Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Jasmin D*****, geboren am 26. Oktober 2003, und der mj. Amelie D*****, geboren am 20. September 2005, über den Revisionsrekurs des Vaters DI Dr. Peter W*****, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Markus Orgler und Mag. Norbert Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Dezember 2006, GZ 52 R 127/06t-U23, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom 6. November 2006, GZ 1 P 70/06p-U18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Revisionsrekursgegnerinnen haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der unterhaltspflichtige Vater bezieht ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von mehr als EUR 4.500, wobei ein Betrag von ca EUR 4.170 pro Monat aus seiner Tätigkeit als Professor an der Universität ***** resultiert. Wegen bestehender Abgabenforderungen in Höhe von EUR 250.000 wurden verschiedene Vermögenswerte des Vaters gepfändet, unter anderem Bankguthaben auf Konten bei verschiedenen Banken sowie Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis bei der Universität *****. Darüber hinaus wurden im Rahmen eines gegen den Vater geführten Strafverfahrens mit einstweiliger Verfügung (weitere) Vermögenswerte, insbesondere Ansprüche aus Geschäftsbeziehungen zu Banken, in der Weise seinem Zugriff entzogen, dass den jeweiligen Schuldnern verboten wurde, Auszahlungen oder sonstige Verfügungen durchzuführen.
Die antragstellenden Kinder begehrten unter Hinweis auf die (unstrittigen) laufenden Einkünfte des Vaters, diesen zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je EUR 475 zu verpflichten. Der Vater wandte dagegen im Wesentlichen ein, er könne über sein Einkommen auf Grund der vom Finanzamt und vom Strafgericht verfügten Sicherstellungsmaßnahmen nicht verfügen, nicht einmal im Ausmaß von Pfändungsfreibeträgen.
Das Erstgericht erkannte den Vater schuldig, den Kindern ab Juli 2006 monatliche Unterhaltsbeiträge von je EUR 420, der mj Jasmin ab November 2006 von EUR 475 zu zahlen, und wies das darüber hinausgehende Begehren - unbekämpft - ab. Der Unterhaltsanspruch sei mit dem 2,5-fachen des Regelbedarfs zu begrenzen. Schulden des Unterhaltspflichtigen könnten nur in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen zu einer Reduktion der Unterhaltsbemessungsgrundlage führen. Damit seien auch allfällige Pfändungen oder Verfügungsverbote, die mit Schulden im Zusammenhang stünden, für die Unterhaltsbemessung unbeachtlich.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs letztlich für zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung seien nur unabwendbare und lebensnotwendige Ausgaben abzugsfähig, insbesondere Rückzahlungen für Kredite zur Erhaltung der Arbeitskraft und wirtschaftlichen Existenz des Unterhaltspflichtigen sowie zur Abdeckung lebensnotwendiger Ausgaben. Weder Steuerschulden noch Steuernachzahlungen oder Pfändungen seien die Unterhaltsbemessungsgrundlage schmälernde Abzugsposten. Dass der Vater zur Zeit nicht auf sein Gehaltskonto bzw sein sonstiges Vermögen greifen könne, könne nicht zum Nachteil der unterhaltsberechtigten Kinder gehen, zumal nur über den angemessenen Unterhaltsbeitrag zu entscheiden sei und nicht über dessen Einbringlichkeit. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, inwieweit Vermögen, über welches der Unterhaltsverpflichtete auf Grund eines Sicherstellungsauftrags des Finanzamts nicht verfügen könne, der Unterhaltsbemessungsgrundlage zugrunde zu legen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs existiere.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde die Pfändung der Entgeltansprüche des Vaters gegenüber der Universität ***** sowie weiterer Geldforderungen wegen „bestehender Abgabenforderungen" vorgenommen. Auch wenn der Vater wegen der erfolgten Pfändung - die sich allerdings ausdrücklich auf „beschränkt pfändbare" Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis bezieht (vgl ON U15) - allenfalls derzeit faktisch nicht in der Lage sein sollte, seinen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen, ist der vorliegende Fall doch nicht anders zu behandeln als jener, in dem der Unterhaltspflichtige sein gesamtes Einkommen (freiwillig) zur Schuldentilgung verwendet. Zutreffend haben die Vorinstanzen bereits darauf hingewiesen, dass aus dem laufenden Einkommen abzudeckende Verbindlichkeiten nur ganz ausnahmsweise für die Unterhaltsbemessung von Bedeutung sind, nämlich etwa bei Rückzahlung eines Kredits, der zur Bestreitung der Haushaltskosten oder zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit aufgenommen wurde (Judikaturnachweise und weitere Fälle bei Stabentheiner in Rummel I³ § 94 ABGB Rz 9 und Neuhauser in Schwimann I3 § 140 ABGB Rz 63). Ein solcher Sonderfall liegt hier ersichtlich nicht vor, beziehen sich die der Pfändung zugrunde liegenden Steuerverbindlichkeiten doch offenbar auf (zusätzliche) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, weil die (laufenden) Einkünfte bei der Universität ***** ja in der Einhebungsform der Lohnsteuer behandelt werden, wobei die Einkommensteuer vom Dienstgeber einbehalten und unmittelbar an das Finanzamt abgeführt wird.Der Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil keine iSd Paragraph 62, Absatz eins, AußStrG erhebliche Rechtsfrage zu lösen ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde die Pfändung der Entgeltansprüche des Vaters gegenüber der Universität ***** sowie weiterer Geldforderungen wegen „bestehender Abgabenforderungen" vorgenommen. Auch wenn der Vater wegen der erfolgten Pfändung - die sich allerdings ausdrücklich auf „beschränkt pfändbare" Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis bezieht vergleiche ON U15) - allenfalls derzeit faktisch nicht in der Lage sein sollte, seinen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen, ist der vorliegende Fall doch nicht anders zu behandeln als jener, in dem der Unterhaltspflichtige sein gesamtes Einkommen (freiwillig) zur Schuldentilgung verwendet. Zutreffend haben die Vorinstanzen bereits darauf hingewiesen, dass aus dem laufenden Einkommen abzudeckende Verbindlichkeiten nur ganz ausnahmsweise für die Unterhaltsbemessung von Bedeutung sind, nämlich etwa bei Rückzahlung eines Kredits, der zur Bestreitung der Haushaltskosten oder zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit aufgenommen wurde (Judikaturnachweise und weitere Fälle bei Stabentheiner in Rummel I³ Paragraph 94, ABGB Rz 9 und Neuhauser in Schwimann I3 Paragraph 140, ABGB Rz 63). Ein solcher Sonderfall liegt hier ersichtlich nicht vor, beziehen sich die der Pfändung zugrunde liegenden Steuerverbindlichkeiten doch offenbar auf (zusätzliche) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, weil die (laufenden) Einkünfte bei der Universität ***** ja in der Einhebungsform der Lohnsteuer behandelt werden, wobei die Einkommensteuer vom Dienstgeber einbehalten und unmittelbar an das Finanzamt abgeführt wird.
Dem Einwand des Revisionsrekurswerbers, er könne auf Grund der Pfändungen (sowie der strafgerichtlichen einstweiligen Verfügung) über sein Einkommen nicht verfügen, weshalb es auch nicht (zur Gänze) als Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen werden dürfe, kommt somit keine Berechtigung zu. Er behauptet auch gar nicht, dass er etwa in der Vergangenheit auf Grund unterlassener oder zu niedrig angesetzter Einkommensteuer-Vorauszahlungen seinen Kindern zu hohen Unterhalt gewährt hätte, was nun anlässlich erst im Nachhinein festgesetzter Abgabenverbindlichkeiten auszugleichen wäre; auch in einem solchen Fall wären aber jedenfalls die Steuernachzahlungen auf einen längeren Zeitraum zu verteilen. Entsprechendes Vorbringen hat der Vater aber weder im Verfahren erster Instanz noch im Rekursverfahren aufgestellt. Er hat lediglich den rechtlichen Standpunkt vertreten, Einkommen, auf das er - aus welchem Grund immer - nicht zugreifen könne, sei für die Unterhaltsbemessung irrelevant. Dass diese Ansicht mit dem Gesetz nicht in Einklang steht, wurde bereits dargelegt. Er ist daher nicht anders zu behandeln als ein Unterhaltspflichtiger, der seiner Steuerpflicht zeitgerecht - gegebenenfalls auch durch Zahlung seinem Einkommen entsprechender regelmäßiger Vorauszahlungen - nachgekommen wäre.
Der in der Revisionsrekursbeantwortung begehrte Kostenersatz ist nicht zuzusprechen, weil im Verfahren über Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder ein Kostenersatz nicht stattfindet (§ 101 Abs 2 AußStrG).Der in der Revisionsrekursbeantwortung begehrte Kostenersatz ist nicht zuzusprechen, weil im Verfahren über Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder ein Kostenersatz nicht stattfindet (Paragraph 101, Absatz 2, AußStrG).
Anmerkung
E845691Ob35.07i-2Schlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inEFSlg 116.545XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0010OB00035.07I.0626.000Zuletzt aktualisiert am
12.06.2009