TE OGH 2007/6/4 1R162/07d

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Veröffentlicht am 04.06.2007
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Spruch

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Mikulan (Vorsitz), HR Dr. Oberheinrich und Dr. Steflitsch in der Pflegschaftssache des mj. *****, über den Rekurs des *****, Stadtjugendamt Villach, Gerbergasse 6, 9500 Villach, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 23. April 2007, 10 P 123/06f-P17, den Beschluss

gefasst:

Text

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos behoben.

Der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG ist nichtDer ordentliche Revisionsrekurs gemäß Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG ist nicht

zulässig.

Begründung:

Der am 20. Juli 2002 geborene mj ***** ist das eheliche Kind von

***** und *****.

Mit seinem Beschluss vom 11. August 2006, ON 2, hat das Erstgericht über Antrag der Mutter vom 11. August 2006 dem Vater als vorläufige Maßnahme die Obsorge für den Minderjährigen entzogen und die Mutter mit der alleinigen Obsorge betraut sowie diesem Beschluss die vorläufige Vollstreckbarkeit zuerkannt. Dem vom Vater gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs hat das Landesgericht Klagenfurt mit seinem Beschluss vom 19. März 2007, 2 R 64/07z (ON 14) nicht Folge gegeben; dieser Beschluss konnte der Vertreterin des Vaters nicht zugestellt werden, weil das Vollmachtsverhältnis aufgelöst worden war (ON 6, 15).

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Rekurswerber für den - derzeit unbekannt aufhältigen (ON 9-12, 15 und 16) - Vater im vorliegenden Obsorgeverfahren zum Abwesenheitskurator bestellt. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Abwesenheitskurators mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung ersatzlos zu beheben; hier sei nur eine Zustellung erforderlich, die nach § 8 ZustG durch Hinterlegung erfolgen könne.Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht den Rekurswerber für den - derzeit unbekannt aufhältigen (ON 9-12, 15 und 16) - Vater im vorliegenden Obsorgeverfahren zum Abwesenheitskurator bestellt. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Abwesenheitskurators mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung ersatzlos zu beheben; hier sei nur eine Zustellung erforderlich, die nach Paragraph 8, ZustG durch Hinterlegung erfolgen könne.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.) Auszugehen ist davon, dass im vorliegenden Obsorgeverfahren derzeit nur die Zustellung des Beschlusses des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. März 2007, 2 R 64/07z (ON 14) an den Vater zu bewirken ist; andere Anträge - etwa nach § 177b ABGB - sind nicht offen.1.) Auszugehen ist davon, dass im vorliegenden Obsorgeverfahren derzeit nur die Zustellung des Beschlusses des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. März 2007, 2 R 64/07z (ON 14) an den Vater zu bewirken ist; andere Anträge - etwa nach Paragraph 177 b, ABGB - sind nicht offen.

2.) Soweit nichts anderes angeordnet ist, sind im Verfahren außer Streitsachen die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Zustellungen und das Zustellgesetz anzuwenden (§ 24 Abs 1 AußStrG). Damit ist im Verfahren außer Streitsachen § 8 ZustG ebenfalls anzuwenden [RIS-Justiz RS0006019; Gitschthaler in Rechberger ZPO³ § 87 (§ 8 ZustG) Rz 5].2.) Soweit nichts anderes angeordnet ist, sind im Verfahren außer Streitsachen die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Zustellungen und das Zustellgesetz anzuwenden (Paragraph 24, Absatz eins, AußStrG). Damit ist im Verfahren außer Streitsachen Paragraph 8, ZustG ebenfalls anzuwenden [RIS-Justiz RS0006019; Gitschthaler in Rechberger ZPO³ Paragraph 87, (Paragraph 8, ZustG) Rz 5].

Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde gemäß § 8 Abs 1 ZustG unverzüglich mitzuteilen; wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nichts anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (Abs 2 leg cit). Wird die Änderung der Behörde nicht unverzüglich mitgeteilt, darf nur nach § 8 Abs 2 ZustG hinterlegt werden. Die Bestellung eines Prozeßkurators ist hingegen unzulässig; seine Bestellung und an ihn bewirkte Zustellungen sind nichtig (RIS-Justiz RS0006044). Die Verpflichtung der Partei zur Mitteilung einer geänderten Abgabestelle besteht unabhängig davon, in welcher Instanz sich das Verfahren befindet [Stummvoll in Fasching² II/1 Anh § 87 ZPO (§ 8 ZustG) RZ 4].Eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, hat dies der Behörde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, ZustG unverzüglich mitzuteilen; wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nichts anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (Absatz 2, leg cit). Wird die Änderung der Behörde nicht unverzüglich mitgeteilt, darf nur nach Paragraph 8, Absatz 2, ZustG hinterlegt werden. Die Bestellung eines Prozeßkurators ist hingegen unzulässig; seine Bestellung und an ihn bewirkte Zustellungen sind nichtig (RIS-Justiz RS0006044). Die Verpflichtung der Partei zur Mitteilung einer geänderten Abgabestelle besteht unabhängig davon, in welcher Instanz sich das Verfahren befindet [Stummvoll in Fasching² II/1 Anh Paragraph 87, ZPO (Paragraph 8, ZustG) RZ 4].

§ 8 ZustG verpflichtet nicht jeden potentiellen Empfänger, stets auf eine behördliche Zustellung gefasst zu sein und deshalb Nachschau zu halten oder für eine Nachsendung oder eine Vertretung Vorsorge zu treffen, sondern nur jenen, der bereits von einem bestimmten Verfahren Kenntnis hat. Im Hinblick auf verfassungsrechtliche Überlegungen auf Grund Art 6 EMRK ist jedoch in lang andauernden Pflegschaftsverfahren zu berücksichtigen, dass das Verfahren nicht erst mit der Entfertigung des Minderjährigen, sondern mit jedem einzelnen Verfahrensabschnitt (zB Verfahren über einen Unterhaltsantrag) als beendet anzusehen ist (RIS-Justiz RS0115027). Im vorliegenden Fall ist der Vater in Kenntnis des Verfahrens über die als vorläufige Maßnahme beantragte Entziehung der Obsorge betreffend den mj Tim Scherfise, hat er doch gegen den dem Antrag der Mutter stattgebenden Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 11. August 2006 Rekurs erhoben. Dieses Verfahren über die von der Mutter beantragte Erlassung einer vorläufigen Maßnahme iS des § 176 ABGB ist noch nicht beendet, weil die Rekursentscheidung dem Vater noch nicht zugestellt werden konnte. Andere, dem Vater nicht bekannte Anträge sind im Obsorgeverfahren nicht offen.Paragraph 8, ZustG verpflichtet nicht jeden potentiellen Empfänger, stets auf eine behördliche Zustellung gefasst zu sein und deshalb Nachschau zu halten oder für eine Nachsendung oder eine Vertretung Vorsorge zu treffen, sondern nur jenen, der bereits von einem bestimmten Verfahren Kenntnis hat. Im Hinblick auf verfassungsrechtliche Überlegungen auf Grund Artikel 6, EMRK ist jedoch in lang andauernden Pflegschaftsverfahren zu berücksichtigen, dass das Verfahren nicht erst mit der Entfertigung des Minderjährigen, sondern mit jedem einzelnen Verfahrensabschnitt (zB Verfahren über einen Unterhaltsantrag) als beendet anzusehen ist (RIS-Justiz RS0115027). Im vorliegenden Fall ist der Vater in Kenntnis des Verfahrens über die als vorläufige Maßnahme beantragte Entziehung der Obsorge betreffend den mj Tim Scherfise, hat er doch gegen den dem Antrag der Mutter stattgebenden Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 11. August 2006 Rekurs erhoben. Dieses Verfahren über die von der Mutter beantragte Erlassung einer vorläufigen Maßnahme iS des Paragraph 176, ABGB ist noch nicht beendet, weil die Rekursentscheidung dem Vater noch nicht zugestellt werden konnte. Andere, dem Vater nicht bekannte Anträge sind im Obsorgeverfahren nicht offen.

Der Vater wäre nun verpflichtet gewesen, die Änderung seiner bisherigen Abgabestelle dem Erstgericht unverzüglich mitzuteilen, weshalb hier in Ansehung der zu bewirkenden Zustellung der Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. März 2007 gem § 8 Abs 2 ZustG vorzugehen ist; schon deshalb ist die Bestellung eines Abwesenheitskurators gem § 276 ABGB iVm § 5 Abs 2 Z 2 lit b AußStrG derzeit nicht erforderlich.Der Vater wäre nun verpflichtet gewesen, die Änderung seiner bisherigen Abgabestelle dem Erstgericht unverzüglich mitzuteilen, weshalb hier in Ansehung der zu bewirkenden Zustellung der Entscheidung des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19. März 2007 gem Paragraph 8, Absatz 2, ZustG vorzugehen ist; schon deshalb ist die Bestellung eines Abwesenheitskurators gem Paragraph 276, ABGB in Verbindung mit Paragraph 5, Absatz 2, Ziffer 2, Litera b, AußStrG derzeit nicht erforderlich.

Aus den dargelegten Gründen war daher dem Rekurs Folge zu geben und der angefochtene Beschluss ersatzlos zu beheben.

Mangels Notwendigkeit der Lösung einer qualifizierten Rechtsfrage war auszusprechen, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig ist.Mangels Notwendigkeit der Lösung einer qualifizierten Rechtsfrage war auszusprechen, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG nicht zulässig ist.

Landesgericht Klagenfurt

als Rekursgericht

Anmerkung

EKL00043 1R162.07d

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LGKL729:2007:00100R00162.07D.0604.000

Dokumentnummer

JJT_20070604_LGKL729_00100R00162_07D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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