Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R***** GmbH, ***** vertreten durch Appiano & Kramer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Herbert Fink als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Franz R*****, wegen Zwangsversteigerung einer Liegenschaft, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 25. Juni 2007, GZ 2 R 96/07t-47, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. September 2007, AZ 2 R 96/07, womit infolge Rekurses des Hypothekargläubigers Land Tirol, vertreten durch Dr. Martin Wöll, Rechtsanwalt in Innsbruck, der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom 2. Februar 2007, GZ 4 E 157/06w-44, abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Meistbotsverteilungsbeschluss des Erstgerichts wiederhergestellt. Der Hypothekargläubiger Land Tirol hat der betreibenden Partei die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten für den Revisionsrekurs binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Zugunsten der betreibenden Partei ist im Lastenblatt der dem Verpflichteten gehörigen Liegenschaftsanteile, verbunden mit Wohnungseigentum, unter der CLNr 8 ein Pfandrecht über eine Forderung von 1,179.000 öS (= 85.681,27 EUR) samt 6 % Zinsen und 7 % Verzugszinsen sowie eine Nebengebührensicherstellung über 235.000 S eingetragen. Dieses Pfandrecht ist gegenüber einem für das Land Tirol eingetragenen Pfandrecht über 48.400,11 EUR vorrangig. Aufgrund des rechtskräftigen Versäumungsurteils des Landesgerichts Innsbruck vom 28. November 2005, AZ 40 Cg 192/05d, wurde der betreibenden Partei am 1. Juni 2006 antragsgemäß die Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 90.902,20 EUR samt 5,75 % Verzugszinsen p.a. und 5,75 % Zinseszinsen p.a. seit 1. September 2005 und der Kosten von 4.500,62 EUR samt 4 % Zinsen p.a. daraus seit 28. November 2005 sowie der Kosten des Exekutionsantrags von 1.341,62 EUR mit der Anordnung bewilligt, dass die Bewilligung der Zwangsversteigerung im Grundbuch im Range des Pfandrechts CLNr 8 anzumerken ist. Diese Anordnung wurde im Grundbuch beim angeführten Pfandrecht eingetragen. Der Exekutionstitel hat folgenden Wortlaut:
„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von EUR 90.902,20 samt 5,75 % Verzugs- und 5,75 % Zinsenszinsen seit 1. 9. 2005 zu bezahlen und die Prozesskosten zu ersetzen; beides binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution, insbesondere auch auf die verpfändeten, mit Wohnungseigentum an W Top 12 untrennbar verbundenen, 104/2523 Anteilen (B-LNR 24) an der Liegenschaft EZ 216, GB 87105 Fügen, BG Zell am Ziller, auf welchen für die Klagsforderung unter C-LNR 8 a das Pfandrecht einverleibt ist, wobei EUR 85.681,27 auf Kapital und EUR 5.220,93 auf rückständige Zinsen für die Zeit vom 15. 8. 2004 bis 31. 8. 2005 entfallen."
Nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten wurde das Exekutionsverfahren mit dem bestellten Masseverwalter fortgesetzt.
Die betreibende Partei meldete zur Meistbotverteilung unter CLNr 8 an „Kapital lt. Versäumungsurteil" 90.902,20 EUR sowie 5,75 % Verzugszinsen und Zinseszinsen je vom 1. September 2005 bis 13. November 2006, die Prozesskosten samt 4 % Zinsen vom 28. November 2005 bis 13. November 2006, die Kosten der Exekutionsbewilligung, die Schätzungskosten und die Exekutionskosten (zusammen 106.164,89 EUR) an, weiters aus dem Titel der Nebengebührensicherstellung aufgeschlüsselte Verzugszinsen und Zinseszinsen (914.70 EUR und 9,20 EUR) und Zinsen aus den Prozesskosten (31,50 EUR) sowie eine Kontoführungsgebühr von 7,99 EUR, insgesamt beträgt die angemeldete Forderung 107.128,28 EUR.
Das Erstgericht wies mit seinem Meistbotsverteilungsbeschluss der betreibenden Partei in der bücherlichen Rangordnung zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung den angemeldeten Betrag zu, dem nachrangigen Buchgläubiger (Land Tirol) aber 34.028,53 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Buchgläubigers Folge und änderte den Meistbotsverteilungsbeschluss dahin ab, dass der betreibenden Partei in der bücherlichen Rangordnung an Kapital nur 85.681,27 EUR und insgesamt 101.462,55 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung, dem rekurrierenden Buchgläubiger aber 39.694,26 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen wurden. Es vertrat dazu die Rechtsansicht, dass der betreibenden Partei aus dem Meistbot nur der im Grundbuch aufscheinende Kapitalbetrag im Rang des bücherlichen „Summenpfandrechts" zugewiesen werden könne, also nur 85.681,27 EUR samt Zinsen „errechnet auf Basis dieser Hauptsachenforderung". Woraus der begehrte höhere Kapitalbetrag resultiere, werde durch die Forderungsanmeldung der betreibenden Partei nicht aufgeklärt, „sodass diesbezüglich nur Spekulationen möglich wären".
Das Rekursgericht änderte seinen ursprünglichen Ausspruch, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, über Antrag der betreibenden Partei ab und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs nachträglich doch für zulässig.
Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die betreibende Partei die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Die Revisionsrekurswerberin rügt zu Recht ein Abgehen des Rekursgerichts von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, dass Ansprüche zur Meistbotsverteilung nur dann anzumelden und nachzuweisen sind, wenn sie nicht aus dem Grundbuch oder den Exekutionsakten entnommen werden können (RIS-Justiz RS0003104). Das Rekursgericht behandelte die betreibende Partei im Ergebnis als bloßen Hypothekargläubiger, dem (auch ohne Anmeldung) zwar das Kapital in der aus dem Grundbuch ersichtlichen Höhe zuzuweisen ist (RIS-Justiz RS0003179), nicht aber die Zinsen, wenn der Zinsenrückstand nicht aus dem Grundbuch oder den Exekutionsakten ersichtlich ist (3 Ob 79/02t). Es ignorierte dabei den aufgrund des Exekutionstitels klargestellten Sachverhalt, dass der strittige Differenzbetrag zwischen dem im Grundbuch aufscheinenden Kapitalbetrag (1,179.000 öS = 85.681,27 EUR) und dem betriebenen und angemeldeten Kapitalsbetrag von 90.902,20 EUR der rechnerisch nachvollziehbare und betriebene Zinsenrückstand für die Zeit vom 15. August 2004 bis 31. August 2005 ist, sodass von Spekulationen über die Art des Anspruchs, dessen Höhe und den bücherlichen Rang keine Rede sein kann. Der Rang der Zinsenforderung ist durch die mit der Exekutionsbewilligung angeordnete und im Grundbuch vollzogene Anmerkung der Bewilligung der Zwangsversteigerung im Rang des Pfandrechts der betreibenden Partei bestimmt. Das Erfordernis der Anmeldung von Zinsen zur Meistbotsverteilung hat den Zweck, allen auf das Meistbot gewiesenen Berechtigten Aufschluss darüber zu geben, was der Gläubiger verlangt, um allenfalls dagegen Widerspruch erheben zu können. Die Anmeldung muss alle für die Überprüfung der Berechnung der Zinsen erforderlichen Angaben, wie die Höhe des Zinsflusses, den Kapitalsbetrag, Beginn und Ende des Zinsenlaufs enthalten (RIS-Justiz RS0003153). All dies gilt - wie ausgeführt - dann nicht, wenn die angeführten Umstände ohnehin schon aus dem Exekutionsakt und dem Grundbuch ersichtlich sind. Dann ist der mit der Anmeldung verfolgte Zweck schon erreicht, weil die Höhe des Zinsenrückstands und der Umstand der pfandrechtlichen Sicherstellung auch der Zinsen schon gerichtskundig sind. In diesem Fall besteht nicht einmal eine Anmeldepflicht (Angst in Angst, EO, § 210 Rz 6). Die Anmeldepflicht bedeutete einen überflüssigen Formalismus, weil mit ihr im Ergebnis nichts anderes ausgedrückt werden könnte, als dass die Hereinbringungsexekution aufrechterhalten wird.Die Revisionsrekurswerberin rügt zu Recht ein Abgehen des Rekursgerichts von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, dass Ansprüche zur Meistbotsverteilung nur dann anzumelden und nachzuweisen sind, wenn sie nicht aus dem Grundbuch oder den Exekutionsakten entnommen werden können (RIS-Justiz RS0003104). Das Rekursgericht behandelte die betreibende Partei im Ergebnis als bloßen Hypothekargläubiger, dem (auch ohne Anmeldung) zwar das Kapital in der aus dem Grundbuch ersichtlichen Höhe zuzuweisen ist (RIS-Justiz RS0003179), nicht aber die Zinsen, wenn der Zinsenrückstand nicht aus dem Grundbuch oder den Exekutionsakten ersichtlich ist (3 Ob 79/02t). Es ignorierte dabei den aufgrund des Exekutionstitels klargestellten Sachverhalt, dass der strittige Differenzbetrag zwischen dem im Grundbuch aufscheinenden Kapitalbetrag (1,179.000 öS = 85.681,27 EUR) und dem betriebenen und angemeldeten Kapitalsbetrag von 90.902,20 EUR der rechnerisch nachvollziehbare und betriebene Zinsenrückstand für die Zeit vom 15. August 2004 bis 31. August 2005 ist, sodass von Spekulationen über die Art des Anspruchs, dessen Höhe und den bücherlichen Rang keine Rede sein kann. Der Rang der Zinsenforderung ist durch die mit der Exekutionsbewilligung angeordnete und im Grundbuch vollzogene Anmerkung der Bewilligung der Zwangsversteigerung im Rang des Pfandrechts der betreibenden Partei bestimmt. Das Erfordernis der Anmeldung von Zinsen zur Meistbotsverteilung hat den Zweck, allen auf das Meistbot gewiesenen Berechtigten Aufschluss darüber zu geben, was der Gläubiger verlangt, um allenfalls dagegen Widerspruch erheben zu können. Die Anmeldung muss alle für die Überprüfung der Berechnung der Zinsen erforderlichen Angaben, wie die Höhe des Zinsflusses, den Kapitalsbetrag, Beginn und Ende des Zinsenlaufs enthalten (RIS-Justiz RS0003153). All dies gilt - wie ausgeführt - dann nicht, wenn die angeführten Umstände ohnehin schon aus dem Exekutionsakt und dem Grundbuch ersichtlich sind. Dann ist der mit der Anmeldung verfolgte Zweck schon erreicht, weil die Höhe des Zinsenrückstands und der Umstand der pfandrechtlichen Sicherstellung auch der Zinsen schon gerichtskundig sind. In diesem Fall besteht nicht einmal eine Anmeldepflicht (Angst in Angst, EO, Paragraph 210, Rz 6). Die Anmeldepflicht bedeutete einen überflüssigen Formalismus, weil mit ihr im Ergebnis nichts anderes ausgedrückt werden könnte, als dass die Hereinbringungsexekution aufrechterhalten wird.
Der Revisionsrekurs ist aus den dargelegten Gründen berechtigt und daher die erstinstanzliche Meistbotsverteilung wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Wohl findet im Meistbotsverteilungsverfahren grundsätzlich kein Kostenersatz statt (JB 201), dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren (RIS-Justiz RS0002186). Die Begründung des zitierten Plenissimarbeschlusses enthält aber auch die Aussage, dass auch im Meistbotsverteilungsverfahren zwischen den Beteiligten ein prozessähnliches Verhältnis entstehen könne, das den Verursacher der Kosten ersatzpflichtig machen könnte. Eine Kostenentscheidung werde aber in den meisten Fällen an der unterschiedlichen Beteiligung der einzelnen Interessenten an der amtswegig durchzuführenden Meistbotsverteilung scheitern. Diese Äußerung im Judikat nahm Hoyer in seiner Anmerkung zur E 3 Ob 51/84 = JBl 1985, 418, zum Anlass, für die Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen der ZPO iVm § 78 EO im Meistbotsverteilungsverfahren zu plädieren, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Gläubiger durch Rekurserhebung an die zweite Instanz die Kosten des beim Obersten Gerichtshof erfolgreichen Revisionsrekurswerbers verursachte. Da in derartigen Fällen keine Praktikabilitätsargumente gegen das Vorliegen eines Zwischenstreits sprechen, sind der obsiegenden betreibenden Partei von dem im Zwischenstreit unterlegenen Buchgläubiger die Revisionsrekurskosten auf der Basis des obsiegten Betrags zu ersetzen.Der Revisionsrekurs ist aus den dargelegten Gründen berechtigt und daher die erstinstanzliche Meistbotsverteilung wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 78, EO in Verbindung mit Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO. Wohl findet im Meistbotsverteilungsverfahren grundsätzlich kein Kostenersatz statt (JB 201), dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren (RIS-Justiz RS0002186). Die Begründung des zitierten Plenissimarbeschlusses enthält aber auch die Aussage, dass auch im Meistbotsverteilungsverfahren zwischen den Beteiligten ein prozessähnliches Verhältnis entstehen könne, das den Verursacher der Kosten ersatzpflichtig machen könnte. Eine Kostenentscheidung werde aber in den meisten Fällen an der unterschiedlichen Beteiligung der einzelnen Interessenten an der amtswegig durchzuführenden Meistbotsverteilung scheitern. Diese Äußerung im Judikat nahm Hoyer in seiner Anmerkung zur E 3 Ob 51/84 = JBl 1985, 418, zum Anlass, für die Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen der ZPO in Verbindung mit Paragraph 78, EO im Meistbotsverteilungsverfahren zu plädieren, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Gläubiger durch Rekurserhebung an die zweite Instanz die Kosten des beim Obersten Gerichtshof erfolgreichen Revisionsrekurswerbers verursachte. Da in derartigen Fällen keine Praktikabilitätsargumente gegen das Vorliegen eines Zwischenstreits sprechen, sind der obsiegenden betreibenden Partei von dem im Zwischenstreit unterlegenen Buchgläubiger die Revisionsrekurskosten auf der Basis des obsiegten Betrags zu ersetzen.
Anmerkung
E860063Ob228.07mSchlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJus-Extra OGH-Z 4457 = ecolex 2008/113 S 325 - ecolex 2008,325 = ZIK2008/351 S 216 - ZIK 2008,216 = MietSlg 59.765 = MietSlg 59.773XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0030OB00228.07M.1127.000Zuletzt aktualisiert am
28.08.2009