TE OGH 2007/11/19 2R248/07x

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Veröffentlicht am 19.11.2007
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Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie Dr. Flatz und Dr. Müller als weitere Senatsmitglieder in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen S***** über den Rekurs des Vereines IfS-Sachwalterschaft, Marktplatz 10/1, 6800 Feldkirch, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 05. Oktober 2007, 1 P 88/05 h-26, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss abgeändert, dass er lautet:

Die für S***** mit Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 21.11.2005 angeordnete Sachwalterschaft wird beendet (§ 128 AußStrG). Es wird festgestellt, dass die Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger (§284b bis 284e ABGB) besteht.Die für S***** mit Beschluss des Bezirksgerichtes Bregenz vom 21.11.2005 angeordnete Sachwalterschaft wird beendet (Paragraph 128, AußStrG). Es wird festgestellt, dass die Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger (§284b bis 284e ABGB) besteht.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 21.11.2005 bestellte das Erstgericht für die Betroffene S***** Frau H***** c/o IfS-Sachwalterschaft, Marktplatz 10/1, Feldkirch, zur Sachwalterin zur Besorgung aller Angelegenheiten gemäß § 273 Abs 3 Z 3 ABGB. S***** sei von Geburt an körperlich und geistig behindert. Sie sei hilflos und teilweise auch in den alltäglichen Verrichtungen betreuungsbedürftig. Sie sei nur auf einfachster kindhafter Ebene kommunikationsfähig, kenne keine Buchstaben und könne maximal bis fünf zählen. Es liege eine schwere Intelligenzminderung vor, weshalb sie in allen Angelegenheiten der Hilfe eines Sachwalters bedürfe.Mit Beschluss vom 21.11.2005 bestellte das Erstgericht für die Betroffene S***** Frau H***** c/o IfS-Sachwalterschaft, Marktplatz 10/1, Feldkirch, zur Sachwalterin zur Besorgung aller Angelegenheiten gemäß Paragraph 273, Absatz 3, Ziffer 3, ABGB. S***** sei von Geburt an körperlich und geistig behindert. Sie sei hilflos und teilweise auch in den alltäglichen Verrichtungen betreuungsbedürftig. Sie sei nur auf einfachster kindhafter Ebene kommunikationsfähig, kenne keine Buchstaben und könne maximal bis fünf zählen. Es liege eine schwere Intelligenzminderung vor, weshalb sie in allen Angelegenheiten der Hilfe eines Sachwalters bedürfe.

In der am 01.07.2007 ausgefertigten Urkunde (ON 23) ist festgehalten, dass der Verein IfS-Sachwalterschaft, Marktplatz 10/1, Feldkirch, gemäß § 273 ABGB zur Besorgung aller Angelegenheiten zum Sachwalter bestellt ist.In der am 01.07.2007 ausgefertigten Urkunde (ON 23) ist festgehalten, dass der Verein IfS-Sachwalterschaft, Marktplatz 10/1, Feldkirch, gemäß Paragraph 273, ABGB zur Besorgung aller Angelegenheiten zum Sachwalter bestellt ist.

Mit dem am 02.07.2007 beim Erstgericht eingelangten Schreiben vom 29.06.2007 stellte der Verein IfS-Sachwalterschaft den Antrag, die Sachwalterschaft für S***** einzustellen, dies mit folgender Begründung:

Die Unterstützung für den pflegebedingten Mehraufwand der Betroffenen, die nunmehr österreichische Staatsbürgerin sei, sei in Pflegegeld der Stufe 3 umgewandelt worden. Seit 01.05.2007 beziehe die Betroffene Pflegegeld in Höhe von monatlich EUR 361,80. Ihre Eltern leisteten die gesamte Pflege und kämen für alle Bedürfnisse der Betroffenen auf. Deshalb erhielten sie das Pflegegeld und die erhöhte Familienbeihilfe zur freien Verfügung überlassen.

Seit kurzem nähmen die Betroffene und ihre Eltern die Unterstützungsleistung des Familienservice der Vorarlberger Lebenshilfe in Anspruch. In diesem Zusammenhang verbringe die Betroffene ca 2 Wochenenden im Monat in einem Wohnheim der Lebenshilfe, was zur Entlastung der pflegenden Eltern geschehe. Die Kosten hiefür würden vom Amt der Vorarlberger Landesregierung über die Eingliederungshilfe getragen. Von der Leiterin des Familienservice sei mitgeteilt worden, dass die Betroffene diese Form der Betreuung überraschend gut annehme. Es sei geplant, die Betreuung im Herbst 2007 noch weiter auszuweiten. Im Berichtszeitraum habe Frau H***** die Eltern der Betroffenen als sehr fürsorglich und um das Wohlergehen ihrer Tochter bemüht erlebt. D*****als Vater habe sich selbstständig um die Verlängerung der befristeten erhöhten Familienbeihilfe gekümmert und auch sämtliche beizubringenden Unterlagen aus der Türkei für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft seiner Tochter besorgt.

Da es ab 01.07.2007 als Alternative zur Sachwalterschaft die Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger gebe und für die Betroffene keine weiteren Angelegenheiten zu erledigen seien, werde die Einstellung der Sachwalterschaft beantragt.

Ergänzend hiezu wurde im Schreiben vom 04.10.2007 (ON 25) berichtet, dass Frau ***** mit den Eltern der Betroffenen die Alternativen zur Sachwalterschaft, insbesondere die Erfordernisse für die Vertretungsbefugnis als nächste Angehörige erörtert habe. D***** habe ihr versichert, dass er, falls erforderlich, bei einem Notar seine Vertretungsbefugnis als nächster Angehöriger im ÖZVV eintragen lassen werde. Notar Dr. R***** habe ihr erklärt, dass die Registrierung der Vertretungsbefugnis als nächster Angehöriger erst dann vorgenommen werden könne, wenn keine Sachwalterschaft mehr bestehe. Mit dem bekämpften Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Vereines IfS-Sachwalterschaft auf Einstellung der Sachwalterschaft für S***** ab. Es führte aus, ein laufendes Sachwalterschaftsverfahren sei erst dann einzustellen, wenn eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger rechtswirksam werde. Nach § 122 Abs 3 AußStrG habe der Beschluss über die Einstellung dann den Ausspruch zu enthalten, ob eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger besteht. Die Vertretungsmacht eines nächsten Angehörigen werde grundsätzlich erst mit der Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses wirksam. Unter den gegebenen Umständen sei daher der Antrag auf Einstellung der Sachwalterschaft für die betroffene Person verfrüht. Einem solchen Antrag könne nur dann entsprochen werden, wenn dem Gericht eine Bescheinigung des ÖZVV über das Wirksamwerden der Vertretungsmacht in Vorlage gebracht werde. Dagegen richtet sich der Rekurs der Sachwalterin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sachwalterschaft für S*****einzustellen.Ergänzend hiezu wurde im Schreiben vom 04.10.2007 (ON 25) berichtet, dass Frau ***** mit den Eltern der Betroffenen die Alternativen zur Sachwalterschaft, insbesondere die Erfordernisse für die Vertretungsbefugnis als nächste Angehörige erörtert habe. D***** habe ihr versichert, dass er, falls erforderlich, bei einem Notar seine Vertretungsbefugnis als nächster Angehöriger im ÖZVV eintragen lassen werde. Notar Dr. R***** habe ihr erklärt, dass die Registrierung der Vertretungsbefugnis als nächster Angehöriger erst dann vorgenommen werden könne, wenn keine Sachwalterschaft mehr bestehe. Mit dem bekämpften Beschluss wies das Erstgericht den Antrag des Vereines IfS-Sachwalterschaft auf Einstellung der Sachwalterschaft für S***** ab. Es führte aus, ein laufendes Sachwalterschaftsverfahren sei erst dann einzustellen, wenn eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger rechtswirksam werde. Nach Paragraph 122, Absatz 3, AußStrG habe der Beschluss über die Einstellung dann den Ausspruch zu enthalten, ob eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger besteht. Die Vertretungsmacht eines nächsten Angehörigen werde grundsätzlich erst mit der Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses wirksam. Unter den gegebenen Umständen sei daher der Antrag auf Einstellung der Sachwalterschaft für die betroffene Person verfrüht. Einem solchen Antrag könne nur dann entsprochen werden, wenn dem Gericht eine Bescheinigung des ÖZVV über das Wirksamwerden der Vertretungsmacht in Vorlage gebracht werde. Dagegen richtet sich der Rekurs der Sachwalterin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sachwalterschaft für S*****einzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Der durch das SWRÄG 2006 eingeführte, seit 01.07.2007 geltende § 284 b ABGB regelt die Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger. Vermag eine volljährige Person auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens nicht selbst zu besorgen und hat sie dafür keinen Sachwalter und auch sonst keinen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, so kann sie bei diesen Rechtsgeschäften, soweit sie ihren Lebensverhältnissen entsprechen, von einem nächsten Angehörigen vertreten werden. Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte zur Deckung des Pflegebedarfs sowie die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus Anlass von Alter, Krankheit, Behinderung oder Armut zustehen, insbesondere von sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen auf Pflegegeld und Sozialhilfe sowie Gebührenbefreiungen und anderen Begünstigungen (§ 284 b Abs 1 ABGB). Nach Absatz 2 ist der nächste Angehörige befugt, über laufende Einkünfte der vertretenen Person und pflegebezogene Leistungen an diese insoweit zu verfügen, als dies zur Besorgung der Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs erforderlich ist. Nach dem Vorbringen in den Anträgen vom 27.06.2007 und 04.10.2007, an deren Richtigkeit der erkennende Senat nicht zweifelt, sind die Grundvoraussetzungen für das Entstehen der gesetzlichen Vertretungsmacht naher Angehöriger erfüllt. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass momentan oder in absehbarer Zeit in Vertretung der Betroffenen Rechtsgeschäfte abzuschließen sind, die über die durch § 284b Abs 1 ABGB den nächsten Angehörigen eingeräumten Befugnisse hinausgehen. Das Tatbestandsmarkmal der geistigen Behinderung ist ohne Zweifel verwirklicht.Der durch das SWRÄG 2006 eingeführte, seit 01.07.2007 geltende Paragraph 284, b ABGB regelt die Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger. Vermag eine volljährige Person auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens nicht selbst zu besorgen und hat sie dafür keinen Sachwalter und auch sonst keinen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, so kann sie bei diesen Rechtsgeschäften, soweit sie ihren Lebensverhältnissen entsprechen, von einem nächsten Angehörigen vertreten werden. Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte zur Deckung des Pflegebedarfs sowie die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus Anlass von Alter, Krankheit, Behinderung oder Armut zustehen, insbesondere von sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen auf Pflegegeld und Sozialhilfe sowie Gebührenbefreiungen und anderen Begünstigungen (Paragraph 284, b Absatz eins, ABGB). Nach Absatz 2 ist der nächste Angehörige befugt, über laufende Einkünfte der vertretenen Person und pflegebezogene Leistungen an diese insoweit zu verfügen, als dies zur Besorgung der Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs erforderlich ist. Nach dem Vorbringen in den Anträgen vom 27.06.2007 und 04.10.2007, an deren Richtigkeit der erkennende Senat nicht zweifelt, sind die Grundvoraussetzungen für das Entstehen der gesetzlichen Vertretungsmacht naher Angehöriger erfüllt. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass momentan oder in absehbarer Zeit in Vertretung der Betroffenen Rechtsgeschäfte abzuschließen sind, die über die durch Paragraph 284 b, Absatz eins, ABGB den nächsten Angehörigen eingeräumten Befugnisse hinausgehen. Das Tatbestandsmarkmal der geistigen Behinderung ist ohne Zweifel verwirklicht.

Das Erstgericht stützt seine Auffassung, die Vertretungsmacht eines nächsten Angehörigen werde grundsätzlich erst mit der Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses wirksam, auf Maurer (Das österreichische Sachwalterrecht in der Praxis³, vor § 284b ABGB Rz 9). Dort heißt es wörtlich: "Die Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses über das Wirksamwerden der Vertretungsmacht ...". Damit meint Maurer allerdings nicht, dass erst mit der Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses die Vertretungsmacht eines nächsten Angehörigen wirksam wird. Dies zeigen seine Ausführungen aaO zu § 284e ABGB Rz 2, dass die Ausstellung dieser Urkunde nicht konstitutive Wirkungsvoraussetzung der gesetzlichen Vertretungsmacht des nächsten Angehörigen ist. Auch Schauer (Schwerpunkte des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes, ÖJZ 2007, 227) vertritt den Standpunkt, dass die Angehörigenvertretung ipso iure durch den Eintritt des Behinderungsfalles entsteht, wenn kein Ausschlusstatbestand (insbesondere Vorsorgevollmacht, Widerspruch) vorliegt. Derselben Ansicht sind Barth/Kellner (in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts 536). Letztere führen überzeugend aus, dass §284b Abs 1 ABGB als Voraussetzung für das Entstehen der Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger lediglich das Vorliegen einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung der vertretenen Person und das dadurch herbeigeführte Unvermögen zur eigenständigen Besorgung in Angelegenheiten des §284b ABGB nennt. Die Vornahme der Registrierung im ÖZVV werde dagegen nicht als Entstehungsvoraussetzung aufgezählt. Auch die Formulierung des § 284e Abs 2 erster Satz biete keinerlei Hinweis darauf, dass hier eine zusätzliche Entstehungsvoraussetzung normiert werden sollte. Denn § 284e Abs 1 erster Satz verlange die Registrierung der "Vertretungsbefugnis" - und nicht etwa die Registrierung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 284b Abs 1 oder sonstiger Umstände. Sehe das Gesetz aber eine Pflicht zur Registrierung einer Vertretungsbefugnis vor, so müsse diese Befugnis logischerweise vor ihrer Registrierung bestanden haben. Dagegen meint Weitzenböck (in Schwimann3 § 284e ABGB Rz 5), dass die Annahme einer konstitutiven Wirkung der Registrierung geboten sei. Dass diese Ansicht - nach Meinung des erkennenden Senates - nicht zutreffend ist und in der Praxis zu vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnissen führt, zeigt gerade der vorliegende Fall: Die Vertretungbefugnis nächster Angehöriger entsteht nur dann, wenn die behinderte Person auch sonst keinen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter hat. Mit dem Vorrang der gewillkürten Vertretung soll vor allem der Vorsorgevollmacht die Priorität gegenüber der Angehörigenvertretung eingeräumt werden. Das Verhältnis zur Sachwalterbestellung erscheint bei bloßer Lektüre des Gesetzestextes wenig klar. Zwar heißt es im § 268 Abs 1 ABGB, dass die Bestellung eines Sachwalters unzulässig ist, wenn die Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen Vertreter besorgt werden, worunter die Vertretung durch Angehörige zu verstehen ist. Dieser räumt der Angehörigenvertretung den Vorrang gegenüber der Sachwalterbestellung ein. Nach § 284b Abs 1 ABGB entsteht die Vertretungsbefugnis der Angehörigen jedoch nur, wenn die behinderte Person keinen Sachwalter hat. Daraus könnte man einen Vorrang der Sachwalterbestellung ableiten. Wenn man jedoch den Zweck der Angehörigenvertretung bedenkt, zur Vermeidung von Sachwalterschaften beizutragen, dann ist regelmäßig von einem Vorrang der Angehörigenvertretung gegenüber der Sachwalterbestellung auszugehen. Wenn demgegenüber die Angehörigenvertretung in § 284b Abs 1 ABGB hinter der Sachwalterbestellung zurückzutreten scheint, dann sind dort nur jene Ausnahmefälle gemeint, in denen trotz des Vorhandenseins von vertretungsbefugten Angehörigen ein Sachwalter zu bestellen ist (Schauer aaO 226 f). Dementsprechend führt Maurer (aaO vor § 284b ABGB Rz 6 und zu § 128 AußStrG Rz 2) aus, dass ein laufendes Sachwalterschaftsverfahren einzustellen (§ 122 AußStrG) bzw eine bestehende Sachwalterschaft zu beenden oder einzuschränken (§ 128 AußStrG) ist, wenn eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger wirksam wird und hiedurch die aktuellen Angelegenheiten des Behinderten ausreichend besorgt werden. Nun bildet aber die Bestellung eines Sachwalters hinsichtlich der Eintragung der Angehörigenvertretung ein Registrierungshindernis in das ÖZVV (Schauer aaO S 229). Dies bedeutet, dass nach Auffassung von Weitzenböck (und des Erstgerichtes) das gesetzgeberische Ziel eines Vorranges der Angehörigenvertretung gegenüber der Sachwalterbestellung nicht (nie mehr) erreicht werden kann, wenn einmal ein Sachwalter bestellt wurde. Eine Registrierung der Vertretungsbefugnis ist nur möglich, wenn das Registrierungshindernis einer bestehenden Sachwalterschaft durch deren Beendigung beseitigt wird, was aber wiederum nicht möglich ist, wenn die Beendigung der Sachwalterschaft an die Vorlage einer Bescheinigung des ÖZVV geknüpft wird. Damit dreht sich bei Annahme einer konstitutiven Wirkung der Registrierung im ÖZVV "die Sache im Kreis" mit dem Resultat, dass die den Vorrang gegenüber der Sachwalterbestellung genießende Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger letzten Endes nicht zum Tragen kommt. Dieses Problem stellt sich dann nicht, wenn mit der überwiegenden Meinung die Registrierung im ÖZVV nicht als konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung der gesetzlichen Vertretungsmacht der nächsten Angehörigen verlangt wird. Dann ist nämlich - wie hier - die Beendigung der Sachwalterschaft zulässig und angezeigt, wenn (sobald) mit der Verwirklichung des Tatbestandes des § 284b ABGB die sich mit dem Aufgabenbereich des Sachwalters deckende Angehörigenvertretung ipso iure entstanden ist.Das Erstgericht stützt seine Auffassung, die Vertretungsmacht eines nächsten Angehörigen werde grundsätzlich erst mit der Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses wirksam, auf Maurer (Das österreichische Sachwalterrecht in der Praxis³, vor Paragraph 284 b, ABGB Rz 9). Dort heißt es wörtlich: "Die Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses über das Wirksamwerden der Vertretungsmacht ...". Damit meint Maurer allerdings nicht, dass erst mit der Ausstellung einer Bescheinigung des Zentralen Vertretungsverzeichnisses die Vertretungsmacht eines nächsten Angehörigen wirksam wird. Dies zeigen seine Ausführungen aaO zu Paragraph 284 e, ABGB Rz 2, dass die Ausstellung dieser Urkunde nicht konstitutive Wirkungsvoraussetzung der gesetzlichen Vertretungsmacht des nächsten Angehörigen ist. Auch Schauer (Schwerpunkte des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes, ÖJZ 2007, 227) vertritt den Standpunkt, dass die Angehörigenvertretung ipso iure durch den Eintritt des Behinderungsfalles entsteht, wenn kein Ausschlusstatbestand (insbesondere Vorsorgevollmacht, Widerspruch) vorliegt. Derselben Ansicht sind Barth/Kellner (in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterrechts 536). Letztere führen überzeugend aus, dass §284b Absatz eins, ABGB als Voraussetzung für das Entstehen der Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger lediglich das Vorliegen einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung der vertretenen Person und das dadurch herbeigeführte Unvermögen zur eigenständigen Besorgung in Angelegenheiten des §284b ABGB nennt. Die Vornahme der Registrierung im ÖZVV werde dagegen nicht als Entstehungsvoraussetzung aufgezählt. Auch die Formulierung des Paragraph 284 e, Absatz 2, erster Satz biete keinerlei Hinweis darauf, dass hier eine zusätzliche Entstehungsvoraussetzung normiert werden sollte. Denn Paragraph 284 e, Absatz eins, erster Satz verlange die Registrierung der "Vertretungsbefugnis" - und nicht etwa die Registrierung des Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 284 b, Absatz eins, oder sonstiger Umstände. Sehe das Gesetz aber eine Pflicht zur Registrierung einer Vertretungsbefugnis vor, so müsse diese Befugnis logischerweise vor ihrer Registrierung bestanden haben. Dagegen meint Weitzenböck (in Schwimann3 Paragraph 284 e, ABGB Rz 5), dass die Annahme einer konstitutiven Wirkung der Registrierung geboten sei. Dass diese Ansicht - nach Meinung des erkennenden Senates - nicht zutreffend ist und in der Praxis zu vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnissen führt, zeigt gerade der vorliegende Fall: Die Vertretungbefugnis nächster Angehöriger entsteht nur dann, wenn die behinderte Person auch sonst keinen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter hat. Mit dem Vorrang der gewillkürten Vertretung soll vor allem der Vorsorgevollmacht die Priorität gegenüber der Angehörigenvertretung eingeräumt werden. Das Verhältnis zur Sachwalterbestellung erscheint bei bloßer Lektüre des Gesetzestextes wenig klar. Zwar heißt es im Paragraph 268, Absatz eins, ABGB, dass die Bestellung eines Sachwalters unzulässig ist, wenn die Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen Vertreter besorgt werden, worunter die Vertretung durch Angehörige zu verstehen ist. Dieser räumt der Angehörigenvertretung den Vorrang gegenüber der Sachwalterbestellung ein. Nach Paragraph 284 b, Absatz eins, ABGB entsteht die Vertretungsbefugnis der Angehörigen jedoch nur, wenn die behinderte Person keinen Sachwalter hat. Daraus könnte man einen Vorrang der Sachwalterbestellung ableiten. Wenn man jedoch den Zweck der Angehörigenvertretung bedenkt, zur Vermeidung von Sachwalterschaften beizutragen, dann ist regelmäßig von einem Vorrang der Angehörigenvertretung gegenüber der Sachwalterbestellung auszugehen. Wenn demgegenüber die Angehörigenvertretung in Paragraph 284 b, Absatz eins, ABGB hinter der Sachwalterbestellung zurückzutreten scheint, dann sind dort nur jene Ausnahmefälle gemeint, in denen trotz des Vorhandenseins von vertretungsbefugten Angehörigen ein Sachwalter zu bestellen ist (Schauer aaO 226 f). Dementsprechend führt Maurer (aaO vor Paragraph 284 b, ABGB Rz 6 und zu Paragraph 128, AußStrG Rz 2) aus, dass ein laufendes Sachwalterschaftsverfahren einzustellen (Paragraph 122, AußStrG) bzw eine bestehende Sachwalterschaft zu beenden oder einzuschränken (Paragraph 128, AußStrG) ist, wenn eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger wirksam wird und hiedurch die aktuellen Angelegenheiten des Behinderten ausreichend besorgt werden. Nun bildet aber die Bestellung eines Sachwalters hinsichtlich der Eintragung der Angehörigenvertretung ein Registrierungshindernis in das ÖZVV (Schauer aaO S 229). Dies bedeutet, dass nach Auffassung von Weitzenböck (und des Erstgerichtes) das gesetzgeberische Ziel eines Vorranges der Angehörigenvertretung gegenüber der Sachwalterbestellung nicht (nie mehr) erreicht werden kann, wenn einmal ein Sachwalter bestellt wurde. Eine Registrierung der Vertretungsbefugnis ist nur möglich, wenn das Registrierungshindernis einer bestehenden Sachwalterschaft durch deren Beendigung beseitigt wird, was aber wiederum nicht möglich ist, wenn die Beendigung der Sachwalterschaft an die Vorlage einer Bescheinigung des ÖZVV geknüpft wird. Damit dreht sich bei Annahme einer konstitutiven Wirkung der Registrierung im ÖZVV "die Sache im Kreis" mit dem Resultat, dass die den Vorrang gegenüber der Sachwalterbestellung genießende Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger letzten Endes nicht zum Tragen kommt. Dieses Problem stellt sich dann nicht, wenn mit der überwiegenden Meinung die Registrierung im ÖZVV nicht als konstitutive Wirksamkeitsvoraussetzung der gesetzlichen Vertretungsmacht der nächsten Angehörigen verlangt wird. Dann ist nämlich - wie hier - die Beendigung der Sachwalterschaft zulässig und angezeigt, wenn (sobald) mit der Verwirklichung des Tatbestandes des Paragraph 284 b, ABGB die sich mit dem Aufgabenbereich des Sachwalters deckende Angehörigenvertretung ipso iure entstanden ist.

Da hinsichtlich der betroffenen Person die Voraussetzungen des § 284b ABGB für eine ipso iure wirksam gewordene Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger vorliegen - für die Annahme eines von der betroffenen Person erklärten Widerspruches (§ 284d ABGB) bestehen keine Anhaltspunkte - ist in Stattgebung des Rekurses das Sachwalterschaftsverfahren zu beenden (§ 128 AußStrG). Analog zu §122 Abs 3 AußStrG war auszusprechen, dass eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger besteht.Da hinsichtlich der betroffenen Person die Voraussetzungen des Paragraph 284 b, ABGB für eine ipso iure wirksam gewordene Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger vorliegen - für die Annahme eines von der betroffenen Person erklärten Widerspruches (Paragraph 284 d, ABGB) bestehen keine Anhaltspunkte - ist in Stattgebung des Rekurses das Sachwalterschaftsverfahren zu beenden (Paragraph 128, AußStrG). Analog zu §122 Absatz 3, AußStrG war auszusprechen, dass eine Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger besteht.

Der ordentliche Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil mit der Entscheidung des Rekursgerichtes die Anwendungsvoraussetzungen der §§ 284b ABGB und 128AußStrG in Einklang mit der herrschenden Auffassung bejaht wurden.Der ordentliche Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil mit der Entscheidung des Rekursgerichtes die Anwendungsvoraussetzungen der Paragraphen 284 b, ABGB und 128AußStrG in Einklang mit der herrschenden Auffassung bejaht wurden.

Landesgericht Feldkirch

Anmerkung

EFE0000171

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2007:00200R00248.07X.1119.000

Dokumentnummer

JJT_20071119_LG00929_00200R00248_07X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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