Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Denise M*****, und des mj. Leon M*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Gerhard M*****, vertreten durch Dr. Reinhard Roßkopf, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. November 2006, GZ 48 R 262/06v-134, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 27. Juli 2006, GZ 1 P 79/01b-127, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Auf Grund des Unterhaltsherabsetzungsantrags des Vaters setzte das Erstgericht den monatlichen Unterhaltsbetrag für Denise von EUR 472,37 auf letztlich EUR 385 (ab 1. 6. 2006) und für Leon von EUR 436,04 auf letztlich EUR 295 (ab 1. 10. 2005) herab; das darüber hinausgehende Herabsetzungsbegehren, das auf eine Herabsetzung auf EUR 177,28 für Denise und auf EUR 144,04 für Leon gerichtet war, wies es ab. Der Vater sei bis September 2003 selbstständig erwerbstätig gewesen und hätte bei Weiterführung des Betriebs ein monatliches Nettoeinkommen von (durchschnittlich) EUR 1.954 verdient. Seit 1. 10. 2003 beziehe er Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Die Aufgabe des Gewerbebetriebs sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll und nicht notwendig gewesen. Im Sinne des Anspannungsgrundsatzes hätte der Vater sein bisheriges Einkommensniveau durch Beibehalten seiner selbstständigen Tätigkeit aufrecht erhalten müssen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Bestimmte für die Ertragsfähigkeit des früheren Unternehmens des Vaters allenfalls bedeutsame „familiäre Verstrickungen" mit dem Unternehmen seines ehemaligen Schwiegervaters seien erstmals im Rekurs konkret behauptet worden. Ein erstmals im Rekursverfahren erstattetes Vorbringen könne aber gemäß § 49 Abs 2 AußStrG nicht mehr berücksichtigt werden, da die Verspätung nicht auf einer entschuldbaren Fehlleistung beruhe. Das Erstgericht habe den Anspannungsgrundsatz zutreffend angewendet. Dieser greife immer dann Platz, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden könne. Der Verzicht auf die Erzielung eines höheren Einkommens, der nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt sei, dürfe den Unterhalt von Kindern nicht schmälern. Maßstab für die Intensität der Einkommensbemühung sei das Verhalten eines pflichtgetreuen Elternteils. Wer Sorgepflichten geschaffen habe, habe zunächst diese zu erfüllen und auch bei seinen Berufswünschen darauf Bedacht zu nehmen. Auch der geschiedene eheliche Vater dürfe Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die mit Einschränkungen seiner Unterhaltspflicht verbunden wären, nur insoweit vornehmen, als dies bei gleicher Sachlage ein pflichtbewusster Familienvater in aufrechter Ehe getan hätte. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen sei die Aufgabe des Gewerbebetriebs nicht notwendig gewesen. Auch zu angeblichen gesundheitlichen Problemen habe der Vater in erster Instanz kein substanziiertes Vorbringen erstattet. Der ordentliche Revisionsrekurs sei wegen des Fehlens oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen die „Anspannung auf ein selbstständiges Erwerbseinkommen" verlangt werden könne, zulässig.Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Bestimmte für die Ertragsfähigkeit des früheren Unternehmens des Vaters allenfalls bedeutsame „familiäre Verstrickungen" mit dem Unternehmen seines ehemaligen Schwiegervaters seien erstmals im Rekurs konkret behauptet worden. Ein erstmals im Rekursverfahren erstattetes Vorbringen könne aber gemäß Paragraph 49, Absatz 2, AußStrG nicht mehr berücksichtigt werden, da die Verspätung nicht auf einer entschuldbaren Fehlleistung beruhe. Das Erstgericht habe den Anspannungsgrundsatz zutreffend angewendet. Dieser greife immer dann Platz, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Erzielung eines höheren als des tatsächlichen Einkommens zugemutet werden könne. Der Verzicht auf die Erzielung eines höheren Einkommens, der nicht durch besondere Gründe gerechtfertigt sei, dürfe den Unterhalt von Kindern nicht schmälern. Maßstab für die Intensität der Einkommensbemühung sei das Verhalten eines pflichtgetreuen Elternteils. Wer Sorgepflichten geschaffen habe, habe zunächst diese zu erfüllen und auch bei seinen Berufswünschen darauf Bedacht zu nehmen. Auch der geschiedene eheliche Vater dürfe Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die mit Einschränkungen seiner Unterhaltspflicht verbunden wären, nur insoweit vornehmen, als dies bei gleicher Sachlage ein pflichtbewusster Familienvater in aufrechter Ehe getan hätte. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen sei die Aufgabe des Gewerbebetriebs nicht notwendig gewesen. Auch zu angeblichen gesundheitlichen Problemen habe der Vater in erster Instanz kein substanziiertes Vorbringen erstattet. Der ordentliche Revisionsrekurs sei wegen des Fehlens oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, unter welchen konkreten Voraussetzungen die „Anspannung auf ein selbstständiges Erwerbseinkommen" verlangt werden könne, zulässig.
Der Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG erörtert wird.Der Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil darin keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG erörtert wird.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat die wesentlichen Grundlagen des Unterhaltsrechts, insbesondere den Anspannungsgrundsatz, zutreffend dargelegt und in unbedenklicher Weise die Auffassung vertreten, der Unterhaltsanspruch der Kinder wäre nicht anders zu bemessen, als wenn der Vater seine bisherige Berufstätigkeit beibehalten hätte. Dem vermag der Revisionsrekurswerber nichts Stichhaltiges entgegen zu setzen. Warum es im Rahmen des Anspannungsgrundsatzes einen Unterschied machen sollte, ob der Unterhaltspflichtige - ohne ausreichende Rechtfertigung - eine unselbstständige oder aber eine selbstständige Tätigkeit - zu Gunsten einer geringer entlohnten unselbständigen Tätigkeit - aufgibt, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus übersieht der Revisionsrekurswerber bei seiner Argumentation auch, dass von ihm nicht verlangt wird, eine (neue) selbstständige Erwerbstätigkeit zu beginnen. Vielmehr hat er sich im Hinblick auf seine Unterhaltspflicht so behandeln zu lassen, als hätte er seine bisherige Berufstätigkeit nicht aufgegeben (vgl nur RIS-Justiz RS0047360; 1 Ob 2/02d mwN).Das Rekursgericht hat die wesentlichen Grundlagen des Unterhaltsrechts, insbesondere den Anspannungsgrundsatz, zutreffend dargelegt und in unbedenklicher Weise die Auffassung vertreten, der Unterhaltsanspruch der Kinder wäre nicht anders zu bemessen, als wenn der Vater seine bisherige Berufstätigkeit beibehalten hätte. Dem vermag der Revisionsrekurswerber nichts Stichhaltiges entgegen zu setzen. Warum es im Rahmen des Anspannungsgrundsatzes einen Unterschied machen sollte, ob der Unterhaltspflichtige - ohne ausreichende Rechtfertigung - eine unselbstständige oder aber eine selbstständige Tätigkeit - zu Gunsten einer geringer entlohnten unselbständigen Tätigkeit - aufgibt, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus übersieht der Revisionsrekurswerber bei seiner Argumentation auch, dass von ihm nicht verlangt wird, eine (neue) selbstständige Erwerbstätigkeit zu beginnen. Vielmehr hat er sich im Hinblick auf seine Unterhaltspflicht so behandeln zu lassen, als hätte er seine bisherige Berufstätigkeit nicht aufgegeben vergleiche nur RIS-Justiz RS0047360; 1 Ob 2/02d mwN).
Mit seinem - nicht näher präzisierten - Vorwurf, er habe seine Gründe (für den Berufswechsel) im erstinstanzlichen Verfahren dargetan, doch seien diese unberücksichtigt geblieben, lässt der Revisionsrekuswerber gänzlich offen, welches Vorbringen er im Verfahren erster Instanz dazu erstattet haben will. Er unterlässt jede inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Argument des Rekursgerichts, das von ihm erstattete Vorbringen sei in verschiedener Hinsicht nicht ausreichend gewesen. Zur Darlegung einer allfälligen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens hätte es jedenfalls einer konkreten Wiedergabe jener erstinstanzlichen Behauptungen bedurft, die er nun im Revisionsrekurs als ausreichend darstellen möchte.
Unverständlich sind die Revisionsrekursausführungen schließlich insoweit, als der Vater moniert, die Vorinstanzen hätten keine Feststellungen dazu getroffen, ob ihn an seinem Arbeitsplatzwechsel ein „Verschulden" traf. Abgesehen davon, dass dieser Berufswechsel zweifellos vorsätzlich erfolgt ist, haben die Vorinstanzen festgestellt, dass die Aufgabe des Gewerbebetriebs aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll und notwendig war. Der Vater kann sich daher nicht dadurch beschwert erachten, dass den Kindern jener Unterhalt zugesprochen wird, den er auch zahlen müsste, hätte er seine bisherige selbstständige Berufstätigkeit beibehalten.
Anmerkung
E844651Ob82.07aSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEFSlg 116.413 = EFSlg 116.414XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0010OB00082.07A.0605.000Zuletzt aktualisiert am
12.06.2009