TE OGH 2007/10/23 3Ob142/07i

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Veröffentlicht am 23.10.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ellen R*****, vertreten durch Dr. Gunter Granner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach Dr. Martin Z*****, vertreten durch die erbserklärten Erben 1.) Dr. Hana Z*****, 2.) Mag. Lucas Z*****, 3.) Rupert Z*****, und 4.) Rita Z*****, alle vertreten durch Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 30.741,22 EUR s. A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. April 2007, GZ 12 R 61/07i-37, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Jänner 2007, GZ 5 Cg 257/05h-33, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der am 3. Juni 2004 verstorbene Dr. Martin Z***** (im Folgenden nur Erblasser) war seinerseits Testamentserbe nach einer am 2. August 1998 verstorbenen näher genannten Frau (im Folgenden nur Verstorbene). Die Klägerin und Ingeborg R***** waren Freundinnen der Verstorbenen und gaben in deren Verlassenschaftsverfahren vor dem für den Gerichtskommissär einschreitenden Notarsubstituten zu Protokoll, die Verstorbene hätte ihnen je eine finanzielle Zuwendung auf Lebenszeit von 15.000 - 20.000 S monatlich zugesagt. Der Erblasser bestätigte gegenüber dem Gerichtskommissär, dass die Verstorbene auch ihm gegenüber erklärt habe, im Fall ihres Ablebens die Klägerin und Ingeborg R***** mit monatlichen Zuwendungen zu bedenken. Im Nachlass konnten jedoch keine entsprechenden schriftlichen letztwilligen Verfügungen aufgefunden werden. Daraufhin gab der Erblasser am 14. Dezember 1998 gegenüber dem Gerichtskommissär nachstehende Erklärung zu Protokoll:

„Zur Vermeidung eines Rechtsstreites erklärt ... [Erblasser] die

formell ungültige mündliche letztwillige Anordnung der ...

[Verstorbenen] erfüllen zu wollen, Ingeborg R*****, geboren am ...,

und ... [Klägerin], geboren am .... je eine lebenslängliche

monatliche höchstpersönliche Rente ab Todestag in Höhe von 17.500 S zu leisten. ..."

Der Erblasser überwies ab diesem Zeitpunkt bis zu seinem Tod, somit fast sechs Jahre lang, monatlich 17.500 ATS (= 1.271,77 EUR) an die Klägerin. Danach bezahlte die Verlassenschaft nach dem Erblasser (die nun beklagte Partei) die Renten nur mehr für die Monate Juni 2004 bis Dezember 2004.

Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei die Zahlung der rückständigen Renten samt der vom Finanzamt vorgeschriebenen steuerlichen Belastung. Der Erblasser habe die formungültige letztwillige Verfügung der Verstorbenen anerkannt.

Die - durch ihre gesetzlichen Erben (Witwe und drei Kinder) vertretene - beklagte Partei wendete ein, Inhalt des Protokolls vom 14. Dezember 1998 sei ein unentgeltlicher Leibrentenvertrag, der nur in Notariatsaktsform hätte rechtsverbindlich abgeschlossen werden können. Die Zahlungen des Erblassers an die Klägerin seien aus reiner Freigiebigkeit in Erfüllung einer Naturalobligation erfolgt. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in Ansehung der rückständigen monatlichen Rentenzahlungen statt und wies das Mehrbegehren auf die im Zusammenhang mit dem Rentenbezug anfallenden Steuern - unangefochten - ab. Die Verpflichtungserklärung des Erblassers stelle einen unentgeltlichen Leibrentenvertrag dar, weil dem Versprechen keine Gegenleistung der Klägerin gegenüber stehe. Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe bedürften zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Einem solchen stehe die hier erfolgte Beurkundung im Protokoll des Gerichtskommissärs gleich, sodass das notwendige Formerfordernis erfüllt sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Jedes Formgebot sei auf seinen Zweck zu prüfen, wenn seine Reichweite in Frage stehe. Bei Schenkungsverträgen liege der Normzweck im Übereilungsschutz. Diesem sei aber Genüge getan, wenn das Schenkungsversprechen vor dem Gerichtskommissär im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung zu Protokoll gegeben werde. Selbst wenn man das formgültige Zustandekommen der Schenkung verneinen wollte, sei Heilung dadurch eingetreten, dass das Schenkungsversprechen von 1998 bis Mitte 2004 erfüllt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig, wobei es auf die Richtigkeit der vorinstanzlichen Auffassung aus folgenden Erwägungen nicht ankommt:Die außerordentliche Revision der beklagten Partei ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig, wobei es auf die Richtigkeit der vorinstanzlichen Auffassung aus folgenden Erwägungen nicht ankommt:

Die Klägerin behauptet auf Grund einer mündlichen letztwilligen Verfügung (Legat) - mag diese auch formungültig sein - einen Anspruch auf eine monatliche Rente auf Lebenszeit zu besitzen, den der Erblasser anerkannt habe. Nach Rsp und Lehre kann einer formungültigen letztwilligen Verfügung durch Anerkennung des/der Erben Rechtswirksamkeit verliehen werden; die Rechtsnatur einer solchen Anerkennung ist freilich strittig (vgl. dazu eingehend 6 Ob 66/01a u.a.; Apathy in KBB, § 601 ABGB Rz 4; Welser in Rummel3 § 601 ABGB Rz 5 [wonach das Anerkenntnis bloß schuldrechtliche Wirkungen entfaltet], je mwN; nun auch § 160 AußStrG, der sich freilich zur Rechtsnatur des Anerkenntnisses nicht äußert). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht darum, ob der Klägerin durch das Anerkenntnis des Erblassers (im Protokoll des Gerichtskommissärs vom 14. Dezember 1998) als Legatarin die Rechtsstellung einer solchen verschafft werden kann, sondern darum, ob ihr Forderungsrecht als Legatarin, das durch eine letztwillige Verfügung begründet werden sollte, durch Anerkenntnis des Erblassers (als einzigem) Erben rechtswirksam entstanden ist (1 Ob 718, 719/82). Wenngleich ein solches (schuldrechtliches) Anerkenntnis grundsätzlich formfrei ist und sowohl im Verlassenschaftsverfahren wie auch im Prozess erfolgen kann (Welser aaO § 601 ABGB Rz 5), leitet die beklagte Partei ihre fehlende Verpflichtung aus der Formungültigkeit unter Hinweis darauf ab, dass der Rechtsgrund des Anerkenntnisses des Erblassers in einer Schenkung gelegen sei, die zufolge § 943 ABGB mangels wirklicher Übergabe eines - hier fehlenden - Notariatsakts (§ 1 Abs 1 lit d NotAktsG) bedurft hätte.Die Klägerin behauptet auf Grund einer mündlichen letztwilligen Verfügung (Legat) - mag diese auch formungültig sein - einen Anspruch auf eine monatliche Rente auf Lebenszeit zu besitzen, den der Erblasser anerkannt habe. Nach Rsp und Lehre kann einer formungültigen letztwilligen Verfügung durch Anerkennung des/der Erben Rechtswirksamkeit verliehen werden; die Rechtsnatur einer solchen Anerkennung ist freilich strittig vergleiche dazu eingehend 6 Ob 66/01a u.a.; Apathy in KBB, Paragraph 601, ABGB Rz 4; Welser in Rummel3 Paragraph 601, ABGB Rz 5 [wonach das Anerkenntnis bloß schuldrechtliche Wirkungen entfaltet], je mwN; nun auch Paragraph 160, AußStrG, der sich freilich zur Rechtsnatur des Anerkenntnisses nicht äußert). Im vorliegenden Fall geht es aber nicht darum, ob der Klägerin durch das Anerkenntnis des Erblassers (im Protokoll des Gerichtskommissärs vom 14. Dezember 1998) als Legatarin die Rechtsstellung einer solchen verschafft werden kann, sondern darum, ob ihr Forderungsrecht als Legatarin, das durch eine letztwillige Verfügung begründet werden sollte, durch Anerkenntnis des Erblassers (als einzigem) Erben rechtswirksam entstanden ist (1 Ob 718, 719/82). Wenngleich ein solches (schuldrechtliches) Anerkenntnis grundsätzlich formfrei ist und sowohl im Verlassenschaftsverfahren wie auch im Prozess erfolgen kann (Welser aaO Paragraph 601, ABGB Rz 5), leitet die beklagte Partei ihre fehlende Verpflichtung aus der Formungültigkeit unter Hinweis darauf ab, dass der Rechtsgrund des Anerkenntnisses des Erblassers in einer Schenkung gelegen sei, die zufolge Paragraph 943, ABGB mangels wirklicher Übergabe eines - hier fehlenden - Notariatsakts (Paragraph eins, Absatz eins, Litera d, NotAktsG) bedurft hätte.

Die Vorinstanzen folgten diesem Vorbringen insoweit, als sie davon ausgingen, der unentgeltliche Leibrentenvertrag zugunsten der Klägerin sei inhaltlich als Schenkung zu beurteilen, weil eine Gegenleistung der Klägerin fehle.

Die Schenkung ist ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, einem anderen eine Sache unentgeltlich zu überlassen (§ 938 ABGB). Der Grund der Schenkung (ihre "causa") liegt nicht im eigennützigen Austausch von Leistungen, sondern in der Freigiebigkeit des Schenkenden. Für die Schenkung ist Schenkungsabsicht begriffswesentlich, die in der Absicht einer unentgeltlichen, d.h. auf keine Gegenleistung bezogenen und freiwilligen (freigiebigen) Leistung besteht. Ob eine Schenkung vorliegt oder nicht, kann nicht allein danach beurteilt werden, dass der Empfänger des Vermögenswerts (in casu: Rente) mangels Erbringung einer Gegenleistung objektiv in seinem Vermögen bereichert ist; vielmehr müsste auch das Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung vorhanden sein, welches ausdrücklich oder schlüssig erklärt worden sein muss. Es muss demnach nicht nur der Zuwendende, sondern auch der Empfänger der Zuwendung damit erkennbar einverstanden gewesen sein, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt, dass ihr also keine oder keine wirtschaftlich beachtliche Gegenleistung gegenüber stehen soll. Fehlt der Schenkungswille, so kommt jedenfalls eine Schenkung nicht in Betracht (3 Ob 55/03i mwN aus Lehre und Rsp). Im vorliegenden Fall fehlt schon eine Feststellung zum Vorliegen der Schenkungsabsicht des Erblassers. Aus den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls, zu denen u.a. auch ein krasses Missverhältnis der wechselseitigen Leistungen zählen kann, lässt sich allerdings das Vorliegen der Schenkungsabsicht der Vertragsparteien auch erschließen. Auch das trifft hier nicht zu, weil die Klägerin entsprechend den vorhandenen Feststellungen einen Anspruch als Legatarin ernstlich behauptet und der Erblasser sich zur Vermeidung eines Rechtsstreits verpflichtet hat, die beanspruchte Rentenleistung (statt 15.000 - 20.000 S das Mittel von 17.500 S) zu erbringen. Gerade die vom Erblasser im Rahmen des Anerkenntnisses im Protokoll vom 14. Dezember 1998 verwendete Formulierung „zur Vermeidung eines Rechtsstreits" spricht eindeutig gegen die Schenkungsabsicht, setzt doch schon der Wortlaut dieser Erklärung voraus, dass die Formungültigkeit der letztwilligen Verfügung zwischen der Klägerin und dem Erblasser strittig war. Lag der Rechtsgrund des Anerkenntnisses in der materiellen Aufrechterhaltung des die Klägerin begünstigenden Legats (Ob III 385/25 = SZ 7/297) und nicht in einer Schenkung, bedarf das Anerkenntnis zu seiner Gültigkeit keines Notariatsakts. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall im Sachverhalt von jenem der Entscheidung 1 Ob 718, 719/82.Die Schenkung ist ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, einem anderen eine Sache unentgeltlich zu überlassen (Paragraph 938, ABGB). Der Grund der Schenkung (ihre "causa") liegt nicht im eigennützigen Austausch von Leistungen, sondern in der Freigiebigkeit des Schenkenden. Für die Schenkung ist Schenkungsabsicht begriffswesentlich, die in der Absicht einer unentgeltlichen, d.h. auf keine Gegenleistung bezogenen und freiwilligen (freigiebigen) Leistung besteht. Ob eine Schenkung vorliegt oder nicht, kann nicht allein danach beurteilt werden, dass der Empfänger des Vermögenswerts (in casu: Rente) mangels Erbringung einer Gegenleistung objektiv in seinem Vermögen bereichert ist; vielmehr müsste auch das Einverständnis der Vertragspartner über die Unentgeltlichkeit der Vermögensverschiebung vorhanden sein, welches ausdrücklich oder schlüssig erklärt worden sein muss. Es muss demnach nicht nur der Zuwendende, sondern auch der Empfänger der Zuwendung damit erkennbar einverstanden gewesen sein, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt, dass ihr also keine oder keine wirtschaftlich beachtliche Gegenleistung gegenüber stehen soll. Fehlt der Schenkungswille, so kommt jedenfalls eine Schenkung nicht in Betracht (3 Ob 55/03i mwN aus Lehre und Rsp). Im vorliegenden Fall fehlt schon eine Feststellung zum Vorliegen der Schenkungsabsicht des Erblassers. Aus den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls, zu denen u.a. auch ein krasses Missverhältnis der wechselseitigen Leistungen zählen kann, lässt sich allerdings das Vorliegen der Schenkungsabsicht der Vertragsparteien auch erschließen. Auch das trifft hier nicht zu, weil die Klägerin entsprechend den vorhandenen Feststellungen einen Anspruch als Legatarin ernstlich behauptet und der Erblasser sich zur Vermeidung eines Rechtsstreits verpflichtet hat, die beanspruchte Rentenleistung (statt 15.000 - 20.000 S das Mittel von 17.500 S) zu erbringen. Gerade die vom Erblasser im Rahmen des Anerkenntnisses im Protokoll vom 14. Dezember 1998 verwendete Formulierung „zur Vermeidung eines Rechtsstreits" spricht eindeutig gegen die Schenkungsabsicht, setzt doch schon der Wortlaut dieser Erklärung voraus, dass die Formungültigkeit der letztwilligen Verfügung zwischen der Klägerin und dem Erblasser strittig war. Lag der Rechtsgrund des Anerkenntnisses in der materiellen Aufrechterhaltung des die Klägerin begünstigenden Legats (Ob römisch III 385/25 = SZ 7/297) und nicht in einer Schenkung, bedarf das Anerkenntnis zu seiner Gültigkeit keines Notariatsakts. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall im Sachverhalt von jenem der Entscheidung 1 Ob 718, 719/82.

Die von der Revisionswerberin als erheblich erachtete Rechtsfrage, ob einem vor dem Gerichtskommissär abgegebenen schenkungsweisen Versprechen einer Leibrente ohne wirkliche Übergabe (gemeint wohl über den Tod des Anerkennenden hinaus) Wirksamkeit zukomme, oder ein solches Versprechen zu seiner Wirksamkeit auf jeden Fall die Errichtung eines Notariatsakts erfordere, stellt sich damit hier nicht.

Die Revision ist als unzulässig zurückzuweisen.

Anmerkung

E856703Ob142.07i

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJEV 2008,69/8 - JEV 2008/8 = EFSlg 117.189 = EFSlg 117.240XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0030OB00142.07I.1023.000

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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