TE OGH 2007/12/17 2Ob244/07g

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Veröffentlicht am 17.12.2007
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Eva B*****, vertreten durch Wolf Theiss & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Theresa H*****, vertreten durch Dr. Robert Csokay, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. August 2007, GZ 39 R 55/07p-36, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24. November 2006, GZ 42 C 487/03k-32, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit EUR 266,69 (darin enthalten EUR 44,45 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die am 3. 9. 2002 verstorbene Gertrude K***** und ihre drei Töchter (darunter die Klägerin sowie die Mutter der Beklagten) waren Miteigentümer eines Hauses in Wien 3. Die gerichtliche Benutzungsregelung vom 1. 11. 1997 berechtigte Gertrude K*****, die beiden ehemaligen, im Erdgeschoss des Hauses gelegenen „Dienerzimmer" im Ausmaß von rund 60 m² ausschließlich zu nutzen. Dieser Benutzungsregelung waren jahrelange Familienstreitigkeiten vorangegangen: Auf der einen Seite standen Gertrude K***** sowie die Mutter der Beklagten, auf der anderen Seite die Klägerin und die dritte Tochter. 1998 und 1999 ließ Gertrude K***** die Räume im Erdgeschoss in eine 62,36 m² große Wohnung der Kategorie C, bestehend aus zwei Zimmern, einer Kochnische, einem Abstellraum sowie Bad und WC, umbauen. Sie wollte diese Wohnung nutzen, wenn sie später der Pflege durch ihre Tochter, der Mutter der Beklagten, bedurfte. Später sollte die Wohnung ihrer Enkelin, der Beklagten, zukommen. Deshalb verfügte sie in ihrem Testament vom 19. 2. 2001, dass diese Wohnung ihrer Enkelin gehören solle. Im März 2001 zog Gertrude K***** mit ihrem Lebensgefährten in die Wohnung im Erdgeschoss ein, übersiedelte nach zwei bis drei Monaten aber wieder in ihre Wohnung in Maria Enzersdorf-Südstadt. Im Dezember 2001 kehrte sie aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit in die Wohnung zurück, wo sie von einer Pflegerin versorgt wurde. Weiters wurde sie von der Mutter der Beklagten und deren Familie betreut. Die beiden anderen Töchter hatten aufgrund der jahrelangen Familienstreitigkeiten keinen Kontakt zu ihrer Mutter. Das Haus wurde seit Anfang 1994 von einer Immobilien GmbH verwaltet, welche Gertrude K***** und die Mutter der Beklagten, welche zusammen die Mehrheit der Miteigentumsanteile hatten, beauftragt hatten. Die beiden anderen Schwestern und Minderheitseigentümerinnen wurden in die Verwaltungsangelegenheiten nicht einbezogen. Die Mutter der Beklagten informierte die zuständige Mitarbeiterin der Hausverwaltung von dem Wunsch Gertrude K*****s, ihrer Enkeltochter zum achtzehnten Geburtstag die Wohnung zu überlassen. Die Mitarbeiterin der Hausverwaltung schlug den Abschluss eines Mietvertrages mit der Beklagten vor und meinte, dass die von Gertrude K***** vorgenommenen, nicht abgegoltenen Investitionen, bei der Höhe des Mietzinses zu berücksichtigen seien. Die Mutter der Klägerin hatte für die - bisher nie vermietet gewesene - Wohnung immer nur Betriebskosten, aber kein Benutzungsentgelt bezahlt. Die Mitarbeiterin der Hausverwaltung schlug einen Mietzins von EUR 100 vor. Mit dem, von der Hausverwaltung erstellten Mietvertrag wurde die Wohnung ab 1. 9. 2002 an die Beklagte auf unbefristete Zeit vermietet; der Mietzins betrug EUR 100 wertgesichert samt Betriebskosten und Umsatzsteuer. Der zulässige Richtwertmietzins für diese Wohnung, deren Nutzfläche im Mietvertrag unrichtig mit ca 50 m² angegeben wurde, betrug zum Stichtag 1. 9. 2002 EUR 166,50 monatlich. Die Beklagte, die bei Abschluss des Mietvertrages von ihrem Vater als gesetzlicher Vertreter vertreten wurde, zog im Februar 2003 in diese Wohnung ein. Die Klägerin begehrt als Minderheitseigentümerin die Räumung der Wohnung und Übergabe an die Miteigentümergemeinschaft, weil ein Abschluss eines Mietvertrages zu derartigen Bedingungen eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung darstelle und der Mietvertrag mangels Zustimmung der anderen Miteigentümer somit unwirksam sei.

Das Erstgericht wertete den Mietvertrag als Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung und verneinte die titellose Benutzung. Das Berufungsgericht folgte hingegen der Auffassung der Klägerin und gab dem Räumungsbegehren statt.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete es mit einer Abweichung von 1 Ob 90/03x sowie damit, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, welches Ausmaß der Unterschreitung des gesetzlich zulässigen Richtwertmietzinses einen Mietvertragsabschluss zu einer außerordentlichen Verwaltungsmaßnahme mache, fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig.

Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen (RIS-Justiz RS0013573; 7 Ob 5/04t; Gamerith in Rummel³ § 833 Rz 4; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann III³ § 833 ABGB Rz 10). Der Abschluss von Mietverträgen mit Dritten, die auch Angehörige eines Miteigentümers sein können, ist eine Maßnahme ordentlicher Verwaltung (RIS-Justiz RS0013564), soferne sie zu gewöhnlichen Bedingungen (auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen) erfolgt (RIS-Justiz RS0013584; 1 Ob 242/98i = RIS-Justiz RS0013564 [T9]; Gamerith aaO Rz 5; Egglmeier ua aaO Rz 19). Bei der Beurteilung, ob der Vertragsinhalt gewöhnlichen Bedingungen entspricht, ist auf den Horizont des Erklärungsempfängers abzustellen. Jene Umstände, die der Vertragspartner weder kannte noch kennen musste, die einen Vertrag aber erst zu einem solchen ungewöhnlichen Inhalts machen, haben außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0041380). Der Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung sind wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrundezulegen (RIS-Justiz RS0041383). Die ordentliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Objektes durch die Mehrheit hat auch die Interessen der überstimmten Minderheit einzubeziehen (RIS-Justiz RS0013561). Ein gegen die nicht nur den Mehrheitseigentümern, sondern auch dem daher nicht schutzwürdigen Mieter bekannten Interessen des Minderheitseigentümers verstoßender Abschluss eines Mietvertrages ist eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme (RIS-Justiz RS0013589). Die nach diesen Kriterien vorzunehmende Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung erfolgt immer nach den Umständen des Einzelfalls (1 Ob 98/01w = RIS-Justiz RS0041383 [T2]). Sie stellt daher nur bei einer auffälligen Fehlbeurteilung durch das Gericht zweiter Instanz eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar.Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im (objektiven) Interesse aller Miteigentümer liegen und keine besonderen Kosten verursachen (RIS-Justiz RS0013573; 7 Ob 5/04t; Gamerith in Rummel³ Paragraph 833, Rz 4; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann III³ Paragraph 833, ABGB Rz 10). Der Abschluss von Mietverträgen mit Dritten, die auch Angehörige eines Miteigentümers sein können, ist eine Maßnahme ordentlicher Verwaltung (RIS-Justiz RS0013564), soferne sie zu gewöhnlichen Bedingungen (auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen) erfolgt (RIS-Justiz RS0013584; 1 Ob 242/98i = RIS-Justiz RS0013564 [T9]; Gamerith aaO Rz 5; Egglmeier ua aaO Rz 19). Bei der Beurteilung, ob der Vertragsinhalt gewöhnlichen Bedingungen entspricht, ist auf den Horizont des Erklärungsempfängers abzustellen. Jene Umstände, die der Vertragspartner weder kannte noch kennen musste, die einen Vertrag aber erst zu einem solchen ungewöhnlichen Inhalts machen, haben außer Betracht zu bleiben (RIS-Justiz RS0041380). Der Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung sind wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrundezulegen (RIS-Justiz RS0041383). Die ordentliche Verwaltung des gemeinschaftlichen Objektes durch die Mehrheit hat auch die Interessen der überstimmten Minderheit einzubeziehen (RIS-Justiz RS0013561). Ein gegen die nicht nur den Mehrheitseigentümern, sondern auch dem daher nicht schutzwürdigen Mieter bekannten Interessen des Minderheitseigentümers verstoßender Abschluss eines Mietvertrages ist eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme (RIS-Justiz RS0013589). Die nach diesen Kriterien vorzunehmende Abgrenzung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Verwaltung erfolgt immer nach den Umständen des Einzelfalls (1 Ob 98/01w = RIS-Justiz RS0041383 [T2]). Sie stellt daher nur bei einer auffälligen Fehlbeurteilung durch das Gericht zweiter Instanz eine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO dar.

Im konkreten Fall ist noch nicht von einer derartigen, vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Fehlbeurteilung auszugehen. Dass der vereinbarte Hauptmietzins nur 60 % des zulässigen Richtwertmietzinses beträgt, rechtfertigt für sich alleine zwar nicht die Wertung des Mietvertrages als außerordentliche Verwaltungsmaßnahme (1 Ob 90/03x = MietSlg 55.063; 1 Ob 98/01w; LGZ Wien MietSlg 40.047: Vereinbarung eines Mietzinses der Kategorie D für ein Objekt der Kategorie C). Ebenso wenig stellt die unbefristete - das heißt nicht mit dem Ende der Ausbildung oder auf einen bestimmten Zeitraum befristete Vermietung - an eine damalige Schülerin, nunmehr Studentin eine völlig unübliche Vereinbarung dar. Nicht zu vernachlässigen sind allerdings der jahrelange, auch der Beklagten nicht verborgen gebliebene Familienstreit über die Nutzungsverhältnisse, die völlige „Ausschaltung" der anderen Miteigentümer bei Abschluss des Mietvertrages und der Zeitpunkt seines Abschlusses nur wenige Tage vor dem Tod der bisher benutzungsberechtigten (schon schwer kranken) Miteigentümerin. Gerade der letzte Umstand kann einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass die Interessen der übrigen Miteigentümer, die sich in einem jahrelangen gerichtlichen Verfahren vehement gegen die Zuweisung dieser Räumlichkeiten an die Mutter bzw den „verfeindeten" Teil der Familie gewehrt haben und deren Anteile sich nunmehr im Erbweg erhöht haben, durch den Abschluss eines derartigen Mietvertrages verletzt werden.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 40,, 50 Absatz eins, ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

Anmerkung

E863242Ob244.07g

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inMietSlg 59.070XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2007:0020OB00244.07G.1217.000

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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