TE OGH 2007/9/28 9ObA50/07d

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Veröffentlicht am 28.09.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner und Mag. Canan Aytekin-Yildirim als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Viktor B*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Verband W*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert EUR 21.800), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 2007, GZ 10 Ra 135/06f-51, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) bindet die Entlassung eines begünstigten Behinderten - auch nach der BEinstG-Novelle 1999, BGBl I 1999/17 - weder an die Zustimmung einer Behörde oder eines Gerichts noch zählt es gewisse wichtige Gründe auf, die eine Entlassung rechtfertigen. Die einschlägigen Bestimmungen des allgemeinen Entlassungsrechts kommen daher grundsätzlich zur Anwendung (vgl Löschnigg, Arbeitsrecht10 547; Ernst/Haller, BEinstG6 § 8 Erl 119; Weiss in DRdA 2003/13, 158; Mayr in ZellKomm § 8 BEinstG Rz 18; RIS-Justiz RS0108889 ua).Das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) bindet die Entlassung eines begünstigten Behinderten - auch nach der BEinstG-Novelle 1999, BGBl römisch eins 1999/17 - weder an die Zustimmung einer Behörde oder eines Gerichts noch zählt es gewisse wichtige Gründe auf, die eine Entlassung rechtfertigen. Die einschlägigen Bestimmungen des allgemeinen Entlassungsrechts kommen daher grundsätzlich zur Anwendung vergleiche Löschnigg, Arbeitsrecht10 547; Ernst/Haller, BEinstG6 Paragraph 8, Erl 119; Weiss in DRdA 2003/13, 158; Mayr in ZellKomm Paragraph 8, BEinstG Rz 18; RIS-Justiz RS0108889 ua).

Als ein wichtiger Grund, der den Arbeitgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, ist nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG anzusehen, wenn der Angestellte im Dienst untreu ist. „Untreue im Dienst" setzt einen vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers voraus (vgl Kuderna, Entlassungsrecht² 81 f; Pfeil in ZellKomm § 27 AngG Rz 5; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 27 Rz 7; RIS-Justiz RS0029506 ua). Nach ständiger Rechtsprechung muss der Vorsatz des Arbeitnehmers nicht nur auf die den Verstoß begründende Handlung oder Unterlassung gerichtet sein, sondern auch die Richtung dieses Verstoßes, nämlich die den Interessen des Arbeitgebers abträgliche Eignung der Handlung (Unterlassung) umfassen. Dem Arbeitnehmer muss überdies die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewusst sein (Pfeil aaO § 27 AngG Rz 6 mwN; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 122 Rz 41 f; RIS-Justiz RS0029375 ua).Als ein wichtiger Grund, der den Arbeitgeber zur vorzeitigen Entlassung berechtigt, ist nach Paragraph 27, Ziffer eins, erster Tatbestand AngG anzusehen, wenn der Angestellte im Dienst untreu ist. „Untreue im Dienst" setzt einen vorsätzlichen und pflichtwidrigen Verstoß gegen die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers voraus vergleiche Kuderna, Entlassungsrecht² 81 f; Pfeil in ZellKomm Paragraph 27, AngG Rz 5; Friedrich in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG Paragraph 27, Rz 7; RIS-Justiz RS0029506 ua). Nach ständiger Rechtsprechung muss der Vorsatz des Arbeitnehmers nicht nur auf die den Verstoß begründende Handlung oder Unterlassung gerichtet sein, sondern auch die Richtung dieses Verstoßes, nämlich die den Interessen des Arbeitgebers abträgliche Eignung der Handlung (Unterlassung) umfassen. Dem Arbeitnehmer muss überdies die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens bewusst sein (Pfeil aaO Paragraph 27, AngG Rz 6 mwN; Trost in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG Paragraph 122, Rz 41 f; RIS-Justiz RS0029375 ua).

Ob der Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG verwirklicht ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0029420 ua), denen in der Regel keine darüber hinausgehende erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt, sofern keine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vorliegt. Von einer solchen kann hier keine Rede sein; die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist vertretbar. Danach liegt hier ein erheblicher Verstoß des Klägers gegen die dienstlichen Interessen des Beklagten vor, der den Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG erfüllt, weil der Kläger als angestellter kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer ohne sachliche Gründe die Unterschrift unter einen Förderungsvertrag, der dem Beklagten bedeutende finanzielle Zuwendungen verschafft hätte, unter bewusster Inkaufnahme finanzieller Nachteile seines Arbeitgebers verweigerte, um sich bei den laufenden Gehaltsverhandlungen einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass gerade an Angestellte in leitender Stellung strengere Anforderungen zu stellen sind (vgl Pfeil aaO § 27 AngG Rz 10; RIS-Justiz RS0029652 ua), genießen sie doch auch eine größere Vertrauensstellung als Arbeitnehmer, die bloß mit untergeordneten Tätigkeiten befasst sind (RIS-Justiz RS0029341 ua). Dass der Kläger den Beklagten mit der Unterfertigung des Förderungsvertrags hinhielt und seine Unterschrift an die vorherige Einsichtnahme in Unterlagen knüpfte, die ihm nach den Feststellungen ohnehin bereits bekannt waren, lässt sein Verhalten in keinem milderen Licht erscheinen und relativiert den Einwand in der Revision, es habe sich ohnehin nur um eine „vorläufige" Weigerung gehandelt.Ob der Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst nach Paragraph 27, Ziffer eins, erster Tatbestand AngG verwirklicht ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0029420 ua), denen in der Regel keine darüber hinausgehende erhebliche Bedeutung iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zukommt, sofern keine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts vorliegt. Von einer solchen kann hier keine Rede sein; die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist vertretbar. Danach liegt hier ein erheblicher Verstoß des Klägers gegen die dienstlichen Interessen des Beklagten vor, der den Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst nach Paragraph 27, Ziffer eins, erster Tatbestand AngG erfüllt, weil der Kläger als angestellter kollektivvertretungsbefugter Geschäftsführer ohne sachliche Gründe die Unterschrift unter einen Förderungsvertrag, der dem Beklagten bedeutende finanzielle Zuwendungen verschafft hätte, unter bewusster Inkaufnahme finanzieller Nachteile seines Arbeitgebers verweigerte, um sich bei den laufenden Gehaltsverhandlungen einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass gerade an Angestellte in leitender Stellung strengere Anforderungen zu stellen sind vergleiche Pfeil aaO Paragraph 27, AngG Rz 10; RIS-Justiz RS0029652 ua), genießen sie doch auch eine größere Vertrauensstellung als Arbeitnehmer, die bloß mit untergeordneten Tätigkeiten befasst sind (RIS-Justiz RS0029341 ua). Dass der Kläger den Beklagten mit der Unterfertigung des Förderungsvertrags hinhielt und seine Unterschrift an die vorherige Einsichtnahme in Unterlagen knüpfte, die ihm nach den Feststellungen ohnehin bereits bekannt waren, lässt sein Verhalten in keinem milderen Licht erscheinen und relativiert den Einwand in der Revision, es habe sich ohnehin nur um eine „vorläufige" Weigerung gehandelt.

Das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist allen Entlassungstatbeständen immanent und dient der Abgrenzung bloß geringfügiger Verstöße von tatbestandsmäßigen Begehungshandlungen (vgl Kuderna aaO 60; RIS-Justiz RS0029095 ua). Auch die Beurteilung dieser Frage hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (Pfeil aaO § 27 AngG Rz 11 ua) und begründet gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Nach der Lage des Falls kann in der Bejahung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger keine unvertretbare Beurteilung erblickt werden. Von einem bloß „geringfügigen" Verstoß kann hier keine Rede sein. Auf die vom Revisionswerber erstmals in der Revision aufgeworfene Frage der Abgrenzung des Verhältnisses des Zustimmungsgrunds zur Kündigung nach § 8 Abs 4 lit c BEinstG (beharrliche Verletzung der Dienstpflichten), der mit der BEinstG-Novelle 1999 eingeführt wurde (s zu den Motiven des Gesetzgebers RV 1518 BlgNR 20. GP 10, 12), und des Entlassungsgrunds nach § 27 Z 4 zweiter Tatbestand AngG (beharrliche Dienstverweigerung; vgl zum Meinungsstand Ernst/Haller aaO § 8 Erl 132 ff; Rauch, ASoK 2000, 242; Risak, ASoK 2001, 19; Löschnigg aaO 502; Weiss in DRdA 2003/13, 157 ff; Hack DRdA 2003, 514; Preiss in DRdA 2004/7, 63 ua) kommt es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht an, weil sich die Entlassung des Klägers auf Untreue im Dienst nach § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG und nicht bloß auf eine „geringfügige" Pflichtverletzung, die laut Revision bei Beharrlichkeit nur mehr dem Regime des § 8 Abs 4 lit c BEinstG (und nicht mehr dem § 27 Z 4 zweiter Tatbestand AngG) unterliege, gründet (vgl in diesem Zusammenhang auch den Zustimmungsgrund zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nach § 121 Z 3 ArbVG [beharrliche Verletzung der Dienstpflichten], der Vorbild für § 8 Abs 4 lit c BEinstG war [RV 1518 BlgNR 20. GP 12], und den Zustimmungsgrund zur Entlassung eines Betriebsratsmitglieds nach § 122 Abs 1 Z 3 ArbVG [Untreue im Dienst]).Das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist allen Entlassungstatbeständen immanent und dient der Abgrenzung bloß geringfügiger Verstöße von tatbestandsmäßigen Begehungshandlungen vergleiche Kuderna aaO 60; RIS-Justiz RS0029095 ua). Auch die Beurteilung dieser Frage hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (Pfeil aaO Paragraph 27, AngG Rz 11 ua) und begründet gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO. Nach der Lage des Falls kann in der Bejahung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger keine unvertretbare Beurteilung erblickt werden. Von einem bloß „geringfügigen" Verstoß kann hier keine Rede sein. Auf die vom Revisionswerber erstmals in der Revision aufgeworfene Frage der Abgrenzung des Verhältnisses des Zustimmungsgrunds zur Kündigung nach Paragraph 8, Absatz 4, Litera c, BEinstG (beharrliche Verletzung der Dienstpflichten), der mit der BEinstG-Novelle 1999 eingeführt wurde (s zu den Motiven des Gesetzgebers RV 1518 BlgNR 20. GP 10, 12), und des Entlassungsgrunds nach Paragraph 27, Ziffer 4, zweiter Tatbestand AngG (beharrliche Dienstverweigerung; vergleiche zum Meinungsstand Ernst/Haller aaO Paragraph 8, Erl 132 ff; Rauch, ASoK 2000, 242; Risak, ASoK 2001, 19; Löschnigg aaO 502; Weiss in DRdA 2003/13, 157 ff; Hack DRdA 2003, 514; Preiss in DRdA 2004/7, 63 ua) kommt es im vorliegenden Fall schon deshalb nicht an, weil sich die Entlassung des Klägers auf Untreue im Dienst nach Paragraph 27, Ziffer eins, erster Tatbestand AngG und nicht bloß auf eine „geringfügige" Pflichtverletzung, die laut Revision bei Beharrlichkeit nur mehr dem Regime des Paragraph 8, Absatz 4, Litera c, BEinstG (und nicht mehr dem Paragraph 27, Ziffer 4, zweiter Tatbestand AngG) unterliege, gründet vergleiche in diesem Zusammenhang auch den Zustimmungsgrund zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds nach Paragraph 121, Ziffer 3, ArbVG [beharrliche Verletzung der Dienstpflichten], der Vorbild für Paragraph 8, Absatz 4, Litera c, BEinstG war [RV 1518 BlgNR 20. GP 12], und den Zustimmungsgrund zur Entlassung eines Betriebsratsmitglieds nach Paragraph 122, Absatz eins, Ziffer 3, ArbVG [Untreue im Dienst]).

Auf Überlegungen, ob der Kläger durch sein Verhalten auch noch andere Entlassungstatbestände verwirklichte, muss hier nicht eingegangen werden. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.Auf Überlegungen, ob der Kläger durch sein Verhalten auch noch andere Entlassungstatbestände verwirklichte, muss hier nicht eingegangen werden. Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Anmerkung

E855099ObA50.07d

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inARD 5829/12/2008 = ZAS-Judikatur 2008/8 = ZAS 2008/40 S 261 (Reiner,tabellarische Aufzählung) - ZAS 2008,261 (Reiner, tabellarischeAufzählung)XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:009OBA00050.07D.0928.000

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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