TE OGH 2007/5/31 12Os50/07f

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Veröffentlicht am 31.05.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen John M***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 14. Februar 2007, GZ 11 Hv 152/06a-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen John M***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach Paragraph 205, Absatz eins, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 14. Februar 2007, GZ 11 Hv 152/06a-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde John M***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde John M***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach Paragraph 205, Absatz eins, StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 4. April 2006 in Gallspach eine wehrlose Person, nämlich die schlafende Elena S***** unter Ausnützung dieses Zustandes missbraucht, indem er ihr die Schuhe, die Hose samt Unterhose auszog und mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang, somit eine geschlechtliche Handlung vornahm.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen und auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Zu Recht bemängelt der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung seines Beweisantrages auf Vernehmung der Zeugen Carima und Hovanes H***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte Elena S***** vorerst in ihre Wohnung brachte und - nachdem er sie frühmorgens über ihre Bitte wieder von zu Hause abgeholt hatte (S 113) - mit ihr bei der Familie H***** noch Kaffee trank, sodann allein in sein Zimmer ging, währenddessen die Belastungszeugin erst später den Angeklagten aufsuchte, sowie zum Beweis dafür, dass Elena S***** um 4.00 Uhr nicht - wie von ihr geschildert - (nach der Tat) die Familie H***** um einen (für die von der Zeugin geforderte Heimfahrt notwendigen - S 137 f) Autoschlüssel bat (S 182 f iVm ON 17a).Der dagegen erhobenen und auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 4,, 5, 5a und 9 Litera a, StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu. Zu Recht bemängelt der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge (Ziffer 4,) die Abweisung seines Beweisantrages auf Vernehmung der Zeugen Carima und Hovanes H***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte Elena S***** vorerst in ihre Wohnung brachte und - nachdem er sie frühmorgens über ihre Bitte wieder von zu Hause abgeholt hatte (S 113) - mit ihr bei der Familie H***** noch Kaffee trank, sodann allein in sein Zimmer ging, währenddessen die Belastungszeugin erst später den Angeklagten aufsuchte, sowie zum Beweis dafür, dass Elena S***** um 4.00 Uhr nicht - wie von ihr geschildert - (nach der Tat) die Familie H***** um einen (für die von der Zeugin geforderte Heimfahrt notwendigen - S 137 f) Autoschlüssel bat (S 182 f in Verbindung mit ON 17a).

Das Schöffengericht gab diesem Begehren mit dem Hinweis nicht statt, dass „diese Einvernahmen für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes irrelevant sind" (S 183).

Obgleich die im Beweisthema angesprochenen Vorfälle teils kurz vor, teils unmittelbar nach dem inkriminierten Missbrauch stattfanden und daher kein schulderhebliches Sachverhaltssubstrat betrafen, kann doch nicht übersehen werden, dass die von der Belastungszeugin geschilderte Vorgeschichte der Tat sowie das von ihr dargestellte Geschehen danach und die vom Rechtsmittelwerber in seiner Verantwortung (S 111 ff; S 179 f) und im Beweisantrag in diesem Zusammenhang vorgebrachten Sachverhaltsabläufe im Widerspruch zueinander stehen. Die Vernehmung der im Beweisbegehren genannten Zeugen könnte daher - entgegen der Auffassung der Generalprokuratur, welche im Antrag Hinweise auf eine (habituelle) Falschbezichtungstendenz dieser Zeugin vermisst, die vom lediglich den inkriminierten Sachverhalt und dessen konkrete Begleitumstände ansprechenden Antragsteller (vgl bereits S 135 ff sowie ON 17a und S 182 f iVm S 179 ff) gar nicht releviert wurde - sehr wohl Einfluss auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin haben. Denn im Fall widerstreitender Aussagen verdienen auch bloß im zeitlichen Umfeld des Tatgeschehens gelegene Begleitumstände erhöhte Beachtung. Der Behauptung des Vorliegens von solche Vorfälle betreffenden Unwahrheiten in den Angaben der einzigen Belastungszeugin kommt daher entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weshalb die Ablehnung des Antrages, die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Angaben dieser Zeugin einer Überprüfung und Kontrolle zu unterziehen, Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 4 StPO begründet (vgl RIS-Justiz RS0098429). Dass - wie von der Generalprokuratur hervorgehoben - Elena S***** bei ihrer kontradiktorischen Vernehmung einräumte, an das Geschehen vor dem Missbrauch bedingt durch ihre Alkoholisierung keine klare Erinnerung mehr zu haben (S 127; S 135), steht einer Überprüfung der Richtigkeit ihrer dennoch dazu gemachten Angaben (vgl S 15 ff; S 126 f; S 135 f) nicht entgegen. Darüber hinaus stellt aber das Beweisbegehren Angaben dieser - ab dem von ihr vorgebrachten Tatgeschehen wachen, durch Müdigkeit bzw Alkohol nicht mehr beeinträchtigten (S 17; S 127; S 129) - Zeugin zu Abläufen unmittelbar nach dem inkriminierten Geschehen in Frage. Dass nach der DNA-Analyse die bei Elena S***** in einem Abstrich sichergestellten Spermaspuren eindeutig auf John M***** zurückzuführen sind, vermag für sich allein einen Schuldspruch nicht zu stützen, weil damit - wenn auch im Widerspruch zur einen Geschlechtsverkehr leugnenden Einlassung des Nichtigkeitswerbers (S 113; S 179; S 192) - lediglich eine nicht lange zurückliegende geschlechtliche Handlung des Beschwerdeführers mit der Belastungszeugin indiziert wird. Daraus kann allerdings noch kein Rückschluss auf die Begleitumstände derselben, insbesondere auf eine Tathandlung iSd § 205 Abs 1 StGB gezogen werden. Ob daher der inkriminierte Missbrauch stattfand, hängt von der Überzeugungskraft der einzigen Tatzeugin ab, welche durch die begehrte Beweisaufnahme erschüttert werden sollte. Durch die Abweisung dieser Anträge wurden somit die Verteidigungsrechte des Angeklagten hintangesetzt. Das Urteil war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben, zumal angesichts der zu Unrecht erfolgten Abweisung des Beweisantrags die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (§ 285e StPO).Obgleich die im Beweisthema angesprochenen Vorfälle teils kurz vor, teils unmittelbar nach dem inkriminierten Missbrauch stattfanden und daher kein schulderhebliches Sachverhaltssubstrat betrafen, kann doch nicht übersehen werden, dass die von der Belastungszeugin geschilderte Vorgeschichte der Tat sowie das von ihr dargestellte Geschehen danach und die vom Rechtsmittelwerber in seiner Verantwortung (S 111 ff; S 179 f) und im Beweisantrag in diesem Zusammenhang vorgebrachten Sachverhaltsabläufe im Widerspruch zueinander stehen. Die Vernehmung der im Beweisbegehren genannten Zeugen könnte daher - entgegen der Auffassung der Generalprokuratur, welche im Antrag Hinweise auf eine (habituelle) Falschbezichtungstendenz dieser Zeugin vermisst, die vom lediglich den inkriminierten Sachverhalt und dessen konkrete Begleitumstände ansprechenden Antragsteller vergleiche bereits S 135 ff sowie ON 17a und S 182 f in Verbindung mit S 179 ff) gar nicht releviert wurde - sehr wohl Einfluss auf die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin haben. Denn im Fall widerstreitender Aussagen verdienen auch bloß im zeitlichen Umfeld des Tatgeschehens gelegene Begleitumstände erhöhte Beachtung. Der Behauptung des Vorliegens von solche Vorfälle betreffenden Unwahrheiten in den Angaben der einzigen Belastungszeugin kommt daher entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weshalb die Ablehnung des Antrages, die Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Angaben dieser Zeugin einer Überprüfung und Kontrolle zu unterziehen, Nichtigkeit nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 4, StPO begründet vergleiche RIS-Justiz RS0098429). Dass - wie von der Generalprokuratur hervorgehoben - Elena S***** bei ihrer kontradiktorischen Vernehmung einräumte, an das Geschehen vor dem Missbrauch bedingt durch ihre Alkoholisierung keine klare Erinnerung mehr zu haben (S 127; S 135), steht einer Überprüfung der Richtigkeit ihrer dennoch dazu gemachten Angaben vergleiche S 15 ff; S 126 f; S 135 f) nicht entgegen. Darüber hinaus stellt aber das Beweisbegehren Angaben dieser - ab dem von ihr vorgebrachten Tatgeschehen wachen, durch Müdigkeit bzw Alkohol nicht mehr beeinträchtigten (S 17; S 127; S 129) - Zeugin zu Abläufen unmittelbar nach dem inkriminierten Geschehen in Frage. Dass nach der DNA-Analyse die bei Elena S***** in einem Abstrich sichergestellten Spermaspuren eindeutig auf John M***** zurückzuführen sind, vermag für sich allein einen Schuldspruch nicht zu stützen, weil damit - wenn auch im Widerspruch zur einen Geschlechtsverkehr leugnenden Einlassung des Nichtigkeitswerbers (S 113; S 179; S 192) - lediglich eine nicht lange zurückliegende geschlechtliche Handlung des Beschwerdeführers mit der Belastungszeugin indiziert wird. Daraus kann allerdings noch kein Rückschluss auf die Begleitumstände derselben, insbesondere auf eine Tathandlung iSd Paragraph 205, Absatz eins, StGB gezogen werden. Ob daher der inkriminierte Missbrauch stattfand, hängt von der Überzeugungskraft der einzigen Tatzeugin ab, welche durch die begehrte Beweisaufnahme erschüttert werden sollte. Durch die Abweisung dieser Anträge wurden somit die Verteidigungsrechte des Angeklagten hintangesetzt. Das Urteil war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben, zumal angesichts der zu Unrecht erfolgten Abweisung des Beweisantrags die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist (Paragraph 285 e, StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E84755 12Os50.07f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0120OS00050.07F.0531.000

Dokumentnummer

JJT_20070531_OGH0002_0120OS00050_07F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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