Leistungsbegehren in Punkt 1. abgedeckt ist, im Rahmen der Sachleistungsgewährung zu übernehmen.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit €
932,16 (darin enthalten € 155,36 USt.) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu Handen des Klagevertreters zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 22.12.2006 (Beil./A) lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Gewährung des Präparates „Tysabri Konz. 300 mg Dfl. OP III" laut Verordnungen der Ambulanz des Krankenhauses Hietzing in 1130 Wien, Wolkersbergenstraße 1, vom 19.10.2006 und 24.11.2006 ab.
Dagegen erhob der Kläger fristgerecht die gegenständliche Klage mit dem wesentlichen Begehren, dass er an einer im Jahr 2000 sicher diagnostizierten multiplen Sklerose (MS) mit einem stark schubhaften Verlauf leide. Er sei zuletzt auf eine immunmodulatorische Therapie mit „Rebif" und dann „Betaferon 44" (Interferon-Beta-Präparate) eingestellt gewesen, ohne dass eine Verlangsamung des schubhaften Verlaufes eingetreten sei. Seit dem letzten Schub im August 2006 bestehe eine zunehmende Einschränkung der Gehfähigkeit. Aufgrund der deutlichen klinischen Verschlechterung, der vielen Schübe und der MRT Veränderungen unter der ausreichend dosierten Therapie mit Interferon-Beta-Präparaten sei dem Kläger das Präparat Tysabri verordnet worden. Tysabri sei in umfassenden Studien vor Zulassung an über 2.000 MS-Patienten untersucht worden und stelle das bisher umfangreichste Untersuchungsprogramm in dieser Indikation dar. Die europäische Gesundheitsbehörde sei nach eingehender Evaluation von „Benefit/Risk" zu einer positiven Beurteilung der Anwendung von Tysabri bei der Untergruppe von PatientInnen mit hochaktiv, schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose gekommen. Die Verordnung von Tysabri für den Kläger sei eine notwendige zweckmäßige Krankenbehandlung, wobei diese auch im niedergelassenen Bereich erfolgen könne. Auch für die im niedergelassenen Bereich möglichen Therapien mit Interferon-Beta-Präparaten und Glatirameracetat gelte, dass Diagnosestellung, Verordnung, Einstellung, Therapiekontrolle und Dokumentation durch ein MS-Zentrum zu erfolgen habe.
In der von der europäischen Gesundheitsbehörde genehmigten Produktinformation finde sich folgendes: „Die Einleitung und Überwachung der Tysabri-Therapie müsse durch einen in der Diagnosestellung und Behandlung von neurologischen Erkrankungen erfahrenen Spezialisten (Facharzt) in Zentren mit raschem Zugang zur MRT erfolgen".
In Österreich sei dies seit 1995 in den MS-Zentren der Fall. Hierunter verstehe man sowohl MS-Ambulanzen an Universitätskliniken und anderen Krankenanstalten, als auch in der MS-Behandlung ausgewiesene FachärztInnen im niedergelassenen Bereich. Sowohl diese intra- als auch extramuralen MS-Zentren unterliegen einem speziellen Qualitätsmanagement in der Betreuung der MS-Patienten. Im speziellen seien Erfahrung in der Diagnose, Differenzialdiagnose, Therapie und Management der MS, rasche Möglichkeiten zur Durchführung von diagnostischen (zum Beispiel MRT) und akuttherapeutischen (zum Beispiel Therapie des akuten Krankheitsschubes) Maßnahmen, Netzwerkbildung mit anderen ÄrztInnen und TherapeutInnen, die Verpflichtung der entsprechenden Dokumentation, sowie dokumentierte Teilnahme an MS-spezifischen Fortbildung Voraussetzungen zur Anerkennung als intra- oder extramurales MS-Zentrum durch die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN). Der aktuelle Status zeige, dass die Mehrheit der von der ÖGN approbierten MS-Zentren sich im extramuralen, das heißt niedergelassenen Bereich befinde (in Wien seien von 19 approbierten MS-Zentren 12 im extramuralen Bereich; österreichweit seien es 48 niedergelassene MS-Zentren von insgesamt 87). Das Gesamttherapiekonzept liege also in der Verantwortung der MS-Zentren. Ein Teil der Gesamttherapie sei die Verabreichung der Infusion. Zur Verabreichung sei grundsätzlich jeder Arzt, jede Ärztin mit abgeschlossener (Fach)Ausbildung berechtigt, das heißt also selbstverständlich auch im niedergelassenen Bereich tätige ÄrztInnen. In diesem Zusammenhang nehme ein ExpertInnen-Statement folgendermaßen dazu Stellung: „Da die Durchführung dieser Infusionen keine Krankenhaus-Aufnahme erfordert, erfolge die Applikation von Tysabri im niedergelassenen Bereich, und damit im geographischen Lebensumfeld der PatientInnen: Bei ÄrztInnen (Netzwerkpartnern), die schon bisher erfolgreich in der Betreuung von MS-Patienten eingebunden waren". Dadurch sei eine verantwortungsbewusste Behandlung mit Tysabri gewährleistet. Der Kläger könne ohne weiters auch im niedergelassenen Bereich die notwenige Infusionsbehandlung erhalten; eine Überwachung der Therapie sei in den ebenfalls im niedergelassenen Bereich angesiedelten MS-Zentren und durch die Fachärzte für Neurologie ohne weiteres möglich. Aus all diesen Gründen sie eine Verabreichung im extramuralen Bereich - unter den erwähnten Voraussetzungen - sehr wohl zulässig und eine Beschränkung auf dem intramoralen Bereich medizinisch nicht sinnvoll. Die Argumentation der beklagten Partei erweise sich damit als ausschließlich von kostenökonomischen Argumenten getragen, weil die Gebietskrankenkasse damit die notwendige Heilbehandlung im Bereich der von ihr nicht allein, sondern von ihr nur mitfinanzierten Bereich der Anstaltspflege verschiebe, obwohl Anstaltspflege im Sinne des § 144 Abs. 1 ASVG nicht erforderlich sei. Derzeit sei Tysabri in der roten Box des Erstattungskodex gelistet und sei daher davon auszugehen, dass es erstattungsfähig sei. Eine Einordnung zu den - nicht erstattungsfähigen - Kategorie nach § 351 c ASVG sei nicht erfolgt. Für die Verabreichung von Tysabri erfolge keine stationäre Aufnahme und Pflege in einer Krankenanstalt. Auch liegen die Voraussetzungen nicht vor, dass der Kläger auf die Leistung der Spitalsambulanz verwiesen werden dürfe. Der Kläger bedürfe weder der ersten Hilfe, noch einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nicht auch in angemessener Entfernung vom Wohnort durch niedergelassene MS-Zentren und Fachärzte erbracht werden können, die im übrigen alle den gleichen qualitativen Kriterien der ärztlichen Kunst unterliegen. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung, stellte das Leistungsbegehren des in der Tagsatzung vom 7.5.2007 modifizierten Klagebegehrens der Höhe nach außer Streit und brachte ihrerseits vor, dass die Verabreichung des Präparates Tysabri an den Kläger keine notwendige und zweckmäßige Krankenbehandlung darstelle. Das Präparat Tysabri enthalte den Wirkstoff Natalizumab. Dieser sei ein biotechnologisch hergestellter humanisierter, monoklonarer Antikörper, der als Monotherapie bei hochaktiver, schubförmig remittierend verlaufender MS bei Patienten mit einer hohen Krankheitsaktivität trotz Behandlung mit einem Interferon-Beta-Präparat sowie Patienten mit einer rasch fortschreitenden schubförmig remittierend verlaufender MS angewendet werde. In einem beschleunigten Verfahren sei am 23.11.2004 in den USA Tysabri zur Behandlung der schubförmig verlaufenden MS zugelassen worden. Am 28.2.2005 sei gemeldet worden, dass die Herstellerfirma das Präparat Tysabri freiwillig vom Markt zurückgezogen habe. Der Grund dafür seien Meldungen drei Erkrankungsfälle einer progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML) gewesen, wovon zwei tödlich endeten und der dritte Patient schwere Behinderungen erlitten habe. Im Juni 2006 habe die amerikanische Gesundheitsbehörde das Präparat Tysabri unter strengen Auflagen wieder erlaubt. Der beratende Ausschuss der europäischen Zulassungsbehörde EMEA, das Committee for Medicinal Products for Human Use, habe Ende April 2006 eine positive Stellungnahme zu Tysabri abgegeben. Auch in Europa dürfe Tysabri nur unter strengen Auflagen an PatienInnen verabreicht werden, um das Risiko eine PML und anderer opportunistischer Infektionen zu minimieren. Die PML werde durch das JC-Virus, ein humanes Polyomavirus, ausgelöst, mit dem etwa 85% der Bevölkerung infiziert seien. Es überdauere latent vor allem in Nieren und Lymphsystem und werde von Gesunden unterdrückt. PML sei eine seltene, oft tödlich verlaufende oppertunistische Hirninfektion, die bislang hauptsächlich bei massiv immunsupprimierten Patienten und bei Patienten mit AIDS bekannt gewesen sei. Daher beschränke sich die Zulassung auf Patienten, die auf die Behandlung mit Interferon-Beta-Präparaten unzureichend ansprechen, sowie auch Patienten mit schnell fortschreitender MS-Erkrankung. Zudem dürfe die Behandlung mit Tysabri nur durch einen in der Diagnosestellung und zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen erfahrenen Spezialisten in Zentren mit raschem MRT-Zugang erfolgen, um durch eine regelmäßige Überwachung und Früherkennung einer möglichen PML zu gewährleisten. Die Heranziehung der vom Kläger genannten Studien sei mehr als fraglich. Richtig sei, dass sich das Präparat Tysabri im roten Bereich des Erstattungskodex befinde. Bei Behandlung mit Tysabri sei neben PML mit weiteren schweren (auch tödlich verlaufenden opportunistischen) Infektionen zu rechnen. Antikörper gegen Tysabri sowie Überempfindlichkeitsreaktionen seien häufig. Auch ein karzinogenes Risiko sei nicht auszuschließen. Da der Wirksamkeitsnachweis für die zugelassenen Indikationen fehle und tödliche Risken in nicht überschaubaren Ausmaß drohen, verbiete sich die Anwendung dieser toxischen Substanz in einem unkontrollierten Feldversuch. Das klagsgegenständliche Präparat werde in Form einer Infusion verabreicht und könne eine Überempfindlichkeitsreaktion auslösen. Daher müsse der Patient während der Infusion und auch nach Abschluss der Infusion noch eine Stunde darüber hinaus überwacht werden. Aus diesem Grund und auch aus dem Grund der Früherkennung einer PML sei es unbedingt notwendig, dass dieses Präparat nur durch eine in der Diagnosestellung und Behandlung von neurologischen Erkrankungen erfahrenen Spezialisten in Krankenanstalten mit einem raschen MRT-Zugang verabreicht werde. Somit dürfe das Präparat Tysabri zur Wahrung der Patientensicherheit und Qualitätssicherung in der Verabreichung in Hinsicht auf die massiven Nebenwirkungen ausschließlich im intramuralen Bereich gewährt werden. Die Ausweitung in den niedergelassenen Bereich sei nicht angezeigt. Weiters werde vorgebracht, dass gemäß § 31 Abs. 2 Ziffer 3 ASVG dem Hauptverband die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einhelligkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger obliege. Gemäß § 31 Abs. 5 Ziffer 10 ASVG seien Richtlinien im Sinne des Abs. 2 Ziffer 3 leg. cit. über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf § 133 Abs. 2 ASVG aufzustellen. In diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner verbindlich seien, seien jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger anzuwenden seien. Durch diese Richtlinien dürfe der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden. Gemäß § 3 Abs. 4 der Richtlinie über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung 2005 sei insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dassIn Österreich sei dies seit 1995 in den MS-Zentren der Fall. Hierunter verstehe man sowohl MS-Ambulanzen an Universitätskliniken und anderen Krankenanstalten, als auch in der MS-Behandlung ausgewiesene FachärztInnen im niedergelassenen Bereich. Sowohl diese intra- als auch extramuralen MS-Zentren unterliegen einem speziellen Qualitätsmanagement in der Betreuung der MS-Patienten. Im speziellen seien Erfahrung in der Diagnose, Differenzialdiagnose, Therapie und Management der MS, rasche Möglichkeiten zur Durchführung von diagnostischen (zum Beispiel MRT) und akuttherapeutischen (zum Beispiel Therapie des akuten Krankheitsschubes) Maßnahmen, Netzwerkbildung mit anderen ÄrztInnen und TherapeutInnen, die Verpflichtung der entsprechenden Dokumentation, sowie dokumentierte Teilnahme an MS-spezifischen Fortbildung Voraussetzungen zur Anerkennung als intra- oder extramurales MS-Zentrum durch die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN). Der aktuelle Status zeige, dass die Mehrheit der von der ÖGN approbierten MS-Zentren sich im extramuralen, das heißt niedergelassenen Bereich befinde (in Wien seien von 19 approbierten MS-Zentren 12 im extramuralen Bereich; österreichweit seien es 48 niedergelassene MS-Zentren von insgesamt 87). Das Gesamttherapiekonzept liege also in der Verantwortung der MS-Zentren. Ein Teil der Gesamttherapie sei die Verabreichung der Infusion. Zur Verabreichung sei grundsätzlich jeder Arzt, jede Ärztin mit abgeschlossener (Fach)Ausbildung berechtigt, das heißt also selbstverständlich auch im niedergelassenen Bereich tätige ÄrztInnen. In diesem Zusammenhang nehme ein ExpertInnen-Statement folgendermaßen dazu Stellung: „Da die Durchführung dieser Infusionen keine Krankenhaus-Aufnahme erfordert, erfolge die Applikation von Tysabri im niedergelassenen Bereich, und damit im geographischen Lebensumfeld der PatientInnen: Bei ÄrztInnen (Netzwerkpartnern), die schon bisher erfolgreich in der Betreuung von MS-Patienten eingebunden waren". Dadurch sei eine verantwortungsbewusste Behandlung mit Tysabri gewährleistet. Der Kläger könne ohne weiters auch im niedergelassenen Bereich die notwenige Infusionsbehandlung erhalten; eine Überwachung der Therapie sei in den ebenfalls im niedergelassenen Bereich angesiedelten MS-Zentren und durch die Fachärzte für Neurologie ohne weiteres möglich. Aus all diesen Gründen sie eine Verabreichung im extramuralen Bereich - unter den erwähnten Voraussetzungen - sehr wohl zulässig und eine Beschränkung auf dem intramoralen Bereich medizinisch nicht sinnvoll. Die Argumentation der beklagten Partei erweise sich damit als ausschließlich von kostenökonomischen Argumenten getragen, weil die Gebietskrankenkasse damit die notwendige Heilbehandlung im Bereich der von ihr nicht allein, sondern von ihr nur mitfinanzierten Bereich der Anstaltspflege verschiebe, obwohl Anstaltspflege im Sinne des Paragraph 144, Absatz eins, ASVG nicht erforderlich sei. Derzeit sei Tysabri in der roten Box des Erstattungskodex gelistet und sei daher davon auszugehen, dass es erstattungsfähig sei. Eine Einordnung zu den - nicht erstattungsfähigen - Kategorie nach Paragraph 351, c ASVG sei nicht erfolgt. Für die Verabreichung von Tysabri erfolge keine stationäre Aufnahme und Pflege in einer Krankenanstalt. Auch liegen die Voraussetzungen nicht vor, dass der Kläger auf die Leistung der Spitalsambulanz verwiesen werden dürfe. Der Kläger bedürfe weder der ersten Hilfe, noch einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die nicht auch in angemessener Entfernung vom Wohnort durch niedergelassene MS-Zentren und Fachärzte erbracht werden können, die im übrigen alle den gleichen qualitativen Kriterien der ärztlichen Kunst unterliegen. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung, stellte das Leistungsbegehren des in der Tagsatzung vom 7.5.2007 modifizierten Klagebegehrens der Höhe nach außer Streit und brachte ihrerseits vor, dass die Verabreichung des Präparates Tysabri an den Kläger keine notwendige und zweckmäßige Krankenbehandlung darstelle. Das Präparat Tysabri enthalte den Wirkstoff Natalizumab. Dieser sei ein biotechnologisch hergestellter humanisierter, monoklonarer Antikörper, der als Monotherapie bei hochaktiver, schubförmig remittierend verlaufender MS bei Patienten mit einer hohen Krankheitsaktivität trotz Behandlung mit einem Interferon-Beta-Präparat sowie Patienten mit einer rasch fortschreitenden schubförmig remittierend verlaufender MS angewendet werde. In einem beschleunigten Verfahren sei am 23.11.2004 in den USA Tysabri zur Behandlung der schubförmig verlaufenden MS zugelassen worden. Am 28.2.2005 sei gemeldet worden, dass die Herstellerfirma das Präparat Tysabri freiwillig vom Markt zurückgezogen habe. Der Grund dafür seien Meldungen drei Erkrankungsfälle einer progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML) gewesen, wovon zwei tödlich endeten und der dritte Patient schwere Behinderungen erlitten habe. Im Juni 2006 habe die amerikanische Gesundheitsbehörde das Präparat Tysabri unter strengen Auflagen wieder erlaubt. Der beratende Ausschuss der europäischen Zulassungsbehörde EMEA, das Committee for Medicinal Products for Human Use, habe Ende April 2006 eine positive Stellungnahme zu Tysabri abgegeben. Auch in Europa dürfe Tysabri nur unter strengen Auflagen an PatienInnen verabreicht werden, um das Risiko eine PML und anderer opportunistischer Infektionen zu minimieren. Die PML werde durch das JC-Virus, ein humanes Polyomavirus, ausgelöst, mit dem etwa 85% der Bevölkerung infiziert seien. Es überdauere latent vor allem in Nieren und Lymphsystem und werde von Gesunden unterdrückt. PML sei eine seltene, oft tödlich verlaufende oppertunistische Hirninfektion, die bislang hauptsächlich bei massiv immunsupprimierten Patienten und bei Patienten mit AIDS bekannt gewesen sei. Daher beschränke sich die Zulassung auf Patienten, die auf die Behandlung mit Interferon-Beta-Präparaten unzureichend ansprechen, sowie auch Patienten mit schnell fortschreitender MS-Erkrankung. Zudem dürfe die Behandlung mit Tysabri nur durch einen in der Diagnosestellung und zur Behandlung von neurologischen Erkrankungen erfahrenen Spezialisten in Zentren mit raschem MRT-Zugang erfolgen, um durch eine regelmäßige Überwachung und Früherkennung einer möglichen PML zu gewährleisten. Die Heranziehung der vom Kläger genannten Studien sei mehr als fraglich. Richtig sei, dass sich das Präparat Tysabri im roten Bereich des Erstattungskodex befinde. Bei Behandlung mit Tysabri sei neben PML mit weiteren schweren (auch tödlich verlaufenden opportunistischen) Infektionen zu rechnen. Antikörper gegen Tysabri sowie Überempfindlichkeitsreaktionen seien häufig. Auch ein karzinogenes Risiko sei nicht auszuschließen. Da der Wirksamkeitsnachweis für die zugelassenen Indikationen fehle und tödliche Risken in nicht überschaubaren Ausmaß drohen, verbiete sich die Anwendung dieser toxischen Substanz in einem unkontrollierten Feldversuch. Das klagsgegenständliche Präparat werde in Form einer Infusion verabreicht und könne eine Überempfindlichkeitsreaktion auslösen. Daher müsse der Patient während der Infusion und auch nach Abschluss der Infusion noch eine Stunde darüber hinaus überwacht werden. Aus diesem Grund und auch aus dem Grund der Früherkennung einer PML sei es unbedingt notwendig, dass dieses Präparat nur durch eine in der Diagnosestellung und Behandlung von neurologischen Erkrankungen erfahrenen Spezialisten in Krankenanstalten mit einem raschen MRT-Zugang verabreicht werde. Somit dürfe das Präparat Tysabri zur Wahrung der Patientensicherheit und Qualitätssicherung in der Verabreichung in Hinsicht auf die massiven Nebenwirkungen ausschließlich im intramuralen Bereich gewährt werden. Die Ausweitung in den niedergelassenen Bereich sei nicht angezeigt. Weiters werde vorgebracht, dass gemäß Paragraph 31, Absatz 2, Ziffer 3 ASVG dem Hauptverband die Erstellung von Richtlinien zur Förderung oder Sicherstellung der gesamtwirtschaftlichen Tragfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Einhelligkeit der Vollzugspraxis der Sozialversicherungsträger obliege. Gemäß Paragraph 31, Absatz 5, Ziffer 10 ASVG seien Richtlinien im Sinne des Absatz 2, Ziffer 3 leg. cit. über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf Paragraph 133, Absatz 2, ASVG aufzustellen. In diesen Richtlinien, die für die Vertragspartner verbindlich seien, seien jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger anzuwenden seien. Durch diese Richtlinien dürfe der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden. Gemäß Paragraph 3, Absatz 4, der Richtlinie über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung 2005 sei insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, dass
von mehreren gleichwertig geeigneten Möglichkeiten die ökonomisch günstigste Möglichkeit gewählt werde;
ob andere, zum Beispiel hygienische oder diätische Maßnahmen auch ökonomischer wären als Maßnahmen der Krankenbehandlung;
ob anstelle der Einweisung zu einem stationären Krankenhausaufenthalt die Behandlung im ambulanten Bereich (zum Beispiel Krankenhausambulanz, Betreuung durch den Hausarzt, medizinische Hauskrankenpflege) ökonomischer wäre;
ob anstelle von ambulant serienweise angewendeten Behandlungsmethoden die Unterbringung in Kur- oder Rehabilitationseinrichtungen ökonomischer wäre.
Das Präparat koste pro Stück € 1.797,15. Dieses soll dem Kläger ein Mal pro Monat verabreicht werden. Somit belaufen sich die Kosten dieses Präparates für den Kläger auf circa € 21.562,80 pro Jahr. Die Krankenanstalten werden durch die beklagte Partei mit jährlichen Pauschalbeträgen in den Krankenanstaltenfond finanziert. Damit sei die gesamte Anstaltspflege, somit auch die Kosten der Heilbehandlung, die in den Anstalten im Rahmen der Behandlung entstehen, abgegolten. Daraus ergebe sich, dass im Falle eines Zuspruches an den Kläger der beklagten Partei im niedergelassenen Bereich zusätzliche Kosten von circa € 21.562,80 pro Jahr entstehen werden, die in einer Krankenanstalt mit dem jährlichen Pauschalbetrag abgegolten wären. Zudem gäbe es in Wien eine ausreichende flächendeckende Versorgung im stationären bzw. ambulanten Bereich mit der MS-Spezialisierung und mit einem MRT-Zugang. Somit sei die Behandlung in einer Krankenhausambulanz ökonomischer als die Betreuung im niedergelassenen Bereich, wo es zu einer unzumutbaren Doppelbelastung der Versichertengemeinschaft komme. Da die Krankenbehandlung nach dem jeweiligen und aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu erbringen sei, sei das klagenständliche Präparat nur in Krankenanstalten beziehungsweise Krankenhausambulanzen mit einer MS-Spezialisierung und mit einem MRT-Zugang zu gewähren, die in Wien in ausreichender Anzahl vorhanden seien. Zum zweiten Klagebegehren werde vorgebracht, dass nach herrschender Auffassung kein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Gewährung von Sachleistungen in der Krankenversicherung bestehe. Ein Klagbegehren auf Übernahme von Kosten durch den Krankenversicherungsträger sei aber durchaus denkbar (10 ObS 9/99t).
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den bekämpften Bescheid (Beil./A), in die vom Kläger vorgelegten Urkunden, nämlich Kopien von Rechnungen der St. Anna Apotheke vom 7.3.2007 und 10.4.2007 (Beil./B), die Entscheidung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 21.9.2006 (nunmehr Beil./C), diverse Artikel betreffend das klagsgegenständliche Präparat sowie verschiedenste Schreiben des Krankenhauses Hietzing, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie (ON 8) sowie dessen umfangreiche Erörterung in der Tagsatzung vom 7.5.2007.
Danach steht folgender Sachverhalt fest:
Mit Bescheid vom 22.12.2006 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Gewährung des Präparates „Tysabri Konz. 300 mg Dfl. OP III" laut Verordnungen der Ambulanz des Krankenhauses Hietzing in 1130 Wien, Wolkersbergenstraße 1, vom 19.10.2006 und 24.11.2006 ab. Zur Frage der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verabreichung des Präparates Tysabri für den Kläger:
Aus Sicht der Neurologie/Psychiatrie bestehen bei dem am 19.4.1978 geborenen Kläger eine Multiple Sklerose von anfänglich schubhaften Verlaufstyp mit einer spastischen beinbetonten Tetraparese als vorläufiges Residualsyndrom, entsprechend einem EDSS von 6,0. Das Präparat Tysabri (Natalizumab) ist der erste rekombinante humanisierte monoklonale Antikörper, welche zur Therapie der schubförmig remittierenden multiplen Sklerose zugelassen wurde. Bei den größten bisher bei Multipler Sklerose durchgeführten Therapiestudien (Affirm, Sentinel) wurde die klinische Wirksamkeit von Natalizumab bei Patienten mit schubförmig remittierend verlaufender multiplen Sklerose untersucht. In der Affirm-Studie zeigt sich eine 68%ige Reduktion der Schubrate über zwei Jahre. Bisher verfügbare immunmodulatorische Therapien wiesen in den Zulassungsstudien über zwei Jahre eine Schubratenreduktion von 30 bis 40% auf. Beim Kläger erfolgte die Empfehlung der Verabreichung von Tysabri nach einem Verlauf von sechs Jahren mit wiederholten schubförmigen Verschlechterungen unter einer als „State of the Art" bezeichneten immunmodulierenden Therapie mit Interferon-Beta-Präparaten. Die Indikation für eine Änderung der immunmodulierenden Therapie und die Verordnung von Tysabri entspricht somit dem gegenwärtigen Wissensstand und den Empfehlungen von MR-Experten. Bekanntlicherweise können MS-Patienten unterschiedlich auf die Standardtherapien ansprechen. Die therapeutische Wirksamkeit dieser Präparate (Interferon-beta 1a und 1b, Glatirameracetat) ist limitiert. Eine kleine Population von MS-Patienten wird somit unter einer immunmodulierenden Basistherapie progredient schlechter. In plazebokontrollierten Studien mit 1617 MS-Patienten, die bis zu zwei Jahren mit Natalizumab behandelt wurden, traten unerwünscht Ergebnisse bei 5,8% auf, die zu einem Abbruch der Therapie führten, vergleichsweise 4,8% in der Plazebogruppe. Insgesamt berichteten 43,5% der mit Natalizumab behandelten Patienten über Nebenwirkungen (Plazebo: 39,6%). Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Harnwegsinfekte und Gelenksschmerzen. Überempfindlichkeitsreaktionen mit allergischen Reaktionen, anaphylaktischen beziehungsweise anaphylaktoiden Reaktionen, Hautausschlägen traten bei 4% der mit Natalizumab behandelten Patienten auf. Explizite anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen traten bei weniger als 1% der Patienten auf. Unter Anwendung von Natalizumab wurde ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer bestimmten Hirnkrankheit, nämlich einer progressiven multifokalen Leukencephalopathie (PML) in Zusammenhang gebracht. Insgesamt wurden drei Fälle beobachtet. Daraus ergibt sich eine geschätzte Inzidenz von 1/1000. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass Fälle mit progressiver mulifokaler Leukencephalopathie lediglich in jenen Studienpopulationen aufgetreten waren, welche gleichzeitig mit Tysabri und einer anderen immunmodulierenden Therapie behandelt wurden. Zusammengefasst sind ernsthafte Nebenwirkungen in Form von anaphylaktoiden Überempfindlichkeitsreaktionen durch die Verabreichung von Tysabri nicht höher einzustufen, als bei der Verabreichung von Immunglobulinen. Solche werden seit Jahren in den Ordinationen von niedergelassenen Ärzten verabreicht.
Eine immunmodulierende und schubprophylaktische Therapie bei MS-Patienten ist eine Langzeittherapie. Die bisherigen verfügbaren MS-Therapien werden in der Regel vom Patienten selbst subkutan oder intramuskulär injiziert. Tysabri 300 mg wird einmal alle vier Wochen als intravenöse Infusion über etwa eine Stunde verabreicht. Die Patienten sind während der Infusion und über eine weitere Stunde nach Ende der Infusion auf Anzeichen und Symptome eine möglichen Überempfindlichkeitsreaktion hin zu beobachten. Ein vergleichsweises Vorgehen wäre nahezu bei jeder anderen Infusion zu fordern, weil selbst Vitamininfusionen und Schmerzmittel zu letztendlich schweren Nebenwirkungen im Sinne einer anaphylaktoiden Reaktion führen können. Im Falle des Verdachts auf das Auftreten von neuen neurologischen Symptomen muss eine MRT-Untersuchung durchgeführt werden. Zusammenfassend ist die Behandlung des Klägers mit Tysabri eine notwendige und zweckmäßige Behandlung, zumal eine Eskalation mit Einsatz von Zytostatikern ein wesentlich größeres Nebenwirkungsspektrum aufweist. Die Behandlung hätte nicht durch ein anderes oder vergleichbares Produkt erfolgen können. Eine mögliche Behandlung wäre noch mit dem Präparat Mitoxantron gegeben. Mitoxantron ist prinzipiell in der MS-Behandlung als wirksam anerkannt und als solches zugelassen. Allerdings ist Mitoxantron in seinem Einsatz dosismäßig begrenzt, weil ab einer bestimmten Dosis, die meist nach zehn Infusionen erreicht wird, die Gefahr eines letztendlich auch tödlichen Herzmuskelschadens besteht. Des Weiteren gibt es nach neuen Studien Zweifel an der Wirksamkeit von Mitoxantron. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Tysabri um eine hochwirksame Substanz, die im Vergleich zu den bisherigen Immunmodulatoren zu einer deutlichen Verminderung der Schubrate führt. Im Wesentlichen sind die beiden Produkte auch nicht vergleichbar, zumal es auch keine Vergleichsstudien gibt. Wesentlich ist, dass es bei Mitoxantron bei einer Obergrenze von 140 mg zu Herzmuskelschäden kommen kann im Gegensatz zu Tysabri. Auch bei darunter liegenden Dosen wäre bei Mitoxantron eine Schädigung der Erbsubstanz beziehungsweise des blutbindenden Systems möglich. Dies ist bislang bei den Präparat Tysabri nicht bekannt. Das Präparat Mitoxantron wäre zwar kostengünstiger, ist aber die Behandlung des Klägers mit dem Präparat Tysabri als zweckmäßig und notwendig anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse und Erfahrungen mit Tysabri-Patienten wird Tysabri sehr gut toleriert (Compliance) und auch gut vertragen. In der Sentinel-Studie hat sich auch gezeigt, dass Tysabri die häufig bei MS-Patienten anzutreffende Müdigkeit, welche auch als MS-Fatigue bezeichnet wird, bessert.
Zur Frage der intra- oder extramuralen Verabreichung von Tysabri:
Von der österreichischen Gesellschaft für Neurologie wurde in den letzten Jahren die sogenannte Zentrumslösung geschaffen. Die Zentrumslösung ist eine Dokumentation von MS-Behandlung mit entsprechend ausgewiesener Expertise sowohl im Spital als auch in der Ordination, die in gleicher Weise auferlegte Dokumentationspflichten haben und an den entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen müssen. Damit ist eine Qualitätssicherung gewährleistet. Schon vor der Zulassung von Tysabri wurde von Experten die Verabreichung im extramuralen Bereich empfohlen. Von diesem Expertengremium wurden folgende Richtlinien erarbeitet, das heißt folgende Voraussetzungen müssen gegeben sein:
Vor der Erstverordnung von Tysabri durch MS-Experten soll eine ausführliche Aufklärung der Patienten durchgeführt und dokumentiert werden. Im Zuge dessen erhalten Patienten die Gebrauchsinformation von Tysabri sowie einen Patientenpass.
Innerhalb von drei Monaten vor Therapiebeginn sollen wie bei jeder anderen immunmodulierenden Therapie eine Basis-MRT Untersuchung erfolgen.
Die Durchführung von Tysabri-Infusionen bedarf keiner Krankenhausaufnahme und sollte im niedergelassenen Bereich und somit im geographischen Lebensumfeld der Patienten erfolgen. Der infusionsverabreichende Arzt soll über wesentliche Details der Behandlung mit Tysabri bescheid wissen.
Österreichweit sind weit über 80 niedergelassene Neurologen als MS-Zentrum beziehungsweise gleichgestellte Ordinationen in der Liste der österreichischen Gesellschaft für Neurologie aufgenommen, sodass gewährleistet ist, dass diese Fachärzte über die Möglichkeit des extrem seltenen Risikos einer progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie bescheid wissen. Das Präparat Tysabri muss nicht ausschließlich im intramuralen Bereich verabreicht werden. Es kann unter den genannten Voraussetzungen bei entsprechender Sicherheit auch in der Ordination niederlasser Ärzte verabreicht werden. Für die Infusionen ist mit einer Verweildauer von zwei Stunden in der Ordination zu rechnen und gibt es auch in diesem Punkt keine Unterschiede zwischen dem Verabreichen im intra- oder extramuralen Bereich. Letztendlich ist auch der Zugang zu einer gegebenfalls erforderlichen MRT-Untersuchung auch im niedergelassenen Bereich gesichert. Es gibt auch keinen medizinischen Vorteil in der Verabreichung von Tysabri in einer Spitalsambulanz, weil sich dadurch das Nebenwirkungsrisiko grundsätzlich nicht verändert. In der Zentrumslösung ist auch vorgesehen, dass Fachärzte für Neurologie mit entsprechender Expertise die Infusionen im extramuralen Bereich verabreichen. Man nennt dies auch Netzwerkpartnerlösung. Alleine die räumliche Struktur der Spitalsambulanz stellt keinen Qualitätsfaktor im Vergleich zu einer Facharztordination dar. Auch bietet die Struktur einer Spitalsambulanz für die Patientensicherheit keinen Vorteil. Es ist auch nicht gewährleistet, dass nach der dritten Infusion die seltenen Nebenwirkungen bei der Verabreichung von Tysabri nicht mehr auftreten können; auch nach der dritten Infusion besteht noch immer die Möglichkeit einer allergischen Reaktion. Es gibt keine medizinische Notwendigkeit, dass das Präparat Tysabri intramural verabreicht werden muss.
Das Präparat Tysabri kostet einmalig € 1.797,15 exklusive USt. (€ 2.156,60 inklusive USt.).
Für den Fall dass der Kläger sich das Präparat Tysabri nur intramural verabreichen ließe, würden für die beklagte Partei keine zusätzlichen Kosten entstehen. Diese wären durch die jährigen Pauschalbeträge, mit denen die beklagte Partei den Krankenanstaltfond mitfinanziert, abgegolten. Das Krankenhaus, welches die Infusion verabreicht, müsste jedoch das Präparat ankaufen und bezahlen.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt gründet sich im Wesentlichen auf das schlüssige und nachvollziehbare Gutachten aus dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie sowie dessen umfangreiche Erörterung in der Tagsatzung vom 7.5.2007. Der Sachverständige hat sich mit dem Gesundheitszustand des Klägers, den Wirkungen des Präparates sowie auch dessen Vergleichbarkeit eingehend auseinandergesetzt und nachvollziehbar dargelegt, dass das klagsgegenständliche Präparat Tysabri für den Kläger eine zweckmäßige und ausreichende Krankenbehandlung darstellt. Dies wurde im Verfahren von der beklagten Partei zwar formal bestritten, wobei sich die Gegenwehr vor allem auf die Notwendigkeit der intra- und nicht extramuralen Verabreichung der Infusionen konzentriert hat. Der Sachverständige erläuterte insbesondere auch, dass es keine andere Behandlung des Klägers mit einem anderen Präparat gegeben hätte die vergleichbar wäre. Er führte auch erläuternd aus, dass die Behandlung mit Mitoxantron aufgrund des Umstandes, dass nach einer gewissen Menge es zu schweren bzw. tödlichen Verläufen kommt, nicht der Vorzug zu geben ist. Er betonte auch, dass das Präparat Tysabri hoch wirksam sei und ging auch auf die Nebenwirkungen, die mit der Verabreichung von Tysabri zu erwarten sind, eingehend ein. Das Eingehen auf die Nebenwirkungen war schon aus dem Grund erforderlich, weil die beklagte Partei sich auf den Standpunkt gestellt hat, dass das Präparat nur intramural verabreicht werden kann. Auch diesen Fragenkomplex konnte der erfahrene Sachverständige logisch nachvollziehbar und letztlich zweifelsfrei eindeutig beantworten. Der Sachverständige hob hervor dass die österreichische Gesellschaft für Neurologie durch die Zentrumslösung unter anderem den Bedenken des Hauptverbandes entgegengetreten ist, dass niedergelassene Ärzte ohne entsprechende Expertise aus wirtschaftlichen Gründen oder Gründen der Patientenfreundlichkeit unreflektiert teure Präparate verschreiben. Durch die Zentrumslösung wurde eine Dokumentation von MS-Behandlung mit entsprechender ausgewiesener Expertise sowohl im Spital als auch in Ordinationen, die in gleicher Weise auferlegte Dokumentationspflicht haben und an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen müssen, eine Qualitätssicherung eingeführt. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten auch die Richtlinien bei der Verabreichung von Tysabri an, wobei dabei bei der Durchführung von Tysabri-Infusionen kein Krankenhausaufnahmebedarf angenommen wurde; im Gegensatz sogar die Verabreichung im niedergelassenen Bereich und somit im geographischen Lebensumfeld der Patienten präferiert wird. Er hob auch hervor, dass die räumliche Struktur einer Spitalsambulanz keinen Qualitätsfaktor darstellt im Vergleich zu einer Facharztordination. Dies vor allem aufgrund des in Österreich herrschenden „Netzwerkpartnersystems". Er schätzte auch das Risikospektrum der Infusionszwischenfällen weit unter den Risiken ein, die zum Beispiel bei einer Zahnbehandlung auftreten können oder bei Infiltrationen oder Infusionen von Lokalanestetika. Auch merkte er nachvollziehbar an, dass die von ihm ausführlich dargelegten Nebenwirkungen auch nach der dritten Infusion durchaus noch möglich wären und daher eine Verabreichung von drei Infusionen intramural und ab der vierten Infusion im niedergelassenen Bereich keine medizinische Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit besteht. Im Ergebnis bestanden aufgrund der nachvollziehbaren Erläuterungen des erfahrenen Sachverständigen und der damit einhergehenden umfangreichen Erörterung des Gutachtens keine Bedenken, diese Ergebnisse den gerichtlichen Feststellungen zugrunde zu legen.
Rechtliche Beurteilung
Rechtlich folgt daraus:
Zur Frage der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verabreichung des Präparates Tysabri für den Kläger:
Im Sinne des § 120 Abs. 1 Ziffer 1 ASVG liegt eine Krankheit dann vor, wenn ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand gegeben ist, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Beim Kläger liegt aufgrund des festgestellten bestehenden Krankheitsbildes zweifellos ein solcher regelwidriger Körperzustand vor, der eine Behandlung erforderlich macht.Im Sinne des Paragraph 120, Absatz eins, Ziffer 1 ASVG liegt eine Krankheit dann vor, wenn ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand gegeben ist, der die Krankenbehandlung notwendig macht. Beim Kläger liegt aufgrund des festgestellten bestehenden Krankheitsbildes zweifellos ein solcher regelwidriger Körperzustand vor, der eine Behandlung erforderlich macht.
Gemäß § 133 Abs. 1 ASVG umfasst die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Die Krankenbehandlung muss im Sinne des § 133 Abs. 2 ASVG ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit für die lebenswichtigen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Zweckmäßigkeit ist gegeben, wenn die Behandlung nach den herrschenden Erfahrungssätzen der medizinischen Wissenschaft mit hinreichender Sicherheit objektiviert geeignet ist, die beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Eine Notwendigkeit bestimmt sich aus dem Zweck der Leistung. Notwendig sind demnach jene Maßnahmen, die zur Erreichung des Zwecks notwendig und unentbehrlich sind (SV-Slg 42.332). Eine notwendige Krankenbehandlung ist jedenfalls auch anzunehmen, wenn die Behandlung geeignet erscheint, eine Verschlechterung des Zustandsbildes hintanzuhalten (10 ObS 03/96). Dies gilt auch bei Dauerzuständen. Hier wird die Notwendigkeit schon als Gegeben erachtet, wenn die Krankenbehandlung nur dem Ziel einer erträglichen Gestaltung des Leidens und der Verlängerung des Lebens dient (Teschner/Widlar, ASVG, 81. Ergänzungslieferung FN1 zu § 120). Gemäß § 136 Abs. 1 ASVG umfassen Heilmittel die notwendigen Arzneien sowie die sonstigen Mittel, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen. Gemäß § 31 Abs. 3 Ziffer 12 ASVG obliegt dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und den nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinn der Ziele der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2 ASVG) annehmen lassen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den gegenständlichen Fall folgendes:Gemäß Paragraph 133, Absatz eins, ASVG umfasst die Krankenbehandlung ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe. Die Krankenbehandlung muss im Sinne des Paragraph 133, Absatz 2, ASVG ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit für die lebenswichtigen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden. Zweckmäßigkeit ist gegeben, wenn die Behandlung nach den herrschenden Erfahrungssätzen der medizinischen Wissenschaft mit hinreichender Sicherheit objektiviert geeignet ist, die beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Eine Notwendigkeit bestimmt sich aus dem Zweck der Leistung. Notwendig sind demnach jene Maßnahmen, die zur Erreichung des Zwecks notwendig und unentbehrlich sind (SV-Slg 42.332). Eine notwendige Krankenbehandlung ist jedenfalls auch anzunehmen, wenn die Behandlung geeignet erscheint, eine Verschlechterung des Zustandsbildes hintanzuhalten (10 ObS 03/96). Dies gilt auch bei Dauerzuständen. Hier wird die Notwendigkeit schon als Gegeben erachtet, wenn die Krankenbehandlung nur dem Ziel einer erträglichen Gestaltung des Leidens und der Verlängerung des Lebens dient (Teschner/Widlar, ASVG, 81. Ergänzungslieferung FN1 zu Paragraph 120,). Gemäß Paragraph 136, Absatz eins, ASVG umfassen Heilmittel die notwendigen Arzneien sowie die sonstigen Mittel, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen. Gemäß Paragraph 31, Absatz 3, Ziffer 12 ASVG obliegt dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niedergelassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und den nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinn der Ziele der Krankenbehandlung (Paragraph 133, Absatz 2, ASVG) annehmen lassen. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den gegenständlichen Fall folgendes:
Das Präparat Tysabri befindet sich zurzeit im roten Bereich des Erstattungskodex (red box). Somit unterliegt dieses einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinien nach § 31 Abs. 5 Ziffer 13 ASVG.Das Präparat Tysabri befindet sich zurzeit im roten Bereich des Erstattungskodex (red box). Somit unterliegt dieses einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinien nach Paragraph 31, Absatz 5, Ziffer 13 ASVG.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Verabreichung von Tysabri für den Kläger eine notwendige und zweckmäßige Krankenbehandlung darstellt, die – nach immunmodulierenden Therapien über sechs Jahre - eine Verbesserung (vor allem im Sinne einer Verlangsamung) der wiederholt schubförmigen Verschlechterungen der multiplen Sklerose des Klägers herbeiführt. Es ist daher gesichert davon auszugehen, dass die Verabreichung des Präparates Tysabri ein im Sinne des ASVG notwendige und zweckentsprechende Krankenbehandlung des Klägers ist, weil insbesondere die Besserung des Grundleidens bzw. es eine Verbesserung der schubförmigen Verschlechterungen (eine 68%ige Reduktion der Schubrate) der multiplen Sklerose des Klägers möglich macht. Zur Frage der intramuralen und extramuralen Verabreichung des Präparates Tysabri:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass in Österreich zwischen den Zentrumslösungen im niedergelassenen Bereich und den Spitalsambulanzen keine qualitativen Unterschiede gegeben sind. Nach der von der österreichischen Gesellschaft für Neurologen aufgestellten Qualitätssicherung ist grundsätzlich kein medizinischer Nachteil für den Patienten gegeben, ob er sich die Infusion intramural oder extramural verabreichen lässt. Das Nebenwirkungsrisiko ist in beiden Fällen das Gleiche. Auch ist im niedergelassenen Bereich ausgehend von der auferlegten Dokumentations- und Fortbildungspflicht auch der Zugang zu einer allenfalls notwendigen MRT-Untersuchung gesichert. Darüber hinaus entspricht die extramurale Verabreichung den Richtlinien des Expertengremiums, die hervorhob, dass die Durchführung von Tysabri-Infusionen keiner Krankenhausaufnahme bedarf und im geographischen Lebensumfeld des Patienten erfolgen soll. Damit wird indirekt auch betont, dass es sich bei der Behandlung um eine Langzeittherapie handelt, die auch unter dem Gesichtpunkt des (besonderen) Vertrauensverhältnisses zum behandelnden Arzt zu beurteilen ist. Dieser Aspekt ist maßgebend für die Frage, in wie weit sich der Kläger vorschreiben lassen muss, die Infusionen nur in der Spitalambulanz verabreichen zu lassen mit dem Hinweis, dass diese für die beklagte Partei kostengünstiger ist. Dazu ist Folgendes festzuhalten:
Allgemein besteht der Grundsatz der freien Arztwahl, der vom Grundgedanke bestimmt wird, dass der Krankenversicherungsträger nicht mit höheren (aber auch nicht mit niedrigen) Kosten belastet werden soll, als wenn der Versicherte einen Vertragsarzt in Anspruch genommen hätte.
Gemäß § 31 Abs. 5 Ziffer 10 ASVG sind Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf § 133 Abs. 2 aufzustellen. In diesen Richtlinien sind jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger anzuwenden sind. Durch diese Richtlinien darf der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden. Hervorzuheben ist, dass sich diese Richtlinien ausschließlich auf die Vertragspartner, also auf die Vertragsärzte beziehen, wobei die Judikatur bereits klargestellt hat, dass der Vertragsarzt durch die Regelung der RöK über die chefärztlich Bewilligungspflicht nicht daran gehindert ist, jene Untersuchungen oder Behandlungen vorzunehmen, die er gemäß seinen - durch die Verordnung nicht berührten - berufsrechtlichen Pflichten für notwendig hält. Auch wurde klar gestellt, dass durch diese Richtlinien der Anspruch des Versicherten auf eine im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und notwendige Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs. 2 ASVG nicht beschränkt sein darf (Teschner/Widlar, 94. Ergänzungslieferung, Anmerkung 23 zu § 31). In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass derartige Richtlinien hinsichtlich des Präparats Tysabri weder von der beklagten Partei behauptet noch dargelegt wurden. Sie hat lediglich allgemein die – für die Vertragspartner geltenden - Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung gemäß § 31 Abs. 5 Z 10 ASVG (RöK) angeführt, in denen § 3 bestimmt, dass die Krankenbehandlung innerhalb dieses Rahmens (gemeint die Vorraussetzungen des § 133 Abs 2 ASVG) unter Beachtung des Wohles und der Betroffenheit des Versicherten (Angehörigen) die ökonomischen Grundsätze erfüllt, wenn sie geeignet ist,Gemäß Paragraph 31, Absatz 5, Ziffer 10 ASVG sind Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung unter Bedachtnahme auf Paragraph 133, Absatz 2, aufzustellen. In diesen Richtlinien sind jene Behandlungsmethoden anzuführen, die entweder allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen (zum Beispiel für gewisse Krankheitsgruppen) erst nach einer ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger anzuwenden sind. Durch diese Richtlinien darf der Zweck der Krankenbehandlung nicht gefährdet werden. Hervorzuheben ist, dass sich diese Richtlinien ausschließlich auf die Vertragspartner, also auf die Vertragsärzte beziehen, wobei die Judikatur bereits klargestellt hat, dass der Vertragsarzt durch die Regelung der RöK über die chefärztlich Bewilligungspflicht nicht daran gehindert ist, jene Untersuchungen oder Behandlungen vorzunehmen, die er gemäß seinen - durch die Verordnung nicht berührten - berufsrechtlichen Pflichten für notwendig hält. Auch wurde klar gestellt, dass durch diese Richtlinien der Anspruch des Versicherten auf eine im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und notwendige Krankenbehandlung im Sinne des Paragraph 133, Absatz 2, ASVG nicht beschränkt sein darf (Teschner/Widlar, 94. Ergänzungslieferung, Anmerkung 23 zu Paragraph 31,). In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass derartige Richtlinien hinsichtlich des Präparats Tysabri weder von der beklagten Partei behauptet noch dargelegt wurden. Sie hat lediglich allgemein die – für die Vertragspartner geltenden - Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung gemäß Paragraph 31, Absatz 5, Ziffer 10, ASVG (RöK) angeführt, in denen Paragraph 3, bestimmt, dass die Krankenbehandlung innerhalb dieses Rahmens (gemeint die Vorraussetzungen des Paragraph 133, Absatz 2, ASVG) unter Beachtung des Wohles und der Betroffenheit des Versicherten (Angehörigen) die ökonomischen Grundsätze erfüllt, wenn sie geeignet ist,
einen ausreichenden therapeutischen und diagnostischen Nutzen zu erzielen und
die Kosten im Verhältnis zum Erfolg der Maßnahme möglichst gering zu halten.
Eine Maßnahme ist dabei nicht nur für sich allein zu betrachten, sondern es sind die im überblickbaren Behandlungs- und Untersuchungsverlauf gesetzten bzw. zu setzenden Maßnahmen zu berücksichtigen. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen,
1. dass von mehreren gleichwertig geeigneten Möglichkeiten die ökonomisch günstigste Möglichkeit gewählt wird;
2. ob andere, z.B. hygienische oder diätetische Maßnahmen auch ökonomischer wären als Maßnahmen der Krankenbehandlung;
3. ob anstelle der Einweisung zu einem stationären Krankenhausaufenthalt die Behandlung im ambulanten Bereich (z.B. Krankenhausambulanz, Betreuung durch den Hausarzt, medizinische Hauskrankenpflege) ökonomischer wäre;
4. ob anstelle von ambulant serienweise angewendeten Behandlungsmethoden die Unterbringung in Kur- oder Rehabilitationseinrichtungen ökonomischer wäre.
Für den konkreten Fall ist jedoch aus diesen Richtlinien nichts zu gewinnen. Inwieweit der Gesamtvertrag zulässigerweise den Vertragsärzten die Durchführung bestimmter Behandlungen verbieten kann, ist auf die Judikatur zum geltenden „Großgeräteplan" zu verweisen. Der Obersten Gerichtshof (vgl 10 ObS 403/98g, 10 ObS 365/98v und 10 ObS 6/99a) hat ausgeführt, dass die gesamtvertragliche Einschränkung der Verrechenbarkeit grundsätzlich zulässig ist, weil sie in der Regel berechtigten Interessen beider Vertragsparteien entspricht. Sie dienen vorrangig dazu, die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern. Im Fall der MRT-Untersuchungen steht für die Betroffenen die jeweilige technische (maschinelle) Ausstattung des Großgerätes, nicht aber das besondere Vertrauensverhältnis zur Persönlichkeit eines bestimmten Arztes im Vordergrund. Das Recht der freien Arztwahl darf daher zwar grundsätzlich auch bei Röntgen- und Laboruntersuchungen nicht eingeschränkt werden, im Fall des Großgeräteplans wird aber der Grundsatz der freien Arztwahl durch andere, vor allem technisch-wirtschaftliche Gesichtspunkte überlagert. Im konkreten Fall fehlt es einerseits an einer bestehenden verbindlichen Richtlinie hinsichtlich des Präparats Tysabri bzw. hinsichtlich der Verabreichung dieses Präparates mit dem die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit gesteuert werden soll. Es bestehen nur die oben angeführte Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung, die bereits das Wohl und die Betroffenheit des Patienten hervorheben. Andererseits müsste sogar in dem Fall, dass eine derartige verbindliche Richtlinie existieren würde, aufgrund der Art und Schwere der Erkrankung und des Umstandes, dass es sich um eine Langzeittherapie handelt, dem Grundsatz der freien Arztwahl der Vorrang eingeräumt werden. Im Gegensatz zu einer MRT-Untersuchung handelt es sich nicht nur um ein computertechnisch bestimmtes, an einem Großgerät vorgenommenes Diagnoseverfahren, wo für den Betroffenen die jeweilige technische (maschinelle) Ausstattung im Vordergrund steht, sondern um eine Langzeittherapie, in der das besondere Vertrauensverhältnis zur Persönlichkeit eines bestimmten Arztes oder auch MS-Zentrums die wichtigere Rolle zukommt.Für den konkreten Fall ist jedoch aus diesen Richtlinien nichts zu gewinnen. Inwieweit der Gesamtvertrag zulässigerweise den Vertragsärzten die Durchführung bestimmter Behandlungen verbieten kann, ist auf die Judikatur zum geltenden „Großgeräteplan" zu verweisen. Der Obersten Gerichtshof vergleiche 10 ObS 403/98g, 10 ObS 365/98v und 10 ObS 6/99a) hat ausgeführt, dass die gesamtvertragliche Einschränkung der Verrechenbarkeit grundsätzlich zulässig ist, weil sie in der Regel berechtigten Interessen beider Vertragsparteien entspricht. Sie dienen vorrangig dazu, die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu steuern. Im Fall der MRT-Untersuchungen steht für die Betroffenen die jeweilige technische (maschinelle) Ausstattung des Großgerätes, nicht aber das besondere Vertrauensverhältnis zur Persönlichkeit eines bestimmten Arztes im Vordergrund. Das Recht der freien Arztwahl darf daher zwar grundsätzlich auch bei Röntgen- und Laboruntersuchungen nicht eingeschränkt werden, im Fall des Großgeräteplans wird aber der Grundsatz der freien Arztwahl durch andere, vor allem technisch-wirtschaftliche Gesichtspunkte überlagert. Im konkreten Fall fehlt es einerseits an einer bestehenden verbindlichen Richtlinie hinsichtlich des Präparats Tysabri bzw. hinsichtlich der Verabreichung dieses Präparates mit dem die flächendeckende medizinische Versorgung im Hinblick auf Qualität und Wirtschaftlichkeit gesteuert werden soll. Es bestehen nur die oben angeführte Richtlinien über die Berücksichtigung ökonomischer Grundsätze bei der Krankenbehandlung, die bereits das Wohl und die Betroffenheit des Patienten hervorheben. Andererseits müsste sogar in dem Fall, dass eine derartige verbindliche Richtlinie existieren würde, aufgrund der Art und Schwere der Erkrankung und des Umstandes, dass es sich um eine Langzeittherapie handelt, dem Grundsatz der freien Arztwahl der Vorrang eingeräumt werden. Im Gegensatz zu einer MRT-Untersuchung handelt es sich nicht nur um ein computertechnisch bestimmtes, an einem Großgerät vorgenommenes Diagnoseverfahren, wo für den Betroffenen die jeweilige technische (maschinelle) Ausstattung im Vordergrund steht, sondern um eine Langzeittherapie, in der das besondere Vertrauensverhältnis zur Persönlichkeit eines bestimmten Arztes oder auch MS-Zentrums die wichtigere Rolle zukommt.
Abgesehen von den von der beklagten Partei medizinisch ins Treffen geführten Argumente der Notwendigkeit der intramuralen Verabreichung des Präparates, die jedoch aufgrund der klaren und überzeugenden Aussagen des erfahrenen Sachverständigen nicht gegeben ist, war das letztlich überbleibenden Argument jenes, dass die beklagte Partei Pauschalbeträge jährlich den Krankenanstaltfond zuführt und bei einer Behandlung des Klägers im Bereich der Krankenanstalten es zu keiner tatsächlichen Verrechnung kommen würde. Darüber steht jedoch – wie bereits mehrfach hervorgehoben - der dem Patienten unbenommene Grundsatz der freien Arztwahl, sich mit seiner Behandlung an seinen Vertrauensarzt zu wenden; keinesfalls kann darauf abgestellt werden, dass sich in seiner unmittelbaren Umgebung eine Spitalsambulanz befindet, zumal ja das Wohl und die Betroffenheit des Patienten zu berücksichtigen sind.
Die Wahlfreiheit des Patienten unter dem Gesichtspunkt des besonderen Vertrauensverhältnisses aufgrund der Langzeittherapie ist im konkreten Fall demnach auch hinsichtlich des von der beklagten Partei genannten (Kosten-)Arguments als höherwertig einzuschätzen, als die rein buchhalterisch zu beurteilende Verrechnungsweise des Präparates im Bereich der Krankenanstalten oder im niedergelassenen Bereich. Tatsache ist, dass in beiden Bereichen – wenn die Vorraussetzungen des § 133 Abs 2 ASVG gegeben sind - das Präparat jedenfalls bezahlt werden muss, sei es direkt von der Gebietskrankenkasse im niedergelassenen Bereich oder indirekt (von ihr) durch die Mitfinanzierung im Krankenanstaltenfond bzw. von den Krankenanstalten selbst. Warum es zu einer unzumutbaren Doppelbelastung der Versichertengemeinschaft kommen soll, war nicht nachvollziehbar. Zusammenfassend gibt es keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass der Kläger sich das Präparat Tysabri ausschließlich im intramuralen Bereich verabreichen lassen muss. Auch der Umstand, dass die beklagte Partei nach drei Infusionen die Infusion im extramuralen Bereich nunmehr zulässt, bestätigt dies indirekt.Die Wahlfreiheit des Patienten unter dem Gesichtspunkt des besonderen Vertrauensverhältnisses aufgrund der Langzeittherapie ist im konkreten Fall demnach auch hinsichtlich des von der beklagten Partei genannten (Kosten-)Arguments als höherwertig einzuschätzen, als die rein buchhalterisch zu beurteilende Verrechnungsweise des Präparates im Bereich der Krankenanstalten oder im niedergelassenen Bereich. Tatsache ist, dass in beiden Bereichen – wenn die Vorraussetzungen des Paragraph 133, Absatz 2, ASVG gegeben sind - das Präparat jedenfalls bezahlt werden muss, sei es direkt von der Gebietskrankenkasse im niedergelassenen Bereich oder indirekt (von ihr) durch die Mitfinanzierung im Krankenanstaltenfond bzw. von den Krankenanstalten selbst. Warum es zu einer unzumutbaren Doppelbelastung der Versichertengemeinschaft kommen soll, war nicht nachvollziehbar. Zusammenfassend gibt es keine sachliche Rechtfertigung dafür, dass der Kläger sich das Präparat Tysabri ausschließlich im intramuralen Bereich verabreichen lassen muss. Auch der Umstand, dass die beklagte Partei nach drei Infusionen die Infusion im extramuralen Bereich nunmehr zulässt, bestätigt dies indirekt.
Aufgrund des Umstandes, dass der Kläger das Präparat zwei Mal bezahlt hat, war ihm der Höhe nach außer Streit gestellte erste Leistungsbegehren zuzusprechen. Dass der Kläger das Präparat ein drittes Mal noch nicht bezahlt hat wurde über Anleitung das Klagebegehren wie im zweiten Punkt des Spruches ersichtlich modifiziert. Die Verpflichtung der beklagten Partei zur Übernahme der Kosten einer Behandlung im Rahmen der Sachleistungsgewährung ist zulässig (vgl SSV-NF 13/12).Aufgrund des Umstandes, dass der Kläger das Präparat zwei Mal bezahlt hat, war ihm der Höhe nach außer Streit gestellte erste Leistungsbegehren zuzusprechen. Dass der Kläger das Präparat ein drittes Mal noch nicht bezahlt hat wurde über Anleitung das Klagebegehren wie im zweiten Punkt des Spruches ersichtlich modifiziert. Die Verpflichtung der beklagten Partei zur Übernahme der Kosten einer Behandlung im Rahmen der Sachleistungsgewährung ist zulässig vergleiche SSV-NF 13/12).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs. 1 Ziffer 2 lit. a ASGG, wobei hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die Kosten darauf hinzuweisen ist, dass das Klagebegehren auf Erstattung von Kosten für die Verwendung bestimmter Medikamente keine wiederkehrenden Leistungen in Sozialrechtssachen ist (