TE OGH 2007/11/15 2Ob209/07k

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Veröffentlicht am 15.11.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 1,206.262,50 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 519.412,50 sA) gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Juni 2007, GZ 1 R 095/07h-28, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin erwarb 2001 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten unter anderem eine auf den Grundstücken 1994/5 und 1996/2 betriebene Bauschuttdeponie. Der Kaufvertrag enthielt zur Gewährleistung folgende, auszugsweise wiedergegebene Regelungen:

„Die Käuferin hat die Kaufgrundstücke besichtigt und hat Kenntnis von den zugehörigen Bescheiden, welche die Verkäuferin der Käuferin vollständig übergibt. Die Übergabe der Kaufgrundstücke erfolgt so wie sie liegen und stehen ohne Gewährleistung für eine bestimmte Beschaffenheit oder für ein bestimmtes Ausmaß oder für die Erfüllung von Bescheidauflagen. Die Käuferin hat insbesondere Kenntnis, dass die oben unter Punkt ..... angeführten Deponien nicht die vom Bescheid geforderte Umzäunung aufweisen. Die Käuferin übernimmt es, für die Errichtung dieser Zäune selbst zu sorgen.

Hinsichtlich des Grundstückes 2034/3 ist ein Bescheidverfahren für eine noch nicht erteilte Bewilligung anhängig. Der Käuferin ist dieses Verfahren bekannt.

Die Verkäuferin leistet Gewähr, dass außer diesem Bescheidverfahren kein Verwaltungsverfahren anhängig ist, welches derzeit bestehende Nutzungsrechte beeinträchtigt."

In der Verfüllungsvereinbarung räumte die Verkäuferin der Käuferin Verfüllrechte gegen Bezahlung von EUR 777.599,33 ein. Kalkulationsgrundlage für dieses Entgelt war eine bescheidkonform verfüllbare Kubatur von 285.500 m³. In dieser Verfüllungsvereinbarung bestätigte die Käuferin ihre Kenntnis von den für die Bauschuttdeponie bestehenden Bescheiden und verpflichtete sich, diese Bescheide sowie die diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften einzuhalten.

Die Deponie bestand aus zwei Abschnitten: den bereits verfüllten Abschnitt 1 und den neueren, wesentlich größeren Abschnitt 2. Der aus dem Jahr 1996 stammende Bescheid über die Bewilligung des Betriebes als Baurestmassendeponie hatte die Herstellung einer mineralischen Basisabdichtung mit einer maximalen Sickergeschwindigkeit von 10-8 m/sek über dem vorhandenen Rohplanum (unterste Schichtdeponie) vorgeschrieben. Zum Stichtag 1. 7. 1998 hätten nach den für Baurestmassendeponien geltenden Vorgaben der Deponieverordnung, BGBl 164/1996, im gesamten Deponieabschnitt 2 zwei mineralische Dichtschichten mit einer maximalen Sickergeschwindigkeit von 10-9 m/sek (und mit einer Schichtstärke von 50 cm) errichtet werden müssen. Tatsächlich wies nur der kleinere, ebenfalls großteils verfüllte Abschnitt 2a der Deponie eine mineralische Dichtschicht auf, die den Auflagen des Bescheides aus dem Jahr 1996, nicht aber den genannten Anforderungen der Deponieverordnung entsprach. Im Abschnitt 2b war überhaupt keine mineralische Basisabdichtung vorhanden. Die Betreiberin hatte lediglich ein bindiges Material mit einer unregelmäßigen Schichtstärke von weniger als 50 cm angebracht, das rein optisch für eine mineralische Dichtschicht gehalten werden konnte. Gegenüber der zuständigen Verwaltungsbehörde hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten wahrheitswidrige Angaben über die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemacht. Erst anlässlich einer Verhandlung am 24. 6. 2004 stellte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung fest, dass die Herstellung eines Deponieabschnittes nicht ordnungsgemäß erfolgt war. Das Berufungsgericht sprach in seinem Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren hinsichtlich des geltend gemachten Mangelschadens (EUR 519.412,50 sA) dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es hielt den im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der Gewährleistung aufgrund der konkludent zugesagten, aber nicht erfüllten Herstellung des bescheid- und gesetzmäßigen Zustandes der Bauschuttdeponie (mineralische Basisabdichtung) für nicht wirksam. Überdies hätte die Verkäuferin die Nichteinhaltung des bescheid- und gesetzmäßigen Zustandes arglistig verschwiegen. Dem Einwand der Beklagten zu dem im Vergleich zu einer Deponie mit einer mineralischen Dichtschicht auffallend niedrigen Kaufpreis begegnete das Berufungsgericht mit dem Hinweis auf den zusätzlich vereinbarten Verfüllungspreis und der - ebenfalls festgestellten - schwierigen wirtschaftlichen Situation der Beklagten, die einen geringeren Preis nahelege.Die Deponie bestand aus zwei Abschnitten: den bereits verfüllten Abschnitt 1 und den neueren, wesentlich größeren Abschnitt 2. Der aus dem Jahr 1996 stammende Bescheid über die Bewilligung des Betriebes als Baurestmassendeponie hatte die Herstellung einer mineralischen Basisabdichtung mit einer maximalen Sickergeschwindigkeit von 10-8 m/sek über dem vorhandenen Rohplanum (unterste Schichtdeponie) vorgeschrieben. Zum Stichtag 1. 7. 1998 hätten nach den für Baurestmassendeponien geltenden Vorgaben der Deponieverordnung, Bundesgesetzblatt 164 aus 1996,, im gesamten Deponieabschnitt 2 zwei mineralische Dichtschichten mit einer maximalen Sickergeschwindigkeit von 10-9 m/sek (und mit einer Schichtstärke von 50 cm) errichtet werden müssen. Tatsächlich wies nur der kleinere, ebenfalls großteils verfüllte Abschnitt 2a der Deponie eine mineralische Dichtschicht auf, die den Auflagen des Bescheides aus dem Jahr 1996, nicht aber den genannten Anforderungen der Deponieverordnung entsprach. Im Abschnitt 2b war überhaupt keine mineralische Basisabdichtung vorhanden. Die Betreiberin hatte lediglich ein bindiges Material mit einer unregelmäßigen Schichtstärke von weniger als 50 cm angebracht, das rein optisch für eine mineralische Dichtschicht gehalten werden konnte. Gegenüber der zuständigen Verwaltungsbehörde hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten wahrheitswidrige Angaben über die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemacht. Erst anlässlich einer Verhandlung am 24. 6. 2004 stellte das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung fest, dass die Herstellung eines Deponieabschnittes nicht ordnungsgemäß erfolgt war. Das Berufungsgericht sprach in seinem Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren hinsichtlich des geltend gemachten Mangelschadens (EUR 519.412,50 sA) dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es hielt den im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der Gewährleistung aufgrund der konkludent zugesagten, aber nicht erfüllten Herstellung des bescheid- und gesetzmäßigen Zustandes der Bauschuttdeponie (mineralische Basisabdichtung) für nicht wirksam. Überdies hätte die Verkäuferin die Nichteinhaltung des bescheid- und gesetzmäßigen Zustandes arglistig verschwiegen. Dem Einwand der Beklagten zu dem im Vergleich zu einer Deponie mit einer mineralischen Dichtschicht auffallend niedrigen Kaufpreis begegnete das Berufungsgericht mit dem Hinweis auf den zusätzlich vereinbarten Verfüllungspreis und der - ebenfalls festgestellten - schwierigen wirtschaftlichen Situation der Beklagten, die einen geringeren Preis nahelege.

Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

Ein vertraglich vereinbarter Gewährleistungsverzicht erstreckt sich

weder auf das Fehlen ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherter

Eigenschaften noch auf arglistig verschwiegene Mängel (6 Ob 272/05a =

RIS-Justiz RS0018564 [T7] = RS0018581 [T3]; RIS-Justiz RS0018523

[T3]).

Die Auslegung eines Vertrages im Einzelfall stellt nur bei einem unvertretbaren Auslegungsergebnis eine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0042936; RS0044358 [T11 und T 20]). Ob die Zusage einer Eigenschaft oder Gebrauchsmöglichkeit (§ 922 ABGB in der hier anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des GewRÄG) schlüssig erfolgt ist, ist ebenso einzelfallbezogen zu beurteilen (2 Ob 304/02y = RIS-Justiz RS0014177 [T2]).Die Auslegung eines Vertrages im Einzelfall stellt nur bei einem unvertretbaren Auslegungsergebnis eine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0042936; RS0044358 [T11 und T 20]). Ob die Zusage einer Eigenschaft oder Gebrauchsmöglichkeit (Paragraph 922, ABGB in der hier anzuwendenden Fassung vor Inkrafttreten des GewRÄG) schlüssig erfolgt ist, ist ebenso einzelfallbezogen zu beurteilen (2 Ob 304/02y = RIS-Justiz RS0014177 [T2]).

Von einer auffälligen und daher korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes kann ungeachtet des in der Revision betonten Ausschlusses der Gewährleistung auch für die Erfüllung von Bescheidauflagen nicht die Rede sein:

Zunächst findet sich gleich im Anschluss an den Gewährleistungsausschluss eine Formulierung, dass sich die Kenntnis der Käuferin von der fehlenden Bescheidkonformität auf die geforderte Umzäunung bezieht, was eine im Zweifel gebotene restriktive Auslegung des Gewährleistungsverzichtes (RIS-Justiz RS0018561; 6 Ob 272/05a) nahelegt. Weiters leistete die Verkäuferin ausdrücklich Gewähr, dass - von einer hier nicht relevanten Ausnahme abgesehen - kein, die derzeit bestehenden Nutzungsrechte beeinträchtigendes Verwaltungsverfahren anhängig sei. Die Verfüllungsvereinbarung nimmt auf die Bescheidkonformität der verkauften Deponie insoweit Bezug, als sie die Käuferin zu bescheid- bzw gesetzeskonformem Verhalten verpflichtet (bei sonstiger Schad- und Klagloshaltung der Verkäuferin) und von einer bescheidkonformen Verfüllmenge ausgeht. Als weiteres Argument für die Zusage des bescheid- und gesetzeskonformen Zustandes der Deponie hat das Berufungsgericht in vertretbarer Weise den vertraglich festgelegten Verwendungszweck (Weiterbetrieb der Bauschuttdeponie durch die Erwerberin) herangezogen (1 Ob 140/00w = RIS-Justiz RS0018549 [T4]). Die in der Revision angeschnittene Frage nach einer Verpflichtung des bisherigen Betreibers einer Baurestmassendeponie zur Anbringung einer Basisabdichtung bereits vor Verfüllung und damit die Frage nach einer Auslegung der Bestimmungen der Deponieverordnung (insbesondere § 18 Abs 2) sind hier nicht relevant für die Beurteilung, ob die Beklagte für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft einstehen muss. Nach dem festgestellten Sachverhalt war im Abschnitt 2b überhaupt keine mineralische Basisabdichtung vorhanden, was nicht einmal den Auflagen des 1996 erteilten Bescheides entsprochen hatte. Zusätzlich festgestellt wurden wahrheitswidrige Angaben der Verkäuferin im verwaltungsbehördlichen Verfahren zum Thema Abdichtung und die Anbringung einer „optisch täuschenden" Schicht. Dies legt die Kenntnis der bisherigen Betreiberin von dem konsenswidrigen Zustand der Deponie nahe, was bei den vertraglichen Regelungen, insbesondere über den Verwendungszweck (bescheidkonforme Verfüllung) die Annahme eines arglistig verschwiegenen Mangels vertretbar macht (vgl RIS-Justiz RS0018554; 6 Ob 7/06g; vgl Bollenberger in KBB² § 870 ABGB Rz 1).Zunächst findet sich gleich im Anschluss an den Gewährleistungsausschluss eine Formulierung, dass sich die Kenntnis der Käuferin von der fehlenden Bescheidkonformität auf die geforderte Umzäunung bezieht, was eine im Zweifel gebotene restriktive Auslegung des Gewährleistungsverzichtes (RIS-Justiz RS0018561; 6 Ob 272/05a) nahelegt. Weiters leistete die Verkäuferin ausdrücklich Gewähr, dass - von einer hier nicht relevanten Ausnahme abgesehen - kein, die derzeit bestehenden Nutzungsrechte beeinträchtigendes Verwaltungsverfahren anhängig sei. Die Verfüllungsvereinbarung nimmt auf die Bescheidkonformität der verkauften Deponie insoweit Bezug, als sie die Käuferin zu bescheid- bzw gesetzeskonformem Verhalten verpflichtet (bei sonstiger Schad- und Klagloshaltung der Verkäuferin) und von einer bescheidkonformen Verfüllmenge ausgeht. Als weiteres Argument für die Zusage des bescheid- und gesetzeskonformen Zustandes der Deponie hat das Berufungsgericht in vertretbarer Weise den vertraglich festgelegten Verwendungszweck (Weiterbetrieb der Bauschuttdeponie durch die Erwerberin) herangezogen (1 Ob 140/00w = RIS-Justiz RS0018549 [T4]). Die in der Revision angeschnittene Frage nach einer Verpflichtung des bisherigen Betreibers einer Baurestmassendeponie zur Anbringung einer Basisabdichtung bereits vor Verfüllung und damit die Frage nach einer Auslegung der Bestimmungen der Deponieverordnung (insbesondere Paragraph 18, Absatz 2,) sind hier nicht relevant für die Beurteilung, ob die Beklagte für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft einstehen muss. Nach dem festgestellten Sachverhalt war im Abschnitt 2b überhaupt keine mineralische Basisabdichtung vorhanden, was nicht einmal den Auflagen des 1996 erteilten Bescheides entsprochen hatte. Zusätzlich festgestellt wurden wahrheitswidrige Angaben der Verkäuferin im verwaltungsbehördlichen Verfahren zum Thema Abdichtung und die Anbringung einer „optisch täuschenden" Schicht. Dies legt die Kenntnis der bisherigen Betreiberin von dem konsenswidrigen Zustand der Deponie nahe, was bei den vertraglichen Regelungen, insbesondere über den Verwendungszweck (bescheidkonforme Verfüllung) die Annahme eines arglistig verschwiegenen Mangels vertretbar macht vergleiche RIS-Justiz RS0018554; 6 Ob 7/06g; vergleiche Bollenberger in KBB² Paragraph 870, ABGB Rz 1).

Anmerkung

E859972Ob209.07k

Schlagworte

Kennung XPUBL - XBEITRDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inBrugger, ecolex 2008,803XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00209.07K.1115.000

Zuletzt aktualisiert am

23.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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