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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §31 Abs1 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, im Verfahren über den zur Zl 2007/09/0193 protokollierten Wiederaufnahmsantrag des Dipl. Ing. Dr. W L, in W, über die Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes i.R. Dr. D und der Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. E, Dr. F, Dr. G und Dr. H, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Ablehnung wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 13. Juni 2000 wurde der Antragsteller näher umschriebener Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt; gemäß § 92 Abs 1 Z 4 in Verbindung mit § 126 Abs 2 BDG 1979 wurde die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, Zl 2000/09/0144, als unbegründet abgewiesen.
Mit einem am 10. September 2007 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des mit dem genannten Erkenntnis abgeschlossenen Verfahrens. Er bringt dazu vor, es lägen nun "Views des UNMRA" (United Nations Human Rights Committee, views, Communication No. 1454/2006 vom 7. August 2007) vor, in denen festgehalten werde, er habe "Anspruch auf ein Rechtsmittel"; den vorliegenden Wiederaufnahmeantrag sehe er als ein solches Rechtsmittel.
Einleitend wird in diesem Schriftsatz erklärt, der Beschwerdeführer halte "zunächst fest, dass (er) im Sinne der Ausführungen in den oa Views folgende Mitglieder des Senats aus Gründen ablehne, die im vorliegenden Wiederaufnahmeantrag beschrieben sind: Senatspräsident Dr. D, HR Dr. E, HR Dr. F, HR Dr. G, HR Dr. H".
Der Antragsteller stützt den Wiederaufnahmeantrag auf "Erschleichung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder Beschlusses" und "Verletzung des Parteiengehörs im verwaltungsgerichtlichen Verfahren". Die im Ausgangsverfahren belangte wie schon die erstinstanzliche Behörde hätten nämlich "die Akten manipuliert", die Verwaltungsakten nur unvollständig vorgelegt, wesentliche Fakten und Argumente des Antragstellers bewusst ignoriert sowie eine mündliche Verhandlung unterlassen. Durch Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung auch vor dem Verwaltungsgerichtshof sei das Parteiengehör des Antragstellers verletzt worden. Der Antragsteller habe am 25. August 2007 von seinem Rechtsvertreter die Nachricht erhalten, dass seiner Beschwerde beim "UNMRA" stattgegeben worden sei, die entsprechende Entscheidung sei am 24. August 2007 bei seinem Rechtsvertreter eingelangt. Der Ausschuss habe eine Verletzung des Rechtes des Antragstellers auf ein faires Verfahren (Art 14 Abs 1 CCPR (International covenant on civil and political rights)) festgestellt sowie befunden, dass ihm ein Anspruch auf ein Rechtsmittel zur Korrektur dieser Verletzung sowie auf angemessenen Schadenersatz zustehe.
Der Antragsteller gehe davon aus, dass der Ausschuss unter "Anspruch auf ein Rechtsmittel zur Korrektur dieser Verletzung" den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens meine, weshalb er den vorliegenden Antrag stelle. Damit sei eine neue Tatsache hervorgekommen; der Umstand nämlich, dass sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden sei.
In der Folge stellt der Antragsteller seine Sicht der "Vorgeschichte und möglichen Hintergründe" seiner Entlassung und der dazu geführten Verwaltungsverfahren dar. Die diesbezüglichen Vorwürfe des Antragstellers beziehen sich auf das Verhalten von Organwaltern der im Anlassverfahren belangten und der erstinstanzlichen Behörde, anderer Verwaltungsbehörden sowie des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (im Strafverfahren gegen den Antragsteller). Soweit sich das Vorbringen auf die Tätigkeit der - nun abgelehnten - Richter des Senates 09 des Verwaltungsgerichtshofs bezieht, beschränkt es sich darauf, als "schweren Fehler" des zitierten Erkenntnisses vom 31. Jänner 2001 geltend zu machen, dass der Antragsteller darin als im Rechnungshof zuständig für "Gebarungskontrolle hinsichtlich von Bauprojekten im Bereich der Straßen- und Bahnverwaltung" bezeichnet worden sei, während er tatsächlich in einer für die Prüfung von Krankenhäusern zuständigen Abteilung tätig gewesen sei (Seite 59 des Schriftsatzes). Durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der der Antragsteller die Möglichkeit gehabt hätte, "alle Argumente und Beweise für die Aktenunterdrückung des Rechnungshofs, die Verhöre von Entscheidungsträgern im Zusammenhang mit seiner Nebenbeschäftigung, welche in der Folge Ursache für die finanziellen Schwierigkeiten des Beschwerdeführers waren", vorzubringen, sei das rechtliche Gehör des Antragstellers verletzt worden. Besonderes Schwergewicht sei auf die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof in der Beschwerdesache über seine Suspendierung zu legen.
In seiner "Zusammenfassung" (Seite 107 des Schriftsatzes) bringt der Antragsteller Folgendes vor: "Mir ist durchaus bewusst, in welch schwieriger Lage die Senatsmitglieder des VwGH sind, die sich nunmehr mit meinem Antrag auf Wiederaufnahme des VwGH-Verfahrens befassen. Wenn sie dem Antrag auf Wiederaufnahme des VwGH-Verfahrens zustimmen, wird es ggf. zu einem neuen Verfahren kommen, bei dem erstmals Zeugen aussagen werden. Ich zweifle nicht daran, dass die seinerzeitigen Vorwürfe gegen mich wie ein Kartenhaus - voraussichtlich mit viel Getöse - zusammenfallen werden. Wenn dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zugestimmt werden sollte, so können sich alle Beteiligten sicher sein, dass ich meine Anstrengungen auf volle Rehabilitierung wesentlich verstärken werde."
Das dargestellte Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine Ablehnung:
Gemäß § 31 Abs 1 Z 5 VwGG haben sich die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten, wenn (sonstige) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.
Aus den in § 31 Abs 1 VwGG genannten Gründen können die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer gemäß § 31 Abs 2 VwGG auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf § 31 Abs 1 Z 5 leg cit, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen.
Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann (vgl etwa den hg Beschluss vom 27. Jänner 2003, Zl 2002/10/0202).
Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten. Nach ständiger Rechtsprechung vermag der Umstand, dass eine Partei eine Entscheidung in materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Hinsicht für unzutreffend erachtet, sofern nicht damit im Zusammenhang konkrete Umstände glaubhaft gemacht werden, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der an dem Erkenntnis oder dem Beschluss mitwirkenden Richter hindeuten, keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit zu bieten (vgl etwa den hg Beschluss vom 4. Juli 2005, Zl 2005/10/0063).
Mit seinem oben dargestellten Vorbringen macht der Antragsteller keine konkreten Umstände, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber dem Antragsteller hindeuten könnten, geltend.
Die Ablehnung erweist sich somit als nicht berechtigt.
Was die Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes i.R. Dr. D anlangt, so kommt eine solche im Übrigen schon deshalb nicht in Betracht, weil der Genannte dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr als aktives Mitglied angehört.
Dem Ablehnungsantrag war demnach gemäß § 31 Abs 2 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am 10. Oktober 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007030164.X00Im RIS seit
30.01.2008Zuletzt aktualisiert am
23.07.2015