TE OGH 2007/7/4 7Ob130/07d

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Veröffentlicht am 04.07.2007
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marianne B*****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei D*****, vertreten durch Mag. Dr. Michael Ginhart, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 132.935,89 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. April 2007, GZ 4 R 76/07v-16, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 20 der dem Versicherungsvertrag zugrundegelegten AVB (Allgemeine Bedingungen für die Risikoversicherung = ABRis) ist das vorliegende Versicherungsverhältnis nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies bildet auch keinen Streitpunkt zwischen den Parteien. Das Berufungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach die Fortbildung ausländischen Rechts keine erhebliche Rechtsfrage begründet (RIS-Justiz RS0042948), die Revision für nicht zulässig erklärt.1. Nach Paragraph 20, der dem Versicherungsvertrag zugrundegelegten AVB (Allgemeine Bedingungen für die Risikoversicherung = ABRis) ist das vorliegende Versicherungsverhältnis nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies bildet auch keinen Streitpunkt zwischen den Parteien. Das Berufungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach die Fortbildung ausländischen Rechts keine erhebliche Rechtsfrage begründet (RIS-Justiz RS0042948), die Revision für nicht zulässig erklärt.

2. Dem Verfahren liegt folgender (zusammengefasster) Sachverhalt zugrunde:

Der am 12. 3. 2004 durch Selbstmord verstorbene Versicherungsnehmer hatte bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, in dem seine damalige Lebensgefährtin als Bezugsberechtigte genannt war. Nach § 15 Abs 1 Schlusssatz der AVB ist dem Versicherungsnehmer das Recht eingeräumt, „bis zum Eintritt des Versicherungsfalls das Bezugsrecht jederzeit zu widerrufen", wobei gemäß § 14 Abs 1 „Mitteilungen, die das Versicherungsverhältnis betreffen, stets schriftlich erfolgen müssen" und „wirksam werden, sobald sie [der Beklagten] zugegangen sind".Der am 12. 3. 2004 durch Selbstmord verstorbene Versicherungsnehmer hatte bei der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, in dem seine damalige Lebensgefährtin als Bezugsberechtigte genannt war. Nach Paragraph 15, Absatz eins, Schlusssatz der AVB ist dem Versicherungsnehmer das Recht eingeräumt, „bis zum Eintritt des Versicherungsfalls das Bezugsrecht jederzeit zu widerrufen", wobei gemäß Paragraph 14, Absatz eins, „Mitteilungen, die das Versicherungsverhältnis betreffen, stets schriftlich erfolgen müssen" und „wirksam werden, sobald sie [der Beklagten] zugegangen sind".

Der Versicherungsnehmer hat mit Testament vom 23. 12. 2002 die Klägerin (als seine Mutter) zur Alleinerbin und neuen Bezugsberechtigten eingesetzt, jedoch von dieser Änderung des Bezugsberechtigten die Beklagte bis zu seinem Tod nicht verständigt; diese erlangte hievon erst durch den Gerichtskommissär Kenntnis und verweigert nunmehr (primär) unter Hinweis auf § 15 Abs 1 der AVB mangels Aktivlegitimation der Klägerin die Auszahlung der (der Höhe nach von der Beklagten schon in erster Instanz außer Streit gestellten) restlichen Versicherungssumme.Der Versicherungsnehmer hat mit Testament vom 23. 12. 2002 die Klägerin (als seine Mutter) zur Alleinerbin und neuen Bezugsberechtigten eingesetzt, jedoch von dieser Änderung des Bezugsberechtigten die Beklagte bis zu seinem Tod nicht verständigt; diese erlangte hievon erst durch den Gerichtskommissär Kenntnis und verweigert nunmehr (primär) unter Hinweis auf Paragraph 15, Absatz eins, der AVB mangels Aktivlegitimation der Klägerin die Auszahlung der (der Höhe nach von der Beklagten schon in erster Instanz außer Streit gestellten) restlichen Versicherungssumme.

3. Beide Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

a) Die Klägerin erachtet in ihrer außerordentlichen Revision (vorrangig und schwerpunktmäßig) die Bestimmungen der §§ 14 Abs 1, 15 Abs 1 der AVB als in Widerspruch zu § 6 Abs 1 Z 4 KSchG iVm § 879 ABGB stehend. Dabei wird jedoch übersehen, dass - losgelöst von der Frage, ob zufolge Unterstellung des Versicherungsrechtsfalles insgesamt unter deutsches Recht auf österreichische Konsumentenschutzbestimmungen überhaupt zurückgegriffen werden kann (muss) - § 6 Abs 1 Z 4 KSchG nur eine vom Verbraucher abverlangte „strengere Form als die Schriftform" verpönt und die in § 6 Abs 1 Z 4 leg cit ebenfalls genannten „besonderen Zugangserfordernisse" etwa Vereinbarungen betreffen, wonach rechtsgeschäftliche Erklärungen eines Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation gerichtet sein müssten (RIS-Justiz RS0121729). Die Anordnung, dass eine Änderung des Bezugsberechtigten vor dem Versicherungsfall anzuzeigen sei, kann darunter schon deshalb nicht subsumiert werden, auch wenn das „letztgültige Testament ... erst mit dem Zeitpunkt des Todes in Kraft tritt" (S 4 der Revision); dem Versicherungsnehmer wäre es (unter Beachtung dieser AVB-Bestimmung) nicht nur möglich gewesen, das Testament dem Versicherer zukommen zu lassen, sondern ihn auch „sonst auf irgendeine Art und Weise" in Kenntnis zu setzen, was ihm nach den Feststellungen des Erstgerichtes „ohne Weiteres möglich gewesen wäre". Wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist aber eine derart fristgerechte Anzeige Wirksamkeitsvoraussetzung iSd § 130 Abs 1 BGB; der Zugang muss also vor dem Versicherungsfall erfolgen, damit ein „neues" Bezugsrecht überhaupt entstehen kann (Prölss/Martin, VersVG27 RN 8 zu § 13 ALB 86 = wortgleich mit den hier geltenden ABRis). Die Behauptung der Revisionswerberin, der Wechsel der bezugsberechtigten Person habe demgegenüber „schon zum Zeitpunkt der Erstellung des Testaments stattgefunden" und es habe eine derart getroffene „Verfügung des Verstorbenen nicht mehr angezeigt werden können", steht diesen Erwägungen nicht entgegen. Zwischen der Testamentserrichtung am 23. 12. 2002 und der Selbsttötung am 12. 3. 2004 hätte über ein Jahr zur Erfüllung der Anzeigenpflicht Gelegenheit bestanden.a) Die Klägerin erachtet in ihrer außerordentlichen Revision (vorrangig und schwerpunktmäßig) die Bestimmungen der Paragraphen 14, Absatz eins,, 15 Absatz eins, der AVB als in Widerspruch zu Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, KSchG in Verbindung mit Paragraph 879, ABGB stehend. Dabei wird jedoch übersehen, dass - losgelöst von der Frage, ob zufolge Unterstellung des Versicherungsrechtsfalles insgesamt unter deutsches Recht auf österreichische Konsumentenschutzbestimmungen überhaupt zurückgegriffen werden kann (muss) - Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, KSchG nur eine vom Verbraucher abverlangte „strengere Form als die Schriftform" verpönt und die in Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, leg cit ebenfalls genannten „besonderen Zugangserfordernisse" etwa Vereinbarungen betreffen, wonach rechtsgeschäftliche Erklärungen eines Verbrauchers an eine bestimmte Stelle im Bereich der Unternehmensorganisation gerichtet sein müssten (RIS-Justiz RS0121729). Die Anordnung, dass eine Änderung des Bezugsberechtigten vor dem Versicherungsfall anzuzeigen sei, kann darunter schon deshalb nicht subsumiert werden, auch wenn das „letztgültige Testament ... erst mit dem Zeitpunkt des Todes in Kraft tritt" (S 4 der Revision); dem Versicherungsnehmer wäre es (unter Beachtung dieser AVB-Bestimmung) nicht nur möglich gewesen, das Testament dem Versicherer zukommen zu lassen, sondern ihn auch „sonst auf irgendeine Art und Weise" in Kenntnis zu setzen, was ihm nach den Feststellungen des Erstgerichtes „ohne Weiteres möglich gewesen wäre". Wie schon das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist aber eine derart fristgerechte Anzeige Wirksamkeitsvoraussetzung iSd Paragraph 130, Absatz eins, BGB; der Zugang muss also vor dem Versicherungsfall erfolgen, damit ein „neues" Bezugsrecht überhaupt entstehen kann (Prölss/Martin, VersVG27 RN 8 zu Paragraph 13, ALB 86 = wortgleich mit den hier geltenden ABRis). Die Behauptung der Revisionswerberin, der Wechsel der bezugsberechtigten Person habe demgegenüber „schon zum Zeitpunkt der Erstellung des Testaments stattgefunden" und es habe eine derart getroffene „Verfügung des Verstorbenen nicht mehr angezeigt werden können", steht diesen Erwägungen nicht entgegen. Zwischen der Testamentserrichtung am 23. 12. 2002 und der Selbsttötung am 12. 3. 2004 hätte über ein Jahr zur Erfüllung der Anzeigenpflicht Gelegenheit bestanden.

Soweit überdies eine „gröbliche Benachteiligung" der zitierten Anordnung in den AVB (iSd § 879 Abs 3 ABGB) und eine unzulässige Einschränkung des erblasserischen Willens hiedurch reklamiert wird, ist dies nicht nachvollziehbar. Ein Versicherungsnehmer und Erblasser kann - so wie auch hier - sehr wohl letztwillig ein Bezugsrecht (uneingeschränkt) „jederzeit widerrufen", muss aber dann eben die vertraglich übernommenen Verständigungspflichten gegenüber dem auszahlungspflichtigen Versicherer als seinem Vertragspartner beachten.Soweit überdies eine „gröbliche Benachteiligung" der zitierten Anordnung in den AVB (iSd Paragraph 879, Absatz 3, ABGB) und eine unzulässige Einschränkung des erblasserischen Willens hiedurch reklamiert wird, ist dies nicht nachvollziehbar. Ein Versicherungsnehmer und Erblasser kann - so wie auch hier - sehr wohl letztwillig ein Bezugsrecht (uneingeschränkt) „jederzeit widerrufen", muss aber dann eben die vertraglich übernommenen Verständigungspflichten gegenüber dem auszahlungspflichtigen Versicherer als seinem Vertragspartner beachten.

b) Wenn aber der Klägerin demgemäß schon die Aktivlegitimation mangelt, braucht auf die weiteren Ausführungen in der Revision zu den Auswirkungen des Widerrufs der ärztlichen Schweigepflichtentbindung durch den Versicherungsnehmer gegenüber dem Hausarzt nicht mehr Stellung genommen zu werden.

4. Die außerordentliche Revision ist damit - zusammenfassend - mangels Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen (ohne Außenbegründung) zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.

Anmerkung

E84640 7Ob130.07d

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in VR 2008,32/Heft3 = VersR 2008,1380 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0070OB00130.07D.0704.000

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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