TE OGH 2007/11/22 15Os113/07t

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Veröffentlicht am 22.11.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Rene M***** wegen Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Juni 2007, GZ 23 Hv 49/07y-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Rene M***** wegen Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall und Absatz 3, erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Juni 2007, GZ 23 Hv 49/07y-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rene M***** mehrerer Verbrechen nach § 28 Abs 2 vierter Fall und Abs 3 erster Fall SMG (A) sowie (richtig:) der Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (B) schuldig erkannt.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rene M***** mehrerer Verbrechen nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall und Absatz 3, erster Fall SMG (A) sowie (richtig:) der Vergehen nach Paragraph 27, Absatz eins, erster und zweiter Fall SMG (B) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wörgl, Innsbruck, Radfeld, Kundl und an anderen

Orten

A) von etwa Herbst 2005 bis einschließlich Sommer 2006 den

bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG), „nämlich eine nicht mehr exakt quantifizierbare, die Grenzmenge allerdings insgesamt um ein Vielfaches übersteigende große Menge an Ecstasy-Tabletten (jedenfalls mehr als 400 Stück), größtenteils durch den gewerbsmäßigen Verkauf, in geringem Umfang aber auch durch die unentgeltliche Weitergabe" an die im Erkenntnis genannten sowie zahlreiche weitere, namentlich nicht bekannte Suchtgiftkonsumenten in Verkehr gesetzt;bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge (Paragraph 28, Absatz 6, SMG), „nämlich eine nicht mehr exakt quantifizierbare, die Grenzmenge allerdings insgesamt um ein Vielfaches übersteigende große Menge an Ecstasy-Tabletten (jedenfalls mehr als 400 Stück), größtenteils durch den gewerbsmäßigen Verkauf, in geringem Umfang aber auch durch die unentgeltliche Weitergabe" an die im Erkenntnis genannten sowie zahlreiche weitere, namentlich nicht bekannte Suchtgiftkonsumenten in Verkehr gesetzt;

B) von etwa März 2005 bis Mitte November 2006 den bestehenden

Vorschriften zuwider Suchtgifte, nämlich „im Zweifel" jeweils geringe Mengen von Ecstasy-Tabletten und Kokain, von den im Spruch näher angeführten und weiteren, namentlich nicht bekannten Personen für den Eigenbedarf erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt schon aus dem ersten Anfechtungsgrund Berechtigung zu.Der dagegen vom Angeklagten aus den Gründen der Ziffer 5 und 10 des Paragraph 281, Absatz eins, StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt schon aus dem ersten Anfechtungsgrund Berechtigung zu.

Denn zutreffend zeigt die Mängelrüge (Z 5) auf, dass die für die Annahme einer großen Menge Suchtgift (§ 28 Abs 6 SMG) und damit für die vorgenommene Subsumtion der Tat entscheidenden Feststellungen offenbar unzureichend begründet sind. Die Tatrichter haben ihre Konstatierungen, wonach der Angeklagte Ecstasy-Tabletten von jedenfalls mehr als 400 Stück in durchschnittlicher Qualität von zumindest 0,1 Gramm MDMA pro Stück in Verkehr gesetzt habe (US 5; somit zumindest 40 Gramm Reinsubstanz), auf einen gerichtsnotorischen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von etwa 0,1 Gramm MDMA pro Tablette gestützt (US 12). Diese Prämisse wurde im Verfahren nicht thematisiert.Denn zutreffend zeigt die Mängelrüge (Ziffer 5,) auf, dass die für die Annahme einer großen Menge Suchtgift (Paragraph 28, Absatz 6, SMG) und damit für die vorgenommene Subsumtion der Tat entscheidenden Feststellungen offenbar unzureichend begründet sind. Die Tatrichter haben ihre Konstatierungen, wonach der Angeklagte Ecstasy-Tabletten von jedenfalls mehr als 400 Stück in durchschnittlicher Qualität von zumindest 0,1 Gramm MDMA pro Stück in Verkehr gesetzt habe (US 5; somit zumindest 40 Gramm Reinsubstanz), auf einen gerichtsnotorischen durchschnittlichen Wirkstoffgehalt von etwa 0,1 Gramm MDMA pro Tablette gestützt (US 12). Diese Prämisse wurde im Verfahren nicht thematisiert.

Der Angeklagte hat aber ein aus dem fair-trial-Gebot des Art 6 MRK erfließendes Recht darauf, nicht von einer ihm unbekannten Gerichtsnotorietät im Tatsachenbereich überrascht zu werden. Wurde daher die gerichtliche Annahme einer durchschnittlichen Wirkstoffkonzentration - wie hier - weder in der in der Hauptverhandlung vorgetragenen Anklageschrift dargestellt noch sonst in der Hauptverhandlung (zB im Rahmen des § 238 Abs 2 StPO oder des § 262 StPO) erörtert, so erweist sich die darauf gegründete Feststellung des Wirkstoffgehaltes der tatverfangenen Suchtgiftmenge als offenbar unzureichend begründet (RIS-Justiz RS0119094; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 463).Der Angeklagte hat aber ein aus dem fair-trial-Gebot des Artikel 6, MRK erfließendes Recht darauf, nicht von einer ihm unbekannten Gerichtsnotorietät im Tatsachenbereich überrascht zu werden. Wurde daher die gerichtliche Annahme einer durchschnittlichen Wirkstoffkonzentration - wie hier - weder in der in der Hauptverhandlung vorgetragenen Anklageschrift dargestellt noch sonst in der Hauptverhandlung (zB im Rahmen des Paragraph 238, Absatz 2, StPO oder des Paragraph 262, StPO) erörtert, so erweist sich die darauf gegründete Feststellung des Wirkstoffgehaltes der tatverfangenen Suchtgiftmenge als offenbar unzureichend begründet (RIS-Justiz RS0119094; Ratz, WK-StPO Paragraph 281, Rz 463).

Der aufgezeigte Begründungsmangel zwingt - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des Urteils bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO), zur Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und zur Verweisung der Sache an das Erstgericht.Der aufgezeigte Begründungsmangel zwingt - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zur Aufhebung des Urteils bereits bei nichtöffentlicher Beratung (Paragraph 285 e, StPO), zur Anordnung einer neuen Hauptverhandlung und zur Verweisung der Sache an das Erstgericht.

Die Kassation des gesamten Schuldspruches A war deshalb erforderlich, weil nach Aufhebung eines Schuldspruches nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG bei Fraglichkeit der Beurteilung einer in Verkehr gesetzten Menge als groß (§ 28 Abs 6 SMG) auch jene Annahmen, die einen - insoweit nicht erfolgten - Schuldspruch wegen § 27 Abs 1 sechster Fall SMG allenfalls zu tragen vermögen, für sich alleine nicht bestehen bleiben (RIS-Justiz RS0115884). Gemäß § 289 StPO war auch hinsichtlich des Schuldspruches B mit Urteilsaufhebung und Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung vorzugehen, hängt dessen Zulässigkeit doch davon ab, ob dem Beschwerdeführer im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere über den Erwerb und Besitz jeweils geringer Mengen Suchtgift zum Eigengebrauch (vgl insoweit § 35 Abs 1 iVm § 37 SMG) hinausgehende strafbare Handlung nach dem SMG zur Last fällt (15 Os 96/06s).Die Kassation des gesamten Schuldspruches A war deshalb erforderlich, weil nach Aufhebung eines Schuldspruches nach Paragraph 28, Absatz 2, vierter Fall SMG bei Fraglichkeit der Beurteilung einer in Verkehr gesetzten Menge als groß (Paragraph 28, Absatz 6, SMG) auch jene Annahmen, die einen - insoweit nicht erfolgten - Schuldspruch wegen Paragraph 27, Absatz eins, sechster Fall SMG allenfalls zu tragen vermögen, für sich alleine nicht bestehen bleiben (RIS-Justiz RS0115884). Gemäß Paragraph 289, StPO war auch hinsichtlich des Schuldspruches B mit Urteilsaufhebung und Anordnung neuer Verhandlung und Entscheidung vorzugehen, hängt dessen Zulässigkeit doch davon ab, ob dem Beschwerdeführer im zweiten Rechtsgang neuerlich eine weitere über den Erwerb und Besitz jeweils geringer Mengen Suchtgift zum Eigengebrauch vergleiche insoweit Paragraph 35, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 37, SMG) hinausgehende strafbare Handlung nach dem SMG zur Last fällt (15 Os 96/06s).

Die weitere Mängelrüge und die Ausführungen zur Subsumtionsrüge können damit auf sich beruhen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach § 389 StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.Da beim Nichtigkeitswerber der gesamte Schuldspruch und damit auch der vom Erstgericht gefällte Kostenersatzausspruch nach Paragraph 389, StPO zu kassieren war, fallen ihm auch keine Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Anmerkung

E85901 15Os113.07t

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in ÖJZ-LS 2008/20 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0150OS00113.07T.1122.000

Dokumentnummer

JJT_20071122_OGH0002_0150OS00113_07T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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