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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
NAG 2005 §47 Abs3 Z3 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof, Mag. Wilfried Embacher, Mag. Dr. Roland Kier, Univ.-Prof. Dr. Richard Soyer und Dr. Alexia Stuefer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. April 2006, Zl. 314.274/7-III/4/06, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stammt aus dem Kosovo, gehört der albanischen Volksgruppe an und reiste im Februar 2002 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 25. Februar 2002 die Gewährung von Asyl beantragte. Dieser Antrag wurde letztlich mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. Mai 2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen, zugleich wurde gemäß § 8 Asylgesetz 1997 ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Kosovo zulässig sei. Die Behandlung einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Dezember 2003, Zl. 2003/01/0342, abgelehnt. Auch Asyl(Erstreckungs)Anträge der nachgereisten Ehefrau des Beschwerdeführers und seiner beiden 1985 bzw. 1987 geborenen Söhne, die mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben, blieben erfolglos.
Datiert mit 16. Jänner 2004 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft, § 20 Abs. 1 FrG". Diesen Antrag wies die belangte Behörde letztlich mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab. Begründend stellte sie fest, dass der Beschwerdeführer seit 1. Juni 2002 bei einem näher genannten Unternehmen vollbeschäftigt sei und einen Bruttomonatslohn von EUR 1.280,-- beziehe (nach der im Verwaltungsverfahren zuletzt vorgelegten Lohnbestätigung vom 20. Februar 2006 verdient der Beschwerdeführer EUR 1.134,30 netto monatlich). Der Beschwerdeführer verfüge über eine bis 5. Juni 2007 gültige Arbeitserlaubnis und habe behauptet, er sei der Sohn des seit 15. Februar 2005 die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden S.B.. Diesbezüglich gebe es "streng genommen" keinen Nachweis, sondern "lediglich Anhaltspunkte für eine nicht ausreichend sichere Vermutung". Unabhängig davon sei jedoch angesichts der Vollerwerbstätigkeit des Beschwerdeführers nicht davon auszugehen, dass er einer Unterhaltsleistung bedürfe. Dem S.B. stehe nach eigenen Angaben seine Pension samt Ausgleichszulage in Höhe von EUR 880,-- monatlich netto zur freien Verfügung; davon lasse er - so seine Aussage - dem Beschwerdeführer unterstützend monatlich EUR 200,--, fallweise nach Bedarf EUR 400,--, zukommen, doch stelle dies zum einen dem Ausmaß nach keine Unterhaltsleistung dar und wäre zum anderen auch die erforderliche Bonität nicht gewährleistet; schließlich seien die Angaben nicht durch Nachweise ausreichend untermauert worden. Im Hinblick darauf wäre die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung schon nach dem bis zum 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen Fremdengesetz 1997 nicht zulässig gewesen. Das vorliegende Verfahren sei jedenfalls gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Gegenständlich liege ein Erstantrag vor, der gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen gewesen wäre, die Entscheidung hätte im Ausland abgewartet werden müssen. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer seinen Antrag vom Inland aus gestellt und er halte sich nach wie vor im Bundesgebiet auf. Eine Berechtigung zur Antragstellung im Inland (insbesondere nach § 21 Abs. 2 Z 1 NAG) liege nicht vor. Ebenso wenig lägen besonders berücksichtigungswürdige Gründe vor, zumal der Beschwerdeführer "die Bestimmungen des Asylgesetzes" lediglich dazu "missbraucht" habe, die Regelungen des Fremdengesetzes 1997 über die Niederlassung "zu umgehen". Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht auf den Umstand berufen, Kriegsvertriebener aus dem Kosovo zu sein, da er erst zu einem Zeitpunkt ins Bundesgebiet eingereist sei, als die Rückführung Kriegsvertriebener aus dem Kosovo bereits wieder abgeschlossen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 27. November 2006, Zl. B 1106/06-7, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über die ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Eingangs ist mit der belangten Behörde darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag bereits nach den Bestimmungen des am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen NAG zu beurteilen war, weil nach dessen § 81 Abs. 1 Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten des NAG anhängig waren, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen sind.
Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die (zutreffende) behördliche Annahme, dass es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG handelt und dass er diesen Antrag - entgegen dieser Bestimmung - vom Inland aus gestellt und die Entscheidung darüber nicht im Ausland abgewartet hat. Er beruft sich aber zentral darauf, seit Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an seinen Vater S.B. per 15. Februar 2005 Angehöriger eines Österreichers zu sein. Im Hinblick darauf habe er nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 - FrG zulässig einen Inlandsantrag stellen dürfen, was der nunmehrigen Anwendung des § 21 Abs. 1 NAG entgegenstehe, lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer quotenfreien "Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" nach § 47 Abs. 3 NAG vor und sei jedenfalls ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinn der §§ 72 und 73 NAG gegeben. In weiterer Folge, im Rahmen der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften, wird unter erkennbarem Bezug auf § 54 Abs. 1 NAG auch noch vorgebracht, der Vater des Beschwerdeführers habe sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen, weshalb - so sinngemäß die Beschwerde - eine Daueraufenthaltskarte auszustellen gewesen wäre.
All das fußt vor dem Hintergrund des § 49 Abs. 1 FrG (iVm § 47 Abs. 3 Z 2) einerseits sowie des § 47 Abs. 3 NAG und des § 54 Abs. 1 NAG (iVm § 52) andererseits darauf, der Vater des Beschwerdeführers gewähre diesem Unterhalt bzw. der Beschwerdeführer habe - im Folgenden die Beschwerde wörtlich - "mit seinem Vater im gemeinsamen Haushalt im Kosovo gelebt und von diesem auch Unterhalt bezogen". Was Ersteres betrifft, so bezieht sich der Beschwerdeführer erkennbar auf die Aussage des S.B. vom 30. November 2005, wonach er seinen Sohn, den Beschwerdeführer, mit monatlich ca. EUR 200,--, falls erforderlich auch mit ca. EUR 400,--, unterstütze. Die belangte Behörde hielt dem freilich entgegen, dass der Beschwerdeführer ohnehin vollerwerbstätig sei, sodass er keiner Unterhaltsleistung bedürfe; es wäre auch die "erforderliche Bonität" des S.B. nicht gewährleistet und es seien die Angaben des S.B. schließlich nicht durch Nachweise ausreichend untermauert worden. In der Beschwerde wird diesen beweiswürdigenden Überlegungen, mit denen die aktuelle Leistung einer regelmäßigen monatlichen Zahlung von rd. EUR 200,-- (bzw. fallweise EUR 400,--) im Ergebnis in Abrede gestellt wird, nicht entgegen getreten. Was aber die Frage der häuslichen Gemeinschaft sowie von Unterhaltsleistungen bereits im Herkunftsstaat anlangt, so kann es nach den hier in Rede stehenden Bestimmungen nur auf die zuletzt vor Verlassen des Kosovo gegebenen Verhältnisse ankommen (so sinngemäß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur - mittlerweile durch die RL 2004/38/EG aufgehobenen - RL 73/148/EWG in seinem Urteil vom 9. Jänner 2007, Rs C-1/05, Yunying Jia gegen Migrationsverket). Dass der Beschwerdeführer in diesem Sinn bis zur Ausreise aus dem Kosovo mit seinem Vater in häuslicher Gemeinschaft gelebt und von diesem Unterhalt bezogen habe, lässt sich seinem Vorbringen indes nicht entnehmen, zumal er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 7. Dezember 2004 angegeben hat, dass sein Vater seit ca. 30 Jahren in Österreich aufhältig sei und von Unterhaltsleistungen im Übrigen nicht die Rede war. Auch in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid - nur insoweit wurden im Verwaltungsverfahren Unterhaltszahlungen an den Beschwerdeführer noch im Kosovo angesprochen - wurde lediglich ohne nähere Konkretisierung vorgebracht, S.B. habe nach seiner Einreise nach Österreich für den Beschwerdeführer "jahrelang Unterhaltsmittel geleistet".
Nach dem Gesagten kann sich der bei Bescheiderlassung bereits 40-jährige Beschwerdeführer mangels festgestellter bzw. ausreichend konkret behaupteter Unterhaltsleistungen im Sinn des eben Ausgeführten von vornherein weder auf § 49 Abs. 1 FrG noch auf § 47 Abs. 3 NAG oder auf § 54 Abs. 1 NAG mit Erfolg berufen. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, der Erteilung der beantragten Erstniederlassungsbewilligung stehe § 21 Abs. 1 NAG entgegen, so begegnet dies somit auch von daher keinen Bedenken. Soweit der Beschwerdeführer über seine bisher behandelten Überlegungen hinaus aber damit argumentiert, es hätte ihm gemäß § 73 Abs. 2 NAG aus humanitären Gründen eine "Niederlassungsbewilligung-beschränkt" von Amts wegen erteilt werden müssen, ist ihm zu erwidern, dass er mangels Antragstellung insoweit nicht in Rechten verletzt sein kann. Vor diesem Hintergrund liegt der in der Beschwerde behauptete Begründungsmangel, es sei nicht ausreichend dargestellt, warum kein humanitärer Grund gegeben sei, nicht vor. Aber auch der weiter geltend gemachte Verfahrensmangel, dem Beschwerdeführer sei zur Frage, ob es sich bei S.B. tatsächlich um seinen Vater handle, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe, sowie dazu, dass ihm im Kosovo jegliche Existenzgrundlage für sich und seine Familie fehle, kein Gehör eingeräumt worden, erweist sich angesichts des oben Ausgeführten jedenfalls als nicht relevant, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 24. Oktober 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006210357.X00Im RIS seit
26.11.2007Zuletzt aktualisiert am
07.08.2012