Index
L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Vlbg 1972 §31 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der Dipl. Ing. VP in T, vertreten durch Dr. Christian Hopp, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Ambergpark, Reichsstraße 126, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 1. März 2007, Zl. BHBL-I- 4102.26-2006/0003, betreffend Nichterteilung der Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Im Jahr 1968 errichtete M.G. auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück Nr. 216/1 GB. T., dessen Eigentümer damals J.D. war, ein Ferienhaus. Für dieses 4,5 x 6,0 m große Ferienhaus suchte M.G. im Februar 1976 nachträglich um eine Baubewilligung an. Im Schreiben vom 10. März 1976 teilte die mitbeteiligte Gemeinde dem Antragsteller mit, dass das Wochenendhaus zu Unrecht erstellt worden sei und ihm auch nachträglich eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne. Er werde daher aufgefordert, sein Wochenendhaus bis spätestens 30. November 1976 abzutragen. Weitere Schritte wurden von der Gemeinde nicht gesetzt.
Im Jahr 2000 wurde von der Agrarbezirksbehörde Bregenz ein neuer Wegkataster erlassen, in welchen das Ferienhaus miteinbezogen wurde.
Im Frühjahr 2001 wurde das Ferienhaus von der damaligen Grundbesitzerin B. abgebrochen. Nach dem Vorbringen in der Beschwerde lautet der Bescheid der "Gemeinde T" vom 12. Dezember 2003 auszugsweise wie folgt:
"Auf GST-Nr. 216/1 stand ca. 50 Jahre lang ein Gebäude mit ca. 4,5 x 6 m, welches immer als Ferienwohnung genutzt, aber nie als solche angezeigt wurde. Dieses Gebäude ist auf der Flugaufnahme der Gemeinde T von 1981 noch sichtbar und wurde im Frühjahr 2001 (ohne Abbruchbescheid) abgetragen. Der Platz ist wieder begrünt. ...
Spruch:
1. Gemäß § 13 AVG wird festgestellt, dass a) das Gebäude auf GST-NR 216/1 bestanden hat und seit Frühjahr 2001 nicht mehr besteht. ..."
In weiterer Folge genehmigte die Grundverkehrs-Landeskommission mit Bescheid vom 14. Jänner 2004 den Erwerb u. a. des verfahrensgegenständlichen Grundstückes durch die Beschwerdeführerin.
Am 28. November 2005 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorprüfung zur Erlangung der Baugenehmigung für die Errichtung eines Ferienhauses auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück.
Mit Bescheid vom 7. März 2006 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Vorprüfung ab, da das Grundstück als Freifläche-Freihaltegebiet gewidmet sei. Auf Grund der fehlenden Baubewilligung des alten Gebäudes könne die Bestandsregel gemäß § 58 Abs. 3 Vbg. RaumplanungsG (RPG) nicht angewendet werden.
Die Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 17. August 2006 als unbegründet ab.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass gemäß § 58 Abs. 3 RPG eine zur Zeit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes rechtmäßig ausgeübte Nutzung, die unterbrochen wurde (Abbruch, Brand udgl.), nicht wieder aufgenommen werden könne, wenn seither mehr als 7 Jahre vergangen seien.
Eine Grundvoraussetzung für die Anwendung dieser Bestandsregelung sei somit, dass das Gebäude rechtmäßig genutzt worden sei, was insbesondere dann zutreffe, wenn eine schriftliche Baubewilligung vorliege. Eine solche sei jedoch im vorliegenden Fall nicht erteilt worden. Nur weil dem Antrag vermutlich ein Foto beigelegt gewesen sei, das sich nicht mehr im Akt befinde, könne nicht davon ausgegangen werden, dass auch sonstige Aktenstücke, insbesondere ein schriftlicher Baubewilligungsbescheid, verloren gegangen seien.
Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, für das Gebäude habe eine mündliche Baubewilligung vorgelegen, könne nicht gefolgt werden. Gemäß § 62 Abs. 1 AVG könnten Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden, jedoch gelte dies nur, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt sei. Sowohl die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltende Vorarlberger Landesbauordnung, LGBl. Nr. 49/1962, i.d.F. LGBl. Nr. 30/1965, als auch das Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, normierten, dass über Bauanträge nur schriftliche Bescheide erlassen werden dürften (siehe § 28 Abs. 1 Landesbauordnung und § 31 Abs. 1 Baugesetz 1972). Die Möglichkeit, Baubescheide auch mündlich zu erteilen, sei erst mit dem Baugesetz 2001 geschaffen worden. Weiters setze die Wirksamkeit eines mündlich verkündeten Bescheides nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das schriftliche Festhalten in einer besonderen Niederschrift oder im Verwaltungsprotokoll voraus (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Jänner 2004, Zl. 2003/17/0293).
Es könne auch kein vermuteter Konsens angenommen werden. Das Gebäude sei vor nicht einmal 40 Jahren erbaut worden, der erforderliche jahrzehntelange Bestand liege daher nicht vor. Es bedürfe dazu weiters nicht nur eines jahrzehntelangen, sondern auch eines unbeanstandeten Bestehens eines Gebäudes. Mit dem Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde vom 10. März 1976 habe die Behörde das ohne Baubewilligung errichtete Gebäude beanstandet und den Antragsteller zum Abtragen des Gebäudes aufgefordert. Auch wenn es sich bei diesem Schreiben um keinen Bescheid handle, so ergebe sich daraus eindeutig die Beanstandung des Gebäudes.
Mit der Auffassung der Behörde erster Instanz, dass für das frühere Gebäude keine Baubewilligung erteilt worden sei, sei die Beschwerdeführerin überrascht worden. Diese Verletzung der Beschwerdeführerin im rechtlichen Gehör sei durch die Möglichkeit ihrer Stellungnahme in der Berufung saniert worden.
Ob die Agrarbezirksbehörde bei der Bemessung der Anteile an der Güterweggenossenschaft das Gebäude zu Unrecht einbezogen habe oder nicht, könne von der belangten Behörde nicht überprüft werden, da sie lediglich Aufsichtsbehörde bezüglich der im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Bescheide der Gemeinden sei. Weiters sei auf Grund des von der Gemeinde T am 12. Dezember 2003 erlassenen "Feststellungsbescheides" keine gerechtfertigte Vertrauenserwartung ausgelöst worden. Einerseits sei im Spruch nicht über das Bestehen eines strittigen Rechtsverhältnisses verbindlich entschieden worden, sondern sei festgestellt worden, dass das Gebäude auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück bestanden habe und seit Frühjahr 2001 nicht mehr bestehe. Andererseits ergebe sich aus dem Sachverhalt deutlich, dass die Ferienwohnung nie als solche angezeigt worden sei und somit nicht rechtmäßig bestanden habe.
Im vorliegenden Fall sei weder ein begünstigender Bescheid erlassen worden noch sei die Beschwerdeführerin durch die Behörde in ihrer Erwartungshaltung gestärkt worden. Somit könne von einer Verletzung von wohlerworbenen Rechten nicht gesprochen werden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass eine rechtmäßige Nutzung des Gebäudes auch dann vorliege, wenn eine mündliche Baubewilligung erteilt worden sei. Es ergebe sich "aus dem Gesamtzusammenhang", dass im vorliegenden Fall zumindest vom Vorliegen einer mündlichen Baubewilligung auszugehen sei. Da das gegenständliche Gebäude während mehr als 50 Jahren auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück bestanden habe und die Gemeinde - wie später noch ausgeführt - selbst davon ausgegangen sei, dass dieses rechtmäßig errichtet worden sei, hätte die belangte Behörde daher davon ausgehen müssen, dass für dieses Gebäude, das mehr als 50 Jahre bestanden habe, zumindest eine mündliche Baubewilligung vorgelegen habe.
Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu. Abgesehen davon, dass sowohl die Vorarlberger Landesbauordnung, LGBl. Nr. 49/1962, als auch das Vorarlberger Baugesetz 1972, LGBl. Nr. 39, nur die Erlassung schriftlicher Baubewilligungsbescheide erlaubte, führt die Beschwerdeführerin auch keine konkreten Umstände an, dass eine entsprechende Protokollierung eines konkreten mündlich verkündeten Baubewilligungsbescheides betreffend das früher bestandene Ferienhaus erfolgt wäre. Daraus, dass ein Gebäude über Jahrzehnte besteht und von einer Behörde (nämlich der Agrarbezirksbehörde) angenommen wurde, dass es rechtmäßig errichtet worden sei, ergibt sich nicht - wie das die Beschwerdeführerin meint - die Annahme, es müsse eine Baubewilligung mündlich erteilt worden sein.
Weiters meint die Beschwerdeführerin, es müsse von einem vermuteten Konsens ausgegangen werden. Da auch während der 30 Jahre nach dem an M.G. verfassten Schreiben keine Veranlassungen getroffen worden seien, die geeignet gewesen wären, Zweifel am rechtmäßigen Bestand hervorzurufen, sei nach Ansicht der Beschwerdeführerin ein jahrzehntelanger unbeanstandeter Bestand jedenfalls gegeben.
Auch dem kann nicht gefolgt werden. Auch die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass das ursprüngliche, auf dem Grundstück bestehende Ferienhaus von M.G. ohne (schriftliche) Baubewilligung 1968 errichtet worden war und M.G., als er 1976 den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung stellte, eine solche nicht erteilt wurde. Schon diese Umstände schließen aus, von einem vermuteten Konsens im Sinne der hg. Rechtsprechung auszugehen. Nach der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 1. September 1998, Zl. 98/05/0088) spricht für ein seit Jahrzehnten bestehendes Gebäude, bei welchem Unterlagen über eine frühere Baugenehmigung nicht auffindbar sind, von dem aber feststeht, dass von der Baubehörde Beanstandungen wegen eines fehlenden Konsenses niemals stattgefunden haben, die Vermutung, dass es auf Grund einer der im Erbauungszeitpunkt geltenden Vorschriften entsprechenden Baubewilligung errichtet worden ist, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vor. Die erwähnten Umstände betreffend M.G. und seinen Versuch, für das ohne Baubewilligung errichtete Gebäude eine Baubewilligung zu erhalten, stellen derartige Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme dar. Aus dem seit damals (nämlich 1976) verstrichenen unbeanstandeten Bestand des Gebäudes bis 2001 kann daher nicht - wie es die Beschwerdeführerin vertritt - auf einen vermuteten Konsens geschlossen werden. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte, dass nach 1976 eine nachträgliche Baubewilligung erteilt worden wäre.
Weiters kann keine Rede davon sein, dass die Beschwerdeführerin, die das Grundstück 2004 erworben hat, also ohne dass auf diesem Grundstück ein Gebäude gewesen wäre, ein Recht auf den Bestand eines Gebäudes auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück im Ausmaß von 4,5 x 6 m bzw. auf dessen Wiedererrichtung gemäß § 58 Vbg. RPG erworben hätte. Dies wäre nämlich nur dann der Fall gewesen, wenn es sich bei dem Gebäude, das auf diesem Grundstück bestanden hat, um einen rechtmäßigen Bestand gehandelt hätte. Genau diese Frage ist die zentrale Frage des vorliegenden Verwaltungsverfahrens, die von den Behörden zu Recht verneint wurde.
Wenn die Beschwerdeführerin aus einem Bescheid der Agrarbezirksbehörde, mit dem eine Güterweggenossenschaft begründet wurde, bzw. aus einem Feststellungsbescheid der "Gemeinde T" die Rechtmäßigkeit des auf dem Grundstück bestehenden Gebäudes ableiten will, kann ihr nicht gefolgt werden. Wenn die Agrarbezirksbehörde ein Grundstück in die Güterweggenossenschaft einbezieht, ergibt sich daraus nichts für die Rechtmäßigkeit des Baubestandes der einbezogenen Grundstücke. Mit dem angeführten Feststellungsbescheid wurde auch nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin festgestellt, dass das Gebäude auf dem Grundstück Nr. 216/1 bestanden habe und seit Frühjahr 2001 nicht mehr bestehe. Eine solche Feststellung lässt sich gerade nicht - wie die Beschwerdeführerin meint - dahingehend auslegen, dass damit der rechtmäßige Baubestand festgestellt worden sei. Von einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen der belangten Behörde kann keine Rede sein.
Selbst wenn die belangte Behörde zu Unrecht die Erforderlichkeit einer Anzeige als Ferienwohnung für das in Frage stehende Gebäude als gegeben erachtet hätte und auch aus diesem Grund die Rechtmäßigkeit des Bestandes verneinte, handelt es sich - wie sich dies aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt - dabei um einen nicht wesentlichen Begründungsmangel.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 23. Oktober 2007
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007060109.X00Im RIS seit
20.11.2007