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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ArbIG 1993 §23 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des JK in Linz, vertreten durch Dr. Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Taubenmarkt 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 3. August 2007, Zl. VwSen-280975/15/KI/Pe, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Bestimmungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. August 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GmbH mit Sitz in L zu vertreten, dass am 1. September 2005 auf der von der H GmbH betriebenen Baustelle in F ein Arbeitnehmer der H GmbH mit Arbeiten auf einem Bockgerüst (das Bockgerüst sei im Inneren des Gebäudes aufgestellt gewesen) bei einer Absturzhöhe von 6 bis 8 m nach außen (im Bereich einer Maueröffnung für eine Fenster) beschäftigt gewesen sei, ohne dass eine Absturzsicherung, eine Abgrenzung oder eine Schutzeinrichtung angebracht gewesen sei.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß §§ 130 Abs. 5 Z. 1 und 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 4 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 900,-
- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die mangelnde Absicherung des absturzgefährdeten Arbeitsplatzes ist unbestritten.
Insoweit der Beschwerdeführer "auf die Ausführungen in der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat" inhaltlich verweist, ist die Beschwerde nicht gesetzmäßig (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG) ausgeführt, weshalb darauf nicht einzugehen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. August 2003, Zl. 2003/02/0027).
Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, die Verwaltungsstrafbehörden hätten - ähnlich § 43 StGB - von Amts wegen die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachsehen müssen, so verkennt er, dass im VStG eine bedingte Strafnachsicht nicht vorgesehen ist. Dieses Gesetz kennt jedoch in seinem § 21 Abs. 1 die Möglichkeit, von der Verhängung einer Strafe (gänzlich) abzusehen, womit eine der bedingten Strafnachsicht nach § 43 StGB ähnliche Anpassungsmöglichkeit der jeweils auszusprechenden Strafe gegeben ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 2002, Zl. 2001/02/0273). Schon deshalb sieht sich daher der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, die in der Beschwerde insoweit vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken aufzugreifen und einen Antrag im Sinne des Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Sodann bestreitet der Beschwerdeführer seine strafrechtliche Verantwortlichkeit mit dem Argument, es sei vertraglich ein Bauleiter bestellt gewesen. Damit übersieht der Beschwerdeführer, dass es sich beim beschäftigten Arbeitnehmer um einen Arbeitnehmer der H GmbH handelte, was vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt wird. Für den Schutz der Arbeitnehmer ist aber der Arbeitgeber verantwortlich (vgl. den diesbezüglich unmissverständlichen Wortlaut des § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG: "Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von ... zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber/in 1. den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt ..."; siehe auch das hg. Erkenntnis vom 11. August 2006, Zl. 2005/02/0224). Eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit ist nur nach den Bestimmungen des § 9 Abs. 2 bis 4 VStG iVm § 23 Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) zulässig. Nach der klaren Anordnung des § 23 Abs. 1 ArbIG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Dass eine dem gesamten § 23 ArbIG entsprechende Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten stattgefunden habe und im Sinne des § 23 Abs. 1 ArbIG eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten beim zuständigen Arbeitsinspektorat eingelangt sei, wird vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet. Damit war rechtswirksam kein verantwortlicher Beauftragter bestellt. Ein "Zustimmungsnachweis" im Zuge einer Zeugeneinvernahme im Berufungsverfahren kann - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - keinen Übergang der strafrechtlichen Verantwortlichkeit bewirken.
Auch der Hinweis auf die Bestellung eines Baustellenkoordinators ist verfehlt. Denn - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid richtig ausführt - das Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) gilt nach dessen § 1 Abs. 5 unbeschadet der im ASchG geregelten Verpflichtungen der Arbeitgeber, für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu sorgen. Daher kann die Bestellung eines Baustellenkoordinators ebenfalls den Beschwerdeführer nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreien.
Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Wien, am 9. Oktober 2007
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007020278.X00Im RIS seit
08.11.2007Zuletzt aktualisiert am
08.06.2009