TE OGH 2007/12/5 13Os134/07s

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Veröffentlicht am 05.12.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Dezember 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Peter O***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 20. September 2007, GZ 31 Hv 167/07b-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Dezember 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Peter O***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach Paragraph 21, Absatz eins, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 20. September 2007, GZ 31 Hv 167/07b-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus Anlass der Beschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Betroffene auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Peter O***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil dieser unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden, auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhenden Zustands, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Handlungen beging, nämlich Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB, indem er „am 9. April 2007 in St. Gilgen Gerhard und Christian E***** dadurch gefährlich mit dem Tod bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, dass er auf Gerhard E***** mit erhobenen Fäusten zuging und sagte, ,Ich bring euch alle um, fick deine Mutter!', und insofern auch gegenüber (dem seinem Bruder zu Hilfe geeilten) Christian E***** durch die Äußerung, ,Ich bring euch alle um!'".Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Peter O***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach Paragraph 21, Absatz eins, StGB angeordnet, weil dieser unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden, auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhenden Zustands, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Handlungen beging, nämlich Vergehen der gefährlichen Drohung nach Paragraph 107, Absatz eins und 2 erster Fall StGB, indem er „am 9. April 2007 in St. Gilgen Gerhard und Christian E***** dadurch gefährlich mit dem Tod bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, dass er auf Gerhard E***** mit erhobenen Fäusten zuging und sagte, ,Ich bring euch alle um, fick deine Mutter!', und insofern auch gegenüber (dem seinem Bruder zu Hilfe geeilten) Christian E***** durch die Äußerung, ,Ich bring euch alle um!'".

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen kommt keine Berechtigung zu.Der auf Ziffer 11, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen kommt keine Berechtigung zu.

Als Erkenntnisquellen für die Befürchtung der sogenannten Prognosetat nennt das Gesetz (1.) die Person des Rechtsbrechers, (2.) seinen Zustand, also seine Verfassung im Urteilszeitpunkt, und (3.) die Art der Anlasstat. Durch deren konjunktive Verknüpfung („und") wird eine Gesamtwürdigung angeordnet. Die Beurteilung hat jede der drei Erkenntnisquellen zu berücksichtigen. Wird auch nur eine davon gänzlich außer Acht gelassen, liegt darin eine rechtsfehlerhafte Bewertung der Prognosekriterien und Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO (Ratz in WK² § 21 Rz 24 mwN).Als Erkenntnisquellen für die Befürchtung der sogenannten Prognosetat nennt das Gesetz (1.) die Person des Rechtsbrechers, (2.) seinen Zustand, also seine Verfassung im Urteilszeitpunkt, und (3.) die Art der Anlasstat. Durch deren konjunktive Verknüpfung („und") wird eine Gesamtwürdigung angeordnet. Die Beurteilung hat jede der drei Erkenntnisquellen zu berücksichtigen. Wird auch nur eine davon gänzlich außer Acht gelassen, liegt darin eine rechtsfehlerhafte Bewertung der Prognosekriterien und Nichtigkeit nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 11, zweiter Fall StPO (Ratz in WK² Paragraph 21, Rz 24 mwN).

Entgegen dem in diese Richtung weisenden Beschwerdevorbringen liegt ein solcher Fehler hier nicht vor: Das Erstgericht hat neben den Taten gar wohl auf die Person und den Zustand des Betroffenen abgestellt (US 5 ff). Dass dieser die Argumentation im Urteil nicht als überzeugend erachtet, weil bestimmte Aspekte seines Zustandes in den Entscheidungsgründen nicht erörtert worden seien, stellt eine den Ermessensbereich der Gefährlichkeitsprognose betreffende Kritik, somit ein Berufungsvorbringen dar.

Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt demnach nicht vor. Aus Anlass der Beschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon, dass dem Urteil im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der Anlasstaten eine vom Betroffenen nicht eingewendete, ihm zum Nachteil gereichende, gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO anhaftet. Das Urteil enthält nämlich keine Feststellungen zur Willensausrichtung des Betroffenen beim konstatierten, dem Tatbestand der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB unterstellten Verhalten. Auch die Geschehensbeschreibung in den Entscheidungsgründen bringt den zur Erfüllung des inneren Tatbestandes nötigen Vorsatz nicht zum Ausdruck. Selbst wenn man den zur Wiedergabe des Tatablaufes in den Feststellungen verwendeten Worten „Drohungen", „drohte" und „Drohgebärden" (US 4) eine die Verhaltensausrichtung betreffende subjektive Komponente beimisst, ist den Entscheidungsgründen die nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB iVm § 7 Abs 1 StGB erforderliche Tendenz nicht zu entnehmen. In der dennoch vorgenommenen Subsumtion liegt demnach ein Rechtsfehler mangels Feststellungen.Die geltend gemachte Nichtigkeit liegt demnach nicht vor. Aus Anlass der Beschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon, dass dem Urteil im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der Anlasstaten eine vom Betroffenen nicht eingewendete, ihm zum Nachteil gereichende, gemäß Paragraph 290, Absatz eins, StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 9, Litera a, StPO anhaftet. Das Urteil enthält nämlich keine Feststellungen zur Willensausrichtung des Betroffenen beim konstatierten, dem Tatbestand der gefährlichen Drohung nach Paragraph 107, Absatz eins und Absatz 2, erster Fall StGB unterstellten Verhalten. Auch die Geschehensbeschreibung in den Entscheidungsgründen bringt den zur Erfüllung des inneren Tatbestandes nötigen Vorsatz nicht zum Ausdruck. Selbst wenn man den zur Wiedergabe des Tatablaufes in den Feststellungen verwendeten Worten „Drohungen", „drohte" und „Drohgebärden" (US 4) eine die Verhaltensausrichtung betreffende subjektive Komponente beimisst, ist den Entscheidungsgründen die nach Paragraph 107, Absatz eins und Absatz 2, StGB in Verbindung mit Paragraph 7, Absatz eins, StGB erforderliche Tendenz nicht zu entnehmen. In der dennoch vorgenommenen Subsumtion liegt demnach ein Rechtsfehler mangels Feststellungen.

Ohne eine als mit Strafe bedrohte Handlung mit der in § 21 Abs 1 StGB geforderten Mindeststrafdrohung zu beurteilende Anlasstat fehlt der Unterbringungsanordnung die gesetzliche Grundlage.Ohne eine als mit Strafe bedrohte Handlung mit der in Paragraph 21, Absatz eins, StGB geforderten Mindeststrafdrohung zu beurteilende Anlasstat fehlt der Unterbringungsanordnung die gesetzliche Grundlage.

Daher war das Urteil aus Anlass der Beschwerde des Betroffenen aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Anmerkung

E86126 13Os134.07s

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0130OS00134.07S.1205.000

Dokumentnummer

JJT_20071205_OGH0002_0130OS00134_07S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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