TE OGH 2007/9/12 16Ok4/07

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Veröffentlicht am 12.09.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Univ. Doz. Dr. Georg Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer und Dr. Erich Haas als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragsteller 1. Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 31, 2. Bundeskartellanwalt, 1016 Wien, Schmerlingplatz 11, wider die Antragsgegnerin E***** GesmbH, *****, vertreten durch Bichler Zrzavy Rechtsanwälte GesmbH in Wien, wegen Antrag auf Feststellung (§ 29 KartG) und Verhängung einer Geldbuße (§ 28 Abs 1 KartG), über die Rekurse der Antragsteller und der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 22. Dezember 2006, GZ 27 Kt 20, 24, 27/06, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Dem Rekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.römisch eins. Dem Rekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

II. Den Rekursen der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts wird teilweise Folge gegeben.römisch II. Den Rekursen der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem Ausspruch über die Höhe der Geldbuße dahin abgeändert, dass die Geldbuße mit sieben Millionen EUR festgesetzt wird.

Text

B e g r ü n d u n g :

I. Das (Vor-)Verfahren 27 Kt 243, 244/02 (16 Ok 6/04; 16 Ok 3/05)römisch eins. Das (Vor-)Verfahren 27 Kt 243, 244/02 (16 Ok 6/04; 16 Ok 3/05)

Mit Antrag gem § 8a KartG 1988 vom 2. 7. 2002 begehrte eine Mitbewerberin der dortigen Antragsgegnerin - letztere ist mit der Antragsgegnerin im vorliegenden Kartellverfahren identisch - die Feststellung, dass ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und ein Vereinbarungs- bzw Verhaltenskartell vorliege. Das beanstandete Verhalten stehe in Zusammenhang mit der Einhebung einer „domestic interchange fee" in unangemessener Höhe im bargeldlosen Zahlungsverkehr unter Verwendung von POS-(point of sale-)Zahlungssystemen nach Punkt 15a des Bankomatvertrages zwischen der Antragsgegnerin und ihren Vertragspartnern. Am Verfahren hat sich auch die Bundeswettbewerbsbehörde beteiligt.

Mit Beschluss des Kartellgerichtes vom 17. 12. 2003, 27 Kt 243, 244/02-61, stellte das Kartellgericht fest:

1. Zwischen der Antragsgegnerin und ihren Vertragspartnern besteht in Bezug auf die Vereinbarung des Punkt 15a des Bankomatvertrages (Beil ./B) ein Absichtskartell (§ 10 KartG 1988);

2. die Antragsgegnerin hat ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für unbare POS-Zahlungssysteme dadurch missbraucht, dass sie

a) im Rahmen des Bankomatvertrages mit ihren Gesellschafterinnen vereinbart hat, dass diese sich lediglich mit Zustimmung der Antragsgegnerin an anderen Unternehmen, die Systeme für die unbare Zahlungsabwicklung betreiben und damit Wettbewerber der Antragsgegnerin sind, beteiligen dürfen, und

b) weiters im Rahmen des Bankomatvertrages für nicht von ihr verwendete Systeme der Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs Transaktionsgebühren vereinbart hat, die im Verhältnis zu der dafür erbrachten Leistung bzw der von der Antragsgegnerin für die ihr gegenüber erbrachte Leistung zu bezahlenden Transaktionsgebühr sachlich unangemessen sind.

Diesen Beschluss bekämpfte die Antragsgegnerin mit Rekurs. Die Antragstellerin und die Bundeswettbewerbsbehörde beantragten, diesem Rekurs nicht Folge zu geben. Die Antragsgegnerin legte während des Rechtsmittelverfahrens den nach Änderung nunmehr gültigen Bankomatvertrag vor, in dem die Bestimmungen über die Transaktionsgebühr geändert sind und es den Kreditinstituten sogar ausdrücklich freigestellt wird, sich an Konkurrenten der Antragsgegnerin zu beteiligen. Im Hinblick auf diese geänderte Vertragslage zog die Antragstellerin mit Zustimmung der Antragsgegnerin ihren Antrag unter Anspruchsverzicht zurück.

Der Senat sprach in der Folge mit Beschluss vom 20. 12. 2004, 16 Ok 6/04, aus, dass die Zurückziehung des Antrages durch die Antragstellerin der Kenntnis diene, und dass die Bundeswettbewerbsbehörde binnen vier Wochen bekannt geben könne, ob und in welchem Umfang die Anträge durch sie aufrechterhalten werden. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat daraufhin die Anträge der früheren Antragstellerin aufrecht erhalten, auf deren sowie auf ihr eigenes Vorbringen verwiesen und den Antrag auf Feststellung im Sinne des erstgerichtlichen Beschlusses gestellt. Die Antragsgegnerin verwies neuerlich darauf, Punkt 15a des Bankomatvertrages schon im Frühjahr 2004 ersatzlos aufgehoben zu haben; eine Feststellung für die Vergangenheit sei aber unzulässig. Damit fehle dem Rekurs die Beschwer.

Mit Beschluss vom 17. 10. 2005, 16 Ok 3/05, nahm der Senat den Eintritt der Bundeswettbewerbsbehörde als Antragstellerin in das Verfahren zur Kenntnis; er gab dem Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluss vom 17. 12. 2003, 27 Kt 243, 244/02-61, auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung an des Erstgericht zurück. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Bundeswettbewerbsbehörde als Antragstellerin sei nach dem übereinstimmenden Vorbringen der früheren Antragstellerin und der Antragsgegnerin, das von der Bundeswettbewerbsbehörde unbestritten geblieben sei, ein geänderter Bankomatvertrag vorgelegen. Die Rechtssache sei daher zur ergänzenden Erörterung der Anträge unter Berücksichtigung des neuen Bankomatvertrages an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Bundeswettbewerbsbehörde verfolgte das Verfahren 27 Kt 243, 244/02 in der Folge nicht weiter.

II. Das nunmehrige Verfahren 27 Kt 20, 24, 27/06römisch II. Das nunmehrige Verfahren 27 Kt 20, 24, 27/06

Unter Bezugnahme auf den vom Kartellgericht mit Beschluss vom 17. 12. 2003, 27 Kt 243, 244/02-61, festgestellten Sachverhalt stellte die Bundeswettbewerbsbehörde am 11. 4. 2006 einen Antrag auf Verhängung einer Geldbuße in angemessener Höhe über die Antragsgegnerin wegen Durchführung eines Kartells und Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung für die Dauer von mindestens fünf Jahren und vier Monaten durch Abschluss des Bankomatvertrags Punkt 15a in der Fassung Herbst 1998 und erklärte weiters, ihren ursprünglichen Antrag auf Feststellung nach § 8a KartG 1988 (gemeint offenbar: im Vorverfahren 27 Kt 243, 244/02) aufrecht zu erhalten (ON 1 S. 3). In der Tagsatzung am 1. 12. 2006 (ON 9 S 2) stellte der Vertreter der Bundeswettbewerbsbehörde klar, dass der nunmehrige Antrag auf Feststellung „ein Neuantrag nach § 28 Abs 1 KartG 2005" sei. Die festgestellten Wettbewerbsverstöße seien ihrer Natur nach schwer; die Missbräuche sollten gezielt verhindern, dass sich die Gesellschafterinnen der Antragsgegnerin an einem anderen Zahlkartensystem als jenem der Antragsgegnerin beteiligten, wodurch die Systeme von Mitbewerbern teurer würden, was Wettbewerbsnachteile zur Folge habe. Die entsprechende Vereinbarung in Punkt 15a des Bankomatvertrages sei im Herbst 1998 im Aufsichtsrat der Antragsgegnerin getroffen und erst im Rekursstadium des Vorverfahrens, also frühestens im Februar 2004, beendet bzw nicht mehr angewendet worden und habe daher mindestens fünf Jahre und vier Monate gedauert. Im Hinblick auf § 28 2005 sei es nun ausdrücklich zulässig, kartellgerichtliche Feststellungen auch für die Vergangenheit zu treffen, wenn ein berechtigtes Interesse bestehe. Allein wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Vereinbarung, des betroffenen Marktes für die Debitkarten, der überragenden Marktstellung der Antragsgegnerin und der langen Verfahrensdauer bestehe berechtigtes Interesse an der Feststellung.

Mit Schriftsatz vom 21. 4. 2006 schloss sich der Bundeskartellanwalt diesen Ausführungen an und beantragte ebenfalls die Verhängung einer Geldbuße.

Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag auf Feststellung sowie die Anträge auf Verhängung einer Geldbuße abzuweisen. Punkt 15a des Bankomatvertrages sei mit der Zusatzvereinbarung vom 12. 2. 2004 ersatzlos aufgehoben worden. Zum Vorwurf eines Absichtskartells wendete sie ein, dass diese Bestimmung lediglich die von ihr an ihre Vertragspartner zu bezahlenden Entgelte festlege und sie verpflichte, neue Produkte zu entwickeln; andere Systeme wie etwa die Verwendung von Zahlungskarten im Rahmen eines Einzugsermächtigungsverfahrens oder Lastschriftverfahrens blieben durch diese Bestimmung unberührt. Die beanstandete Vereinbarung sei nicht im - hiefür unzuständigen - Aufsichtsrat der Antragsgegnerin getroffen worden; eine Änderung des Bankomatvertrages sei nämlich nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien möglich. Auch habe nicht vereinbart werden können, dass Punkt 15a des Bankomatvertrages entgegen seinem klaren Wortlaut auch auf Mitbewerber der Antragsgegnerin anwendbar sei; der Vertrag stelle eindeutig klar, dass die Antragsgegnerin eine Interchange Fee an die bankkartenausgebenden Kreditinstitute zu bezahlen, nicht jedoch eine solche an Mitbewerber zu verrechnen habe. Der Vorwurf des Marktmachtmissbrauchs sei unbegründet; aus Punkt 15 Abs 6 des Bankomatvertrages gehe nämlich klar hervor, dass es den kartenausgebenden Vertragspartnern des Bankomatvertrages freigestellt gewesen sei, ihre Bankkarten für alle möglichen unbaren und schecklosen Zahlungsvorgänge auch anderen Acquirern als der Antragsgegnerin und ohne deren Zustimmung zur Verfügung zu stellen. Auch die Gestaltung der Entgelte hiefür sei gemäß Punkt 17 Abs 5 des Bankomatvertrages in der Fassung von 1998 den kartenherausgebenden Vertragspartnern überlassen gewesen. Die Kreditinstitute seien dadurch nicht gebunden worden. Eine Fortsetzung des Feststellungsverfahrens nach § 8a KartG 1988 im Sinne des § 98 Abs 1 KartG 2005 sei nicht möglich, weil die Übergangsbestimmung des § 90 Z 3 lit a KartG 2005 dies nicht vorsehe. Eine Feststellung für die Vergangenheit komme nicht in Betracht, wenn sich der zu beurteilende Sachverhalt zur Gänze im Geltungszeitraum des KartG 1988 verwirklicht habe. Die Verhängung einer Geldbuße für ein vor dem 1. 7. 2002 gesetztes Verhalten sei nach den Übergangsbestimmungen des KartG 2005 sowie der KartG-Nov 2002 unzulässig; verwiesen werde auf das Verbot der Doppelbestrafung nach Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK („ne bis in idem"), wonach verboten sei, dass jemand zum Schutz der gleichen Rechtsgüter oder wegen desselben rechtswidrigen Sachverhaltes mehr als einmal verfolgt und gegebenenfalls bestraft werde. Die Geldbußentatbestände seien eine strafrechtliche Anklage im Sinne des Art 6 MRK; die Gefahr der Doppelbestrafung „ein und desselben Sachverhaltes" liege in einem Fall wie diesem auf der Hand. Im Hinblick auf die Übermittlung des Beschlusses vom 17. 12. 2003 an das Landesgericht für Strafsachen Wien seien Vorerhebungen gegen die Geschäftsführer der Antragsgegnerin eingeleitet worden, in diesem Strafverfahren könnten nicht nur gegen die betroffenen natürlichen Personen Strafen verhängt werden, sondern auch der Antragsgegnerin eine Geldbuße gemäß § 137 KartG 1988 auferlegt werden. Der Bankomatvertrag und seine Änderung seien am 11. 9. 1998 bzw 25. 3. 1999 bei der Europäischen Kommission angemeldet und die Erteilung eines Negativattestes sowie die Freistellung nach Art 85 Abs 3 EG-Vertrag beantragt worden; diese Anmeldung habe erst am 1. 5. 2004 infolge der Abschaffung des Anmeldesystems ihre Wirksamkeit verloren, damit sei Bußgeldimmunität gegenüber der Kommission im Hinblick auf Art 15 Abs 5 lit a der Verordnung 17/62 eingetreten. Dies gelte auch dann, wenn eine Handlung zunächst zwecks Freistellung nach Art 81 Abs 3 EG angemeldet werde, sich dann aber als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach Art 82 EG herausstelle. Aus dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue nach Art 10 EG und dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts sei der Schluss zu ziehen, dass auch keine nationale Behörde wegen kartellrechtlicher Beschränkungen für den fraglichen Zeitraum Bußgelder festsetzen könne. Die nationale Wettbewerbsbehörde dürfe sich bei Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts nicht in Widerspruch zum europäischen Wettbewerbsrecht setzen und die einheitliche Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts und die volle Wirksamkeit der zu seinem Vollzug ergangenen Maßnahmen nicht beeinträchtigen, sodass widersprechende Entscheidungen der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden zu vermeiden seien. Auch wenn die Kommission keine Entscheidung getroffen habe, seien diese Grundsätze heranzuziehen: Unternehmen dürfe daraus, dass es die Kommission unterlassen habe, die ihr obliegende Verpflichtung zum Erlass einer verfahrensabschließenden Entscheidung wahrzunehmen, kein Nachteil erwachsen. Sofern Unternehmen eine Vereinbarung angemeldet hätten, komme ihnen daher auch im Verfahren vor nationalen Behörden Bußgeldimmunität zu. Könnten die nationalen Wettbewerbsbehörden dennoch Geldbußen gegen nationale Unternehmen verhängen, würde der Zweck der Bußgeldimmunität unterlaufen, einen Anreiz zu einer freiwilligen Meldung von wettbewerbswidrigem Verhalten zu geben. Die nationalen Wettbewerbsbehörden dürften daher kein Bußgeld verhängen, wenn auch die Kommission kein Bußgeld verhängen dürfe. Die Verordnung 1/2003 habe dieses Vorrangprinzip verstärkt. Gemäß dessen Artikel 3 seien nunmehr nationales und europäisches Wettbewerbsrecht parallel anzuwenden, falls die Zwischenstaatlichkeitsklausel erfüllt sei. Führten die Bestimmungen des nationalen Rechtes zu einer anderen Rechtsfolge als jene des europäischen Wettbewerbsrechts, sei die nationale Rechtsfolge außer Acht zu lassen. Durch die Abschaffung des Anmeldesystems sei auch nicht rückwirkend die Bußgeldimmunität für Zeiträume vor dem 1. 5. 2004 weggefallen. Der Bußgeldantrag sei mangels ausreichender Angaben zum Sachverhalt unschlüssig; er sei verjährt, weil seit Abschluss der beanstandeten Vereinbarung schon sieben Jahre vergangen seien; es mangle an der Strafwürdigkeit (analog § 42 StGB); der Grad eines allfälligen Verschuldens sei gering; die Antragsgegnerin sei nicht bereichert; es lägen besondere Milderungsgründe (analog § 34 StGB) vor.

Das Kartellgericht fasste folgenden Beschluss:

I. Festgestellt wird, dassrömisch eins. Festgestellt wird, dass

1. zwischen der Antragsgegnerin und ihren Gesellschaftern in Bezug auf die Vereinbarung des Punktes 15a des Bankomatvertrages ein Absichtskartell (§ 10 KartG 1988) bestand und

2. die Antragsgegnerin ihre marktbeherrschende Stellung dadurch missbraucht hat, dass sie im Rahmen des Bankomatvertrages mit ihren Gesellschaftern (Kreditinstituten) vereinbart hat, dass diese sich lediglich mit Zustimmung der Antragsgegnerin an anderen Unternehmen, die Systeme für die unbare Zahlungsabwicklung betreiben, und damit Wettbewerber der Antragsgegnerin sind, beteiligen dürfen und weiters im Rahmen des Bankomatvertrages für nicht von ihr verwendete Systeme der Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs Transaktionsgebühren vereinbart hat, die im Verhältnis der dafür erbrachten Leistung bzw den von der Antragsgegnerin für die ihr gegenüber erbrachte Leistung zu bezahlenden Transaktionsgebühr sachlich unangemessen waren;

II. Über die Antragsgegnerin wird gemäß § 142 Z 1 lit a und  1988 für die in Punkt I. 1. und 2. bezeichneten Handlungsweisen im Zeitraum 1. 7. 2002 bis Februar 2004 eine Geldbuße von fünf Millionen EUR verhängt.römisch II. Über die Antragsgegnerin wird gemäß § 142 Z 1 lit a und  1988 für die in Punkt I. 1. und 2. bezeichneten Handlungsweisen im Zeitraum 1. 7. 2002 bis Februar 2004 eine Geldbuße von fünf Millionen EUR verhängt.

Das Kartellgericht ging auf Grund der vorgelegten Urkunden sowie der Ergebnisse des Vorverfahrens 27 Kt 243, 244/02 zusammengefasst von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

I. Der Markt:römisch eins. Der Markt:

Am Markt mit unbaren Zahlungsmitteln (Debitkarten) nehmen folgende vier Gruppen von Marktteilnehmern teil (vgl dazu das Schaubild Anlage 1): Die Banken (issuer), die Bankkarten ausgeben und die Girokonten ihrer Kunden führen; die Kunden, die ihre Girokonten durch die Verwendung der an sie ausgegebenen Bankkarten belasten können; die Netzbetreiber (acquirer), die die unbare Zahlungsabwicklung elektronisch organisieren und Verträge mit Händlern und Dienstleistungsunternehmen abschließen, bei denen die Kunden ihre Bankkarten benutzen können; die Händler (Handels- und Dienstleistungsunternehmen), die darüber entscheiden, welche unbaren Zahlungssysteme (POS-Verfahren, Kreditkarten ua) sie ihren Kunden zur Verfügung stellen. Besitzt der Acquirer eine Bankkonzession, kann er selbst als Clearingstelle fungieren und die eigentliche Zahlungsabwicklung als Bankgeschäft durchführen, andernfalls muss er sich dazu einer Bank bedienen. Der Händler muss die notwendigen technischen Vorkehrungen treffen (POS-Terminal kaufen oder mieten, Leitungen einrichten und anschließen lassen). Im Verhältnis zwischen Bank und Kunde sind eine jährliche Kartengebühr sowie allfällige Buchungsgebühren zu zahlen; zwischen Händler und Netzbetreiber wird ein Disagio (Händlergebühr) vereinbart, das sich der Händler vom mittels Debitkarte getätigten Umsatz abziehen lassen muss; zwischen Netzbetreiber und Bank besteht das Entgelt in einer der Bank zufließenden Interchange Fee. Veränderungen in der Beziehung zwischen zwei dieser vier Gruppen von Marktteilnehmern haben jeweils auch Auswirkungen auf die anderen Marktteilnehmer; es handelt sich um einen Markt mit Netzwerkeffekten.Am Markt mit unbaren Zahlungsmitteln (Debitkarten) nehmen folgende vier Gruppen von Marktteilnehmern teil vergleiche dazu das Schaubild Anlage 1): Die Banken (issuer), die Bankkarten ausgeben und die Girokonten ihrer Kunden führen; die Kunden, die ihre Girokonten durch die Verwendung der an sie ausgegebenen Bankkarten belasten können; die Netzbetreiber (acquirer), die die unbare Zahlungsabwicklung elektronisch organisieren und Verträge mit Händlern und Dienstleistungsunternehmen abschließen, bei denen die Kunden ihre Bankkarten benutzen können; die Händler (Handels- und Dienstleistungsunternehmen), die darüber entscheiden, welche unbaren Zahlungssysteme (POS-Verfahren, Kreditkarten ua) sie ihren Kunden zur Verfügung stellen. Besitzt der Acquirer eine Bankkonzession, kann er selbst als Clearingstelle fungieren und die eigentliche Zahlungsabwicklung als Bankgeschäft durchführen, andernfalls muss er sich dazu einer Bank bedienen. Der Händler muss die notwendigen technischen Vorkehrungen treffen (POS-Terminal kaufen oder mieten, Leitungen einrichten und anschließen lassen). Im Verhältnis zwischen Bank und Kunde sind eine jährliche Kartengebühr sowie allfällige Buchungsgebühren zu zahlen; zwischen Händler und Netzbetreiber wird ein Disagio (Händlergebühr) vereinbart, das sich der Händler vom mittels Debitkarte getätigten Umsatz abziehen lassen muss; zwischen Netzbetreiber und Bank besteht das Entgelt in einer der Bank zufließenden Interchange Fee. Veränderungen in der Beziehung zwischen zwei dieser vier Gruppen von Marktteilnehmern haben jeweils auch Auswirkungen auf die anderen Marktteilnehmer; es handelt sich um einen Markt mit Netzwerkeffekten.

II. Marktteilnehmer und Marktanteile:römisch II. Marktteilnehmer und Marktanteile:

Die Antragsgegnerin ist eine (direkte bzw indirekte) Tochtergesellschaft verschiedener österreichischer Kreditunternehmungen, deren Beteiligungen jeweils unter 25 % liegen. Sie ist Gesellschafterin und ausschließliche österreichische Lizenznehmerin der Europay International S.A. Belgien. Ihrem Aufsichtsrat gehören Kapitalvertreter unter anderem der BA-CA, der Erste Bank der Ersten Österreichischen Sparkassen, der Raiffeisen-Zentralbank und weiterer österreichischer Kreditinstitute an. Die Antragsgegnerin hatte im Zeitraum 2002 bis 2004 auf dem Markt der Netzbetreiber einen Marktanteil (gemessen am Umsatzvolumen) von rund 88 %. Mitbewerber waren damals die im Bereich der Gastronomie und des Tourismus tätige Hobex AG (Marktanteil rund 6 %), die VISA Service Kreditkarten AG mit ihrem Produkt VISA-Electron, einer neben der Visakarte entwickelten Debitkarte (rund 15.000 Karten ausgegeben), und die im Vorverfahren antragstellende Easycash GesmbH, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank AG (Marktanteil rund 6 %).

III. Abwicklungsarten des unbaren Zahlungsverkehrs:römisch III. Abwicklungsarten des unbaren Zahlungsverkehrs:

Beim unbaren Zahlungsverkehr wird unterschieden zwischen PIN-basierten Verfahren, bei denen die Autorisierungsprüfung des Kunden am POS (= point of sale, also an der Bankomatkasse) durch Eingabe eines vierstelligen PIN-Codes erfolgt (dieses System verwenden die Antragsgegnerin und VISA Electron), und Lastschriftverfahren, bei dem von der Debitkarte die Bankverbindung des Kunden (zB Bankleitzahl, Kontonummer etc) abgelesen wird und der Kunde in der Folge eine Einzugsermächtigung unterschreibt, die zum Einzug des Transaktionsbetrages von seinem Bankkonto ermächtigt (dieses System verwenden Hobex und die Antragstellerin im Vorverfahren). Bei beiden Verfahrensarten ergeben sich Varianten jeweils daraus, ob die Zahlung garantiert wird, ob eine Sperrdatenabfrage durchgeführt wird und ob die Abfrage online erfolgt.

IV. Der Bankomatvertrag:römisch IV. Der Bankomatvertrag:

Die Antragsgegnerin hat mit allen namhaften österreichischen Banken einen Vertrag über den Betrieb von Geldausgabeautomaten und die Verwaltung von Bezugskarten in einem Gemeinschaftsunternehmen (in der Folge: Bankomatvertrag) abgeschlossen, in dessen Teil IV besondere Bestimmungen für das Bankomatkartenservice und das Bankomatquickservice enthalten sind. Diese lauteten in der Fassung ab Herbst 1998 (Antragsgegnerin = EPA):

„Teil IV 15. Bankomat-Kassen-Service

Das Bankomat-Kassen-Service ergänzt das Bankomat-Service und ermöglicht die unbaren und schecklosen Zahlungsvorgänge auf dem Gebiet der Republik Österreich am Point of Sale (POS), das ist die Kassa eines Handels- oder Dienstleistungsunternehmens (Vertragsunternehmen) mittels zugelassener BK. Für die Installation und den Betrieb von Bankomat-Kassen-Terminals in Vertragsunternehmen sind mit den Vertragsunternehmen die die näheren Bestimmungen festlegenden Verträge analog dem Vertragsmuster gemäß Beil. ./12 abzuschließen. Die Kreditunternehmungen verpflichten sich zur Deckung der unter ihnen zugehörigen Kartennummern mittels Bankomat-Kassen-Terminals autorisierten Zahlungen. Eine Zahlung wird autorisiert, wenn die Identifikation des Kunden mittels Karte und PIN möglich ist, ein vorgesehenes Limit durch den Rechnungsbetrag nicht überschritten wird, kein Sperrvermerk zur verwendeten Karte vorliegt und die Gültigkeitsdauer der Karte nicht abgelaufen ist. Die Auskunfts- und Aufklärungspflicht nach Punkt 10 gilt sinngemäß. In Bezug auf die Sperrprüfung können in Abhängigkeit von der Risiko-Kategorie des Vertragsunternehmens unterschiedliche Verfahren zur Anwendung kommen:

- Online, dass heißt jede Zahlung mit einer BK wird im Zuge der Autorisierung gegen die vollständige zentrale Sperrliste geprüft;

- Partial-Online, dass heißt von Autorisierungsparametern abhängig wird gesteuert, ob eine Zahlung mit einer BK gegen die vollständige zentrale Sperrliste geprüft oder ohne Sperrprüfung offline abgewickelt wird;

- Food-Sonderlösung (Offline), dass heißt jede Zahlung mit einer BK wird im Zuge der Autorisierung gegen die vollständige Sperrliste geprüft, welche einmal täglich an das Vertragsunternehmen übermittelt wird - die Sperrprüfung erfolgt dezentral und in Verantwortung des Vertragsunternehmens.

Jeder Teilnehmer verzichtet darauf, sich an anderen Einrichtungen, die unbare und schecklose Zahlungsvorgänge außerhalb des eigenen Institutsbereiches mit Bankkarten - ausgenommen Kreditkarten - ermöglichen, ohne die Zustimmung der EPA, zu beteiligen, diese zu unterstützen. Die teilnehmende Kreditunternehmung ist jedoch berechtigt, mit Acquirern Vereinbarungen über die Verwendung der von den teilnehmenden Kreditunternehmungen ausgestellten Bankkarten als Debitkarte durch Acquirer sowie deren Vertragsunternehmen in einem System zur unbaren und schecklosen Zahlung am Point of Sale abzuschließen und auch eine Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee zu vereinbaren. Acquirer im Sinne dieses Vertrages sind Personen, die Einrichtungen, die unbare und schecklose Zahlungsvorgänge mit Bankkarten als Debitkarten am Point of Sale ermöglichen, betreiben und zu diesem Zweck Verträge mit Unternehmen abschließen. Soweit die teilnehmende Kreditunternehmung keine andere Vereinbarung über die vom jeweiligen Acquirer zu zahlende Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee treffen möchte, steht es der Kreditunternehmung frei, die Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee mit dem Acquirer zu vereinbaren, die in diesem Vertrag geregelt ist und von EPA als Acquirer an die Kreditunternehmung als Issuer gezahlt wird.

15a. Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee für Debitkarten.

Debitkarte im Sinne des Vertrages ist eine Karte, über die bargeldlose Zahlungsvorgänge derart abgewickelt werden, dass die jeweiligen über die Karte zu verrechnenden Beträge direkt einem Girokonto des Bankkunden angelastet werden. Dabei soll im Interesse der Produktvielfalt bei bargeldlosen Zahlungssystemen eine weite Dienstleistungspalette an garantierten und nicht garantierten Verfahren entwickelt werden können. Eine Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee wird EPA als Acquirer verrechnet, wenn eine Bankkarte eines österreichischen Issuers als Debitkarte am Point of Sale bei einem Vertragsunternehmen in Österreich eingesetzt wird. EPA verpflichtet sich als Acquirer, an die teilnehmende Kreditunternehmung als Issuer eine Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee, deren Höhe sich insbesondere an den mit der Herstellung, Ausgabe und Verwaltung von Bankkarten durch die Issuer verbundenen Kosten, den Kosten der Transaktionsabwicklung und den im garantierten Verfahren mit der Übernahme einer Zahlungsgarantie verbundenen Risken orientiert, für die Benützung von Bankkarten als Debitkarten der Kreditunternehmung zu bezahlen. Diese kann daher bei den einzelnen Verfahren variieren, wobei sich unterschiedliche Prozentsätze und/oder Fixbeträge ergeben können. Issuer im Sinne dieses Vertrages sind die Kreditunternehmungen, die Bankkarten herstellen und an ihre Kunden ausgeben.

a) Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee für Maestro-Transaktionen

Werden im Maestro-Verfahren, das auf garantierter Basis abgewickelt wird, Transaktionen auf Chipbasis mit Sperrprüfung/mit Autorisierung/mit PIN-Zahlungen durch die Kreditunternehmung als Issuer akzeptiert, so beträgt die Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee für Maestro-Transaktionen 0,3% plus ATS 1,00; bei Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften und bei Tankstellen dagegen 0,1 % plus ATS 0,40 pro Transaktion.

b) Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee für Maestro-Transaktionen außerhalb des Maestro-Verfahrens:

EPA wird Systeme für bargeldlose Debitzahlungen außerhalb des Maestro-Programms mit Bankkarten am Point of Sale entwickeln und als Acquirer betreiben. Auch anderen Acquirern soll die Entwicklung und der Betrieb von solchen System offen stehen. Solche Bankkarten können auf Magnetstreifenbasis, ohne Sperrprüfung, ohne Autorisierung, mit Unterschrift oder auf Chipbasis, mit Sperrprüfung, mit Autorisierung, mit PIN, eingesetzt werden.

B1) Werden in einem Verfahren ohne Zahlungsgarantie durch den Issuer auf Magnetstreifenbasis, ohne Sperrprüfung, ohne Autorisierung, mit Unterschrift, Zahlungen durch die Kreditunternehmung als Issuer akzeptiert, so beträgt die von der EPA als Acquirer zu bezahlende Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee von ATS 5,00 je Transaktion.

B2) Werden im Verfahren mit Zahlungsgarantie durch den Issuer auf Magnetstreifenbasis, ohne Sperrprüfung, ohne Autorisierung, mit Unterschrift, Zahlungen durch die Kreditunternehmung als Issuer akzeptiert, so beträgt die von EPA als Acquirer zu bezahlende Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee ATS 5,00 plus 0,5 % je Transaktion.

B3) Werden in einem Verfahren ohne Zahlungsgarantie durch den Issuer auf Chipbasis, mit Sperrprüfung, mit Autorisierung, mit PIN Zahlungen durch die Kreditunternehmung als Issuer akzeptiert, so beträgt die von EPA als Acquirer durch die Kreditunternehmung zu bezahlende Domestic-Debit-Fallback-Interchange-Fee ATS 1,00 je Transaktion."

Vor 1999 bestimmte Punkt 15. des Bankomatvertrags weiters, dass jeder Teilnehmer des Bankomatvertrages darauf verzichtet, sich an anderen Einrichtungen, die unbare und schecklose Zahlungsvorgänge außerhalb des eigenen Institutsbereiches mit Bankkarten - ausgenommen Kreditkarten - ermöglichen, ohne Zustimmung der Antragsgegnerin zu beteiligen, diese zu unterstützen oder in dieser Form getätigte Zahlungen zur Abrechnung entgegenzunehmen. Es war vereinbart, dass die Unterstützung solcher allenfalls im Betrieb befindlicher Zahlungssysteme von den Teilnehmern bis spätestens 30. 6. 1996 einzustellen ist und, falls derartige Zahlungen von einem Teilnehmer einem anderen mit Abbuchungsaufträgen vorgelegt oder als solche erkannt werden, diese im Interesse des Karteninhabers nicht zurückzuweisen sind, jedoch das einreichende Geldinstitut mit der jeweils geltenden Gebühr für die Rücklastschrift zu belasten ist. Der Bankomatvertrag wurde bei der Europäischen Kommission am 11. 9. 1998 bzw in der geänderten - zuvor festgestellten - Variante am 25. 3. 1999 angemeldet und die Erteilung eines Negativattests und die Freistellung nach Art 85 Abs 3 EG-Vertrag beantragt, ohne dass die Kommission einen verfahrenseinleitenden Beschluss gefasst hätte. In Beil ./5 zum Lastschriftabkommen, dem Muster für Rücklastschriften, ist als Provision für Rücklastschriften ein Betrag von 4,36 EUR (= 60 ATS) angeführt.

VI. Das Einzugsermächtigungsabkommen und die Kundenrichtlinien für Bankkarten:<bDas Einzugsermächtigungsabkommen, das wie das Lastschriftabkommen zwischen den Fachverbänden der Kreditinstitute (im Rahmen der Wirtschaftskammer Österreich) abgeschlossen wurde, soll die Teilnehmerzahlen am kostengünstigen Einzugsverkehr vergrößern. Als Zielgruppe werden auf Händlerseite vor allem größere Firmen zweifelsfreier Bonität angeführt, die den Anteil pünktlicher Zahlungen steigern wollen, auf Seiten der Kunden Privatkunden. Festgehalten wird, dass das Einzugsermächtigungsverfahren nicht zur Unterstützung von unbefugtem Gebrauch dieser oder anderer Dienstleistungen der Banken dienen soll. Die beteiligten Banken dürfen daher keine Einziehungsaufträge von solchen Kunden entgegennehmen, von denen bekannt ist, dass sie ohne ausdrückliche Ermächtigung durch den Emittenten der Bankkarten die Magnetstreifen bzw Mikrochip von Bankkarten maschinell lesen bzw allgemein deren Daten verwenden und zu einem den Einzugsermächtigungsverfahren entsprechenden Datensatz verarbeiten. Sollte eine Bank einen Vertrag mit einem solchen Kunden bereits abgeschlossen haben, hat sie diesen zu kündigen, falls der Kunde den unbefugten Gebrauch von Bankkarten nach Aufforderung nicht einstellt. Entspricht die Bank diesem Vertragspunkt nicht, kann sie von der Teilnahme am Einzugsermächtigungsverfahren ausgeschlossen werden. Die Bank des Zahlungspflichtigen hat dann, wenn sie einen Einzug von einem solchen Kunden erhält, umgehend in schriftlicher Form die erste Einzugsstelle, ebenso wie eine allfällig vorgelagerte Clearingstelle zu informieren und eine Rückprovision von rund 8 EUR zu verrechnen.römisch VI. Das Einzugsermächtigungsabkommen und die Kundenrichtlinien für Bankkarten:<bDas Einzugsermächtigungsabkommen, das wie das Lastschriftabkommen zwischen den Fachverbänden der Kreditinstitute (im Rahmen der Wirtschaftskammer Österreich) abgeschlossen wurde, soll die Teilnehmerzahlen am kostengünstigen Einzugsverkehr vergrößern. Als Zielgruppe werden auf Händlerseite vor allem größere Firmen zweifelsfreier Bonität angeführt, die den Anteil pünktlicher Zahlungen steigern wollen, auf Seiten der Kunden Privatkunden. Festgehalten wird, dass das Einzugsermächtigungsverfahren nicht zur Unterstützung von unbefugtem Gebrauch dieser oder anderer Dienstleistungen der Banken dienen soll. Die beteiligten Banken dürfen daher keine Einziehungsaufträge von solchen Kunden entgegennehmen, von denen bekannt ist, dass sie ohne ausdrückliche Ermächtigung durch den Emittenten der Bankkarten die Magnetstreifen bzw Mikrochip von Bankkarten maschinell lesen bzw allgemein deren Daten verwenden und zu einem den Einzugsermächtigungsverfahren entsprechenden Datensatz verarbeiten. Sollte eine Bank einen Vertrag mit einem solchen Kunden bereits abgeschlossen haben, hat sie diesen zu kündigen, falls der Kunde den unbefugten Gebrauch von Bankkarten nach Aufforderung nicht einstellt. Entspricht die Bank diesem Vertragspunkt nicht, kann sie von der Teilnahme am Einzugsermächtigungsverfahren ausgeschlossen werden. Die Bank des Zahlungspflichtigen hat dann, wenn sie einen Einzug von einem solchen Kunden erhält, umgehend in schriftlicher Form die erste Einzugsstelle, ebenso wie eine allfällig vorgelagerte Clearingstelle zu informieren und eine Rückprovision von rund 8 EUR zu verrechnen.

Nach den „Kundenrichtlinien für die Benutzung der Geldausgabeautomaten für den bargeldlosen Zahlungsverkehr im Rahmen des Maestro-Service sowie für Zahlungen mit elektronischer Geldbörse im Rahmen des Quick-Service", nunmehr „Kundenrichtlinien für das Maestro-Service und das Quick-Service", bleibt die Bezugskarte im Eigentum des Kreditinstitutes; der Karteninhaber ist nur berechtigt, innerhalb der erweiterten Einsatzmöglichkeit der Bezugskarte bargeldlose Zahlungen im Rahmen des Maestro-Services durchzuführen. In einigen Ländern kann anstelle der Eingabe des persönlichen Codes die Unterschriftsleistung gefordert werden. Der Karteninhaber weist durch die Eingabe des persönlichen Codes und der Betätigung der Taste „okay" bzw durch seine Unterschriftsleistung das Kreditinstituts unwiderruflich an, den Rechnungsbetrag im Rahmen des dafür mit dem Kontoinhaber vereinbarten Limits an das jeweilige Vertragsunternehmen zu zahlen. Das Institut nimmt diese Anweisung bereits „jetzt" an. Die Ausstellung einer Bezugskarte erfolgt durch einen an das Kreditinstitut gerichteten Antrag des Kunden, in dem er sein Einverständnis erklärt, dass seine Daten an die Antragsgegnerin bzw die von ihr mit der Abwicklung des Zahlungsverkehrs herangezogene Unternehmung weiter gegeben werden dürfen. Auf Grund des Kundenantrages wird ein Datensatz zur Erstellung der Debitkarte hergestellt und an die APSS übermittelt, die einen Stammdatensatz anlegt, um den Karteninhaber zu registrieren, weil die tatsächliche technische Abwicklung der bargeldlosen Transaktion letztlich über die APSS erfolgt. Diese schickt die sogenannten Kartenpersonalisierungsdaten an die Austria Card Gesellschaft, die die Karte herstellt. Auf der Karte sind die Bankleitzahl, die Kontonummer des Kunden sowie das Kartenlimit und weitere technische Daten für die Abwicklung gespeichert.

VII. Zur Anwendung des Bankomatvertrages:römisch VII. Zur Anwendung des Bankomatvertrages:

Bereits im Frühjahr und Sommer 1998 kam es zu einem Schriftverkehr zwischen den österreichischen Banken und der deutschen Bank betreffend die Bankkartennutzung ohne PIN-Eingabe und ohne Sperrprüfung nach dem Einzugsermächtigungsverfahren. So teilte die Erste Bank mit Schreiben vom 29. 5. 1998 mit, dass eine zunehmend forcierte Verbreitung der Kartennutzer im Handel nach diesem System eingeleitet worden sei und dass es zur Hintanhaltung der damit verbundenen Missbrauchsgefahren notwendig sei, rasch entsprechende Maßnahmen zu setzen, die außerhalb der automatischen Abwicklung des EEV liegen und daher auch die diesbezüglichen Bestimmungen des Bankomat-Vertrages Punkt 15 ab 1. 7. 1998 der Deutschen Bank gegenüber zur Anwendung zu bringen. Es werde daher jede Buchung zu Lasten eines der Kunden der Ersten bzw des Sparkassensektors zwar bis auf Weiteres durchgeführt werden, der Deutschen Bank dafür aber eine Rücklastschriftgebühr von 60 ATS angelastet werden. Auch die Creditanstalt wies mit Schreiben vom 10. 6. 1998 die Deutsche Bank AG darauf hin, dass sie sich, um den Missbrauchsgefahren entgegenzuwirken, gezwungen sehe, raschest entsprechende Maßnahmen zu setzen und daher ab 1. 7. 1998 die diesbezüglichen Bestimmungen des Bankomatvertrages, nämlich Punkt 15., gegenüber der Deutschen Bank zur Anwendung bringe und ab 1. 7. pro Kundenbelastung die Gebühr für die Rücklastschrift von 60 ATS einheben werde. Weiter informierte die RZB die Deutsche Bank mit Schreiben vom 14. 7. 1998, dass sie im Zusammenhang mit den von der Deutschen Bank durchgeführten POS-Zahlungen darauf hinweise, dass auch diese Form der Zahlung dem bestehenden Bankomatvertrag (Version 11/95) insoweit unterliege, als sie darin explizit ausgeschlossen sei. Das Thema sei bei der Antragsgegnerin behandelt worden und in der Aufsichtsratssitzung vom 26. 5. einstimmig bestätigt worden. Im Dezember 1998, also nach Abänderung des Bankomatvertrags durch die Einführung des oben festgestellten Punktes 15a, teilte die Erste Bank der österreichischen Sparkassen der Deutschen Bank mit Schreiben vom 14. 12. 1998 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 4 Ob 237/98a mit, dass sie die Zustimmung zur Verwendung ihrer Bankkarten im Rahmen der verschiedenen Systeme zu folgenden Bedingungen gestatte: „... die Domestic Interchange Fee (EU-notifiziert) beträgt im Rahmen des von Ihnen benutzten Systems 5 S pro Transaktion ....". Am 11. 2. 1999 informierte die Erste Bank Rechtsanwalt Dr. Norbert G***** in Sachen Deutsche Bank AG, dass die von seinem Klienten zugesagte Bezahlung der Domestic Interchange Fee in Höhe von 5 ATS pro Transaktion „im nicht autorisierten Debit POS" und in Höhe von 5 S plus 0,5 % pro Transaktion „im garantierten Debit POS auf Magnetstreifenbasis" durch den Aufsichtsrat der Europay Austria Zahlungsrechnungsgesellschaft mbH per 1. 11. 1998 beschlossen und der EU-Wettbewerbsbehörde notifiziert worden sei; dies gelte ebenso für die Antragsgegnerin selbst und gesamthaft in Österreich. Letztlich teilte auch die Bank Austria AG mit Schreiben vom 22. 2. 1999 der Deutschen Bank AG mit, dass sie die Zustimmung zur Benutzung ihrer Bankkarten im Hinblick auf die oberstgerichtliche Judikatur daran knüpfe, dass die Gebühr unter Bedachtnahme auf die mit der Ausgabe der Bankomatkarten verbundenen Kosten mit 5 ATS pro Transaktion im Rahmen des von der Deutschen Bank genutzten Systems („derzeit" des Einzugsermächtigungsverfahrens) betrage und sie sich eine Erhöhung der Gebühr vorbehalte.

Punkt 15a des Bankomatvertrages wurde im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung der Antragsgegnerin ausgehandelt, wobei die Höhe der darin festgelegten Transaktionsgebühr das Ergebnis von Verhandlungen zwischen der EPA und den Banken ist. Übereinstimmung herrschte darin, dass die darin festgesetzen Gebühren auch für Mitbewerber der Antragsgegnerin Gültigkeit hätten. Ob und welche Kalkulationen über die tatsächlich durch die Abwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs entstehenden Kosten dieser Vereinbarung zugrunde gelegt wurden, steht nicht fest. Das in Punkt 15a b1) vorgesehenen Abwicklungsverfahren (ohne Zahlungsgarantie, auf Magnetstreifenbasis, ohne Sperrprüfung, ohne Autorisierung und mit Unterschrift, das von der Antragstellerin im Vorverfahren benutzte System), für das eine Interchange Fee von 5 ATS je Transaktion festgesetzt wurde, wurde von der Antragsgegnerin bis zur Abschaffung von Punkt 15a des Bankomatvertrages nicht eingeführt. Nicht festgestellt werden konnte, dass die unterschiedlichen Gebühren für das Maestro-Verfahren (Prozentbetrag von Umsatz plus geringer Fixbetrag) und jene außerhalb des Maestro-Verfahrens (fixe Gebühr für das Verfahren wie von der Antragstellerin im Vorverfahren angeboten) einerseits sowie andererseits die unterschiedlichen Gebühren nach Punkt 15a b1) und b3) des Bankomatvertrages (wobei für das System auf Magnetstreifenbasis ohne Sperrprüfung ohne Autorisierung und ohne Zahlungsgarantie 5 ATS je Transaktion, für das Verfahren auf Chipkartenbasis ohne Zahlungsgarantie, aber mit Sperrprüfung und mit Autorisierung dagegen lediglich eine Gebühr von 1 ATS je Transaktion in Rechnung gestellt wird) auf einer sachliche Kriterien berücksichtigenden Differenzierung beruhen.

VIII. Bedeutung des unbaren Zahlungsverkehrs in Österreich:römisch VIII. Bedeutung des unbaren Zahlungsverkehrs in Österreich:

Die Zahl der Maestro-Zahlungstransaktionen stieg von 8,9 Mio (1994) auf 38,9 Mio (1998), wobei fast der gesamte Anteil auf Transaktionen von Inländern im Inland entfiel. Das Zahlungsvolumen lag 1994 bei 5,1 Mrd ATS, 1998 bei 28,3 Mrd ATS. 2001 belief sich die Zahl der Transaktionen mit Maestro bereits auf über 106 Mio, davon 102,5 Mio durch Österreicher im Inland, bei einem Zahlungsvolumen von 5,9 Mrd EUR. 2002 gab es 140,9 Mio Transaktionen, davon 135,7 Mio von Österreichern im Inland, bei einem Zahlungsvolumen von 7,64 Mrd EUR. Die Steigerungsrate setzte sich 2003 (158,3 Mio Transaktionen, Zahlungsvolumen 8,34 Mrd EUR), 2004 (188,5 Mio Transaktionen bei 9,73 Mrd EUR Zahlungsvolumen) und 2005 (215,9 Mio Transaktionen, Zahlungsvolumen 11,16 Mrd EUR) fort. 2005 waren 6,67 Mio Karten mit Maestro Logo ausgegeben. Die Zahl der POS-Terminals erhöhte sich von 19.240 POS-Terminals 1998 auf 82.748 Terminals 2005. In diesen Zahlen nicht enthalten ist die Summe der Bargeldbezugstransaktionen am Bankomaten, die sich von 91,5 Mio Transaktionen mit 12,37 Mrd EUR Bargeldbezugsvolumen 1998 auf 123,05 Mio Transaktionen mit 15,88 Mrd EUR Bargeldbezugsvolumen 2005 steigerte. Die durchschnittliche Transaktionssumme pro unbarer Zahlungstransaktion von Inländern im Inland beträgt rund 50 EUR. Die Umsatzerlöse der Antragsgegnerin betrugen im Geschäftsjahr 2005 rund 90 Mio EUR, der Gewinn über 21 Mio EUR (Umsatzrendite rund 23 %).

IX. Die Disagiosätze im Verhältnis Händler-Acquirer:römisch IX. Die Disagiosätze im Verhältnis Händler-Acquirer:

Der Maestro Akzeptanzvertrag, den die Antragsgegnerin mit den Händlern schließt, sieht vor, dass die Händler ihre Leistungen zu denselben Konditionen und Preisen wie für bar zahlende Kunden zu erbringen haben. Dennoch haben die Händler dem Acquirer ein umsatzgestaffeltes Disagio zu zahlen; dieses betrug im fraglichen Zeitraum im Standardvertrag 0,95 % bei einem Umsatz bis zu 300.000 EUR, 0,9 % bei einem Umsatz zwischen 300.000 und 600.000 EUR und 0,85 % bei einem höheren Umsatz. Mit besonderen Großkunden wurden gesonderte Sätze (Disagio von 0,3 % bis 0,5 %) vereinbart; rund ein Drittel der Unternehmen hat Disagiosätze von 0,5 % bis 0,95 % zu zahlen. Diese Differenzierung führt dazu, dass kleine Händler bis zum Dreifachen des Disagiosatzes von großen Händlern zahlen. Solche massive Preisunterschiede seinen Kunden gegenüber kann ein Unternehmen nur durchzusetzen, wenn die Kunden nicht oder kaum zu Konkurrenten ausweichen können.

X. Tatsächliche Transaktionskosten - vereinbarte Interchange Fee:römisch zehn. Tatsächliche Transaktionskosten - vereinbarte Interchange Fee:

Die Transaktionskosten des gesamten POS-Lastschriftverfahrens für die Abwicklung der einzelnen Zahlung betragen 0,06 EUR, für die Bearbeitung von Reklamationen 0,12 EUR. Unter Berücksichtigung angenommener „overhead-Kosten"" (für Verwaltung, Rechnungswesen und anderer nicht eindeutig zuordenbarer Kosten eines Unternehmens) in Höhe von 28 %, die von den Privatgutachtern als mit den Bankenvertretern diskutiert und auf dieser Basis als „plausibel" bezeichnet werden, ergeben sich Kosten von 0,23 EUR je Transaktion. Tatsächlich wird von den Banken bei der Durchführung von Rücklastschriften infolge von Reklamationen ohnehin eine gesonderte Gebühr in Rechnung gestellt; belastet man daher lediglich die eigentlichen Kosten des POS-Lastschriftverfahren für die Abwicklung der einzelnen Zahlung von 0,06 EUR mit overhead-Kosten von 28 %, gelangt man zu Kosten der einzelnen Transaktion von rund 0,08 EUR (= 1,1 ATS). In diesem Betrag sind die gesamten Kosten der unbaren Zahlungsabwicklung enthalten, angefangen von der Feststellung des Zahlungsbetrages am POS beim Händler, über die Abwicklung mit dem Rechenzentrum, Bestätigung der Zahlung, die elektronische Übertragung der Transaktion, bis hin zur Belastung des Kundenkontos und Gutschrift auf dem Händlerkonto, also nicht nur die Kosten der Durchführung beim Acquirer, sondern auch beim Issuer. Die von der Antragsgegnerin an die kontoführende Bank zu zahlende Interchange Fee beträgt bei einer durchschnittlichen Transaktion von 50 EUR 0,3 % (2,1 ATS) plus 1 ATS, somit insgesamt 3,1 ATS. Die von Easycash für denselben Transaktionsbetrag zu zahlende Interchange Fee beträgt 5 ATS. Erst bei einem Transaktionsvolumen von ca 100 EUR erreicht die prozentuelle Gebühr der Antragsgegnerin die fixe Gebühr bei Easycash. Die durchschnittliche Transaktionssumme sinkt aber kontinuierlich, weil immer mehr auch Kleinbeträge mittels Bankkarte bezahlt werden. Bei einem durchschnittlichen Disagiosatz von 0,6 % beträgt beim durchschnittlichen Transaktionsvolumen von 50 EUR das vom Händler der Antragsgegnerin zu entrichtende Entgelt 4,2 ATS; bei durchschnittlich 0,7 % Disagio sind es 4,9 ATS, bei 0,8 % 5,6 ATS und bei 0,9 % 6,3 ATS Entgelt. Bringt man davon die von der Antragsgegnerin zu zahlende Interchange Fee von 3,1 ATS in Abzug - und lässt dabei deren kartellrechtliche Beurteilung bei tatsächlichen Gesamtkosten von nur 1,1 ATS unberücksichtigt - verbleiben der Antragsgegnerin pro Transaktion zwischen 1,1 ATS und 3,2 ATS. Bei 150 Mio Transaktionen 2003 mit der Maestrokarte errechnet sich daher sogar auf dieser Basis ein Betrag von 165 Mio ATS bis 480 Mio ATS (entspricht 12 Mio EUR bis 35 Mio EUR), den die Antragsgegnerin bei Wettbewerbsverhältnissen nicht hätte erzielen können.

In rechtlicher Hinsicht führte das Kartellgericht aus:

I) Das Kartell/der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung:römisch eins) Das Kartell/der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung:

I.1. Der relevante Markt:römisch eins.1. Der relevante Markt:

Räumlich relevanter Markt sei das österreichische Bundesgebiet, werde doch der Umsatz fast ausschließlich von österreichischen Bankomatdebitkarten im Inland mit Karten erwirtschaftet, die nahezu ausschließlich von österreichischen Kreditinstituten ausgegeben worden seien; auch die Händlerverträge würden national abgeschlossen. Sachlich relevanter Markt sei jener für unbare POS-Zahlungssysteme mit Bankkarten. Ausgenommen seien die Kreditkarten, bei denen die Zahlungsabwicklung unter anderen Bedingungen erfolgten (Kreditierung des Zahlungsbetrags; zumeist Koppelung mit einem Paket von Zusatzleistungen wie Reiseversicherung uä); auch die Kostensituation bei Händlern und kreditkartenbenutzenden Kunden unterscheide sich von jener im Debitkartenbereich.

I.2. Das Kartell:römisch eins.2. Das Kartell:

Ein Vereinbarungskartell gem § 10 KartG 1988 sei bei einer Verhaltensabstimmung zwischen wirtschaftlich selbstständig bleibenden Unternehmen und einer Beschränkung des Wettbewerbes vorgelegen. Sei die Wettbewerbsbeschränkung ausdrücklicher Inhalt einer Vereinbarung oder aus den wirtschaftlichen Begleitumständen unzweifelhaft ersichtlich gewesen, habe es sich nach dem System des KartG 1988 um ein Absichtskartell gehandelt. Ein solches sei auch vorgelegen, wenn die Wettbewerbsbeschränkung bewusst und gewollt als Mittel zur Realisierung eines wettbewerbsneutralen Endzwecks eingesetzt worden sei. Absprachen, mit denen sich die Beteiligten auf die Einhaltung bestimmter Preise verständigt hätten, seien als klassisches Preiskartell anzusehen gewesen. Eine solche Preisabsprache sei durch Punkt 15a) des Bankomatvertrags getroffen worden, indem sich die Vertragsteilnehmer auf bestimmte einheitliche Preise für bestimmte, nach abstrakt-allgemeinen Kriterien umschriebene Leistungen geeinigt hätten. Auch wenn die dort festgelegten Preise formell nur mit der Antragsgegnerin vereinbart worden seien, hätten sie nach dem festgestellten Verständnis der vertragschließenden Parteien auch den übrigen Marktteilnehmern gegenüber gelten sollen und seien von den Banken auch tatsächlich unter Berufung auf die Bestimmung des Bankomatvertrags verlangt worden. Die Vereinbarung des Art 15a des Bankomatvertrags sei daher als Absichtskartell zu beurteilen. Unerheblich sei daher, welche Banken tatsächlich die Gebühr von Wettbewerbern der Antragsgegnerin eingehoben hätten, weil es auf das tatsächliche Bewirken der Wettbewerbsbeschränkung nicht ankomme; stehe nämlich die Wettbewerbsbeschränkung als Zweck einer unternehmerischen Koordinierungsmaßnahme fest, könne auf die Prüfung ihrer tatsächlichen Folgen verzichtet werden. Die in Punkt 15a des Bankomatvertrags bestimmte Gebühr sei von mehreren österreichischen Banken - auch unter Berufung auf die genannte Vertragsbestimmung - von Mitbewerbern der Antragsgegnerin zumindest bis Ende Jänner 2004 gefordert worden.Ein Vereinbarungskartell gem § 10 KartG 1988 sei bei einer Verhaltensabstimmung zwischen wirtschaftlich selbstständig bleibenden Unternehmen und einer Beschränkung des Wettbewerbes vorgelegen. Sei die Wettbewerbsbeschränkung ausdrücklicher Inhalt einer Vereinbarung oder aus den wirtschaftlichen Begleitumständen unzweifelhaft ersichtlich gewesen, habe es sich nach dem System des KartG 1988 um ein Absichtskartell gehandelt. Ein solches sei auch vorgelegen, wenn die Wettbewerbsbeschränkung bewusst und gewollt als Mittel zur Realisierung eines wettbewerbsneutralen Endzwecks eingesetzt worden sei. Absprachen, mit denen sich die Beteiligten auf die Einhaltung bestimmter Preise verständigt hätten, seien als klassisches Preiskartell anzusehen gewesen. Eine solche Preisabsprache sei durch Punkt 15a) des Bankomatvertrags getroffen worden, indem sich die Vertragsteilnehmer auf bestimmte einheitliche Preise für bestimmte, nach abstrakt-allgemeinen Kriterien umschriebene Leistungen geeinigt hätten. Auch wenn die dort festgelegten Preise formell nur mit der Antragsgegnerin vereinbart worden seien, hätten sie nach dem festgestellten Verständnis der vertragschließenden Parteien auch den übrigen Marktteilnehmern gegenüber gelten sollen und seien von den Banken auch tatsächlich unter Berufung auf die Bestimmung des Bankomatvertrags verlangt worden. Die Vereinbarung des Artikel 15 a, des Bankomatvertrags sei daher als Absichtskartell zu beurteilen. Unerheblich sei daher, welche Banken tatsächlich die Gebühr von Wettbewerbern der Antragsgegnerin eingehoben hätten, weil es auf das tatsächliche Bewirken der Wettbewerbsbeschränkung nicht ankomme; stehe nämlich die Wettbewerbsbeschränkung als Zweck einer unternehmerischen Koordinierungsmaßnahme fest, könne auf die Prüfung ihrer tatsächlichen Folgen verzichtet werden. Die in Punkt 15a des Bankomatvertrags bestimmte Gebühr sei von mehreren österreichischen Banken - auch unter Berufung auf die genannte Vertragsbestimmung - von Mitbewerbern der Antragsgegnerin zumindest bis Ende Jänner 2004 gefordert worden.

I.3. Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung:römisch eins.3. Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung:

Nach dem von ihr selbst vorgelegten Privatgutachten habe die Antragsgegnerin im relevanten Zeitraum 2002 bis 2004 auf dem österreichischen Markt für unbaren Zahlungsverkehr am POS-Terminal 88 % Marktanteil besessen und sei daher nach den Kriterien des § 34 KartG 1988 als marktbeherrschend zu beurteilen; den ihr obliegenden Gegenbeweis habe sie nicht einmal angetreten. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass praktisch sämtliche Debitkarten ausstellenden Banken als weitere Marktteilnehmer im Netzwerk gesellschaftsrechtlich mit der Antragsgegnerin verbunden seien. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung iSd § 35 KartG 1988 liege dann vor, wenn ein den anderen Marktteilnehmern wirtschaftlich überlegener Unternehmer auf das Marktgeschehen in einer Weise Einfluss nehme, dass negative Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsverhältnisse zu befürchten seien; dabei genüge es, dass er seinen aus der Abhängigkeit des Partners resultierenden Handlungsspielraum „wahrnehme". Es sei als Behinderungsmissbrauch zu beurteilen, wenn ein Marktbeherrscher potentielle Händler durch eine Bezugsklausel an sich binde und damit Konkurrenten den Zugang zum Markt versperre oder wesentlich erschwere. Hier habe die Antragsgegnerin in Form des Bankomatvertrags mit allen relevanten Banken in Österreich eine Vereinbarung geschlossen, die es den Banken mittlerweile zwar erlaube, mit Mitbewerbern der Antragsgegnerin in Geschäftsverbindung zu treten, nicht aber (ohne Zustimmung der Antragsgegnerin) eine gesellschaftsrechtliche Verbindung einzugehen. Damit erreiche die Antragsgegnerin, dass es für die Banken unattraktiv sei, Verträge mit anderen Acquirern abzuschließen, weil sie damit dem Unternehmen, an dem die Banken gesellschaftsrechtlich und daher auch an den Gewinnen beteiligt seien, Konkurrenz schaffe und damit ihre eigenen Gewinnaussichten verschlechterten; dies bewirke eine Marktabschottung. Die Anwendung der in Punkt 15a des Bankomatvertrags vorgesehenen Preise auf die Wettbewerber der Antragsgegnerin durch die Banken bewirke weiters, dass die von den Mitbewerbern verlangten Transaktionsgebühren - bei einem Transaktionsvolumen von bis zu rund 100 EUR - teurer seien als jene der Antragsgegnerin, obwohl geringere Leistungen erbracht würden (keine Zahlungsgarantie, keine Möglichkeit der Sperrdatenabfrage). Die Verrechnung unterschiedlicher Gebühren für unterschiedliche Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs am POS wiege umso schwerer, weil der Markt der unbaren POS-Zahlungen stark wachse und der Durchschnittsumsatz pro Transaktion sinke, wodurch sich die Zahlungspflicht der Antragsgegnerin im Vergleich zum ihren Mitbewerbern verrechneten fixen Satz noch weiter verringere. Die Missbräuchlichkeit der Aufnahmetransaktionsgebühr laut Punkt 15a) b) 1) des Bankomatvertrags und dessen Ziel, Mitbewerber der Antragsgegnerin zu treffen, ergebe sich daraus, dass die dort genannten Verfahren von der Antragsgegnerin nie angeboten worden seien und daher im Verhältnis zwischen ihr und den Debitkarten ausgebenden Banken keine Veranlassung für die Festsetzung einer solchen Gebühr bestanden habe. Die Missbräuchlichkeit der Höhe der in diesem Punkt veranschlagten Gebühr zeige sich auch an Punkt 15a) b) 3), wo für eine Transaktion, die zwar ohne Zahlungsgarantie, aber mit Sperrprüfung und mit Autorisierung erfolge (also eine höherwertige Gegenleistung der Banken zum Inhalt habe), dennoch nur eine Fixgebühr von 1 ATS je Transaktion festgesetzt worden sei, dies im Gegensatz zur Gebühr von 5 ATS bei der Transaktionsform der Mitbewerber Easycash GesmbH und Hobex AG, denen eine Sperrdatenabfrage unter Berufung auf das Bankgeheimnis vorenthalten worden sei. Dazu komme, dass für die Reklamationsverfahren und die damit verbundenen Rücklastschriftverfahren ohnehin eine separate Rücklastgebühr in erheblicher Höhe verrechnet werde, und dass sogar nach dem von der Antragsgegnerin selbst vorgelegten betriebswirtschaftlichen Privatgutachten Kosten pro Transaktion von nur 0,06 EUR (bzw inklusive „overhead"-Kosten von rund 0,08 EUR) entstünden. Es ergebe sich somit insgesamt zweifelsfrei, dass die von der Antragsgegnerin gemeinsam mit ihren Gesellschaftern festgesetzte Gebühr für das System der Mitbewerber Easycash GesmbH und Hobex AG von 5 ATS pro Transaktion (nunmehr 0,36 bis 0,40 EUR) in sachlich nicht erklärbarer Weise überhöht sei und als Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Antragsgegnerin zu beurteilen sei. Im Übrigen ergebe sich der Marktmachtmissbrauch der Antragsgegnerin auch aus den unterschiedlichen Disagiosätzen gegenüber den Händlern, die zwischen Großabnehmern und kleinen Händlern um mehr als das Dreifache voneinander abwichen, was nur durchsetzbar sei, wenn Kleinabnehmern das Ausweichen auf andere Anbieter nicht möglich sei.

Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob die Zahlungsabwicklungssysteme der Mitbewerber Lastschriftverfahren „im technischen Sinn" seien. Die Easycash GesmbH verfüge über keine Bankkonzession und könne daher das eigentliche Clearing nicht durchführen; beurteile man sie deshalb nicht als „eigentlichen" Acquirer, sondern ähnlich einem Großkunden einer Bank, der die Daten selbst sammle und die Zahlung mit Hilfe des Lastschriftverfahrens der österreichischen Kreditinstitute abwickle, wäre umso unverständlicher, warum gerade von den „Acquirern" besondere Gebühren verlangt worden seien. Ein solches Verhalten wäre umso eher marktmissbräuchlich und müsste auch in Richtung einer Diskriminierung (§ 35 Abs 1 Z 3 KartG 1988) untersucht werden.

II. Zum Feststellungsantrag:römisch II. Zum Feststellungsantrag:

Gemäß § 28 Abs 1 KartG 2005 habe das Kartellgericht, wenn die Zuwiderhandlung bereits beendet sei, die Zuwiderhandlung festzustellen, soweit daran ein berechtigtes Interesse bestehe. Eine Fortsetzung anhängiger Feststellungsanträge sei nur nach dieser Bestimmung möglich (§ 90 KartG 2005). Daraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass Sachverhalte, die sich im Geltungszeitraum des KartG 1988 verwirklicht hätten, überhaupt nicht feststellungsfähig wären; solches sei weder den Übergangsbestimmungen noch

Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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