TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/23 2006/06/0173

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Veröffentlicht am 23.10.2007
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Index

E1E;
E3D E01300000;
E3L E06204000;
E3L E16300000;
E6J;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/01 Gewerbeordnung;
59/04 EU - EWR;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

11992E052 EGV Art52;
11997E043 EG Art43;
11997E047 EG Art47;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art1;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art10;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art11 idF 31995D0001;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art11 litl idF 31995D0001;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art11 lito idF 31995D0001;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art2;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art23;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art3;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art4;
31985L0384 Diplomanerkennungs-RL Architektur Art7;
31995D0001 Anpassung Dokumente Beitritt neuer Mitgliedstaaten;
61989CJ0340 Vlassopoulou VORAB;
61992CJ0019 Kraus VORAB;
61992CJ0319 Haim / Kassenzahnärtzliche Vereinigung Nordrhein VORAB;
61997CJ0234 Fernandez de Bobadilla VORAB;
61998CJ0238 Hocsman VORAB;
62000CJ0031 Dreessen VORAB;
62003CJ0330 Colegio VORAB;
EWR-Abk Anh7;
EWR-Abk Art7;
EWR-ArchV 1995 §4 Z1;
EWR-ArchV 1995 §4 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZivTG 1993 §12 idF 2005/I/137;
ZivTG 1993 §6 Abs1 Z1;
ZivTG 1993 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des Ing. PB in L, vertreten durch Mag. Andreas Schiestl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 22, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 18. Mai 2006, GZ. BMWA-91.514/0407-I/3/2006, betreffend Verleihung der Befugnis eines Ziviltechnikers gemäß § 12 des Ziviltechnikergesetzes 1993, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 3. November 2004, eingelangt bei der belangten Behörde am 6. April 2005, beantragte der Beschwerdeführer die Verleihung der Befugnis eines "Ziviltechnikers für EWR Architekten" mit Kanzleisitz in F. Der Beschwerdeführer legte dazu insbesondere folgende Unterlagen vor:

-

ein Konzessionsdekret der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 16. Dezember 1976 über die Erteilung der Konzession für das Baumeistergewerbe an die A.B. Ges.m.b.H. Co. KG vor, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer nach einem gleichfalls im Akt einliegenden Auszug aus dem Gewerberegister vom 9. Jänner 2004 auf Grund der Bestellung am 12. Oktober 1982 ist;

-

das Prüfungszeugnis des Beschwerdeführers über die bestandene Konzessionsprüfung für das Gewerbe der Baumeister am 24. April 1978;

-

Bewilligung der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vom 20. Jänner 1998 (gestützt auf Art. 2 und 6 des Gesetzes vom 27. September 1989 über die Berufsausübung der im Bauwesen tätigen Ingenieure und der Architekten, LGBl. 1989 Nr. 60) zur selbständigen Ausübung des Berufes als Architekt (zugelassener Tätigkeitsbereich: Beratung und Planung in den Gebieten Bauten und Anlagen im Hochbau; Projekt-, Kosten- und Baubetriebsorganisation; Ausarbeitung der erforderlichen Offert- und Planunterlagen, Durchführung der Bauleitungen im Hochbau)

-

Schreiben der Kommission für Ingenieure und Architekten des Fürstentums Liechtenstein vom 22. März 2005 betreffend "Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit als Architekt", nach dem dem Beschwerdeführer mit Entscheidung der Regierung vom 20. Jänner 1998 die Bewilligung zur selbständigen Ausübung der Tätigkeit als Architekt erteilt worden sei, die nach wie vor aufrecht sei. Voraussetzung sei hiefür der Nachweis der fachlichen Befähigung im Sinne von Art. 8 des Gesetzes über die Berufsausübung der am Bauwesen tätigen Ingenieure und der Architekten (IAG) und die Erfüllung der Voraussetzungen für den Beruf des Architekten gemäß Art. 10 bis 15 der Richtlinie des Rates der EG vom 10. Juni 1985 (85/384/EWG; im Folgenden:

Architektur-RL). Weiters sei zum Zeitpunkt der Antragstellung der Nachweis der praktischen Erfahrungen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 und 2 IAG sowie Art. 23 Abs. 2 Architektur-RL 85/384/EWG gegeben.

Der Schlusssatz lautet in diesem Schreiben: "Gestützt auf die zitierten rechtlichen Erfordernisse sowie die im Zusammenhang mit der Antragstellung rechtlich notwendigen Unterlagen war die Bewilligung zu erteilen."

Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab.

Die belangte Behörde führte aus, dass gemäß § 5 Abs. 1 Ziviltechnikergesetz (ZTG) die Befugnis eines Ziviltechnikers u. a. österreichischen Staatsbürgern zu verleihen sei, wenn die für die Ausübung erforderliche fachliche Befähigung (§ 6) nachgewiesen worden sei und kein Ausschließungsgrund vorliege. Gemäß § 6 Abs. 1 ZTG sei die fachliche Befähigung (§ 5 Abs. 1) u.a. nachzuweisen durch die Absolvierung des der angestrebten Befugnis entsprechenden Studiums (Z. 1), durch die entsprechende Praxis sowie durch die erfolgreiche Ablegung der Ziviltechnikerprüfung (Z. 3).

Der Beschwerdeführer habe mit dem Antrag ein Schreiben der Kommission für Ingenieure und Architekten des Fürstentums Liechtenstein vom 22. März 2005, nach dem ihm die Regierung des Fürstentums Liechtenstein die Bewilligung zur selbständigen Ausübung der Tätigkeit als Architekt erteilt habe, weiters das Konzessionsdekret der Bezirkshauptmannschaft Schwaz für das Baumeistergewerbe vorgelegt. Einen Nachweis über die Absolvierung des Studiums der Studienrichtung "Architektur" an einer Universität oder Fachhochschule habe der Beschwerdeführer weder vorgelegt noch geltend gemacht.

Gemäß § 3 EWR-Architektenverordnung - EWR-ArchV, BGBl. Nr. 694/1995, dürften sich Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf dem Gebiet der Republik Österreich zur Ausübung des Berufes eines selbständigen Architekten niederlassen, wenn ihnen die entsprechende Befugnis nach dem ZTG 1993 verliehen worden sei. Gemäß § 4 EWR-ArchV gelte für die im § 6 ZTG normierten Nachweise u. a., dass ein Antragsteller die Voraussetzung des Studiums (§ 6 Abs. 1 Z. 1 ZTG) erfülle, wenn er nachweise, dass er in einem anderen EWR-Staat als der Republik Österreich ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 7 und Art. 11 Architektur-RL erworben habe.

Wie der "Bewilligung zur Ausführung der Tätigkeit als Architekt" der Kommission für Ingenieure und Architekten des Fürstentums Lichtenstein zu entnehmen sei, sei die Voraussetzung für die Erteilung dieser Bewilligung die Erfüllung der Voraussetzungen für den Beruf des Architekten gemäß Art. 10 bis 15 Architekten-RL gewesen. Nach den Erwägungen zur Architekten-RL solle mit der Anerkennung mehrerer derzeit bestehender Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstiger Befähigungsnachweise, die in den Art. 10, 11 und 12 genannt seien, den Inhabern dieser Ausbildungsnachweise gestattet werden, sich in anderen Mitgliedstaaten niederzulassen.

Nach Art. 10 Architekten-RL anerkenne jeder Mitgliedstaat die in Art.11 genannten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise, die die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten ausstellen, die bereits zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie im Besitz dieser Qualifikationen seien oder Studiengänge begonnen hätten, die zum Erwerb solcher Diplome, Prüfungszeugnisse oder anderer Befähigungsnachweise berechtigen würden. Wie dem Art. 11 der Architekten-RL zu entnehmen sei, sei seitens Österreichs als Diplom im Sinne des Art. 10 u.a. das Ingenieurdiplom (Ing.), ausgestellt auf Grund einer Ausbildung an Höheren Technischen Lehranstalten oder Technischen Kollegs für Bauwesen in Verbindung mit der Baumeisterlizenz, die eine mindestens sechsjährige Berufserfahrung in Österreich bescheinige, die durch eine Prüfung abgeschlossen werde, notifiziert.

Unter Berufung auf dieses Diplom sei dem Beschwerdeführer die angeführte "Bewilligung zur Ausführung der Tätigkeit als Architekt" seitens der Kommission für Ingenieure und Architekten erteilt worden. Bei den Art. 10 - 14 Architekten-RL, die für die in Liechtenstein erteilte "Bewilligung" maßgeblich gewesen seien, handle es sich um Übergangsbestimmungen, mit denen "älteren" Diplomen, die den Mindestanforderungen der Richtlinie nicht entsprächen, ein Schutz der (im Heimatstaat) erworbenen Rechte eingeräumt werde. Es handle sich dabei um die Anerkennung von Diplomen, die die anderen Mitgliedstaaten ihren Staatsangehörigen ausstellt. Bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Diplom handle es sich jedoch nicht um das Diplom eines anderen Mitgliedstaates, sondern um ein auf Grund einer Übergangsbestimmung notifiziertes Diplom seines Herkunftsmitgliedstaates.

Personen, deren Berufsqualifikation auf Grund der Übergangsbestimmungen der Art. 10 bis 14 Architektur-RL in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt worden seien, könnten sich nicht auf diese Anerkennung berufen, um in ihrem Herkunftsmitgliedstaat Rechte in Anspruch zu nehmen, die sich nicht aus der in diesem Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikation ableiten ließen. Aus der von ihnen im Herkunftsmitgliedstaat (Österreich) erworbenen Berufsqualifikation lasse sich kein Zugang zum Beruf eines Architekten in Österreich ableiten. Es werde auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, die diese Problematik betreffen, verwiesen (Hinweise auf die Erkenntnisse Zl. 2002/04/0173 und Zl. 2003/04/0004).

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall kommt das Ziviltechnikergesetz 1993, BGBl. Nr. 156/1994 (ZTG) i. d. F. BGBl. I Nr. 137/2005, zur Anwendung.

Gemäß § 1 Abs. 1 ZTG sind staatlich befugte und beeidete Ziviltechniker natürliche Personen, die auf ingenieurwissenschaftlichen oder naturwissenschaftlichen Fachgebieten auf Grund einer vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit verliehenen Befugnis freiberuflich tätig sind.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung werden die Ziviltechniker eingeteilt in:

              "1.              Architekten,

              2.              Ingenieurkonsulenten."

Gemäß § 12 Abs. ZTG wird die Befugnis (eines Ziviltechnikers bzw. Architekten oder Ingenieurkonsulenten) über Antrag vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nach Anhörung der Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer für einen bestimmten in Österreich gelegenen Sitz der Kanzlei verliehen.

Gemäß § 6 Abs. 1 ZTG ist die fachliche Befähigung (§ 5 Abs. 1) nachzuweisen durch:

              "1.              die Absolvierung des der angestrebten Befugnis entsprechenden Studiums,

2.

die praktische Betätigung

3.

und die erfolgreiche Ablegung der Ziviltechnikerprüfung."

     Gemäß § 8 Abs. 1 ZTG muss die Praxis mindestens drei Jahre

umfassen, nach Abschluss des Studiums zurückgelegt werden und

geeignet sein, die für die Ausübung der Befugnis erforderlichen

Kenntnisse zu vermitteln. Sie muss hauptberuflich

     "1.        in einem Dienstverhältnis oder

      2.        als persönlich ausübender Gewerbetreibender eines

reglementierten Gewerbes oder

      3.        im öffentlichen Dienst

absolviert worden sein. Sie ist durch glaubwürdige Zeugnisse und eine eingehende Darstellung der Art und Dauer nachzuweisen."

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung muss von der praktischen Betätigung mindestens ein Jahr entfallen:

              "1.              bei Absolventen des Studiums der Architektur und

bei Absolventen eines auf einem bautechnischen Fachgebiet gelegenen Studiums/Fachhochschul-Studienganges auf eine praktische Betätigung auf Baustellen".

Gemäß Art. 43 erster Satz EG (betreffend die Niederlassungsfreiheit) sind die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung umfasst die Niederlassungsfreiheit u.a. die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 EG erlässt der Rat, um die Aufnahme und die Ausübung selbständiger Tätigkeiten zu erleichtern, nach dem Verfahren des Art. 251 Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise.

In dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (am 19. Mai 2006) stand die gemäß Art. 47 Abs. 1 EG (damals Art. 57 Abs. 1 EGV) erlassene Richtlinie des Rates der EG vom 10. Juni 1985 (85/384/EWG) in der Fassung des Beschlusses 95/1/EG, Euratom, EGKS des Rates vom 1. Jänner 1995 (im Folgenden: Architektur-RL) für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur und für Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des Niederlassungsrechts und des Rechts auf freien Dienstleistungsverkehr in Geltung. Es spielt im vorliegenden Fall, in welchem im Übrigen dem Beschwerdeführer kein Recht entzogen oder in seine Rechte eingegriffen, sondern sein Antrag auf Zuerkennung eines Rechts abschlägig beschieden wurde, keine Rolle, dass mit der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (gemäß Art. 63) die angeführte sektorale Berufsanerkennungs-RL für Architekten 85/384/EWG mit 20. Oktober 2007 aufgehoben wurde. Abgesehen davon sind die Regelungen der Architektur-RL in diese neue Richtlinie weitgehend ohne Änderungen übernommen worden.

Gemäß Art. 2 Architektur-RL erkennt jeder Mitgliedstaat die Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten ausstellen, und die durch eine den Anforderungen der Art. 3 und 4 genügende Ausbildung erworben wurden, an und verleiht ihnen in seinem Hoheitsgebiet in Bezug auf die Aufnahme der Tätigkeiten nach Art. 1 und deren Ausübung unter der Berufsbezeichnung "Architekt" gemäß Art. 23 Abs. 1 die gleiche Wirkung wie den von ihnen ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen.

Gemäß Art. 3 Architektur-RL müssen die zu den Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen nach Art. 2 führenden Ausbildungen durch einen Unterricht auf Hochschulniveau erfolgen, der hauptsächlich auf Architektur ausgerichtet ist. Dieser Unterricht muss die theoretischen und praktischen Aspekte der Ausbildung des Architekten in ausgewogener Form berücksichtigen und den Erwerb näher ausgeführter Kenntnisse und Fähigkeiten gewährleisten. Die Ausbildung gemäß Art. 2 muss nach Art. 4 Abs. 1 Architektur-RL sowohl den Anforderungen des Art. 3 als auch nachstehend aufgeführter Voraussetzungen entsprechen (so etwa in lit. a betreffend die Gesamtdauer der Ausbildung, die entweder 4 Studienjahre auf Vollzeitbasis an einer Hochschule oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung oder mindestens 6 Studienjahre mit zumindest dreijährigem Vollzeitstudium an einer Hochschule oder an einer vergleichbaren Bildungseinrichtung zu umfassen hat).

Gemäß Art. 7 Abs. 1 Architektur-RL teilt jeder Mitgliedstaat den anderen Mitgliedstaaten und gleichzeitig der Kommission so bald wie möglich das Verzeichnis der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstiger Befähigungsnachweise mit, die in seinem Hoheitsgebiet ausgestellt werden und die den in den Art. 3 und 4 genannten Kriterien genügen, sowie die Anstalten oder zuständigen Stellen, die sie ausstellen.

Jeder Mitgliedstaat erkennt gemäß Art. 10 Architektur-RL die in Art. 11 genannten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise an, welche die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten ausstellen, die bereits zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie im Besitz dieser Qualifikationen sind oder Studiengänge begonnen haben, die zum Erwerb solcher Diplome, Prüfungszeugnisse oder anderer Befähigungsnachweise spätestens am Ende des 3. Studienjahres nach dieser Bekanntgabe berechtigen.

     Gemäß Art. 11 Architektur-RL sind Diplome, Prüfungszeugnisse

und sonstige Befähigungsnachweise im Sinne des Art. 10

     "a)        in Deutschland

     ....

     1)        in Österreich

     - ...

-

die Ingenieurdiplome (Ing.), ausgestellt auf Grund einer Ausbildung an Höheren Technischen Lehranstalten oder Technischen Kollegs für Bauwesen in Verbindung mit der Baumeisterlizenz, die eine mindestens sechsjährige Berufserfahrung in Österreich, die durch eine Prüfung abgeschlossen wird, bescheinigt;

-

... ."

Gemäß Art. 7 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. Nr. 909/1993 i.V.m. Anhang VII ist die Architektur-RL für die Vertragsparteien (u.a. die EG, die Mitgliedstaaten der EU, Liechtenstein) verbindlich. Art. 11 der Richtlinie wurde für die Zwecke des EWR-Abkommens ergänzt. Danach sind unter lit. o für Liechtenstein "die Diplome der Höheren Technischen Lehranstalt: (Architekt HTL)" genannt. Die für Österreich unter lit. l angeführten Diplome, Befähigungsnachweise finden sich nunmehr als lit. l der EG-Richtlinie selbst, da Österreich 1995 Mitglied der EU wurde.

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat gemäß § 32 Abs. 7 ZTG von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abweichende Regelungen, sofern dies zur Erfüllung zwischenstaatlicher Vereinbarungen erforderlich ist, nach Maßgabe dieser Vereinbarungen durch Verordnung zu treffen. Solche Verordnungen können bereits vor Inkrafttreten der zwischenstaatlichen Vereinbarung erlassen werden, treten jedoch erst mit dieser in Kraft. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat insbesondere unter Berücksichtigung der Richtlinien des Rates vom 10. Juni 1985, 85/384/EWG, und vom 21. Dezember 1988, 89/48/EWG, durch Verordnung zu bestimmen, welche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die auf dem Gebiet der EWR-Vertragsparteien außerhalb der Republik Österreich erworben wurden, die Voraussetzung der Fachstudien im Sinne des § 7 zu erfüllen geeignet sind, welche Berufsbezeichnungen Staatsangehörige der EWR-Vertragsparteien in Österreich führen dürfen, ferner dass Staatsangehörige der EWR-Vertragsparteien das Erbringen von Dienstleistungen vorher bei den gleichfalls zu bestimmenden Stellen anzuzeigen haben und den Disziplinarvorschriften in gleicher Weise wie Inländer unterliegen. Die Verordnung hat weiters zu regeln, ob und welche zusätzlichen Voraussetzungen Staatsangehörige der EWR-Vertragsparteien für die Verleihung einer Befugnis nach diesem Bundesgesetz zu erfüllen haben.

Auf Grund der gemäß § 32 Abs. 7 Ziviltechnikergesetz 1993, BGBl. Nr. 156/1994 (ZTG), erlassenen Verordnung BGBl. Nr. 694/1995 (EWR-Architekturverordnung - EWR-ArchV) wurde u.a. im § 3 für Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) die Niederlassung zur Ausübung des Berufes eines selbständigen Architekten in Umsetzung der angeführten Architekturrichtlinie zugelassen, wenn ihnen die entsprechende Befugnis nach dem Ziviltechnikergesetz 1993 verliehen wurde. Dem Antrag um Verleihung der Befugnis sind jedenfalls folgende Dokumente anzuschließen:

              "1.              Eine Bescheinigung aus der hervorgeht, dass der Antragsteller ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der 'Architekturrichtlinie' besitzt;

              2.              eine von der zuständigen Stelle des Heimat- oder Herkunftsmitgliedstaates ausgestellte Bescheinigung über den Erwerb praktischer Erfahrungen in der Mindestdauer von drei Jahren entsprechend dem Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 85/384/EWG;

              3.              eine Bescheinigung über die Konkursfreiheit innerhalb der letzten fünf Jahre und eine Strafregisterbescheinigung, die nicht älter als drei Monate sein dürfen;

              4.              ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit."

§ 4 dieser Verordnung lautet:

"Fachliche Befähigung

§ 4. Für die im § 6 ZTG normierten Nachweise gilt Folgendes:

1. Die Voraussetzung des Studiums (§ 6 Abs. 1 Z 1 ZTG) erfüllt ein Antragsteller, wenn er nachweist, daß er in einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der Art. 7 und 11 der 'Architekturrichtlinie', erworben hat.

2. Die Voraussetzung des Studiums und der Ziviltechnikerprüfung (§ 6 Abs. 1 Z 1 und 3 ZTG) erfüllt ein Antragsteller, wenn er nachweist, daß er ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der Art. 7 und 11 der 'Architekturrichtlinie', besitzt und entweder eine Berufsberechtigung erworben hat oder den Beruf eines Architekten rechtmäßig ausübt. In diesem Fall hat der Antragsteller einen von der zuständigen Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer ausgestellten Nachweis über die Erfüllung der im Art. 26 der 'Architekturrichtlinie' normierten Informationspflicht über die in Österreich geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften und über das Berufs- und Standesrecht für Architekten zu erbringen."

Weist ein Antragsteller nach, dass er in einem EWR-Mitgliedstaat den Beruf eines selbständigen Architekten bereits drei Jahre lang ausgeübt oder hauptberuflich eine dreijährige praktische Berufserfahrung auf dem Gebiet der Architektur im Rahmen eines Dienstverhältnisses erworben hat, so ist gemäß § 5 EWR-ArchV § 8 Abs. 1 sowie Abs. 2 ZTG nicht anzuwenden.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass gemäß der Architektur-RL die in einem EU-Mitgliedstaat erteilte Befugnis, als Architekt tätig zu sein und die Berufsbezeichnung Architekt tragen zu dürfen, zwingend auch in den anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen sei. Die Kommission für Ingenieure und Architekten des Fürstentums Liechtenstein vom 22. März 2005 habe ihm bescheinigt, dass er den Nachweis der fachlichen Befähigung im Sinne des Art. 8 des Gesetzes über die Berufsausübung der im Bauwesen tätigen Ingenieure und der Architekten (IAG) und die Voraussetzungen für den Beruf des Architekten gemäß Art. 10 bis 15 der Richtlinie 85/384/EWG erfüllt habe. Er habe somit einen Befähigungsnachweis bzw. eine Berufsberechtigung für die Ausübung des Berufes eines Architekten und erfülle die Voraussetzungen der §§ 3 und 4 EWR-Architektenverordnung. Auf Grund der Entscheidung des Fürstentums Liechtenstein vom 20. Jänner 1998 sei ihm die Bewilligung zur selbständigen Ausübung des Berufes eines Architekten erteilt worden. Es sei nach der Judikatur des Gerichtshofes der Gemeinschaften nicht gerechtfertigt, wenn ein Österreicher, der sich in Liechtenstein aufhalte und dort die Berechtigung und Bewilligung zur selbständigen Berufsausübung als Architekt erwerbe, wenn er wieder nach Österreich zurückkehren wolle, schlechter behandelt werde als ein Staatsangehöriger des Fürstentums Liechtenstein, der nach Österreich komme.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt keine Berechtigung zu:

Gemäß § 4 Z. 1 EWR-ArchV erfüllt ein Antragsteller die Voraussetzung des Studiums (§ 6 Abs. 1 Z 1 ZTG), wenn er nachweist, dass er in einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne der Art. 7 und 11 Architektur-RL erworben hat.

§ 4 Z. 2 EWR-ArchV trifft eine Regelung dafür, wann die Voraussetzung des Studiums und der Ziviltechnikerprüfung im Anwendungsbereich dieser Verordnung anzunehmen ist. Diese Ziffer enthält bei dem Verweis auf "ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 7 und 11 der Architektur-RL zwar nicht die Passage "in einem anderen EWR-Mitgliedstaat". Die angesprochene Voraussetzung für das Vorliegen eines Studiums eines Staatsangehörigen eines EWR-Staates kann aber auch in Z. 2 im Zusammenhang mit der Architektur-RL nur in dem Sinne der Z. 1 verstanden werden, dass es dabei um ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis geht, die in einem anderen EWR-Mitgliedstaat als der Republik Österreich erworben wurden.

Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Übergangsbestimmungen des Art. 10 und Art. 11 Architektur-RL die Anerkennung der in Art. 11 Architektur-RL genannten Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise durch jeden Mitgliedstaat betrifft, die andere Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten ausstellen. Diese Anerkennung der angeführten Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise in Art. 11 betrifft überdies nur solche Staatsangehörige, die im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie im Besitz dieser Qualifikationen waren oder Studiengänge begonnen haben, die zum Erwerb solcher Diplome, Prüfungszeugnisse oder anderer Befähigungsnachweise spätestens am Ende des dritten Studienjahres nach dieser Bekanntgabe berechtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2001, Zl. 99/06/0191).

Für die für Österreich in Art. 11 Architektur-RL aufgezählten Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise ergibt sich daraus, dass sie von den anderen Mitgliedstaaten anzuerkennen sind, wie Österreich die für die anderen Mitgliedstaaten genannten Diplome, Prüfungszeugnisse und Befähigungsnachweise anerkennen muss. Für Österreich ergibt sich aus dieser Bestimmung keine Verpflichtung, die verfahrensgegenständliche österreichische Baumeisterkonzession im Sinne dieser Bestimmung anzuerkennen. Die Erteilung der Berufsberechtigung durch die liechtensteinischen Behörden auf Grund der Übergangsbestimmungen der Art. 10 und 11 Architektur-RL, der als Befähigungsnachweis die österreichische Baumeisterkonzession zu Grunde lag und eine dreijährige praktische Tätigkeit im Sinne des Art. 9 Abs. 2 des Liechtensteinischen Gesetzes vom 27. September 1989 über die Berufsausübung der im Bauwesen tätigen Ingenieure und der Architekten, stellt kein liechtensteinisches Diplom im Sinne der Ergänzung der Architektur-RL im Zuge des EWR-Abkommens dar.

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die vom Fürstentum Liechtenstein u.a. auf Grund der Art. 10 und 11 Architektur-RL erteilte Berufsberechtigung überhaupt unter den von der Architektur-RL verwendeten Begriff der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, auf die Art. 2 dieser Richtlinie abstellt, fällt, da selbst in dem Fall, dass man dies annähme, diese erteilte Berufsberechtigung jedenfalls kein Diplom, Prüfungszeugnis oder sonstiger Befähigungsnachweis im Sinne des Art. 2 Architektur-RL ist, die durch eine den Anforderungen der Art. 3 und 4 dieser Richtlinie genügende Ausbildung erworben wurden.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zu der Ansicht gelangt, dass die Architektur-RL im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt. Sie hat aber verkannt, dass auch außerhalb des Anwendungsbereiches einer Berufsanerkennungs-Richtlinie für einen Gemeinschaftsangehörigen im Falle eines Sachverhaltes mit Gemeinschaftsbezug gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen zu beachten sind. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) hat nämlich bereits zu der Frage, wie es gemeinschaftsrechtlich zu beurteilen ist, wenn ein Berufszulassungsverfahren eines Gemeinschaftsangehörigen nicht in den Anwendungsbereich einer Anerkennungsrichtlinie fällt, Stellung genommen.

In seinem Urteil vom 22. Jänner 2002 im Fall Nicolas Dreessen (II), Rechtssache C-31/00, hat er ausgesprochen (Rn. 27), dass die Mitgliedstaaten ihre sich aus der Auslegung der Art. 43 EG und Art. 47 EG durch den Gerichtshof aus den Urteilen vom 7. Mai 1991 im Fall Vlassopoulou, Rechtssache C-340/89, Rn. 16, 19 und 20, vom 9. Februar 1994 in der Rechtssache C-319/92, im Fall Haim, Rn. 27 und 28 und vom 14. September 2000 in der Rechtssache C-238/98, im Fall Hocsman, Rn. 23, ergebenden Verpflichtungen in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen bei jeder Prüfung eines Antrags auf Zulassung zu einem Beruf zu beachten haben, dessen Aufnahme nach nationalem Recht vom Besitz eines Diploms oder einer beruflichen Qualifikation oder von Zeiten praktischer Erfahrung abhängt, wenn das Diplom, dessen Inhaber der Gemeinschaftsbürger ist, nicht auf Grund einer Richtlinie für die gegenseitige Anerkennung der Diplome automatisch anerkannt wird, selbst wenn eine solche Richtlinie in dem betreffenden beruflichen Bereich erlassen worden ist. In diesem Zusammenhang ist es nach der Ansicht des EuGH unerheblich, dass der Betroffene, auch wenn er ein Diplom in einem Bereich vorlegt, für den eine Richtlinie für die gegenseitige Anerkennung von Diplomen erlassen worden ist, sich nicht auf den in dieser Richtlinie vorgesehenen Mechanismus der automatischen Anerkennung berufen kann, weil sein Diplom in einem Drittland ausgestellt worden ist (wie es in der Rechtssache Hocsman der Fall gewesen sei) oder weil die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Mechanismus aus anderen Gründen nicht erfüllt sind (wie es in der vorliegenden Rechtssache der Fall sei) (Anm:

nämlich dem Fall Dreessen II: in diesem Fall war der Kläger des Ausgangsverfahrens, ein belgischer Staatsangehöriger, der in Belgien die Berechtigung zum Architekten anstrebte, Inhaber eines deutschen Ingenieurdiploms, das in Art. 11 Architektur-RL nicht angeführt war).

Nach der angeführten Judikatur (beginnend mit dem Urteil im Fall Vlassopoulou) ist Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) dahin auszulegen, dass, wenn ein Gemeinschaftsangehöriger in einem Fall, der nicht durch eine Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome geregelt ist, die Zulassung zur Ausübung eines Berufes beantragt, dessen Aufnahme nach dem nationalen Recht vom Besitz eines Diploms oder einer beruflichen Qualifikation oder von Zeiten praktischer Erfahrung abhängt, die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates sämtliche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise sowie die einschlägige Erfahrung des Betroffenen in der Weise berücksichtigen müssen, dass sie die durch diese Nachweise und diese Erfahrung belegten Fachkenntnisse mit den nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten vergleichen. Diese Rechtsprechung bringt nur einen den Grundfreiheiten des Vertrages innewohnenden Grundsatz zum Ausdruck. Mit Richtlinien über die gemeinsamen Vorschriften und Kriterien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome wird die Einführung eines Systems bezweckt, das die Mitgliedstaaten zur Anerkennung der Gleichwertigkeit bestimmter Diplome verpflichtet und ihnen untersagt, von den Betroffenen die Einhaltung anderer Bedingungen zu verlangen als die, die in den einschlägigen Richtlinien festgelegt sind. Eine solche gegenseitige Anerkennung dieser Diplome macht den Rückgriff auf den dargelegten Grundsatz unnötig. Der genannte Grundsatz behält jedoch seine Bedeutung für Sachverhalte, die nicht von einer Richtlinie erfasst werden.

Führt die vergleichende Prüfung der Diplome und der entsprechenden Berufserfahrung zu der Feststellung, dass die durch das im Ausland ausgestellte Diplom bescheinigten Kenntnisse und Fähigkeiten den nach den nationalen Rechtsvorschriften verlangten entsprechen, so haben die zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaates anzuerkennen, dass dieses Diplom und eventuell die entsprechende Berufserfahrung die in diesen Vorschriften aufgestellten Voraussetzungen erfüllen. Ergibt der Vergleich dagegen, dass diese Kenntnisse und Fähigkeiten einander nur teilweise entsprechen, so können die zuständigen Behörden von den Betroffenen den Nachweis verlangen, dass er die nicht belegten Kenntnisse und Fähigkeiten tatsächlich erworben hat (vgl. in diesem Sinn die Urteile in den Fällen Vlassopoulou, Rn. 19 und 20, und Hocsman, Rn. 36, weiters das Urteil vom 8. Juli 1999 im Fall Fernandez de Bobadilla, Rn. 32 und 33). Art. 43 EG und die daraus in der Judikatur gewonnenen Grundsätze gelten auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem der Betroffene als Staatsangehöriger des nunmehrigen Aufnahme- bzw. Herkunftsmitgliedstaates rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates der EU bzw. des EWR gewohnt und dort eine nach dem Gemeinschaftsrecht anerkannte berufliche Qualifikation (im vorliegenden Fall die jahrelange Tätigkeit als Architekt in Liechtenstein) erworben hat. Auch derartige Staatsangehörige des Herkunftsmitgliedstaates, die in ihren Herkunftsmitgliedstaat zurückkehren, kommen in den Genuss der durch den Vertrag garantierten Rechte und Freiheiten (vgl. insbesondere das Urteil des EuGH vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92 im Fall Kraus, Rn. 15 und die dort dazu angeführten weiteren Urteile des EuGH und das bereits angeführte Urteil im Fall Fernandez de Bobadilla, Rn. 30).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde diese sich aus Art. 43 EG unmittelbar ergebende Verpflichtung einer materiellen Äquivalenzprüfung betreffend sämtliche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise sowie die einschlägige Erfahrung des Beschwerdeführers (hier insbesondere die Baumeisterkonzession des Beschwerdeführers samt der darin inkludierten praktischen Erfahrung) und seine jahrelange Tätigkeit als Architekt in Liechtenstein nicht vorgenommen.

In diesem Zusammenhang ist letztlich auf das Urteil des EuGH vom 19. Januar 2006, in der Rechtssache C-330/03 im Fall Colegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos gegen Administracion de Estado, hinzuweisen. Darin hat dieser Gerichtshof unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung zusammengefasst, dass die Mitgliedstaaten ihre Befugnisse im gegenständlichen Bereich unter Beachtung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten (hier: der Niederlassungsfreiheit) ausüben müssen, und dass nationale Maßnahmen, die die Ausübung dieser Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, nach ständiger Rechtsprechung nur unter vier Voraussetzungen zulässig sind: Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeinwohls entsprechen, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. die Rn. 29 und 30 dieses Urteils). In diesem Urteil hat der EuGH den Schluss gezogen, dass gegebenenfalls - auf Antrag - auch eine begrenzte und teilweise Anerkennung von beruflichen Qualifikationen geboten sein kann. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass das Gemeinschaftsrecht mit Bezug auf einen Übergangszeitraum den in Art. 11 lit. l Architektur-RL angeführten österreichischen Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen hinsichtlich des Zuganges und der Ausübung der Tätigkeit als Architekt im Sinne des Art. 1 Architektur-RL in allen anderen Mitgliedstaaten außer Österreich unter Einhaltung des Art. 23 Architektur-RL dieselbe Wirkung zuerkennt wie den Diplomen, Prüfungszeugnissen und Befähigungsnachweisen, die die anderen Mitgliedstaaten selbst im Fachgebiet Architektur ausstellen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschalsatz der genannten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 23. Oktober 2007

Gerichtsentscheidung

EuGH 61989J0340 Vlassopoulou VORAB
EuGH 61992J0319 Haim / Kassenzahnärtzliche Vereinigung Nordrhein
VORAB
EuGH 61998J0238 Hocsman VORAB
EuGH 62000J0031 Dreessen VORAB
EuGH 61989J0340 Vlassopoulou VORAB
EuGH 61992J0319 Haim / Kassenzahnärtzliche Vereinigung Nordrhein
VORAB
EuGH 61997J0234 Fernandez de Bobadilla VORAB
EuGH 61998J0238 Hocsman VORAB
EuGH 62000J0031 Dreessen VORAB
EuGH 61989J0340 Vlassopoulou VORAB
EuGH 61992J0019 Kraus VORAB
EuGH 61992J0319 Haim / Kassenzahnärtzliche Vereinigung Nordrhein
VORAB
EuGH 61997J0234 Fernandez de Bobadilla VORAB
EuGH 61998J0238 Hocsman VORAB
EuGH 62000J0031 Dreessen VORAB
EuGH 62003J0330 Colegio VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060173.X00

Im RIS seit

28.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

19.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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