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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des MA in K, geboren 1970, vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 6. September 2004, Zl. Fr-139/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 6. September 2004 - zugestellt am 23. September 2004 -
wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 30. Oktober 2001 nach Österreich eingereist und habe am selben Tag beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt. Mittlerweile sei das Asylverfahren mit Wirkung vom 15. September 2003 rechtskräftig negativ entschieden. Der Beschwerdeführer befinde sich daher seit diesem Zeitpunkt illegal in Österreich. Auf Grund des seit 15. September 2003 bestehenden unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers werde die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenwesens massiv beeinträchtigt. Bei einem weiteren rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet käme es zu einer massiven Gefährdung der "öffentlichen fremdenrechtlichen Ordnung". Es sei zu prüfen, ob die Ausweisung gemäß § 37 FrG zulässig sei. Die öffentlichen Interessen an der Erlassung der fremdenrechtlichen Maßnahme gemäß § 33 FrG, vor allem der Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und die geordnete Zuwanderung von Fremden, seien dargelegt worden. Durch die verhängte Maßnahme werde stark in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Dieser vehemente Eingriff werde jedoch dadurch relativiert, dass er seit geraumer Zeit von seiner Familie getrennt lebe und ein funktionierendes Familienleben gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK derzeit nicht existiere. In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer allfällige Versöhnungsversuche erwähnt und seiner Ehegattin jegliche Schuld an der jetzigen Situation zugewiesen. Dies ändere jedoch nichts am Umstand, dass er sowohl seine Ehegattin als auch seine beiden minderjährigen Kinder zwar regelmäßig besuche, eine permanente Vaterrolle jedoch nicht ausüben dürfe. Im Sinn des gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens stehe für die belangte Behörde fest, dass bei Abwägung der durch den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet beeinträchtigten öffentlichen Interessen an der Einhaltung der Bestimmungen des Fremdengesetzes diese unverhältnismäßig schwerer wögen als die Auswirkungen (der Ausweisung) auf das Privat- und Berufsleben des Beschwerdeführers. Die Ausweisung sei notwendig, um die in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, vorwiegend die Aufrechterhaltung der Zuwanderungs- und Aufenthaltsbestimmungen für Fremde, zu erreichen. Aus fremdenpolizeilicher Sicht seien die öffentlichen Interessen höher zu bewerteten als die festgestellten familiären und persönlichen Interessen des Beschwerdeführers. Ein unzulässiger Eingriff gemäß § 37 FrG finde aus den genannten Gründen daher nicht statt. Für die Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 40 Abs. 1 FrG sei die Behörde erster Instanz zuständig. Dem Antrag auf Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers (im Asylverfahren) sei nicht stattzugeben gewesen, weil das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig negativ beschieden worden sei und somit feststehe, dass sich der Beschwerdeführer seit 15. September 2003 rechtswidrig im österreichischen Bundesgebiet aufhalte.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
2. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Annahme des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung des unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet erweist sich als unzutreffend. Dem (das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffenden) hg. Akt Zl. 2004/20/0263 zufolge wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. September 2003 rechtskräftig abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer - seinen eigenen Angaben zufolge auf Grund verspäteter Zustellung - am 9. August 2004 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser gab dem Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit Beschluss vom 16. August 2004 - dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 14. September 2004 - mit der Wirkung statt, dass dem Beschwerdeführer damit die Rechtsstellung zukam, die er als Asylwerber vor der Erlassung des genannten Bescheides des unabhängigen Bundesasylsenates hatte. Mit Beschluss vom 30. September 2004 - dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 8. Oktober 2004 - lehnte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der gegen die Abweisung des Asylantrages gerichtete Beschwerde ab. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers war somit erst seit der Ablehnung der Behandlung der Beschwerde (und nicht bereits seit 15. September 2003) unrechtmäßig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, Zl. 2004/18/0021). Da sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides am 23. September 2004 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, lag die Tatbestandsvoraussetzung für eine Ausweisung gemäß § 33 Abs. 1 FrG nicht vor.
3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das die Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil dem Beschwerdeführer insoweit Verfahrenshilfe gewährt worden ist.
Wien, am 16. Oktober 2007
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenBesondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180346.X00Im RIS seit
26.11.2007Zuletzt aktualisiert am
23.02.2010