Index
L82005 Bauordnung Salzburg;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde 1. des Ing. AI und 2. der OI, beide in S, beide vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Dr. Reinfried Eberl, Dr. Robert Hubner und Dr. Robert Krivanec, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 44, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom 5. März 2003, Zl. MD/00/33757/2002/48 (BBK/6/2002), betreffend Ausnahmeregelung zur Unterschreitung des Mindestabstandes nach dem Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (mitbeteiligte Parteien:
1. B GesmbH in W, 2. Mag. AL in S, beide vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Haunspergstraße 33, 3. HH, 4. AS, 5. Dr. FÖ, 6. Mag. MÖ, 7. MR,
8.
WR, diese in S, E-Straße 4, 9. Mag. WH, 10. EH,
11.
Mag. Dr. HB, 12. Mag. AB, 13. Mag. JH, 14. IH, diese alle in S, E-Straße 6, 15. Mag. PB, 16. BB, 17. Dr. RH, 18. Dr. GH,
19. FC, 20. MC, diese in S, E-Straße 8, und 21. RA in G, K-Weg 18, Deutschland), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der Erst- und der Zweitmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines im Gebiet der Stadtgemeinde Salzburg gelegenen Grundstücks. Am 18. Juni 2001 stellten sie beim Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg unter Anschluss von Plänen und weiteren Unterlagen den Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines ostseitigen Zubaues zu einem dort bestehenden Hotelbetrieb. Zugleich stellten sie im Hinblick darauf, dass durch die Verwirklichung ihres Projektes nach Osten hin der erforderliche Mindestabstand im Ausmaß von 2,61 m und im Mittelteil des Vorhabens von 3,11 m unterschritten werde, den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 25 Abs. 8 des Salzburger Bebauungsgrundlagengesetzes zur Unterschreitung des Mindestabstandes zu dem zur Zeit der Durchführung des Verwaltungsverfahrens im alleinigen Eigentum der Erstmitbeteiligten stehenden Grundstück.
Der Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg beraumte als Behörde erster Instanz mit Schreiben vom 10. September 2001 eine mündliche Verhandlung über beide Anträge für den 25. September 2001 an. Diese Ladung enthielt für die Beteiligten des Verfahrens den ausdrücklichen Hinweis, "dass Sie eine zustehende Stellung als Partei verlieren, soweit Sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen gegen den Gegenstand der Verhandlung erheben". Diese Ladung wurde einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe der Erstmitbeteiligten am 12. September 2001 zugestellt.
Am 25. September 2001 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Bei dieser Verhandlung ist kein Vertreter der Erstmitbeteiligten erschienen, auch hatte die Erstmitbeteiligte keine Einwendungen oder sonstige Äußerungen zum Vorhaben erstattet. Die Behörde erster Instanz beraumte in der Folge eine weitere mündliche Verhandlung in der Angelegenheit für den 7. Februar 2002 an. Die Anberaumung zu dieser zweiten Verhandlung wurde an der Amtstafel der Behörde durch Anschlag verlautbart, eine weitere zusätzliche Kundmachung der Anberaumung dieser Verhandlung erfolgte nicht und der Erstmitbeteiligten wurde auch keine Ladung zu dieser zweiten mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2002 zugestellt.
Der Magistrat der Landeshauptstadt Salzburg erteilte den Beschwerdeführern mit Bescheid vom 25. März 2002 gemäß § 25 Abs. 8 BGG die von ihnen begehrte Ausnahmebewilligung und führte zur Begründung zusammengefasst aus, dass die geplante Baumaßnahme den Abbruch einer bestehenden Garage sowie die Wiedererrichtung dieser Garage mit angebauten Lagerräumen samt Unterkellerung und im ersten Obergeschoß den Aufbau eines Zweizimmergästeappartements sowie eines Badezimmers für ein bereits bestehendes Gästezimmer umfasse. Dem Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen sei schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der von der Abstandsunterschreitung betroffenen Liegenschaft durch den geplanten Anbau weder im Hinblick auf die Bebaubarkeit noch auf die Gewährleistung des erforderlichen Tageslichtes gegeben sein werde. Der Nachmittags- bzw. Abendsonnenstand für das dem Projekt näher liegende Objekt der Erstmitbeteiligten sei durch den Hotelbestand bereits vorgegeben, das zweite Objekt der Erstmitbeteiligten befinde sich in einer Entfernung von mehr als 35 m östlich des geplanten Anbaues und es sei auf Grund dieser Entfernung eine wesentliche Beeinträchtigung im Hinblick auf das gewährleistete und erforderliche Tageslicht nicht gegeben. Eine zusätzliche Bebauung des Grundstücks der Erstmitbeteiligten unmittelbar im Anschluss an das Grundstück der Beschwerdeführer sei auf Grund der hier bereits bestehenden Tiefgaragenrampe nicht möglich, im Übrigen sei eine weitere Bebaubarkeit auch bei Errichtung des geplanten Anbaues gegeben.
Eine Erweiterung des bestehenden Hotelbetriebes unter Einhaltung der gesetzlich erforderlichen Mindestabstände zu den Bauplatzgrenzen sei auf Grund der Grundstücksgröße und der darauf bereits befindlichen Bebauung nicht möglich. Die Beschwerdeführer hätten darauf hingewiesen, dass sie bereits einen 2,3 m breiten Grundstreifen aus dem Eigentum der Erstmitbeteiligten erworben hätten, um eine Vergrößerung des Nachbarabstandes herbeizuführen. Die Versagung der beantragten Ausnahmebewilligung würde für die Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der geplante Anbau auf die für den Hotelbetrieb unbedingt notwendige Erweiterung beschränke, und im Hinblick darauf, dass aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen hervorgehe, dass eine wesentliche Beeinträchtigung für die von der Abstandsunterschreitung betroffene Liegenschaft und die darauf befindlichen Bauten nicht gegeben sei, sowie in Anbetracht der Tatsache, dass die Beschwerdeführer durch einen zusätzlichen Grundankauf versucht hätten, die Möglichkeit für eine bauliche Erweiterung zu verbessern, eine unbillige Härte darstellen, weshalb die Ausnahmegenehmigung zu erteilen gewesen sei.
Der Erstmitbeteiligten wurde dieser Bescheid von der Behörde erster Instanz nicht zugestellt. Sie erhielt ihn jedoch von den Beschwerdeführern und erhob dagegen Berufung, in der sie im Wesentlichen vorbrachte, zur fortgesetzten Verhandlung am 7. Februar 2002 zu Unrecht nicht geladen worden zu sein und von der Behörde erster Instanz um ihre Teilnahme am Verfahren und die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben, gebracht worden zu sein. Sie sei daher als übergangene Partei anzusehen.
Die von der Behörde erster Instanz erteilte Ausnahmebewilligung zur Unterschreitung des gebotenen Abstandes von etwa 5,5 m auf 2,2 m stelle eine eklatante Unterschreitung des Nachbarabstandes dar, die eine erhebliche Verschlechterung der Belichtungsverhältnisse auf der Liegenschaft der Erstmitbeteiligten bedeute. Auch stelle die Einhaltung der Abstandsvorschriften für die Beschwerdeführer keine unbillige Härte dar; das Hotel sei ja auch bisher offenbar in Betrieb gewesen und in seiner Funktion gewahrt worden.
In einer Stellungnahme zur Berufung vertraten die Beschwerdeführer zusammengefasst die Auffassung, dass die Erstmitbeteiligte vor Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz im Grunde des § 42 AVG ihre Parteistellung verloren habe. Sie legten sodann das Gutachten des Wirtschaftstreuhänders Dkfm. HS vom 3. Oktober 2002, eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Buch- und Rechnungswesen, zur Beantwortung der Frage vor, ob aus betriebswirtschaftlichen Gründen eine unbillige Härte gemäß § 25 Abs. 8 BGG zur Unterschreitung des Mindestabstandes zum Grundstück der Erstmitbeteiligten gegeben sei. Dieser führte u.a. aus, dass im Hotel der Beschwerdeführer bei der bestehenden Größe von 14 Zimmern bzw. 24 Betten ein unwirtschaftliches Verhältnis zwischen Bettenkapazität und Fixkosten bestehe. Es liege ein akuter Mangel an Räumlichkeiten für die Lagerhaltung der bei dem Frühstücksbuffet Verwendung findenden Waren vor. Zusätzliche Räumlichkeiten für Mitarbeiter sowie für Lagerhaltung und Räumlichkeiten zur Aufrechterhaltung des Betriebes seien erforderlich. Durch das vorgesehene Bauvorhaben solle der Weiterbestand des Betriebes gewährleistet werden und im Ergebnis würde eine derzeit nicht mehr gegebene Rentabilität des Hotelbetriebes wieder erreicht. Das Unterbleiben der Baumaßnahmen und die sich dann weiter verschlechternde Ertragslage würde dazu führen, dass der Betrieb stillgelegt werden müsse. Dabei würden vier sichere Arbeitsplätze verloren gehen. Im Fall der Versagung der Ausnahmebewilligung würden bisher durchgeführte Planungsaufwendungen und der sonstige Aufwand, wie der Aufwand für Grundkauf, verloren sein. Daher sei eine unbillige Härte im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a BGG als gegeben zu erachten.
Mit Schreiben vom 20. November 2002 legten die Beschwerdeführer ergänzende Unterlagen zur Untermauerung des Gutachtens vor.
Eine weitere Ergänzung des Gutachtens wurde von den Beschwerdeführern mit Note vom 21. Jänner 2003 vorgelegt. In dieser Unterlage führte der Sachverständige zusammengefasst aus, dass bei Fortführung des Betriebes die Baumaßnahmen jedenfalls durchzuführen seien, wobei die Baumaßnahmen aus dem bestehenden Betrieb nicht finanziert werden könnten, sodass die Aufstockung über der Garage und die Neuschaffung der Hotelzimmer als Finanzierungshilfe unbedingt erforderlich sei. Die Versagung der Abstandsunterschreitung würde aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine unbillige Härte darstellen, da die erforderlichen Umbauarbeiten ohne Anhebung der Bettenanzahl nicht finanzierbar wären.
Die Erstmitbeteiligte erstattete zum Vorbringen der Beschwerdeführer eine Stellungnahme vom 10. Februar 2003, in welcher sie ausführte, dass das Hotel der Beschwerdeführer mehrmals jährlich mitten in der Hochsaison des Wintertourismus z. B. zwischen 20. Dezember und 20. Jänner einen ganzen Monat zugesperrt werde und ein großer Teil des Erdgeschoßes an ein Reisebüro vermietet werde, das Vorbringen der Beschwerdeführer sei daher nicht glaubwürdig.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. März 2003 behob die belangte Behörde den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 25. März 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zur Gänze und versagte die von den Beschwerdeführern beantragte Ausnahmegenehmigung zur Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs. 8 BGG. Zur Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Erstmitbeteiligte als Alleineigentümerin des an den Projektstandort angrenzenden Grundstücks unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 58/1998 ordnungsgemäß geladen worden sei und weder vor dieser mündlichen Verhandlung noch im Rahmen dieser Verhandlung Einwendungen erhoben habe. Die Baubehörde habe in weiterer Folge jedoch eine weitere, also eine zweite mündliche Verhandlung gemäß §§ 41 und 42 AVG anberaumt. Die Kundmachung betreffend diese Verhandlung habe einen Hinweis auf die Folgen des § 42 AVG betreffenden Verlust der Parteistellung enthalten, diese Anberaumung der mündlichen Verhandlung sei der Erstmitbeteiligten jedoch nicht zugestellt worden. An dieser am 7. Februar 2002 durchgeführten mündlichen Verhandlung sei die Erstmitbeteiligte in der Folge nicht vertreten gewesen und sie habe bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz kein Vorbringen erstattet. Die Anberaumung der zweiten Verhandlung sei an der Amtstafel der Behörde durch Anschlag verlautbart worden, weitere Maßnahmen seien jedoch nicht getroffen worden, insbesondere sei also keine zusätzliche weitere Kundmachung in "geeigneter Form" im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG erfolgt. Die Erstmitbeteiligte habe den Bescheid der Behörde erster Instanz vom 25. März 2002 nicht zugestellt erhalten, dieser sei ihr vielmehr im Wege der Beschwerdeführer zur Kenntnis gekommen. Einer Verfahrenspartei stehe die Möglichkeit und das Recht zu, gegen einen Bescheid, der auch nur einer anderen Verfahrenspartei zugestellt worden sei, Berufung zu erheben, ohne dass der Behörde dieser Verfahrenspartei gegenüber eine Zustellung des Bescheides veranlasst worden sei.
Unstrittig sei, dass die Erstmitbeteiligte im baubehördlichen Verfahren sowie im Verfahren über den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs. 8 drittletzter Satz BGG Parteistellung besitze und ihr eine solche durch die Zustellung der Anberaumung zur ersten mündlichen Verhandlung am 25. September 2001 auch eingeräumt worden sei. Zur zweiten anberaumten und zur Durchführung gekommenen mündlichen ("Fortsetzungs-")Verhandlung am 7. Februar 2002 sei die Erstmitbeteiligte jedoch nicht geladen worden, die Erstmitbeteiligte habe an dieser mündlichen Verhandlung auch nicht teilgenommen und auch kein schriftliches Vorbringen erstattet. Dabei habe es sich um eine neuerliche förmliche Verhandlung gehandelt. Unter Hinweis auf diesbezüglich vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall der Durchführung von mehreren mündlichen Verhandlungen diese als Einheit zu sehen seien, so habe auch die Baubehörde selbst die Formulierung "Fortsetzungsverhandlung" gebraucht. Die Nichtteilnahme bloß an einer ersten mündlichen Verhandlung habe demgemäß nicht zur Folge, dass ein bei dieser nicht erschienener Nachbar im weiteren Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens zu weiteren Verfahrensschritten bzw. auch einer weiteren mündlichen Verhandlung nicht mehr zuzuziehen wäre, mehrere vor der Baubehörde erster Instanz durchgeführte Verhandlungen seien eben als Einheit zu beurteilen (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 25. Jänner 2000, Zl. 98/05/0141, sowie auf die von Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage auf S. 285 zu § 42 AVG unter E 42a und § 42b wiedergegebene weitere Rechtsprechung).
Über den Anschlag an der Amtstafel im Sinne des § 41 Abs. 1 AVG hinaus habe die Baubehörde erster Instanz die (fortgesetzte) Verhandlung nicht noch zusätzlich "in geeigneter Form" kundgemacht. In einem solchen Fall erstrecke sich die in Abs. 1 des § 42 AVG bezeichnete Rechtsfolge des Verlustes der Parteistellung nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben. Die Erstmitbeteiligte habe eine solche Verständigung von der fortgesetzten Verhandlung nicht erhalten, weshalb sie ihre Parteistellung und auch ihr Berufungsrecht nicht verloren habe.
Zur Begründung ihrer Entscheidung hinsichtlich der Versagung der Zulassung der Abstandsunterschreitung gemäß § 25 Abs. 8 BGG führte die belangte Behörde aus, dass eine solche Bewilligung nur unter der Voraussetzung erteilt werden dürfe, wenn alle in § 25 Abs. 8 lit. a bis d angeführten Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Der Behörde sei insofern ein Ermessen eingeräumt.
Gemäß § 25 Abs. 8 lit. a BGG sei Vorrausetzung für die Erteilung einer Bewilligung zur Abstandsunterschreitung, dass die Einhaltung des Mindestabstandes nach der besonderen Lage des Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte darstelle, wie etwa, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre. Derartige gesetzliche Ausnahmebestimmungen seien restriktiv auszulegen, dies ergebe sich auch aus der zu § 25 Abs. 8 BGG ergangenen Rechtsprechung.
Die Beschwerdeführer hätten zur Begründung ihres Antrages auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung zunächst ausgeführt, der Betrieb mit 14 Zimmern sei derzeit an der untersten wirtschaftlichen Grenze und es wäre wichtig, eine kleine Vergrößerung des Betriebes zu erreichen, um in Zukunft bestehen zu können. Durch die geplante Vergrößerung würden im Keller Räume für Wäschebereich und Materiallager geschaffen und es würde im ersten Obergeschoß zusätzlich ein Zweizimmer-Appartement und ein Bad für das bereits bestehende südöstliche Zimmer errichtet. Die Beschwerdeführer hätten sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ergänzende Ausführungen getätigt.
Die Beschwerdeführer beabsichtigten die östlich des Bestandsbaues bestehende Kleingarage bzw. die fensterlose Mauer abzubrechen und den Kellerbereich des Bestandsobjektes zur Erzielung von Arbeits- und Lagerräumen nach Osten zu erweitern und in diesem Zusammenhang einerseits im Erdgeschoß einen neuen Bau zu errichten (nun teils Garage und teils auch Lagerräumen) und damit im Zusammenhang den neuen Anbau um ein Geschoß aufzustocken, sodass im ersten Geschoß ein weiterer Raumverband errichtet werde (eine Suite zur Gästevermietung, bestehend aus zwei Räumen bzw. Errichtung von zwei WC-Einheiten). Dieser im ersten Obergeschoß geplante Raumverband würde über den im Erdgeschoß geplanten Räumen (Garage und drei Lagerräumen) errichtet. Der neue Anbau würde an der bisherigen Ostfront der bisherigen Kleingarage eine Länge von 14,35 m im Erdgeschoß und im Obergeschoß eine Gesamtlänge von 12,86 m aufweisen, dies bei einer Attikahöhe von 7,28 m bzw. 7,49 m, die einen Mindestabstand zur Bauplatzgrenze von 5,62 m bzw. 5,46 m erfordern würde. Dieser Anbau solle im Erdgeschoß sowie in den außen liegenden Teilen des Obergeschoßes einen Abstand von 2,20 m im Norden bzw. von 2,23 m im Süden zur östlichen Bauplatzgrenze aufweisen, der Mittelteil des Wohnzimmers im Obergeschoß würde auf eine Länge von rund 5,75 m um weitere 52 cm zur Bauplatzgrenze nach Osten vorkragen. Hier wäre somit der Abstand zur Bauplatzgrenze nur 1,69 m.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer zur Darlegung einer Begründung für die von ihnen begehrte Ausnahme lasse sich bezüglich der angestrebten Abstandsunterschreitung im Wesentlichen dahingehend zusammenfassen, dass im Kellerbereich durch eine Erweiterung in den Nachbarabstand hinein die Schaffung zusätzlicher Betriebsräume dringend erforderlich sei, dass weiters in diesem Zusammenhang die im Abstandsbereich situierte Garage abgebrochen werden müsse und in diesem Bereich der Neuanbau nicht nur mit einer neuen Garage, sondern auch drei Lagerräumen zur Errichtung kommen solle. Im Hinblick auf diese Bauarbeiten sei bei einer Weiterführung der im Bereich des Erdgeschoßes vorzunehmenden Baumaßnahmen mit relativ geringem Kostenaufwand die Schaffung einer zusätzlichen für eine Gästevermietung in Betracht kommenden Raumeinheit im ersten Obergeschoß möglich, wodurch in Hinkunft vermehrte Betriebseinnahmen geschaffen werden könnten und nicht nur eine Kreditfinanzierung ermöglicht, sondern auch die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Betriebes gesteigert würde, zumal zu befürchten sei, dass in Hinkunft der Betrieb nicht mehr Gewinn bringend geführt werden könne bzw. gegebenenfalls aus wirtschaftlicher Sicht eine Stilllegung des Betriebes vorgenommen werden müsse.
Zu den Voraussetzungen des § 25 Abs. 8 lit. a BGG führte die belangte Behörde aus, dass hier der Gesetzgeber zur Frage, was gegebenenfalls eine unbillige Härte im Sinne dieser Bestimmung darstellen könnte, zwar nur beispielshaft ausführe, dass dies etwa dann der Fall wäre, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder wenn die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre. Der zweitgenannte Fall scheide im vorliegenden Zusammenhang sachverhaltsmäßig aus um eine unbillige Härte im Sinne dieser Gesetzesstelle zu begründen. Der weitere vom Gesetzgeber angeführte Fall liege z.B. dann vor, wenn ein bestehender Bau ohne die beantragte bauliche Maßnahme nicht in einer "zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung der Funktion des Baues dringend erforderlichen Weise geändert werden könnte".
In diesem Zusammenhang sei überhaupt dahingestellt, ob die im Bereich des Erdgeschoßes an Stelle der bisherigen Kleingarage im Nachbarabstand geplanten neuen Lagerräume geeignet sein könnten, einen Anspruch auf Erteilung einer - auch für diesen erdgeschoßigen Anbau erforderlichen - Ausnahmegenehmigung zur Abstandsunterschreitung nach § 25 Abs. 8 BGG zu begründen. Im vorliegenden Fall sei das eingereichte Vorhaben insgesamt Antragsgegenstand und als Einheit einer baurechtlichen Beurteilung zu unterziehen, nämlich der gesamte Anbau östlich des Bestandsobjektes, eine Teilung des Vorhabens komme für diese Beurteilung nicht in Betracht.
Im Hinblick darauf, dass in § 25 Abs. 8 lit. a BGG im Zusammenhang mit dem Begriff "unbillige Härte" die beiden vorangeführten Fallbeispiele nur eine beispielshafte Anführung darstellten, sei zu prüfen, ob im vorliegenden Antragsinhalt nicht gegebenenfalls ein ähnlicher und vergleichbarer Antragsinhalt vorliege. Ob eine "unbillige Härte" nach § 25 Abs. 8 lit. a BGG anzunehmen sei, sei aus einer Gesamtschau unter Bedachtnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0054, und vom 30. Juni 1994, Zl. 93/06/0149). Aus der Rechtsprechung ergebe sich, dass - gegebenenfalls auch erst im Zusammenhang mit der Beurteilung der weiteren Kriterien der lit. b oder c - durchaus auch "wirtschaftliche" Gesichtspunkte Bedeutung haben könnten. Nach Ansicht der belangten Behörde könnten aber - wie hier - (nur) auf einer Verbesserung der Ertragslage und Gewinnsituation bzw. auf die Finanzierbarkeit der Baukosten ausgerichtete Überlegungen allgemein betrachtet und auch im Lichte der Grundlagen des vorliegenden Verfahrens keine "unbillige Härte" darstellen und nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Abstandsunterschreitung begründen. Die belangte Behörde führte hiebei als Umstand an, dass im vorliegenden Fall der zusätzliche Raumgewinn im Bereich des ersten Obergeschoßes begrifflich keinesfalls dazu dienen könne, den Bestandsbau zu sanieren bzw. zu erhalten oder der zeitgemäßen Wahrung der Funktion des gesamten Baues zu dienen oder hiefür dringend erforderlich zu sein.
Festzuhalten sei nochmals, dass Ausnahmebestimmungen grundsätzlich restriktiv auszulegen seien, insoferne führe die belangte Behörde die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien zu § 25 Abs. 8 (BlgLT Nr. 304, 2. S., 7. GP) an. Es dürfe auch nicht übersehen werden, dass durch eine ausnahmsweise Abstandsunterschreitung nach § 25 Abs. 8 BGG die vom Baurechtsgesetzgeber geschaffenen als erforderlich angesehenen generellen Abstandsregelungen unterschritten würden und dies - da objektsbezogen - letztlich im Ergebnis auf Dauer des Bestandes des Baues bewilligt würde. Die von den Beschwerdeführern angeführten Gesichtspunkte der Rentabilität ihres Beherbergungsbetriebes bezögen sich im Unterschied dazu auch auf Umstände im persönlichen Bereich der Betreiber. Dazu komme, dass nicht jeder wirtschaftliche Nachteil eines Antragstellers bei Nichterteilung einer Ausnahme gemäß § 25 Abs. 8 BGG das Vorliegen einer unbilligen Härte begründen könne. Soweit die Beschwerdeführer durch die Vorlage eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens vermeinten, eine absolute wirtschaftliche "Unabdingbarkeit" einer zusätzlichen Raumeinheit im ersten Obergeschoß zur Erhöhung ihrer Betriebseinnahmen und der Gewährleistung einer ausreichenden Gewinn bringenden Betriebsführung bzw. zur Kreditfinanzierung der Baukosten aufzeigen zu können, sei aus der Sicht der belangten Behörde festzuhalten, dass es "selbstverständlich" für jeden Betrieb "opportun" sein werde, Mehreinnahmen zu erzielen, dies könne im vorliegenden Fall aber nicht vorweg eine unbillige Härte im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a BGG begründen. Einerseits ergebe sich aus den vorgelegten gutächtlichen Grundlagen, dass den eigenen Angaben der Beschwerdeführer zufolge die Zeiträume einer vollen Belegung des Beherbergungsbetriebes nur in einem eingeschränkten Umfang vorlägen (mit behaupteten rund 53 %, also nur knapp über der Hälfte). Es liege auf der Hand, dass Mehreinnahmen durch die Schaffung einer zusätzlichen Raumeinheit letztlich nur in Zeiten einer Vollbelegung des bestehenden Betriebes in Frage kämen. Weiters sei festzuhalten, dass sich aus den seitens der Antragsteller vorgelegten und bekannt gegebenen Finanzgrößen und Prognoseangaben im Ergebnis auch keine "Existenzgefährdung" des Betriebes zwingend ableite, ganz abgesehen von der Frage, dass es wohl auch nicht Aufgabe der Baurechtsordnung sein könne - letztlich in der Art einer individuellen "Betriebsförderung" - zu Lasten der gesetzlich normierten Abstandsrechte bzw. damit zu Lasten der Nachbarn und ihrer subjektiven Abstandsrechte auf Dauer ausgerichtete objektsbezogene "ausnahmsweise" baubehördliche Bewilligungen zu erteilen.
Zu dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten führte
die belangte Behörde aus, dass die rechtliche Beurteilung der
baurechtlichen Frage einer "unbilligen Härte" nicht in einem
betriebswirtschaftlichen Gutachten zu beurteilen sei. Der seitens
der Beschwerdeführer vorgebrachten Argumentation des
Erfordernisses einer Beibehaltung eines 4-Sterne-Standards könne
nicht beigetreten werden, ganz unabhängig davon, dass sich auch
ohne für das Bauvorhaben erforderliche Investitionen aus dem
Gutachten durchaus vergleichbare Prognosewerte bzw. Gewinngrößen
ergäben. Was die seitens der Beschwerdeführer angesprochene
betriebliche Existenzgefährdung anlange, habe der Gutachter in
seiner Gutachtensergänzung vom 16. Jänner 2003 letztlich
eigentlich im Kern nur allgemein abgestellte Ausführungen
"allgemein kann ich aber ergänzend ... die Aussage treffen, dass
Beherbergungsbetriebe in der (dieser) Größenordnung ...
schwerstens gefährdet sind und zwar dadurch, dass ... (es folgt
eine Aufzählung von allgemeinen Hinweisen)" gemacht. Überlegungen der Beschwerdeführer, dass ohne die unterstellten vermehrten Einnahmen eine Finanzierung der erforderlichen Umbaumaßnahmen im Kreditwege nicht möglich sei, könne im Sinne der vorstehenden Ausführungen letztlich auch nicht eine unbillige Härte im Sinne dieser Gesetzesstelle begründen. Die Antragsteller ließen mit ihrer Argumentation überhaupt außer Betracht, dass die Kreditlaufzeit ihren eigenen Angaben zufolge nur 15 Jahre betragen würde, die baubehördlichen Bewilligungen wesensgemäß aber "auf Dauer" erteilt würden. Außerdem sei unter Hinweis auf die Mitwirkungspflicht eines Antragstellers angemerkt, dass den insgesamt vorliegenden Ausführungen keine weiter gehenden Angaben bezüglich der Möglichkeit bzw. Nichtmöglichkeit der Mittelbeschaffung bzw. Vermögenslage der Beschwerdeführer entnommen werden könnten.
Soweit die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Frage einer "unbilligen Härte" auch Fragen der Arbeitsplatzsicherung und der seitens der Beschwerdeführer bereits bisher getätigten Aufwendungen argumentierten, könnten sie keine unbillige Härte im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a BGG erweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurden Eigentumsanteile am Grundstück der Erstmitbeteiligten in das Eigentum der übrigen Mitbeteiligten übertragen. Insofern sind diese als Rechtsnachfolger im dinglichen Eigentumsrecht in die Parteistellung der Erstmitbeteiligten (teilweise) eingetreten. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete die erstmitbeteiligte Partei sowie die zweitmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift und sie beantragten die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof wie folgt erwogen hat:
Das Mitspracherecht des Nachbarn ist im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, u.v.a.). Dies gilt auch für einen Nachbarn, der seine Parteistellung im Sinne des § 42 AVG nicht verloren hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2004, Zl. 2002/06/0213, m.w.N.).
§ 42 Abs. 1 und 2 AVG i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 lauten:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben."
Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, dass die Erstmitbeteiligte ihre Parteistellung durch die Nichterstattung von Einwendungen bis einschließlich der ersten mündlichen Verhandlung am 25. September 2001 nicht verloren habe.
Damit sind die Beschwerdeführer aber nicht im Recht. Die belangte Behörde ist nämlich zutreffend davon ausgegangen, dass mit der neuerlichen Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2002 den Beteiligten die Möglichkeit zur Erhebung auch von neuen und erstmaligen Einwendungen eröffnet war und auch dabei erhobene Einwendungen noch als rechtzeitig anzusehen gewesen wären. Im ganz ähnlichen Fall, der dem Erkenntnis vom 22. Februar 1983, Zl. 82/05/0140, m.w.N., zu Grunde lag, ist der Verwaltungsgerichtshof zur insofern gleichartigen Rechtslage des § 42 Abs. 1 erster Satz AVG i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 zu dem Ergebnis gelangt, dass - wenngleich der Zweck einer mündlichen Verhandlung darin gelegen ist, über den Gegenstand der Verhandlung zu einem abschließendem Ergebnis zu gelangen - doch auch eine neuerliche mündliche Verhandlung ein Verfahrensschritt ist, welcher mangels gegenteiliger Regelung eine neuerliche Debatte über den Verhandlungsgegenstand ermöglichen soll. Früher eingetretene Präklusionsfolgen seien dadurch als aufgehoben anzusehen. Mehrere vor der Behörde erster Instanz durchgeführte Verhandlungen seien nämlich, weil sie insgesamt der Schaffung der Entscheidungsgrundlagen dienten, als Einheit zu betrachten. Eine andere Betrachtungsweise würde den im AVG herrschenden Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit zuwiderlaufen. Daher wird man auf ähnliche Weise auch für die nunmehrige Rechtslage des § 42 Abs. 1 AVG nach der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 annehmen müssen, dass auch in einem solchen Fall die Parteistellung eines Beteiligten, der bis zu einer ersten mündlichen Verhandlung keine Einwendungen erstattet hat, im Fall der Durchführung einer neuerlichen mündlichen Verhandlung wieder auflebt oder weiter besteht.
Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass in einigen seiner Entscheidungen eine andere Betrachtungsweise dann gepflogen wurde, in denen einzelne Parteien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur zu einer informellen Zusammenkunft oder Besprechung der Verwaltungssache ohne die Durchführung einer Verhandlung zusammengekommen waren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1994, Zl. 94/06/0085). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Die grundsätzliche Möglichkeit der Weiterwirkung oder des Auflebens der Parteistellung einer Verfahrenspartei, die bis zu einer ersten mündlichen Verhandlung keine Einwendungen erstattet hat, im Fall der Durchführung einer weiteren Verhandlung bedeutet im Beschwerdefall auch, dass eine solche Person ihre Parteistellung im Fall der Nichterhebung von Einwendungen am Tag vor der weiteren Verhandlung oder während dieser nur dann verliert, wenn diese weitere Verhandlungstagsatzung auf eine dem § 42 Abs. 1 AVG entsprechende Weise kundgemacht oder sie gemäß § 42 Abs. 2 AVG verständigt wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, Zl. 95/06/0064). Letzteres fand im Beschwerdefall unbestritten nicht statt. Daraus folgt, dass die Erstmitbeteiligte ihre Parteistellung nicht verloren hatte und ihre Berufung als übergangene Partei zulässig war (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1996, Zl. 95/06/0064, und vom 28. Februar 2006, Zl. 2001/03/0048).
Gemäß § 25 Abs. 3 erster und zweiter Satz Sbg Bebauungsgrundlagengesetz, LGBl. Nr. 69/1968 i.d.F. LGBl. Nr. 99/1992 (BGG), gilt für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im Übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, dass ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m haben.
§ 25 Abs. 8 BGG in der Fassung LGBl. Nr. 76/1976 und LGBl. Nr. 92/1999 sieht im Hinblick auf die Möglichkeit einer Abstandsunterschreitung Folgendes vor:
"(8) Die für die Baubewilligung zuständige Behörde kann auf Antrag die Unterschreitung der in den Abs. 3 und 4 festgesetzten Abstände durch Bescheid ausnahmsweise zulassen, wenn
a) die Einhaltung nach der besonderen Lage des
Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte darstellt, wie etwa, wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre;
b) benachbarte Grundstücke oder Bauten und Anlagen
nicht erheblich beeinträchtigt werden, insbesondere nicht ihre
Bebaubarkeit bzw. das gewährleistete und erforderliche Tageslicht
verlieren oder in diesen Belangen wesentlich beeinträchtigt werden;
c) insgesamt der Vorteil des Ausnahmewerbers größer
ist als der Nachteil für die benachbarten Grundstücke, Bauten und
Anlagen und
d) die Lage des Baues sich nicht aus einem
Bebauungsplan ergibt.
Die Ausnahme kann mit der Baubewilligung verbunden werden. Parteien sind die Parteien des Baubewilligungsverfahrens. Bei der Festlegung der Lage der Bauten in einem Bebauungsplan kann in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Voraussetzungen eine Unterschreitung der Abstände gemäß Abs. 4 festgelegt werden."
Nach dem bereits wiedergegebenen § 25 Abs. 8 BGG kann die Unterschreitung der in § 25 Abs. 3 BGG normierten Abstände für Bauten ausnahmsweise zugelassen werden. Nach der hg. Judikatur zu dieser Bestimmung (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 3. September 1998, Zl. 95/06/0212) handelt es sich dabei um eine Ermessensbestimmung, wobei die in lit. a bis lit. d genannten Voraussetzungen für die Ermessensübung kumulativ vorliegen müssen. Der Nachbar hat ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass eine Ausnahme nach § 25 Abs. 8 BGG, die seine Interessensphäre berührt, nur bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen nach einer im Sinn des Gesetzes gelegenen Ermessensübung und in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren erteilt wird (vgl. das angeführte Erkenntnis vom 3. September 1998). Anderseits hat auch der Antragsteller ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass eine Ausnahme nach § 25 Abs. 8 BGG bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen nach einer im Sinn des Gesetzes gelegenen Ermessensübung und in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren auch erteilt wird.
§ 25 Abs. 8 lit. a BGG setzt für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Unterschreitung des Mindestabstandes voraus, dass dessen Einhaltung eine unbillige Härte darstelle, etwa wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre. Nach der hg. Judikatur zu dieser Voraussetzung (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom 3. September 1998) kann die Unmöglichkeit einer Änderung unter Wahrung der gesetzlichen Abstände dann angenommen werden, wenn die erforderliche Änderung im Sinne des § 25 Abs. 8 leg. cit. unter Einhaltung der gesetzlichen Abstände für den Bauwerber wirtschaftlich unzumutbar wäre. Nicht jeglicher wirtschaftliche Nachteil berechtigt aber zur Annahme des Vorliegens einer unbilligen Härte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0054). Darüber hinaus nimmt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unmöglichkeit der Änderung eines Bestandes unter Wahrung des gesetzlichen Abstandes auch dann an, wenn die Maßnahme ansonsten technisch nicht möglich wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, dass zur zeitgemäßen Wahrung der Funktion eines als Wohnhaus dienenden (und als solches bewilligten) Gebäudes in der Regel nicht die Vergrößerung der Wohnfläche zählt (vgl. das bereits angeführte Erkenntnis vom 3. September 1998 und die dazu angeführte Vorjudikatur). Das Bestreben nach Vergrößerung der Wohnfläche könne für sich allein noch nicht das Tatbestandelement, dass die Baumaßnahme zur zeitgemäßen Wahrung der Funktion des Gebäudes erforderlich sein müsse, erfüllen. Es müssten vielmehr besondere Umstände vorliegen (wie etwa die Notwendigkeit der Schaffung zeitgemäßer Einrichtungen, die zu einem Wohnhaus gehören und im konsentierten Bestand nicht vorhanden wären), die allenfalls einen Ausbau rechtfertigen könnten (vgl. auch dazu das bereits angeführte Erkenntnis vom 3. September 1998). Bei einer beabsichtigten Vergrößerung von Wohnraum, bei der es zu Abstandsunterschreitungen im Sinne des § 25 Abs. 8 BGG kommen solle, sei daher die maßgebliche Frage bei der Ermessensübung, ob die Vergrößerung zur Erhaltung oder zur zeitgemäßen Wahrung der Funktion des Wohngebäudes erforderlich sei. Allein der Wunsch, eine größere Wohnfläche als bisher zur Verfügung zu haben, reiche für die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a BGG nicht aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2007, Zl. 2005/06/0128, m.w.N.).
In dem hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 93/06/0149, ging es um die beabsichtigte Aufstockung eines Wohn- und Geschäftshauses. Die Bauwerberin hatte insbesondere geltend gemacht, dass ihr die Einhaltung der gesetzlichen Abstände wirtschaftlich unzumutbar sei: Sie könne ohne Erteilung der Ausnahmebewilligung die im Kerngebiet jener Gemeinde übliche Geschoßflächenzahl von 3,0 nicht erreichen, wodurch die bauliche Ausnützbarkeit der zu verbauenden Grundfläche wesentlich beeinträchtigt werde. Die wirtschaftliche Unzumutbarkeit ergebe sich daraus, dass eine Amortisation des erforderlichen Aufwandes zuzüglich eines angemessenen Gewinnes nicht mehr möglich sei. Im genannten Erkenntnis wurde ihr entgegnet, die beispielsweise Nennung eines Falles unbilliger Härte in § 25 Abs. 8 lit. a BGG stelle darauf ab, dass bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre. Im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin auf ihrem Grundstück eine Pension und einen Handelsbetrieb führe, könne von einer wesentlichen Beeinträchtigung der baulichen Ausnutzbarkeit der Grundfläche keine Rede sein. Sie behaupte in ihrer Beschwerde auch nicht, dass die geplanten Umbauarbeiten zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung der Funktion der bestehenden Bauten dringend erforderlich wären. Die von ihr genannten betriebswirtschaftlichen Gründe (Ausbau des im Verhältnis zum Handelsbetrieb höhere Gewinne versprechenden Pensionsbetriebes) könnten unter § 25 Abs. 8 lit. a BGG nicht subsumiert werden. Es könne offen bleiben, ob die Hinderung an einer Baumaßnahme, die (ausschließlich) eine Verbesserung der Ertragslage zum Ziel habe, dann "nach der besonderen Lage des Einzelfalles für den Ausnahmewerber eine unbillige Härte" darstellen könnte, wenn eine Existenzgefährdung des Betriebes vorliege, die anders als durch Bauführung im Seitenabstand nicht abgewendet werden könne, zumal die Beschwerdeführerin einen solchen Sachverhalt nicht behaupte.
Diese Betrachtungsweise eines Vorbringens hinsichtlich des Bestehens einer "unbilligen Härte" im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a BGG im Blick auf eine behauptete Erforderlichkeit der Unterschreitung des baulichen Mindestabstandes aus betriebswirtschaftlichen Gründen hat der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0054, grundsätzlich aufrecht erhalten. In diesem Fall hatte der Bauwerber sein Vorhaben jedoch nicht (allein) damit begründet, einen höheren Ertrag erzielen zu wollen, sondern damit, dass eine Sanierung des bestehenden Objektes dringend notwendig sei, um die Funktion des Gebäudes als einem Betrieb dienend zu erhalten. Der hiefür erforderliche Aufwand sei ohne gleichzeitigen Umbau und Erweiterung des bestehenden Objektes unwirtschaftlich. Einem solchen Vorbringen sprach der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf die Bestimmung des § 25 Abs. 8 lit. a BGG nicht von vornherein Bedeutung ab und sprach im Ergebnis aus, die "Notwendigkeit" von vom Bauwerber als erforderlich behaupteten Sanierungsmaßnahmen seien in einem solchen Fall bei der Entscheidung über einen Antrag gemäß § 25 Abs. 8 lit. a BGG näher zu prüfen, um beurteilen zu können, ob tatsächlich die geplanten Umbaumaßnahmen zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung der Funktion des bestehenden Baues dringend erforderlich seien.
Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer - durch Ausführungen eines Sachverständigen untermauert - vorgebracht, durch den Betrieb ihres Hotels würden sie bei weiterer Verschlechterung des Ergebnisses, das in den nächsten Jahren zu erwarten sei, wenn kein Umbau und Zubau erfolge, nicht mehr in der Lage sein, die erforderlichen Reparaturen und Verbesserungsmaßnahmen durchzuführen, um den Standard eines 4- Sterne-Hotels zu halten. Die dann sich weiter verschlechternde Ertragslage könnte dazu führen, dass der Betrieb stillgelegt werden müsse, wenn nicht die durch den geplanten Zu- und Umbau vorgesehene Rentabilitätsverbesserung im Ausmaß von EUR 27.000,-- pro Jahr realisiert werden könne. Die von ihnen geplanten Baumaßnahmen könnten aus ihrem bestehenden Betrieb nicht finanziert werden, sodass die von ihnen projektierte Aufstockung über der Garage und die damit verbundene Neuschaffung von zwei zusätzlichen Hotelzimmern und zwei Nasseinheiten unbedingt erforderlich seien, um die Finanzierung der übrigen als notwendig erachteten Baumaßnahmen (zusätzliche Unterkellerung des Hauses und damit verbunden die Neuschaffung von Manipulations- und Lagerräumlichkeiten) zu finanzieren.
Die belangte Behörde hat dieses Vorbringen für die Erteilung der von den Beschwerdeführern angestrebten Abstandsnachsicht zutreffend als nicht geeignet angesehen und zutreffend die Auffassung vertreten, dass die (bloße) Verbesserung der Ertragslage und der Gewinnsituation des vorliegenden Hotelbetriebs und eine Rentabilitätsverbesserung keine unbillige Härte im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a Sbg BBG darstellt, die zur Einhaltung und zeitgemäßen Wahrung der Funktion des bestehenden Baues erforderliche wäre: Die von ihnen als wirtschaftliche Unabdingbarkeit angesehene Schaffung einer zusätzlichen Raumeinheit im ersten Obergeschoß würde zwar zu - aus ihrer Sicht durchaus "opportunen" - Mehreinnahmen führen. Dies könne im vorliegenden Zusammenhang aber nicht das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne des § 25 Abs. 8 lit. a BGG begründen. Auch sei es nicht Aufgabe der Baurechtsordnung, durch die Gewährung einer Ausnahmebewilligung von einer gesetzlich normierten Abstandsregelung - zu Lasten der Nachbarn - eine Art individueller "Betriebsförderung" vorzunehmen.
Der von den Beschwerdeführern angestrebte betriebswirtschaftliche Vorteil vermag die von § 25 Abs. 8 lit. a BGG geforderte bauliche Notwendigkeit weder zu ersetzen noch ist aus ersterer auf die letztere zu schließen. Daher trifft auch letztlich der Vorwurf der Beschwerdeführer nicht zu, dass die belangte Behörde es verabsäumt habe, die Argumentation der Beschwerdeführer durch die Einholung eines Gutachtens oder zumindest auf gleicher fachlicher Ebene in tauglicher Art und Weise zu beurteilen.
Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 23. Oktober 2007
Schlagworte
Ermessen besondere RechtsgebieteErmessen VwRallg8Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2003060071.X00Im RIS seit
06.12.2007Zuletzt aktualisiert am
30.01.2017