TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/23 2006/11/0060

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Veröffentlicht am 23.10.2007
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §45 Abs2;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr §7 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 2000 idF doktorinwien 9/2001 §7a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Gonzagagasse 14, gegen den Bescheid des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Spitzauer & Backhausen Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stock im Eisen-Platz 3, vertretenen Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 1. Juni 2005, Zl. B 112/05, betreffend Fondsbeitrag für das Jahr 2004, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 29. April 2005 wurde der Beitrag des Beschwerdeführers zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für das Jahr 2004 mit EUR 25.435,49 festgesetzt und der Beschwerdeführer verpflichtet, diesen Betrag bis spätestens 31. Juli 2005 einzuzahlen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er unter anderem vorbrachte, er sei auf Grund seines entsprechenden Ansuchens vom 28. November 1986 mit Bescheid vom 27. August 1987 gemäß § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien "von der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds" (mit Ausnahme des Beitrages für die Todesfallbeihilfe) befreit worden. Dieser Bescheid sei nach wie vor wirksam. Da der Beschwerdeführer bereits Anfang 1987 wieder eine Privatordination eröffnet habe, könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die konkreten Voraussetzungen, unter welchen die Befreiung habe erfolgen können, nämlich das Nichtvorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit, "nachträglich" weggefallen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 29. April 2005 abgewiesen. Zur Begründung ihrer Entscheidung vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung, die "weitwendigen" Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Berufung zur Frage seiner Beitragspflicht seien bereits mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 2004, Zl. 2003/11/0096, verworfen worden. Bei unveränderter Sach- und Rechtslage könne daher die belangte Behörde auch bei der Beurteilung des nunmehr bekämpften Bescheides zu keiner anderen Auffassung kommen. Beim Beschwerdeführer liege die in Abschnitt 1 Abs. 9 der Beitragsordnung als Voraussetzung genannte Befreiung bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil gemäß § 7 der Satzung nicht vor. Die Beschwerde (Berufung) sei daher abzuweisen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluss vom 28. Februar 2006, B 744/05-8, abgelehnt und sie zur Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat. Der Verfassungsgerichtshof führte in diesem Beschluss zur Begründung unter anderem aus:

" ... Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zu den gegen die Normen geltend gemachten Bedenken, insbesondere zu § 7a der Satzung idF 'doktorinwien' 9/2001 vgl. VfSlg. 16.814/2003, in dem mit näherer Begründung dargetan wurde, dass gegen die im Verhältnis zu § 7 Abs. 7 der Satzung privilegierende Regelung des § 7a keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen) behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."

Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ergänzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung erneut Normbedenken gegen Bestimmungen des Ärztegesetzes und der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien erhebt und verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, ist ihm zu entgegnen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Beantwortung dieser verfassungsrechtlichen Fragen nicht zuständig ist und im Lichte der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im eingangs erwähnten Beschluss vom 28. Februar 2006 keine Veranlassung besteht, erneut an den Verfassungsgerichtshof heranzutreten. Ferner ist der Beschwerdeführer diesbezüglich auf das ihn betreffende hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2003/11/0096, welches auf das hg. Erkenntnis vom 6. Juli 2004, Zl. 2003/11/0095, verweist, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hinzuweisen.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde finden sich darin jedoch keinerlei Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Problematik, ob bzw. dass der Beschwerdeführer von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds befreit war und ob die Befreiungsvoraussetzungen "nachträglich" weggefallen sind.

Insoweit ist die Beschwerde im Ergebnis auch zielführend: Der Beschwerdeführer hat, wie bereits erwähnt, in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid darauf hingewiesen, dass er von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds befreit ist, dass er jedoch bereits vor Erlassung des diesbezüglichen Befreiungsbescheides, nämlich "Anfang 1987", seine freiberufliche ärztliche Tätigkeit wieder aufgenommen habe. Er hat ferner seiner Berufung den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 27. August 1987 beigelegt, wonach er auf Grund seines Ansuchens vom 28. November 1986 "von der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds der gefertigten Kammer" (von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds) mit Ausnahme des Beitrages für die Todesfallbeihilfe befreit worden sei, weil er nachgewiesen habe, dass er beim Magistrat der Stadt Wien in einem unkündbaren Dienstverhältnis stehe.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt hat, ist die Grundlage der Anwendung des § 7a der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (über die Unwirksamkeit einer vor dem 1. Juli 1990 nach § 7 Abs. 1 ausgesprochenen Befreiung mit Juli 2001), dass eine Voraussetzung, unter der die Befreiung erfolgen konnte, "nachträglich" weggefallen ist. Davon kann nur die Rede sein, wenn der Arzt nach der Befreiung von der Beitragspflicht, somit nach Erlassung des Befreiungsbescheides, gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung eine freiberufliche ärztliche Tätigkeit aufnimmt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 14. September 2004, Zl. 2003/11/0227). Ob dies im Beschwerdefall zutrifft, ist auf Grund der Unterlassung jeglicher Ermittlungen und des Fehlens diesbezüglicher Feststellungen durch die belangte Behörde nicht überprüfbar. § 7a der Satzung kann nämlich dann nicht herangezogen werden, wenn der Wegfall der Voraussetzung bereits vor Erlassung des die Befreiung aussprechenden Bescheides eingetreten ist (dies wäre hier der Fall, wenn der Beschwerdeführer, wie er behauptet, bereits vor der Erlassung des Befreiungsbescheides seine freiberufliche Tätigkeit wieder aufgenommen hat oder die Voraussetzungen für die Befreiung nie bestanden haben). Für die Beurteilung des Beschwerdefalles kommt es somit entscheidend darauf an, wann der gegenständliche Befreiungsbescheid erlassen wurde und ob und bejahendenfalls wann der Beschwerdeführer seine freiberufliche Tätigkeit beendet bzw. sie wieder aufgenommen hat. Dazu wird die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren die nötigen Feststellungen zu treffen haben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Oktober 2007

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Allgemein Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006110060.X00

Im RIS seit

20.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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