Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Deschka, Klein, Daum, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** Rechtsanwälte GmbH, 2. Dr. Richard K*****, Rechtsanwalt, 3. Dr. Anton D*****, Rechtsanwalt, alle: *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 623.336,08 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20. Juni 2007, GZ 2 R 37/07m-14, womit das Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom 20. Dezember 2006, GZ 19 Cg 63/06w-9, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und dahin abgeändert, dass das Zwischenurteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kaufte von Ing. Wilhelm M***** im Jahr 1994 eine Liegenschaft in T***** zur Betreibung einer Deponie. Der Kaufvertrag wurde von den Zweit- und Drittbeklagten, die ständige Rechtsvertreter der Klägerin und ihres Geschäftsführers waren, verfasst und enthielt unter anderem den Übergang der Haftung der Gemeinde T***** gegenüber Ing. M***** hinsichtlich eventueller Altlasten auf die Klägerin. Für Deponien bestellt die Niederösterreichische Landesregierung eine wasserrechtliche Aufsicht, die vom Betreiber zu honorieren ist. Für diese Liegenschaft wurde Dipl.-Ing. T***** bestellt. Dieser hatte jährlich einen Aufsichtsbericht zu erstatten. Anlässlich einer Änderung des Wasserrechtsgesetzes trug die Behörde der Klägerin im Jahr 1998 auf, Probeschürfungen durchzuführen, weil solche auf der Altdeponie bisher nicht vorgenommen wurden. Am 3. 9. 1998 fanden sie statt, wobei der von der Klägerin regelmäßig beigezogene Chemiker die Proben in ihrem Auftrag untersuchte und am 30. 9. 1998 ein Gutachten erstattete. Daraus ging hervor, dass im Bereich des Schurfes S 7 - dies war ein Altbereich der Gemeinde T***** - diverses unzulässiges Material abgelagert war. Darauf aufbauend wies Dipl.-Ing. T***** im wasserrechtlichen Aufsichtsbericht vom Dezember 1998 darauf hin, dass die Deponie in diesem Bereich von dem nicht vom Konsens erfassten Material geräumt werden müsse. Dieser Bericht kam der Klägerin im Dezember 1998 zu und sie wurde informiert, dass die Behörde nach einer Verhandlung über die erforderlichen Schritte entscheiden werde. Die Wasserrechtsbehörde leitete ein Verfahren ein, das - in nicht unüblichem Zeitverlauf - am 22. 11. 2000 zu einer Wasserrechtsverhandlung führte. In dieser wurde der Klägerin angekündigt, dass die verunreinigten Deponiebereiche bis zum 30. 4. 2001 zu räumen und der dadurch entstehende Hohlraum bis 31. 7. 2001 mit Aushubmaterial zu füllen sei. Ein förmlicher Bescheid erging noch nicht. Die Klägerin entschloss sich aber zur sofortigen Räumung, weil ab 1. 1. 2001 eine erhebliche Erhöhung der Deponiekosten bevorstand.
Zweit- und Drittbeklagter wurden im Dezember 2000 in den Vorstand der H*****-Privatstiftung bestellt. Die erste Sitzung fand am 14. 12. 2000 statt. Bei dieser Gelegenheit wurde angesprochen, dass aufgrund des Ergebnisses der Wasserrechtsverhandlung vom 22. 11. 2000 Räumungsmaßnahmen erfolgen müssten. Anlässlich einer Weihnachtsfeier im Jahr 2000 berichtete der Geschäftsführer der Klägerin dem Zweit- und Drittbeklagten neuerlich vom behördlichen Auftrag und kündigte an, dass er für die Geltendmachung der Ansprüche gegen die Gemeinde T***** eine Forderungsaufstellung übermitteln werde. Über die Probeschürfe aus dem Jahr 1998 wurde nicht gesprochen und sie waren weder dem Zweit- noch dem Drittbeklagten bekannt. Es kann nicht festgestellt werden, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt vor Klagseinbringung erwähnt wurden.
Am 21. 12. 2000 ersuchte die Klägerin den Drittbeklagten, ein Schreiben an die Gemeinde T***** zu formulieren, in dem die Maßnahmen angekündigt würden. Die Gemeinde antwortete darauf, dass sie nicht Verursacherin der vorgefundenen Altlasten sei und daher nicht zur Rechenschaft gezogen werden könne.
Am 9. 1. 2001 übermittelte die Klägerin dem Drittbeklagten den Entwurf einer Rechnung an die Gemeinde mit dem Ersuchen um Mitteilung, ob man „das so legen" könne. In der Rechnung wurde eingangs auf die Verhandlungsschrift vom 22. 11. 2000 hingewiesen und Leistungen im Dezember 2000 und auch „Arbeiten 1998" sowie die Rechnung des beigezogenen Chemikers und Dipl.-Ing. T***** mit jeweils „1998" ausgewiesen. Belege zu den einzelnen Positionen wurden den Beklagten nicht übermittelt. Sie bestätigten dem Geschäftsführer der Klägerin, dass die Rechnung so gelegt werden könne. Welche Kosten bzw Leistungen die Positionen unter der Überschrift „Arbeiten 1998" beinhalteten und, was ihnen zugrundelag, hinterfragten sie nicht. Der Drittbeklagte nahm an, dass es sich um Kosten für die laufende begleitende Kontrolle handle. Der Zweit- und der Drittbeklagte dachten sich, es seien „irgendwelche Vorlaufkosten", nämlich Kosten, die infolge der Räumung nun frustriert und daher zu ersetzen seien.
Anfang Jänner 2001 wurde die Sache kanzleiintern dem damals noch als Konzipienten tätigen und jetzigen Geschäftsführer der Erstbeklagten Mag. Gerald S***** übergeben, um die Forderung über Auftrag der Klägerin zu betreiben. Er forderte von der Klägerin Unterlagen an und erhielt am 20. 2. 2001 den Kaufvertrag und am 26. 2. 2001 die Rechnungen der beiden Gutachter (vom 31. 1. 2001 und 29. 12. 2000). Er fertigte die erste Mahnung am 28. 2. 2001 ab. Die Gemeinde lehnte die Bezahlung der Kosten ab. Mag. S***** fiel auf, dass Forderungen aus 1998 geltend gemacht wurden und er fragte, weil ihm ein mögliches Verjährungsproblem (zumindest hinsichtlich dieser Ansprüche) bewusst war, den Drittbeklagten. Dieser teilte ihm mit, dass die Verunreinigungen laut Klägerin im November 2000 festgestellt worden seien. Daraufhin sprach auch er den Geschäftsführer der Klägerin auf die Positionen aus 1998 nicht an und forderte auch keine Unterlagen ab. Von sich aus berichtete der Geschäftsführer der Klägerin, der kein Jurist ist, nie über die Vorgänge aus 1998.
Der Drittbeklagte legte der Klägerin die Klagseinbringung nahe, einerseits, da die Gemeinde offenkundig nicht bereit sei, die Ansprüche anzuerkennen, andererseits, weil sich die Beweissituation durch Zuwarten verschlechtern werde. Der Geschäftsführer der Klägerin wünschte jedoch nicht die sofortige Klagseinbringung, weil er den Abschluss eines Grundstückskaufs mit der Gemeinde abwarten wollte. Ein Verjährungsrisiko sprachen die Beklagten nicht an, weil sie davon ausgingen, dass der Beginn der Verjährungsfrist der November 2000 sei. Das Hauptproblem bei der Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin sah der Drittbeklagte damals in der Passivlegitimation der Gemeinde im Hinblick auf verschiedene Rechtsnachfolgen.
Der Akt wurde kalendiert und die Klagseinbringung bei der Klägerin telefonisch nachurgiert. Der Klagsauftrag erging erst nach Abschluss des beabsichtigten Kaufvertrages mit der Gemeinde im Februar 2002. Am 13. 3. 2002 wurde die Rechnung letztmalig eingemahnt. Am 15. 7. 2002 brachten die Beklagten die Klage beim Landesgericht Wiener Neustadt ein. Der Streitwert betrug EUR 493.801,06. In diesem Zeitpunkt verfügten die Beklagten über keine zusätzlichen Unterlagen und hatten auch nicht in das Verhandlungsprotokoll und den Behördenakt - aus dem sich die Probeschürfe 1998 ergeben hätten - Einsicht genommen. Aufgrund des Gutachtens wurde der Klagsbetrag auf EUR 466.911,26 eingeschränkt.
Der Frage der Verjährung stellten sich die Beklagten erstmals nach Zustellung der Klagebeantwortung, in welcher die Verjährung eingewandt wurde. Daraufhin forderten sie von der Klägerin alle Unterlagen an. Am 4. 10. 2002 wurde die Verhandlungsschrift vom 26. 8. 1998, das Gutachten des Chemikers, der Aufsichtsbericht aus dem Jahr 1998 sowie das Verhandlungsprotokoll vom 22. 11. 2000 beigebracht. Nun sahen sich die Beklagten mit dem Problem der Probeschürfe und dem Gutachten 1998 konfrontiert und erörterten dies mit dem Geschäftsführer der Klägerin. Die Rechtsansicht, dass eine dreißigjährige Verjährungsfrist gelte bzw dass die Verjährung erst im November 2000 begonnen habe, erschien ihnen vertretbar. Sie wurde auch vom Erstrichter geteilt, der am 20. 7. 2004 ein klagsstattgebendes Urteil im Sinn des eingeschränkten Begehrens fällte. Das Oberlandesgericht Wien änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinn ab, weil der Primärschaden schon im Dezember 1998 bekannt gewesen und die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB anzuwenden sei. Der zugelassenen Revision gab der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 138/05h nicht Folge. Es wurde die Rechtsansicht vertreten, dass die geltend gemachten Ansprüche aus der von der Gemeinde übernommenen Garantieverpflichtung mit Schadenersatzfunktion innerhalb von drei Jahren verjährten und bei Klagseinbringung bereits verjährt gewesen seien.Der Frage der Verjährung stellten sich die Beklagten erstmals nach Zustellung der Klagebeantwortung, in welcher die Verjährung eingewandt wurde. Daraufhin forderten sie von der Klägerin alle Unterlagen an. Am 4. 10. 2002 wurde die Verhandlungsschrift vom 26. 8. 1998, das Gutachten des Chemikers, der Aufsichtsbericht aus dem Jahr 1998 sowie das Verhandlungsprotokoll vom 22. 11. 2000 beigebracht. Nun sahen sich die Beklagten mit dem Problem der Probeschürfe und dem Gutachten 1998 konfrontiert und erörterten dies mit dem Geschäftsführer der Klägerin. Die Rechtsansicht, dass eine dreißigjährige Verjährungsfrist gelte bzw dass die Verjährung erst im November 2000 begonnen habe, erschien ihnen vertretbar. Sie wurde auch vom Erstrichter geteilt, der am 20. 7. 2004 ein klagsstattgebendes Urteil im Sinn des eingeschränkten Begehrens fällte. Das Oberlandesgericht Wien änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinn ab, weil der Primärschaden schon im Dezember 1998 bekannt gewesen und die Verjährungsfrist des Paragraph 1489, ABGB anzuwenden sei. Der zugelassenen Revision gab der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 138/05h nicht Folge. Es wurde die Rechtsansicht vertreten, dass die geltend gemachten Ansprüche aus der von der Gemeinde übernommenen Garantieverpflichtung mit Schadenersatzfunktion innerhalb von drei Jahren verjährten und bei Klagseinbringung bereits verjährt gewesen seien.
Die Klägerin begehrt von der Erstbeklagten EUR 623.336,08 sA und von den Zweit- und Drittbeklagten zur ungeteilten Hand zu EUR 466.911,26. Die Erstbeklagte hafte aufgrund des Einbringungsvertrages neben dem Zweit- und Drittbeklagten für den Verlust des Anspruches und die im Verfahren 23 Cg 196/02k des Landesgerichtes Wiener Neustadt an die Gemeinde zu ersetzenden Prozesskosten und darüber hinaus für die Rückzahlung des ihr geleisteten Vertretungshonorars in diesem Verfahren, weil die Vertretung nicht zielführend war. Es seien den Beklagten alle Informationen und Unterlagen über die Probeschürfe weitergeleitet worden; zumindest hätten die Beklagten Erkundigungen über die Grundlage der Rechnung bei der Klägerin einholen müssen. Weiters seien der Zweit- und der Drittbeklagte zum damaligen Zeitpunkt Stiftungsvorstände der H*****-Familien-Privatstiftung gewesen. Im Rahmen zahlreicher Sitzungen des Vorstandes der Stiftung sei der Schadenersatzanspruch gegen die Gemeinde T***** behandelt worden.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, dass ihnen weder die wasserrechtliche Verhandlung noch die Schürfungen samt daraus resultierendem Gutachten des Chemikers noch der Abschlussbericht von Dipl.-Ing. T***** vor Einbringung der Klage bekannt gewesen seien. Der Geschäftsführer der Klägerin habe es verabsäumt, die Beklagten davon in Kenntnis zu setzen, was zumindest ein überwiegendes Mitverschulden begründe. Unter diesen Umständen könne ein Rechtsanwalt, der sich auf die Richtigkeit der Information seiner Mandantschaft verlassen dürfe, nicht davon ausgehen, dass eine Verjährungsfrist bereits zwei Jahre vor der Information über die bestehenden Altlasten im Dezember 2000, also bereits im Dezember 1998, zu laufen begonnen habe. Es sei von einem einigermaßen verständigen Klienten zu erwarten gewesen, dass er den ständigen Rechtsvertreter von der festgestellten Verunreinigung der Deponie informiert hätte, zumal die Deponie schon zur Zeit des Kaufes kontaminiert gewesen sei und nur durch die Umsicht der Beklagten eine Absicherung im Kaufvertrag mit Ing. M***** aufgenommen worden sei, um finanzielle Einbußen zu vermeiden. Nach Vorliegen der Urkunden nach Klagseinbringung sei klar gewesen, dass die Gegenseite mit einer Verfristung argumentieren könne. Darüber sei ausführlich mit dem Geschäftsführer der Klägerin diskutiert worden. Es seien alle möglichen Varianten des Prozessausganges mit den Beklagten besprochen worden.
Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil das Klagebegehren als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Die Beklagten seien zwar nicht positiv über die für den Verjährungsbeginn relevanten Umstände informiert worden. Der Rechnung seien aber Aufwendungen für das Jahr 1998 zu entnehmen gewesen, die mit Grabungen und chemischen Untersuchungen im Zusammenhang gestanden seien. Die Beklagten hätten durch eine einfache Rückfrage bei der Klägerin den Sachverhalt leicht aufklären können. Damit wären unweigerlich Bedenken im Hinblick auf den Verjährungsstichtag entstanden und schon aus Vorsichtsgründen eine frühere Klagseinbringung - es sei ja noch etwa ein Jahr Zeit gewesen - nahegelegen. Bei der Höhe des Streitwertes wäre besondere Aufmerksamkeit geboten gewesen. Die Annahme von „frustrierten Kosten" sei nicht einmal schlüssig. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Gemeinde etwa für frühere ergebnislose Schürfungen oder Untersuchungen oder gar laufende Aufsicht hätte haften sollen. Überdies habe ein eingehendes Beratungsgespräch mit dem Geschäftsführer der Klägerin zur Erhebung des Sachverhaltes, nach dem die Beklagten hätten annehmen können, dass alle erheblichen Umstände gesagt worden seien, nicht stattgefunden. Auch bei geringen Zweifeln hinsichtlich des Verjährungsbeginnes wäre eine aufklärende Befragung geboten gewesen. Ein Mitverschulden des Geschäftsführers der Klägerin liege nicht vor, da für einen Nichtjuristen die Bedeutung der Ereignisse im Jahr 1998 nicht erkennbar gewesen wäre. Die Ansprüche bestünden daher dem Grunde nach zu Recht.
Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil des Erstgerichtes dahingehend ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es vertrat die Rechtsansicht, dass es sich hier nicht um die Beurteilung komplizierter Rechtsmaterien handle, sondern um die Berücksichtigung des Verjährungsaspektes, welcher im kaufmännischen Verkehr, wenn auch primär anhand des natürlichen Rechtsempfindens, einen vielfach zu beachtenden Umstand darstelle. Auch wenn vom Mandanten keine konkrete Detailkenntnis dazu zu erwarten sei, sei doch von seinem grundsätzlichen Rechtsverständnis dahin auszugehen, dass Ersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Ankauf auch von unbeweglichen Sachen grundsätzlich der Verjährung unterlägen, sodass der in der Regel zur Anwendung gelangenden kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren jedenfalls Beachtung zu schenken sei. Es sei daher für die Klägerin jedenfalls aufgrund ihres kaufmännischen Wissens offengelegen, dass ihr Anspruch gegen die Gemeinde grundsätzlich der Verjährung, allenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist, unterliege. Wenn sie bei dieser Sachlage ihrem Rechtsvertreter nichts von der bereits länger bekannten anspruchsrelevanten Kontamination gesagt, sondern nur lapidar angefragt habe, ob man eine Rechnung wie die vorgelegte Urkunde erstellen könne, liege auch aus Sicht eines nicht juristisch Gebildeten eine krasse Unvollständigkeit und damit ein „Pflichtenverstoß" des Mandanten bei der Informationserteilung an seinen Rechtsvertreter vor. Die wenig aussagekräftigen Positionen unter „Arbeiten 1998" seien keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, es seien bereits zu jenem Zeitpunkt konkrete anspruchsbegründende Kontaminationen definitiv zum Vorschein gekommen. Die Anspruchsverjährung basiere daher auf einer „pflichtwidrigen", weil unvollständigen Information der Mandantin an die Beklagten. Den Beklagten sei keine Sorgfaltswidrigkeit anzulasten. Eine Haftung für die Prozesskosten komme deshalb nicht in Frage, weil die Erstbeklagte versuchen habe dürfen, mit dem Argument der langen Verjährungsfrist den Anspruch noch „zu retten". Grundsätzlich bestehe die Haftung des Rechtsanwaltes nach § 1299 ABGB bei Unkenntnis des Gesetzes und der einhelligen Lehre und Rechtsprechung, nicht jedoch für eine irrige, aber vertretbare Rechtsauffassung. Das Erstgericht im Vorprozess habe die Ansicht vertreten, dass die Ansprüche nicht verjährt seien. Diese Rechtsauffassung sei weder vom Berufungs- noch vom Revisionsgericht geteilt worden, wobei der Oberste Gerichtshof zu einer eingehenden Analyse von Lehre und Rechtsprechung zur Frage der Rechtsqualität der vertraglichen Garantieerklärung und der Frage der Länge der Verjährungsfrist veranlasst worden sei. Schon im Hinblick auf die komplexe und vielschichtige Beurteilung des Falles durch das Höchstgericht könne der Erstbeklagten eine unvertretbare, den Mandanten zu einer aussichtslosen Prozessführung veranlassende Rechtsauffassung nicht vorgeworfen werden.Das Berufungsgericht änderte das Zwischenurteil des Erstgerichtes dahingehend ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es vertrat die Rechtsansicht, dass es sich hier nicht um die Beurteilung komplizierter Rechtsmaterien handle, sondern um die Berücksichtigung des Verjährungsaspektes, welcher im kaufmännischen Verkehr, wenn auch primär anhand des natürlichen Rechtsempfindens, einen vielfach zu beachtenden Umstand darstelle. Auch wenn vom Mandanten keine konkrete Detailkenntnis dazu zu erwarten sei, sei doch von seinem grundsätzlichen Rechtsverständnis dahin auszugehen, dass Ersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Ankauf auch von unbeweglichen Sachen grundsätzlich der Verjährung unterlägen, sodass der in der Regel zur Anwendung gelangenden kurzen Verjährungsfrist von drei Jahren jedenfalls Beachtung zu schenken sei. Es sei daher für die Klägerin jedenfalls aufgrund ihres kaufmännischen Wissens offengelegen, dass ihr Anspruch gegen die Gemeinde grundsätzlich der Verjährung, allenfalls der dreijährigen Verjährungsfrist, unterliege. Wenn sie bei dieser Sachlage ihrem Rechtsvertreter nichts von der bereits länger bekannten anspruchsrelevanten Kontamination gesagt, sondern nur lapidar angefragt habe, ob man eine Rechnung wie die vorgelegte Urkunde erstellen könne, liege auch aus Sicht eines nicht juristisch Gebildeten eine krasse Unvollständigkeit und damit ein „Pflichtenverstoß" des Mandanten bei der Informationserteilung an seinen Rechtsvertreter vor. Die wenig aussagekräftigen Positionen unter „Arbeiten 1998" seien keine konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, es seien bereits zu jenem Zeitpunkt konkrete anspruchsbegründende Kontaminationen definitiv zum Vorschein gekommen. Die Anspruchsverjährung basiere daher auf einer „pflichtwidrigen", weil unvollständigen Information der Mandantin an die Beklagten. Den Beklagten sei keine Sorgfaltswidrigkeit anzulasten. Eine Haftung für die Prozesskosten komme deshalb nicht in Frage, weil die Erstbeklagte versuchen habe dürfen, mit dem Argument der langen Verjährungsfrist den Anspruch noch „zu retten". Grundsätzlich bestehe die Haftung des Rechtsanwaltes nach Paragraph 1299, ABGB bei Unkenntnis des Gesetzes und der einhelligen Lehre und Rechtsprechung, nicht jedoch für eine irrige, aber vertretbare Rechtsauffassung. Das Erstgericht im Vorprozess habe die Ansicht vertreten, dass die Ansprüche nicht verjährt seien. Diese Rechtsauffassung sei weder vom Berufungs- noch vom Revisionsgericht geteilt worden, wobei der Oberste Gerichtshof zu einer eingehenden Analyse von Lehre und Rechtsprechung zur Frage der Rechtsqualität der vertraglichen Garantieerklärung und der Frage der Länge der Verjährungsfrist veranlasst worden sei. Schon im Hinblick auf die komplexe und vielschichtige Beurteilung des Falles durch das Höchstgericht könne der Erstbeklagten eine unvertretbare, den Mandanten zu einer aussichtslosen Prozessführung veranlassende Rechtsauffassung nicht vorgeworfen werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil sich die Entscheidung im Rahmen der oberstgerichtlichen Judikatur halte.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist auch berechtigt.
Ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, ist zwar regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung (7 Ob 23/06t). Zur Wahrung der Rechtssicherheit im Einzelfall musste hier aber aufgegriffen werden, dass sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht im Rahmen der vor der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hält. Es ist richtig, dass nach ständiger Rechtsprechung die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Anwaltes nicht überspannt werden und von ihm nur der Fleiß und die Kenntnis verlangt werden dürfen, die seine Fachkollegen gewöhnlich haben (RIS-Justiz RS0026584). Ein Anwalt darf auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Information durch seinen Mandanten in tatsächlicher Hinsicht richtig ist. Den Anwalt trifft keine Verpflichtung, eigene Ermittlungen und Prüfungen darüber anzustellen, ob die Information des Mandanten der Wahrheit entspricht (RIS-Justiz RS0106940). Die Richtigkeit der ihm erteilten Informationen braucht er so lange nicht in Zweifel zu ziehen, so lange er dafür keine erheblichen Anhaltspunkte hat (RIS-Justiz RS0026628). Gemäß § 9 RAO ist der Rechtsanwalt jedoch verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Diese Bestimmung ergänzt § 1009 ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Anwalt eine Reihe von Pflichten, wie unter anderem Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten, die alle Ausprägung der Pflicht zur Interessenswahrung und zur Rechtsbetreuung (RIS-Justiz RS0112203) sind. Die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwalts (7 Ob 60/07k; RIS-Justiz RS0038682). Eine unzulängliche Rechtsbelehrung macht den sie erteilenden Rechtsanwalt schadenersatzpflichtig (RIS-Justiz RS0023526). Besteht auch nur die Möglichkeit, dass ein Anspruch verjähren könnte, hat der Rechtsanwalt, sofern damit keine Nachteile für seinen Mandanten verbunden sind, zur Vermeidung der Verjährung die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, selbst wenn bei nicht eindeutiger Rechtslage die Ansicht vertretbar wäre, die Verjährung würde ohnedies nicht eintreten (RIS-Justiz RS0038719).Ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, ist zwar regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung (7 Ob 23/06t). Zur Wahrung der Rechtssicherheit im Einzelfall musste hier aber aufgegriffen werden, dass sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht im Rahmen der vor der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze hält. Es ist richtig, dass nach ständiger Rechtsprechung die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten eines Anwaltes nicht überspannt werden und von ihm nur der Fleiß und die Kenntnis verlangt werden dürfen, die seine Fachkollegen gewöhnlich haben (RIS-Justiz RS0026584). Ein Anwalt darf auch grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Information durch seinen Mandanten in tatsächlicher Hinsicht richtig ist. Den Anwalt trifft keine Verpflichtung, eigene Ermittlungen und Prüfungen darüber anzustellen, ob die Information des Mandanten der Wahrheit entspricht (RIS-Justiz RS0106940). Die Richtigkeit der ihm erteilten Informationen braucht er so lange nicht in Zweifel zu ziehen, so lange er dafür keine erheblichen Anhaltspunkte hat (RIS-Justiz RS0026628). Gemäß Paragraph 9, RAO ist der Rechtsanwalt jedoch verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Diese Bestimmung ergänzt Paragraph 1009, ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Anwalt eine Reihe von Pflichten, wie unter anderem Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten, die alle Ausprägung der Pflicht zur Interessenswahrung und zur Rechtsbetreuung (RIS-Justiz RS0112203) sind. Die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwalts (7 Ob 60/07k; RIS-Justiz RS0038682). Eine unzulängliche Rechtsbelehrung macht den sie erteilenden Rechtsanwalt schadenersatzpflichtig (RIS-Justiz RS0023526). Besteht auch nur die Möglichkeit, dass ein Anspruch verjähren könnte, hat der Rechtsanwalt, sofern damit keine Nachteile für seinen Mandanten verbunden sind, zur Vermeidung der Verjährung die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, selbst wenn bei nicht eindeutiger Rechtslage die Ansicht vertretbar wäre, die Verjährung würde ohnedies nicht eintreten (RIS-Justiz RS0038719).
Es gehört also zu den allgemein zu erwartenden Sorgfaltspflichten des Anwaltes, seinen Mandanten vor der erkennbaren Gefahr der Verjährung seines Anspruchs zu schützen. Bei Verdacht, dass Umstände vorliegen könnten, die entgegen der bisherigen Annahmen für eine Gefahr der Verjährung sprechen könnten, hat der Rechtsanwalt bei seinem Klienten Erkundigungen einzuziehen, für eine Abklärung des Sachverhaltes zu sorgen, ihn zu belehren und erforderliche Maßnahmen vorsichtshalber rechtzeitig zu treffen, um die Verjährung eines Anspruches zu verhindern.
Im vorliegenden Fall erfuhren der Zweit- und der Drittbeklagte von der Verhandlung der Wasserrechtsbehörde vom November 2000 im Dezember 2000. Sie wussten, dass bereits eine Räumung der Deponie angeordnet werden sollte. Damit musste der Verdacht bestehen, dass bereits vor dem behördlichen Einschreiten Befunde oder Gutachten vorgelegen sein mussten, die die Einleitung des Verfahrens überhaupt erst notwendig machten. Spätestens mit Vorlage der Rechnung mit dem Ersuchen zu prüfen, ob man „das so legen" könne, wurde den Rechtsanwälten bekannt, dass bereits im Jahr 1998 Vorgänge stattgefunden haben, die in Bezug zur nunmehrigen Räumung stehen mussten. Dies sind mehr als ausreichende Verdachtsmomente dafür, dass die Information des Klienten aus rechtlicher Sicht im Hinblick auf eine allfällige Verjährungsproblematik nicht vollständig sein konnte, was eine Erörterung nötig gemacht hätte. In dieser Situation (die Klagsforderung erreichte immerhin eine Höhe von rund EUR 500.000) hätten sich der Zweit- und der Drittbeklagte nicht mit einer - keinesfalls naheliegenden - Vermutung begnügen dürfen, es handle sich um Kosten für die laufende, begleitende Kontrolle bzw um „irgendwelche Vorlaufkosten", die infolge der Räumung nun frustriert seien. Gerade bei der Fragestellung, ob man die Rechnung „so legen" könne, war vom Geschäftsführer der Klägerin auch eine Kontrolle erwünscht und beauftragt. Die Beklagten hätten sich daher inhaltlich mit der Rechnung auseinanderzusetzen gehabt und hinterfragen müssen, was den verrechneten Positionen aus dem Jahr 1998 zugrundelag, was der damalige Konzipient auch wollte und nur über Auftrag der Rechtsanwälte unterließ. Unklar bleibt sonst, welcher rechtlichen Kontrolle die Beklagten diese Rechnung unterzogen haben. Auch wenn der Geschäftsführer der Klägerin wegen eines noch schwebenden Rechtsgeschäftes mit derselben Gemeinde mit der Klagsführung zuwarten wollte, so hätten ihn die Rechtsanwälte dennoch über die Gefahr einer drohenden Verjährung aufklären und ihm die Entscheidung überlassen müssen, ob er die Gefahr aufgrund anderer wirtschaftlicher Interessen auf sich nehmen wollte oder nicht. Die Beklagten haben also für die unterlassene Sorgfalt zu haften. Ein Mitverschulden des Geschäftsführers der Klägerin ist nicht erkennbar. Die Beurteilung der Verjährung ist eine Rechtsfrage. Im vorliegenden Fall lag es für einen juristischen Laien nicht auf der Hand, welche Tatsachen für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebend sind.
Die Prozesskosten wurden auch durch diese unrichtige Belehrung verursacht, wäre doch ein „Sanierungsversuch" gar nicht erforderlich gewesen, wenn der Sachverhalt von vornherein durch entsprechende Informationsaufnahme, allenfalls auch durch Einsicht in den Verwaltungsakt, aufgeklärt und die Klagseinbringung innerhalb der Verjährungsfrist veranlasst worden wäre. Selbst wenn die Beklagten Zweifel an der Rechtslage (Verjährung von Ansprüchen aus einer Garantie mit Schadenersatzfunktion innerhalb von drei oder dreißig Jahren) gehabt hätten, was sie aber nicht einmal behaupteten, so hätten sie im Hinblick auf die obigen Ausführungen (RIS-Justiz RS0038719) und die in 1 Ob 138/05h dargelegte Vorjudikatur handeln müssen, auch wenn ihre Rechtsansicht vertretbar gewesen wäre. Gleiches gilt bei einem Zweifel über den Beginn der Verjährungsfrist.
Die Beklagten haften daher nach § 1299 ABGB. Das erstinstanzliche Urteil war wiederherzustellen.Die Beklagten haften daher nach Paragraph 1299, ABGB. Das erstinstanzliche Urteil war wiederherzustellen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 Abs 4, § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 393, Absatz 4,, Paragraph 52, ZPO.
Textnummer
E86016European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0070OB00198.07D.1116.000Im RIS seit
16.12.2007Zuletzt aktualisiert am
02.03.2015