Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache Hannes W*****, über den Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Juli 2007, GZ 45 R 240/07p-142, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 14. Februar 2007, GZ 26 P 40/05t-132, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 6. 3. 2000 wurde für den Betroffenen Rechtsanwalt Mag. Robert B***** zum Sachwalter gemäß § 273 Abs 3 Z 2 ABGB bestellt und mit der Besorgung der Einkommens- und Vermögensverwaltung, der Vertretung vor Ämtern, Behörden und privaten Vertragspartnern betraut.Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 6. 3. 2000 wurde für den Betroffenen Rechtsanwalt Mag. Robert B***** zum Sachwalter gemäß Paragraph 273, Absatz 3, Ziffer 2, ABGB bestellt und mit der Besorgung der Einkommens- und Vermögensverwaltung, der Vertretung vor Ämtern, Behörden und privaten Vertragspartnern betraut.
Am 30. 1. 2007 beantragte der Sachwalter, die Wiederaufnahmsklage vom 17. 1. 2007 zu 8 Cgs 25/07k des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien zu genehmigen. Er brachte hiezu vor, dass der Mieter der im Eigentum des Betroffenen stehenden Wohnung *****, bei der Schlichtungsstelle einen Antrag auf Mietzinsüberprüfung gestellt habe. Diese sei dem Sachwalter am 15. 1. 2007 zugestellt worden. Die Schlichtungsstelle habe mit Entscheidung vom 10. 1. 2007 einen Rückzahlungsbetrag von EUR 4.863,90 errechnet. Im Verfahren 8 Cgs 32/05m habe das Arbeits- und Sozialgericht das Klagebegehren der betroffenen Person auf Ausgleichszulage mit der Begründung abgewiesen, dass die Einkünfte (Mieterträge und Pension) den Ausgleichszulagenrichtsatz überschreiten würden. Aufgrund der Entscheidung der Schlichtungsstelle sei dies aber nicht der Fall, weil nunmehr rückwirkend die Mieterträge wesentlich geringer ausfallen würden. Aus diesem Grund sei die Wiederaufnahmsklage beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht worden.
Das Erstgericht lehnte die pflegschaftsbehördliche Genehmigung ab. In der Entscheidung der Schlichtungsstelle sei keine neue Tatsache iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO zu sehen. Der Umstand, dass vom Betroffenen monatlich EUR 436 an Mietzinseinnahmen zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Verfahren 8 Cgs 32/05m des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien bezogen worden seien, werde durch die Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht geändert. Als Tatsache sei lediglich die unter Punkt II der Entscheidung der Schlichtungsstelle ausgesprochene Rückzahlungsverpflichtung zu werten. Diese sei jedoch keine neue Tatsache, welche zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorhanden gewesen sei.Das Erstgericht lehnte die pflegschaftsbehördliche Genehmigung ab. In der Entscheidung der Schlichtungsstelle sei keine neue Tatsache iSd Paragraph 530, Absatz eins, Ziffer 7, ZPO zu sehen. Der Umstand, dass vom Betroffenen monatlich EUR 436 an Mietzinseinnahmen zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Verfahren 8 Cgs 32/05m des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien bezogen worden seien, werde durch die Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht geändert. Als Tatsache sei lediglich die unter Punkt römisch II der Entscheidung der Schlichtungsstelle ausgesprochene Rückzahlungsverpflichtung zu werten. Diese sei jedoch keine neue Tatsache, welche zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vorhanden gewesen sei.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Für die Wiederaufnahme komme nur die ursprüngliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Entscheidung in Betracht; die Tatsachen müssten schon im Zeitpunkt des Vorprozesses vorhanden gewesen sein. Die Wiederaufnahmsklage könne nicht erhoben werden, wenn sich die Unrichtigkeit der Entscheidung aus erst nachträglich entstandenen Tatbeständen ergebe. Werde daher ein die Grundlage des Rechtsstreites bildendes Rechtsgeschäft nachträglich angefochten, stelle der Oberste Gerichtshof darauf ab, dass der Vertrag bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht für nichtig erklärt worden war (Jelinek in Fasching/Konecny2 § 530 ZPO Rz 148 f). Dies müsse sinngemäß auch für den vereinbarten Mietzins gelten, dessen Überprüfung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei der Schlichtungsstelle begehrt worden sei. Bei Schluss der Verhandlung habe der Betroffene jedoch monatlich EUR 436 an Mietzinseinnahmen bezogen, sodass den Ausführungen des Erstgerichtes beizutreten sei. Im Übrigen habe der Sachwalter erst im Rekurs lediglich die Bereitschaft erklärt, auf allfällige Honoraransprüche in diesem Verfahren zu verzichten. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil - soweit überblickbar - keine ausreichend umfangreiche Judikatur vorhanden sei und es sich um eine Rechtsfrage von den Einzelfall übersteigender Bedeutung handle. Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig:Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Für die Wiederaufnahme komme nur die ursprüngliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Entscheidung in Betracht; die Tatsachen müssten schon im Zeitpunkt des Vorprozesses vorhanden gewesen sein. Die Wiederaufnahmsklage könne nicht erhoben werden, wenn sich die Unrichtigkeit der Entscheidung aus erst nachträglich entstandenen Tatbeständen ergebe. Werde daher ein die Grundlage des Rechtsstreites bildendes Rechtsgeschäft nachträglich angefochten, stelle der Oberste Gerichtshof darauf ab, dass der Vertrag bei Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht für nichtig erklärt worden war (Jelinek in Fasching/Konecny2 Paragraph 530, ZPO Rz 148 f). Dies müsse sinngemäß auch für den vereinbarten Mietzins gelten, dessen Überprüfung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei der Schlichtungsstelle begehrt worden sei. Bei Schluss der Verhandlung habe der Betroffene jedoch monatlich EUR 436 an Mietzinseinnahmen bezogen, sodass den Ausführungen des Erstgerichtes beizutreten sei. Im Übrigen habe der Sachwalter erst im Rekurs lediglich die Bereitschaft erklärt, auf allfällige Honoraransprüche in diesem Verfahren zu verzichten. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil - soweit überblickbar - keine ausreichend umfangreiche Judikatur vorhanden sei und es sich um eine Rechtsfrage von den Einzelfall übersteigender Bedeutung handle. Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes nicht zulässig:
Rechtliche Beurteilung
Im Verfahren über die Erteilung oder Versagung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung einer Klage ist eine abschließende Beurteilung der Tat- und Rechtsfrage nicht vorgesehen (5 Ob 212/04s; RIS-Justiz RS0022006, RS0048156, RS0108029). Bei der Entscheidung über die pflegschaftsbehördliche Genehmigung ist auf das Wohl des Pflegebefohlenen, insbesondere auch der behinderten Person (vgl § 281 ABGB), Bedacht zu nehmen. Ob im Einzelfall eine Prozessführung im Interesse des Pflegebefohlenen liegt, ist eine Ermessensentscheidung (RIS-Justiz RS0048207) und stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0048207). Zur Erforderlichkeit einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung einer Klage im sozialgerichtlichen Verfahren liegen bereits zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vor (10 ObS 86/97p; 6 Ob 258/06v). Demnach belastet eine Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG zufolge der besonderen Kostentragungsvorschriften einen pflegebefohlenen Kläger nicht mit Prozesskosten. Ein eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung erforderndes Prozessrisiko könne daher nur im Entlohnungsanspruch des Vertreters des Pflegebefohlenen liegen. Ein derartiges Risiko bestehe jedoch nicht, wenn kein Honoraranspruch des einschreitenden Rechtsanwaltes zu erwarten ist, etwa weil dieser für die Mutter (und nicht den Minderjährigen selbst) einschreitet (so im Fall 10 ObS 86/97p) oder der Kläger aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe erfüllt (6 Ob 258/06v). Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf die aktenkundigen Ersparnisse des Betroffenen (vgl ON 126) die Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe nicht erfüllt, sodass ein Entlohnungsanspruch des Sachwalters nach § 267 ABGB in Betracht käme. Die erst im Rekurs erklärte Bereitschaft des Sachwalters, unentgeltlich tätig zu werden, hatte das Rekursgericht im Hinblick auf § 49 Abs 2 AußStrG nicht mehr zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die dargelegte Judikatur liegt aber eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu beantwortende Rechtsfrage nicht vor.Im Verfahren über die Erteilung oder Versagung der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung einer Klage ist eine abschließende Beurteilung der Tat- und Rechtsfrage nicht vorgesehen (5 Ob 212/04s; RIS-Justiz RS0022006, RS0048156, RS0108029). Bei der Entscheidung über die pflegschaftsbehördliche Genehmigung ist auf das Wohl des Pflegebefohlenen, insbesondere auch der behinderten Person vergleiche Paragraph 281, ABGB), Bedacht zu nehmen. Ob im Einzelfall eine Prozessführung im Interesse des Pflegebefohlenen liegt, ist eine Ermessensentscheidung (RIS-Justiz RS0048207) und stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0048207). Zur Erforderlichkeit einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung einer Klage im sozialgerichtlichen Verfahren liegen bereits zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vor (10 ObS 86/97p; 6 Ob 258/06v). Demnach belastet eine Sozialrechtssache nach Paragraph 65, Absatz eins, Ziffer eins, ASGG zufolge der besonderen Kostentragungsvorschriften einen pflegebefohlenen Kläger nicht mit Prozesskosten. Ein eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung erforderndes Prozessrisiko könne daher nur im Entlohnungsanspruch des Vertreters des Pflegebefohlenen liegen. Ein derartiges Risiko bestehe jedoch nicht, wenn kein Honoraranspruch des einschreitenden Rechtsanwaltes zu erwarten ist, etwa weil dieser für die Mutter (und nicht den Minderjährigen selbst) einschreitet (so im Fall 10 ObS 86/97p) oder der Kläger aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe erfüllt (6 Ob 258/06v). Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf die aktenkundigen Ersparnisse des Betroffenen vergleiche ON 126) die Voraussetzungen für die Gewährung der Verfahrenshilfe nicht erfüllt, sodass ein Entlohnungsanspruch des Sachwalters nach Paragraph 267, ABGB in Betracht käme. Die erst im Rekurs erklärte Bereitschaft des Sachwalters, unentgeltlich tätig zu werden, hatte das Rekursgericht im Hinblick auf Paragraph 49, Absatz 2, AußStrG nicht mehr zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die dargelegte Judikatur liegt aber eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu beantwortende Rechtsfrage nicht vor.
Zur Klarstellung ist jedoch darauf zu verweisen, das eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Wiederaufnahmsklage nicht erforderlich ist, wenn der Sachwalter gegenüber dem Pflegschaftsgericht bindend erklären sollte, für die Prozessführung keine Belohnung zu beanspruchen.
Anmerkung
E853066Ob210.07mSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inZak 2007/709 S 415 - Zak 2007,415 = EFSlg 116.895XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0060OB00210.07M.0913.000Zuletzt aktualisiert am
26.06.2009