Index
E3R E03203000;Norm
32004R0795 GAP-BeihilfenDV Art21 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des FK in L, vertreten durch Dr. Ulrich Suppan, Rechtsanwalt in 9300 St. Veit an der Glan, Grabenstraße 1a, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 4. Juni 2007, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0694- I/7/2007, betreffend einheitliche Betriebsprämie, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 30. Dezember 2005 betreffend einheitliche Betriebsprämie 2005 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer mit dem erstinstanzlichen Bescheid 18,09 flächenbezogene Zahlungsansprüche (FZA) a EUR 1.415,05 endgültig zugewiesen und eine einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 24.830,30 gewährt worden sei. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Anerkennung des Sonderfalls "Investition in die Tierhaltung" sei negativ beurteilt worden. Nach Wiedergabe der Bestimmungen des Art. 42 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und des Art. 18 Abs. 1 und des Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 wird ausgeführt, dass dem am 29. November 2004 eingereichten Antrag auf Anerkennung des Sonderfalls "Investition in die Tierhaltung wegen Stallumbau/Stallzubau" keine vor dem 15. Mai 2004 erteilte Baubewilligung zu Grunde liege. Die entsprechende Baubewilligung sei erst am 2. November 2004 unter Vorlage der entsprechenden Baupläne bei der Baubehörde beantragt worden. Die maßgeblichen Gemeinschaftsrechtsvorschriften verlangten, dass für das Vorliegen eines Sonderfalls "Investition in die Tierhaltung" bis spätestens 15. Mai 2004 in Produktionskapazitäten investiert werden müsste. Konkret werde dabei gefordert, dass die Investitionen in einem Plan oder Programm vorgesehen sein müssten, dessen Durchführung spätestens am 15. Mai 2004 begonnen habe. Die Baubewilligung sei vom Beschwerdeführer am 2. November 2004 und somit außerhalb der Fallfrist des 15. Mai 2004 beantragt worden. Das Vorhandensein einer Baubewilligung sei für die Durchführung des Vorhabens erforderlich gewesen.
Im Rahmen der Sonderfallregelung könnten nur solche Investitionen anerkannt werden, die im Einklang mit den bestehenden nationalen baurechtlichen Vorschriften getätigt worden seien. Da im gegenständlichen Fall die tatsächlichen Investitionen auf Basis vorliegender Pläne oder Programme - mangels einer nicht vorliegenden Baubewilligung - nicht spätestens am 15. Mai 2004 begonnen worden seien, lägen somit die Voraussetzungen für die Anerkennung des Sonderfalls "Investition in die Tierhaltung" gemäß Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 nicht vor.
Soweit in der Berufung die Anzahl der in den Referenzbetrag einbezogenen Großrinder, für die in den Jahren 2001 und 2002 Schlachtprämien gewährt worden seien, als zu gering angesehen werde, sei darauf hinzuweisen, dass die vom Beschwerdeführer angeführten Stückzahlen zwar beantragt worden seien, dass aber infolge Überschreitung der nationalen Höchstgrenze nicht für alle beantragten Tiere die Schlachtprämie gewährt werden hätte können. Im Jahr 2001 habe der Kürzungssatz 9,5 % betragen, im Jahr 2002 7,3 %. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, weil die Anerkennung des Sonderfalls nicht erfolgt sei.
1.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zunächst ist im Hinblick auf die Aufhebung der Betriebsprämie-Verordnung, BGBl. II Nr. 336/2004, durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2007, G 21/07, V 20/07, darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde ihren Bescheid ausschließlich auf unmittelbar anwendbare Regelungen des Gemeinschaftsrechts gestützt hat.
2.2.1. Gemäß Art. 42 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001, verwenden die Mitgliedstaaten die nationale Reserve, um nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung der Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Markt- und Wettbewerbsverzerrungen Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer besonderen Lage befinden, die von der Kommission nach dem in Art. 144 Abs. 2 genannten Verfahren zu definieren ist.
2.2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe lauten:
"Artikel 18
Allgemeine Bestimmungen für Betriebsinhaber in besonderer Lage
(1) Für die Anwendung von Artikel 42 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 sind Betriebsinhaber in besonderer Lage Betriebsinhaber gemäß den Artikeln 19 bis 23a dieser Verordnung.
...
Artikel 21
Investitionen
(1) Ein Betriebsinhaber, der bis spätestens 15. Mai 2004 gemäß den Bedingungen der Absätze 2 bis 6 in Produktionskapazitäten investiert oder Flächen gekauft hat, erhält Zahlungsansprüche, die berechnet werden, indem der vom Mitgliedstaat nach objektiven Kriterien unter Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Betriebsinhaber und unter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen festgestellte Referenzbetrag durch eine Hektarzahl geteilt wird, die die von ihm gekaufte Hektarzahl nicht übersteigt.
(2) Die Investitionen müssen in einem Plan oder Programm vorgesehen sein, dessen Durchführung spätestens am 15. Mai 2004 begonnen hat. Der Betriebsinhaber übermittelt den Plan bzw. das Programm der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats.
Liegen weder ein Plan noch Programme in Schriftform vor, können die Mitgliedstaaten andere objektive Nachweise für das Vorliegen einer Investition berücksichtigen."
2.3. Die belangte Behörde leitet aus Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 ab, dass nur jene Investitionen anerkannt werden könnten, die in Übereinstimmung mit den nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere mit dem Baurecht, getätigt worden seien bzw. dass daraus folge, dass vor dem in der Verordnung genannten Termin die Baubewilligung beantragt worden sein müsste.
2.4. Die belangte Behörde hat nicht festgestellt, dass kein Plan im Sinne des Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 der vorgenommenen Investition zu Grunde gelegen sei. Aus der Notwendigkeit des Vorliegens eines Planes lässt sich aber auch nicht ableiten, dass bei Durchführung des Planes erforderliche Bewilligungen bei sonstigem Anspruchsverlust betreffend die Betriebsprämie vor der Ausführung einer Maßnahme beantragt werden müssten. Der von der belangten Behörde gezogene Schluss, dass allein auf Grund des Umstandes der Unterlassung der rechtzeitigen Beantragung einer Baubewilligung Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 die Anerkennung als Sonderfall ausschließe, erweist sich daher als unzutreffend.
2.5. Darüber hinaus ist diese strenge Form einer "cross compliance" (zum Begriff vgl. Norer, Rechtsfragen der EU-Agrarreform, 2007, 104) Art. 21 Abs. 2 der Verordnung nicht zu entnehmen (das Abstellen auf einen Plan bedeutet noch nicht die Anordnung, dass Förderungen nur bei Einhaltung bestimmter, gar nicht näher genannter innerstaatlicher Vorschriften ausbezahlt werden dürften). Die belangte Behörde übersieht dabei auch, dass selbst unter Zugrundelegung der von ihr angenommenen Prämisse nicht davon auszugehen ist, dass auch die Beantragung der Baubewilligung für die durchgeführte Maßnahme vor dem nach dem Gemeinschaftsrecht für den Beginn der Maßnahme genannten Termin erfolgt sein musste. Dem innerstaatlichen Recht ist die von der belangten Behörde angenommene Rechtsfolge, dass ein Bau, der vor der Erteilung der Baubewilligung begonnen wurde, in aller Zukunft als rechtswidrig gelten müsste, nicht zu entnehmen. Es wäre nicht schlüssig, dem Gemeinschaftsrecht zu unterstellen, dass die in der nationalen Rechtsordnung für den Fall eines Beginns mit der Durchführung einer Baumaßnahme ohne vorherige Beantragung bzw. Erteilung einer Baubewilligung vorgesehene Vorgehensweise, nämlich - sofern es nicht ohnehin zur nachträglichen Antragstellung durch den Bauwerber kommt - die Erteilung eines entsprechenden Auftrags (nach den Bauordnungen der Länder zumeist ein Alternativauftrag auf Antragstellung oder Beseitigung der bereits durchgeführten Maßnahme), vom Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen werden sollte.
Die Unzulässigkeit einer Maßnahme aus dem Gesichtspunkt des innerstaatlichen Baurechts steht mit der Tatsache des Beginns einer Bauführung ohne entsprechende Baubewilligung noch nicht endgültig fest. Es kann aber auch Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 nicht unterstellt werden, dass für Zwecke der Agrarförderungen nach Gemeinschaftsrecht eine strengere Rechtsfolge im Falle eines Baubeginns ohne entsprechende Baubewilligung gelten sollte, als dies nach dem innerstaatlichen Baurecht der Fall ist. Soferne der Förderungsgesetzgeber (in diesem Fall der Verordnungsgeber auf Gemeinschaftsebene) eine derartige Rechtsfolge anordnen hätte wollen, hätte dies ausdrücklich zu erfolgen gehabt. Die belangte Behörde hat sich auch auf keine innerstaatliche Vorschrift gestützt, die Art. 21 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 in der von der belangten Behörde angenommenen Weise verdeutlichen würde. Es ist daher auch in diesem Zusammenhang nicht erforderlich, die allfällige Anwendbarkeit der (vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen) Betriebsprämien-Verordnung im hier vorliegenden Beschwerdefall (siehe oben, 2.1.) zu klären.
2.6. Der angefochtene Bescheid weist die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 30. Dezember 2005 betreffend einheitliche Betriebsprämie 2005 ab, ohne gesondert über die Erledigung verschiedener Anträge durch die Behörde erster Instanz abzusprechen. Die Berufung richtete sich auch gegen die Festsetzung der Zahlungsansprüche des Beschwerdeführers und die sich daraus ergebende einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2005, wobei die allfällige Anerkennung als Sonderfall die Gesamtsumme der Betriebsprämie beeinflussen würde. Es ist daher nicht möglich, den angefochtenen Bescheid als eine Zusammenfassung der Erledigung von Berufungen gegen einzelne Absprüche der Behörde erster Instanz zu verstehen. Eine teilweise Aufhebung des abweisenden Berufungsbescheides kommt bei dieser Sach- und Rechtslage nicht in Betracht.
2.7. Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2. 8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben den Pauschalsätzen der genannten Verordnung ein Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.
Wien, am 22. Oktober 2007
Schlagworte
Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007170143.X00Im RIS seit
26.11.2007Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008