Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei A***** GmbH Nord, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Betriebsrat der Autobahnmeisterei R***** (11 Cga 13/07g), und 2.) Betriebsrat der Autobahnmeisterei S***** (11 Cga 14/07d), beide vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Nichtigkeit einer Betriebsratswahl gemäß § 60 ArbVG, in eventu Anfechtung einer Betriebsratswahl gemäß § 59 ArbVG (Streitwert EUR 20.000,--), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. August 2007, GZ 11 Ra 51/07k-16, womit das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. April 2007, GZ 11 Cga 13/07g-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidungen der Vorinstanzen zu lauten haben:
„Die Klagebegehren des Inhalts,
festzustellen, dass
1.) a) die vom Betriebsrat der Autobahnmeisterei R***** am 10. 1. 2007 durchgeführte Betriebsratswahl für den Teilbereich 'A***** Autobahnmeisterei R*****' nichtig sei,
b) dass die vom Betriebsrat der Autobahnmeisterei S***** am 25. 1. 2007 durchgeführte Betriebsratswahl für den Teilbereich 'A***** Autobahnmeisterei S*****' nichtig sei, in eventu,
2.) a) dass die vom Betriebsrat der Autobahnmeisterei R***** am 10. 1. 2007 für den Bereich 'A***** Autobahnmeisterei R*****' durchgeführte Betriebsratswahl für unwirksam erklärt werde,
b) dass die vom Betriebsrat der Autobahnmeisterei S***** am 25. 1. 2007 für den Bereich 'A***** Autobahnmeisterei S*****' durchgeführte Betriebsratswahl für unwirksam erklärt werde, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 1.170,18 (darin EUR 195,03 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine von vier regionalen Service-Tochter-Gesellschaften der A***** und S***** Aktiengesellschaft (A*****), die 90 % der Gesellschaftsanteile hält; daneben sind die O***** GmbH mit 6,5 % und das Land S***** mit 3,5 % beteiligt. Unternehmensgegenstand sind der Betrieb, die Erhaltung und die Instandsetzung der Bundesstraßen einschließlich der hiezu notwendigen und zweckdienlichen Infrastruktur, alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten in Oberösterreich und Salzburg, sowie - soferne die Gesellschaft dazu von der Konzernmutter beauftragt wurde - teilweise in Kärnten.
Diese Tätigkeit wurde zunächst bis 30. 4. 2006 nur teilweise - und zwar durch die Autobahnmeistereien in St. M***** und in F***** - durch die Klägerin bzw die Konzernmutter selbst durchgeführt; der überwiegende Teil dieser Arbeiten wurde auf Grund von Werkverträgen weiterhin von den Bundesländern Salzburg und Oberösterreich erbracht. Diese Werkverträge wurden mit Wirksamkeit per 30. 4. 2006 aufgelöst. Im Unternehmen der Klägerin wurde am 8. 2. 2006 von den 80 Arbeitnehmern für die beiden von ihr damals betriebenen Autobahnmeistereien - nämlich die in St. M***** und jene in F*****, die nunmehr in einen Stützpunkt umgewandelt wurden -, die Zentrale in A***** und die Baubüros in S*****, St. M*****l und F***** gemeinsam die Wahl eines Angestelltenbetriebsrats durchgeführt, bei der vier Betriebsratsmitglieder gewählt wurden; dieser Betriebsrat hat sich am 15. 3. 2006 konstituiert. Mit Wirksamkeit vom 1. 5. 2006 wurden vom Land Salzburg das Referat Autobahnen sowie die Autobahnmeistereien G***** und L***** - nunmehr ein Stützpunkt - und vom Land Oberösterreich die Abteilung Autobahnen sowie die Autobahnmeistereien A*****, R*****, S***** und W***** an die Klägerin übertragen und die dort beschäftigten, insgesamt etwa 330 Landesbediensteten an die Klägerin überlassen. Rechtsgrundlage für die Überlassung der Oö. Landes-Bediensteten war das OÖ Landesbediensteten-Zuweisungsgesetz 2005, LGBl Nr 135 bzw ein im Sinn des § 6 dieses Gesetzes geschlossener Vertrag zwischen dem Land Oberösterreich als Überlasser und der Klägerin als Beschäftigerin.
In den Autobahnmeistereien R***** und S*****, wo jeweils mehr als 5 Dienstnehmer dauernd beschäftigt sind, waren bis zuletzt Dienststellenausschüsse im Sinne des OÖ. Landes-Personalvertretungsgesetzes eingerichtet. Auf Grund der zwischen der Klägerin und den Landes-Personalvertretungen in Oberösterreich und Salzburg vereinbarten „Übergangsregelung Personalvertretung" wurde ein Gremium von acht Personen gebildet, jedoch fand keine konstituierende Sitzung dieses Gremiums statt.
Die Organisation der Klägerin stellte sich im Jänner 2007 wie folgt dar:
Die Gesellschaft wird durch einen Geschäftsführer, DI Georg K***** geleitet. Diesem sind die „Corporate Services" - darunter die Bereiche Controlling, Personaladministration, Baustellenmanagement und Vergabewesen - beigeordnet. Über eine eigene Personal- oder Rechtsabteilung und eine Buchhaltung verfügt die Klägerin nicht, diese Bereiche werden von der Konzernmutter betreut. Dem Geschäftsführer untergeordnet sind drei Bereiche und zwar die betriebliche Erhaltung (BE), die elektromaschinelle Erhaltung (EE) sowie die bauliche Erhaltung (BaE).
Dem Bereich betriebliche Erhaltung (BE) gehören neben den „BE-Services" (Fuhrparkmanagement; Bereich Liegenschaften/Sondernutzungen, Schadensfälle) die Autobahnmeistereien A*****, R*****, S*****, W*****, G***** - mit dem Stützpunkt S***** - L***** - und St. M***** - mit dem Stützpunkt F***** - an. Die Aufgaben der Autobahnmeistereien bestehen unter anderem in der Leistung des Winterdienstes und der laufenden Kontrolle des Streckenzustandes; darüber hinaus umfassen sie die Erhaltung der Bodenmarkierungen - wobei nach den vorgegebenen Richtlinien die Leitlinien jährlich, die Randlinien zweijährlich zu erneuern sind -, die Anbringung und Wartung der Beschilderung, die Durchführung der Mäh- und Rodungsarbeiten im Straßenverlauf, die Reinigung der Straßenfläche und Rastplätze sowie die Durchführung kleinerer Reparaturarbeiten am Straßenbelag (etwa bei Frostschäden) sowie an Leitschienen und Verkehrszeichen (etwa nach Unfällen). In den räumlichen Zuständigkeitsbereich der Autobahnmeisterei R***** fallen insgesamt 43 Autobahnkilometer und in jenen der Autobahnmeisterei S***** 70 Autobahnkilometer, wobei sich in den örtlichen Zuständigkeitsbereichen jeweils eine Vielzahl an Brücken befindet.
Der Bereich der elektromaschinellen Erhaltung (EE) umfasst die „EE-Services", dem das Corporate Network A***** (ein Netzwerk von Datenleitungen entlang der Autobahnen), der lokale Koordinator Verkehrsmanagement-Informationssysteme und das Tunnelmanagement angehören, weiters die Überwachungszentralen (ÜZ) W*****, G***** und St. M*****, welche über einen eigenen Leiter verfügen und nur räumlich den Autobahnmeistereien angeschlossen sind. Die in den Überwachungszentralen erforderlichen Verwaltungstätigkeiten, wie etwa die Eingabe der geleisteten Arbeitsstunden in die Personalverrechnung, werden von den Autobahnmeistereien W*****, G***** und St. M***** durchgeführt. Zu den Aufgaben des Bereichs EE zählt die Einrichtung und Wartung sämtlicher elektronischer Teile und die Überwachung der Tunnelanlagen.
Im Bereich der baulichen Erhaltung (BaE) ist das Projekt Controlling angesiedelt; im Übrigen ist der Bereich in das Erhaltungsmanagementsystem (EMS) sowie die - für die Realisierung der Projekte zuständigen - Regionen A*****, S***** und St. M*****/F***** aufgeteilt. Daneben bestehen „Bauwerks-Unterhaltungs-Trupps", deren Mitarbeiter in den Autobahnmeistereien W***** und St. M*****l und dem Stützpunkt S***** tätig und dort autobahnmeisterei-übergreifend für die Überprüfung und Erhaltung von Bauwerken - also Brücken, Hanganlagen und Tunnelanlagen - zuständig sind; der Bauwerks-Unterhaltungs-Trupp in W***** ist dabei für das gesamte Gebiet des Landes Oberösterreich zuständig. Bei Personalengpässen - etwa im Winterdienst - kann der Leiter der Autobahnmeisterei („Autobahnmeister"), in der die Mitarbeiter der Bauwerks-Unterhaltungs-Trupps angesiedelt sind, auf dieses Personal zurückgreifen. Der Bereich BaE ist für den Zustand sämtlicher Bauobjekte wie Brücken und Tunnel, aber auch für die Straßen im Hinblick auf die Asphaltierung, insbesondere für größere Reparatur- bzw Sanierungsmaßnahmen, aber auch die Errichtung von Lärmschutzwänden oder Betonmittelabgrenzungen zuständig. Die dauerhafte Erhaltung des von der Klägerin zu betreuenden Streckennetzes erfolgt in Zusammenarbeit aller drei genannten Bereiche, wobei die Erhaltungsstrategie - also ob Ausbesserungen in größerem Umfang erfolgen oder gar eine Generalsanierung durchgeführt wird - in Bindung an die Budget- und Projektvorgaben der Konzernmutter von den Leitern der Bereiche festgelegt wird.
Die Autobahnmeister im Allgemeinen und jene in R***** und S***** im Besonderen sind jedenfalls für die konkrete Urlaubs- und Arbeitszeiteinteilung im Rahmen der zentral vorgegebenen Sommer- und Winterdienstpläne in ihrem Bereich zuständig. Mitumfasst ist die Einteilung der Mitarbeiter zur und die Aktivierung von Mitarbeitern aus der Rufbereitschaft und die Kontrolle der Zeiterfassung. Darüber hinaus kommt ihnen bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein Mitspracherecht im Sinne eines Vorschlagsrechts zu. Die Diensthoheit über die zugewiesenen Vertragsbediensteten liegt bei den jeweils überlassenden Landesregierungen. Der Autobahnmeister hat jedoch Protokolle über schwere Dienstpflichtverletzungen einzelner Mitarbeiter zu verfassen und der Personalabteilung zu übermitteln.
Auf Grund der bestehenden Unterschriftenregelung können die Autobahnmeister im Einzelfall Auslagen bis zu einem Umfang von EUR 2.500,-- für Büromaterial, sonstige Aufwendungen für Mitarbeiter und sonstige Betriebskosten, wie Fremdleistungen oder Fuhrparkreparaturen und sonstiges Material, sowie bis zu einem Umfang von höchstens EUR 5.000,-- Investitionen in Maschinen und Gerätschaften - mit Ausnahme von Fahrzeugen - selbständig durchführen. Darüber hinaus haben die Autobahnmeister auch Vorschläge für das Budget zu erstellen. Das Budget selbst wird unter maßgeblicher Beteiligung des Controllings der Klägerin und unter Berücksichtigung detaillierter Konzernvorgaben erstellt.
Die Beschaffung von Streumitteln und Arbeitskleidung sowie die Ausschreibung von Bodenmarkierungen erfolgt grundsätzlich einheitlich für den gesamten Bereich der Klägerin bzw der Konzernmutter; auch das Tanksystem und die KFZ-Haftpflichtversicherungen fallen in deren Aufgabenbereich. Die Autobahnmeister können diese Leistungen jeweils bei entsprechendem Bedarf abrufen.
Die Erstbeklagte hat am 10. 1. 2007, die Zweitbeklagte am 25. 1. 2007 eine Betriebsratswahl durchgeführt und das Wahlergebnis der Geschäftsführung der Klägerin kundgemacht.
Die Klägerin begehrt in den verbundenen Verfahren die Feststellung, dass die von den beklagten Betriebsräten durchgeführten Betriebsratswahlen nichtig sind, in eventu, diese für unwirksam zu erklären. Bei den einzelnen Autobahnmeistereien handle es sich nur um Organisationsteilbereiche, nicht aber um eigene Betriebe iSd § 34 ArbVG, weshalb auch keine Betriebsratswahlen durchzuführen gewesen wären. Weder sei den Autobahnmeistern die Stellung eines „Betriebsinhabers" zuzumessen, noch könne von einem einheitlichen Betriebsergebnis der jeweiligen Autobahnmeistereien gesprochen werden, zumal diese nur in einem Gesamtkonzept der Erhaltung tätig würden. Die Wahlen seien auch „ihrem Umfang nach nicht durchzuführen gewesen und deren Zusammensetzung fehlerhaft", weil die Beklagten mit falschen Arbeitnehmerzahlen operiert haben, es sei daher eine falsche Anzahl von Betriebsratsmitgliedern gewählt worden (letzteres Vorbringen wurde auch nicht annähernd konkretisiert). Wegen des Eingriffs der beklagten Betriebsräte in den bei der Klägerin bestehenden Betriebsrat sei Nichtigkeitssanktion gegeben, lediglich hilfsweise werde die Erklärung der Unwirksamkeit der Wahlen begehrt.
Die beklagten Betriebsräte bestritten das Klagebegehren, beantragten die Abweisung der Klagebegehren und wendeten zusammengefasst ein, dass es sich bei den einzelnen Autobahnmeistereien sehr wohl um eigene Betriebe im Sinn des § 34 ArbVG handle. Da zum Zeitpunkt der Betriebsratswahlen keine wirksame Arbeitervertretung für die Betriebe der Autobahnmeistereien bestanden haben und die Betriebsratswahlen ihrem Umfang nach richtig durchgeführt worden seien, seien die Betriebsratswahlen weder nichtig noch anfechtbar.
Das Erstgericht gab dem Klagehauptbegehren auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahlen statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die Autobahnmeistereien wohl einen Teilbereich der Straßenerhaltung, wie Grasschnitt und kleinere Reparaturen selbständig durchführten, jedoch der von der Klägerin verfolgte Betriebszweck, nämlich die Erhaltung der Autobahnen in einem durchgängig ordnungsgemäß befahrbaren Zustand, nur von allen drei genannten Bereichen der Klägerin, also der betrieblichen, elektromaschinellen und baulichen Erhaltung, die auch räumlich und personell eng miteinander verflochten seien, in Zusammenarbeit erbracht werden könne. Insbesondere könnten die einzelnen Autobahnmeistereien nicht einmal den ihnen zugewiesenen Streckenabschnitt selbständig instand setzen, weil sie einerseits etwa in den Bereichen der Brücken - bzw auch Tunnel (solche befänden sich jedoch nicht im Bereich der Autobahnmeistereien R***** und S*****) - gänzlich unzuständig seien und andererseits auch größere Reparaturarbeiten oder gar Sanierungsmaßnahmen nicht selbständig erledigen könnten. Mangels eines entsprechend abgrenzbaren Arbeitsergebnisses könne auch von einem selbständigen Betrieb nicht die Rede sein. Die Dislozierung allein rechtfertige ebenfalls nicht die Annahme selbständiger Betriebe. Der seinerzeit, nämlich am 8. 2. 2006 gewählte Betriebsrat sei weiter zuständig geblieben, mit den Betriebsratswahlen der Autobahnmeistereien R***** bzw S***** sei in dessen Zuständigkeit eingegriffen worden, sodass die Wahlen nicht nur anfechtbar, sondern nichtig seien.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und schloss sich im Wesentlichen dessen Begründung an (§ 500a ZPO). Es vertrat ebenfalls die Ansicht, dass die bestmögliche Gewährleistung des Individualverkehrs auf Autobahnen nicht nur durch Leistungen der Autobahnmeistereien, sondern auch in Zusammenarbeit mit den anderen genannten Abteilungen erfolge. Wenn wesentliche Bereiche, wie Tunnelanlagen und Brücken aus der Zuständigkeit der Autobahnmeistereien herausfielen, handle es sich um keine Einzelfälle, sondern um Merkmale dafür, dass eben keine einheitliche Erhaltung durch die Autobahnmeistereien erfolge. Ergänzend zu den Erwägungen des Erstgerichts gelangte es auch zur Ansicht, dass die Autobahnmeister nicht als Betriebsinhaber anzusehen seien, zumal sie nur sehr eingeschränkt über Betriebsmittel verfügen könnten und keine relevanten Personalkompetenzen haben.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil die Frage, ob die Autobahnmeistereien als eigenständiger Betrieb im Sinn des § 34 Abs 1 ArbVG anzusehen seien, allein auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass die Klagehaupt- und Eventualbegehren abgewiesen werden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen der in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage der Betriebseigenschaft von Autobahnmeistereien zulässig; sie ist auch berechtigt.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (9 ObA 166/99y; Strasser/Jabornegg, Arbeitsrecht II4 270 f; Löschnigg Arbeitsrecht10, 175; Gahleitner in Czerny/Gahleitner/Kundter/Preiss/Schneller ArbVG II3 237 f ua) ist wesentliches Merkmal des Betriebsbegriffs die organisatorische Einheit, die in der Einheit des Betriebsinhabers, des Betriebszwecks und der Organisation zum Ausdruck kommen muss. Um von einem Betrieb als Bestandteil eines Unternehmens sprechen zu können, muss also einer organisatorischen Einheit ein gewisses Maß an Selbständigkeit, insbesondere in technischer Hinsicht, eingeräumt sein und ebenso muss das Ergebnis ihres Arbeitsvorganges eine, wenn auch beschränkte, Abgeschlossenheit oder Unabhängigkeit von anderen Betriebsvorgängen aufweisen. Werden hingegen alle wesentlichen Entscheidungen in der Zentrale getroffen, liegt kein selbständiger Betrieb vor (9 ObA 166/99y ua). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen sind die vom Obersten Gerichtshof zu 9 ObA 143/95 gepflogenen Erwägungen auf die Tätigkeiten der hier streitgegenständlichen Autobahnmeistereien durchaus anwendbar. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kommt den Autobahnmeistereien ein konkreter, sowohl sachlich als auch örtlich abgegrenzter Wirkungsbereich zu. So wie zu 9 ObA 143/95 judiziert wurde, dass der Begriff der „Flugsicherung" nicht nur bundesweit gesehen werden kann, sondern auch den einzelnen Flugsicherungsstellen ein eigener Wirkungsbereich zuzumessen ist, haben die Autobahnmeistereien im Bereich der Straßenerhaltung einen eigenen, ergebnisorientierten Bereich abzudecken, der nicht nur als unselbständiger Teil der Gesamtleistung „Straßenerhaltung" betrachtet werden kann. Insbesondere der Winterdienst, der mit einem ständig vorhandenen Personalstand und mit Maschinen erfolgt, deren Einsatz im Einzelfall keineswegs von der Zentrale vorgegeben, sondern vom jeweiligen Straßenmeister angeordnet wird, ist ein wichtiges Indiz für eine ergebnisorientierte und abgeschlossene Organisationseinheit. Auch das Aufstellen und die Erneuerung von Verkehrszeichen, das Reparieren von Frostschäden oder die Ausbesserung von Leitschienen erfolgt in Eigenzuständigkeit der Autobahnmeistereien und nicht etwa erst auf zentrale Weisung hin. Dass einzelne Streckenteile, wie Brücken oder Tunnels, ausgenommen sind und von Spezialisten einer anderen Abteilung betreut werden, ändert nichts an der selbständigen und abgeschlossenen übrigen Tätigkeit. Wenngleich die Fahrzeuge den einzelnen Autobahnmeistereien von der Zentrale zugeteilt werden, so erfolgt dies doch über entsprechende Anforderung der Autobahnmeister, auch deren technischer Einsatz wird im Einzelfall von diesen vorgegeben.
Der Betriebsinhaber muss mit dem arbeitsvertraglichen Arbeitgeber nicht ident sein. Als Betriebsinhaber ist anzusehen, wer über die Arbeitsstätte verfügen kann und daher auch in der Lage ist, durch zweckentsprechenden Einsatz der vorhandenen technischen und immateriellen Mittel Arbeitsergebnisse zu erzielen. Die rechtliche Beschaffenheit des über die Arbeitsstätte Verfügungsberechtigten ist ebenso irrelevant wie die Beschaffenheit der unternehmerischen Zielsetzung (RIS-Justiz RS0051097). So schadet es nicht, wenn etwa Einstellungen und Kündigungen durch die Geschäftsführer oder die Personalverrechnung und Buchhaltung durch eine Zentralstelle erfolgt (4 Ob 51/85 = Arb 10.525 ua). Wenngleich nach § 5 des OÖ. Landesbediensteten-Zuweisungsgesetzes 2005 die Diensthoheit über die dem Beschäftiger zugewiesenen Landesbediensteten weiterhin der Landesregierung zusteht und die Personalangelegenheiten vom zuständigen Organ des Beschäftigers in Weisungsgebundenheit an die Landesregierung durchgeführt werden, kann doch nicht übersehen werden, dass mit dem Autobahnmeister eine Ansprechperson im Betrieb besteht und dieser wesentliche Kompetenzen ausübt, wie die konkrete Dienst- und Urlaubseinteilung, und überdies ein Vorschlagsrecht für die Einstellung von Personal hat. Seine Stellung ist daher mit der zu 9 ObA 143/95 erörterten Stellung eines Fachdienstleiters durchaus vergleichbar. Der erkennende Senat hat bereits zu 9 ObA 121/05t betreffend ein „ausgegliedertes" Landesmuseum daraufhin erkannt, dass Beamte oder Vertragsbedienstete, die dauernd einem Betrieb zugeteilt („verliehen") sind, als Arbeitnehmer dieses Betriebes im Sinn des § 36 ArbVG gemäß §§ 52 ff ArbVG aktiv und passiv zum Betriebsrat wahlberechtigt sind. Dem trägt § 5 Abs 2 OÖ. Landesbediensteten-Zuweisungsgesetz 2005 auch insofern Rechnung, als die Zuständigkeit des Landespersonalausschusses nur „unbeschadet der Bestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes" besteht.
Zusammenfassend ist daher bei den hier verfahrensgegenständlichen Autobahnmeistereien von einem „Betrieb" im Sinn des § 34 ArbVG auszugehen, bei dem infolge der Mindestzahl des § 50 Abs 1 ArbVG Betriebsräte gewählt werden können. Die Bemängelungen der Klägerin hinsichtlich der Zahl der gewählten Mitglieder sind auch nicht annähernd konkretisiert worden, sodass die Klägerin diesbezüglich ihrer Behauptungspflicht nicht nachgekommen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG.Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO in Verbindung mit § 58 Abs 1 ASGG.
Textnummer
E86092European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:009OBA00147.07V.1128.000Im RIS seit
28.12.2007Zuletzt aktualisiert am
01.12.2010