Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl.-Ing. Otto R*****, vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 1. März 2007, GZ 34 R 20/07d-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 30. Oktober 2006, GZ 17 C 1299/06h-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Dr. Otto B***** (Hälfteeigentümer), der nunmehrige Beklagte Dipl.-Ing. Otto R***** (Vierteleigentümer) und Dr. Wolfgang O***** (Vierteleigentümer) haben am 28. 7./5. 8. 1993 eine Vereinbarung geschlossen, wonach sie für sich und ihre Rechtsnachfolger im (Mit-)Eigentum der Liegenschaft EZ 732 Grundbuch *****, Bezirksgericht I*****, auf deren Zivilteilung verzichten und einander wechselseitig das Vorkaufsrecht für den jeweiligen Liegenschaftsanteil mit einer 60-tägigen Einlösungsfrist einräumen. Der Punkt III. lautet:Dr. Otto B***** (Hälfteeigentümer), der nunmehrige Beklagte Dipl.-Ing. Otto R***** (Vierteleigentümer) und Dr. Wolfgang O***** (Vierteleigentümer) haben am 28. 7./5. 8. 1993 eine Vereinbarung geschlossen, wonach sie für sich und ihre Rechtsnachfolger im (Mit-)Eigentum der Liegenschaft EZ 732 Grundbuch *****, Bezirksgericht I*****, auf deren Zivilteilung verzichten und einander wechselseitig das Vorkaufsrecht für den jeweiligen Liegenschaftsanteil mit einer 60-tägigen Einlösungsfrist einräumen. Der Punkt römisch III. lautet:
„Jeder Vertragspartner räumt den beiden anderen Vertragspartnern - jeweils zu gleichen Teilen - das Vorkaufsrecht für seinen Liegenschaftsanteil ein. Die Einlösungsfrist beträgt abweichend von § 1075 ABGB 60 (sechzig) Tage. Sollte ein Vorkaufsberechtigter sein Vorkaufsrecht nicht ausüben wollen, so wächst dieses dem anderen Vorkaufsberechtigten zu. Jener Vorkaufsberechtigte, der sein Recht nicht ausüben will, ist verpflichtet, dies dem anderen Vorkaufsberechtigten binnen 30 Tagen nach Verständigung vom Eintritt des Vorkaufsfalles mitzuteilen.
Die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist - von beiden oder von nur einem verbleibenden Vorkaufsberechtigten - nur hinsichtlich des ganzen Anteiles möglich."
Dr. Otto B***** ist am 27. 12. 2005 verstorben. Die Verlassenschaft wurde Herrn Georg L***** eingeantwortet, der mit Kaufvertrag vom 12. Juli 2006 den Hälfteanteil an die klagende Partei verkauft hat. In Punkt Neuntens des Kaufvertrages ist eine aufschiebende Bedingung im Hinblick auf das Vorkaufsrecht zugunsten von Dipl.-Ing. Otto R***** und Dr. Wolfgang O***** und das deshalb erforderliche Einlösungsangebot enthalten; die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages ist demnach aufschiebend bedingt durch die Nichtausübung des Vorkaufsrechts durch die beiden Berechtigten.
Dieser Kaufvertrag vom 12. 7. 2006 wurde dem Beklagten am 19. 7. 2006 zur Kenntnis gebracht.
Am 15. 9. 2006 schlossen Georg L***** als Verkäufer einerseits und der Beklagte Dipl.-Ing. Otto R***** „als Gründungsgesellschafter der von ihm errichteten DI. Otto R***** Immobilien GmbH (i.G.), *****" sowie Dr. Wolfgang O***** als Käufer andererseits einen Kaufvertrag betreffend den im Kaufvertrag vom 12. 7. 2006 angeführten Liegenschaftshälfteanteil. In der Präambel dieses Vertrages ist unter den Punkten 5. - 7. festgehalten:
„5. Durch Unterfertigung dieses Vertrages wird vom Käufer DI. Otto R***** das zu seinen Gunsten bestehende Vorkaufsrecht in vollem Umfang ausgeübt. Der gesamte Kaufpreis wird Zug um Zug mit Vertragsunterfertigung treuhändig erlegt. Für den Fall, dass Dr. Wolfgang O***** das zu seinen Gunsten ebenfalls anteilig bestehende Vorkaufsrecht innerhalb der noch offenen Frist nicht ausübt, gilt die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch DI. Otto R***** daher hinsichtlich des gesamten vertragsgegenständlichen Hälfteanteiles.
6. Für den Fall, dass Dr. Wolfgang O***** das zu seinen Gunsten bestehende Vorkaufsrecht ausübt und den anteiligen Kaufpreis ebenfalls erlegt, gilt die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch DI. Otto R***** nur hinsichtlich der Hälfte des vertragsgegenständlichen Anteils, sohin eines ideellen Viertelanteiles der Liegenschaft.
7. Die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch DI. Otto R***** wird hiermit auch für den Fall ausdrücklich erklärt, dass die in Gründung befindliche DI. Otto R***** Immobilien GmbH, aus welchem Grund auch immer, nicht im Firmenbuch eingetragen werden sollte oder aus einem sonstigen Grund nicht in der Lage ist den Kaufvertrag rechtswirksam abzuschließen."
Unterfertigt wurde der Kaufvertrag auf Seiten des Beklagten Dipl.-Ing. Otto R***** von dessen Ehegattin Mag. Waltrude R***** und dessen Tochter Dr. Viktoria W***** „für DI. Otto R*****, geboren am *****, als Gründungsgesellschafter der DI. Otto R***** Immobilien GmbH (i.G.)". (Anmerkung: Eine Unterfertigung durch Dr. Wolfgang O***** ist aus der die von der klagenden Partei vorgelegten Urkunde Blg ./C nicht ersichtlich.)
Der Kaufpreis von 2,299.000 EUR wurde vom Bankkonto der DI. Otto R***** Immobilien GmbH i.G. an den Beklagtenvertreter überwiesen; dieser wiederum veranlasste am 15. 9. 2006 die Gutschrift des Treuhanderlages auf dem im Kaufvertrag ausgewiesenen Anderkonto. Am 18. 9. 2006 erhielt der Klagevertreter vom Beklagtenvertreter ein Telefax des Inhalts, dass der Beklagte das Vorkaufsrecht ausgeübt habe, auch „betreffend die Anteile des Dr. Wolfgang O***** auf Basis des Kaufvertrages vom 23. 08. 2006"; die vollständige Kaufpreiszahlung sei bereits sichergestellt.
Mit seiner am 21. 9. 2006 überreichten Klage begehrt die klagende Partei gegenüber dem Beklagten die Feststellung, dass die Einlösung des Vorkaufsrechts durch die beklagte Partei hinsichtlich des Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 732 Grundbuch ***** unwirksam und das Vorkaufsrecht des Beklagten daher erloschen sei. Der Beklagte habe das Vorkaufsrecht nicht persönlich ausgeübt, sondern als Gründungsgesellschafter der Otto R***** Immobilien GmbH, sodass keine wirksame Einlösung vorliege.
Der Beklagte wandte ein, dass er das Vorkaufsrecht im eigenen Namen ausgeübt habe. Die DI. Otto R***** Immobilien GmbH existiere nach wie vor nicht, weshalb zwischen ihm und einer allfälligen in Gründung befindlichen Gesellschaft vollkommene juristische und wirtschaftliche Identität bestehe.
Der Beklagte stellte weiters einen Zwischenantrag auf Feststellung, wonach das Gericht feststellen möge, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts auch für den Fall rechtswirksam sei, dass der Kaufvertrag mit der von ihm als alleinigen Gründungsgesellschafter errichteten DI. Otto R***** Immobilien GmbH zustande komme.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren nach alleiniger Aufnahme von Urkundenbeweisen statt und wies den Zwischenantrag auf Feststellung ab. Rechtlich vertrat es die Ansicht, dass nicht der Beklagte als natürliche Person das Vorkaufsrecht ausgeübt habe, sondern als Gründungsgesellschafter der DI. Otto R***** Immobilien GmbH, weshalb das Vorkaufsrecht nicht entsprechend ausgeübt worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass es die Klage ab- und den Zwischenantrag auf Feststellung zurückwies. Der Vorkaufsberechtigte und der Verkäufer bildeten eine „einheitliche Streitgenossenschaft" iSd § 14 ZPO, da das Urteil, mit dem festgestellt werde, ob das Vorkaufsrecht zu Recht ausgeübt worden sei oder nicht, für beide Vertragspartner zwingend gleich lauten müsse; andernfalls bestünde die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen. Demnach hätte die klagende Partei neben dem Vorkaufsberechtigten auch den Verkäufer klagen müssen. Mangels ausreichender Passivlegitimation des Beklagten (dieser Umstand sei von Amts wegen wahrzunehmen) sei die Klage abzuweisen, ohne dass es eines Eingehens auf die Tatsachenrüge der beklagten Partei (zur Frage der Gründungsgesellschafter der DI. Otto R***** Immobilien GmbH und zu deren Eintragung ins Firmenbuch) bedürfe. Aufgrund dessen fehle es dem Zwischenantrag auf Feststellung an der erforderlichen Präjudizialität, weshalb dieser zurückzuweisen sei.
Die ordentliche Revision sei mangels einer Entscheidung zur Frage der einheitlichen Streitpartei im Zusammenhang mit der Ausübung eines Vorkaufsrechts zulässig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig; sie ist auch im Sinne des Eventualantrags berechtigt.
Die Revisionsausführungen der klagenden Partei lassen sich dahin zusammenfassen, dass eine Gefahr „unlösbarer Verwicklungen" nicht erkennbar sei. Lediglich die klagende Partei habe ein Interesse an der begehrten Feststellung, um den Eintritt der im Kaufvertrag angeführten Bedingung nachzuweisen. Weiters sei die Feststellung der unwirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts zum Nachweis der Nichtausübung und somit zur Löschungsfähigkeit des Rechts für das Grundbuchsgericht notwendig. Aufgrund des Modus des Eigentumserwerbs könne lediglich entweder die klagende Partei oder die Gründungsgesellschaft als Eigentümer in das Grundbuch einverleibt werden, weshalb eine Gefahr unlösbarer Verwicklungen nicht bestehe. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum gerade der Verkäufer und der Beklagte eine einheitliche Streitpartei bilden sollten und nicht auch die Gründungsgesellschaft sowie der weitere Vorkaufsberechtigte erfasst werden müssten. In seiner bisherigen Judikatur habe der Oberste Gerichtshof in vergleichbaren Fällen nie ein entsprechendes Erfordernis aufgestellt.
Dazu hat der Senat erwogen:
1. Die Frage der Aktivlegitimation oder Passivlegitimation ist in der Regel nur auf Einwendung und nicht von Amts wegen zu prüfen. Es müssen jedoch nur die Tatsachen vorgebracht werden, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergibt (RIS-Justiz RS0065553 [T2] und [T5]). Zu Recht hat das Berufungsgericht auf der Grundlage des im gegenständlichen Verfahren erstatteten Vorbringens die Passivlegitimation auf Beklagtenseite geprüft. Fehlt es an einer notwendigen Streitgenossenschaft auf Aktiv- oder Passivseite, ist eine Klage abzuweisen (5 Ob 579/88 = SZ 61/155 = EvBl 1989/40; 8 Ob 63/04d).
2. Eine „einheitliche Streitpartei" liegt gemäß § 14 erster Satz ZPO dann vor, wenn sich die Wirkung des zu fällenden Urteiles kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt. Ein Fall einer einheitlichen Streitpartei ist (auch) dann gegeben, wenn es das materielle Recht gebietet, die Klage für oder gegen alle übrigen Partner zu erheben (notwendige Streitgenossenschaft). Das ist nach ständiger Rechtsprechung dann der Fall, wenn für sämtliche Streitgenossen aus der Einheitlichkeit des rechtserzeugenden Sachverhaltes ein allen Streitgenossen gemeinsames Begehren abgeleitet wird oder wenn die Kläger nur gemeinschaftlich über den strittigen Anspruch verfügen können oder wenn das allen Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle einheitlich festgestellt oder gestaltet werden kann (8 Ob 574/77 = SZ 51/4; 7 Ob 293/04w = wobl 2005/121, 323 [Call] uva; RIS-Justiz RS0035409; Fasching, Lehrbuch2 Rz 374). Bei dinglichen Ansprüchen folgt schon aus der Natur des Anspruches, dass sie grundsätzlich nur einheitlich festgestellt werden können (2 Ob 526/95 = EvBl 1996/3; 7 Ob 125/04i; RIS-Justiz RS0035496 [T2]). Bei obligatorischen Rechten hat die Beteiligung mehrerer Parteien zwar nicht in jedem Fall eine notwendige Streitgenossenschaft zur Folge; sie ist aber auch bei schuldrechtlichen Verhältnissen nicht ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0035479 [T5]). Im Zweifel ist sie dann anzunehmen, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen besteht (8 Ob 574/77 = SZ 51/4 uva; RIS-Justiz RS0035479 ua; Schubert in Fasching/Konecny2 § 14 ZPO Rz 2). Aus der Beanspruchung desselben Gegenstandes durch verschiedene Kläger aus verschiedenen Sachverhalten resultiert allerdings keine einheitliche Streitpartei, weil bei einem Streit um das „bessere Recht" das Ergebnis bei jedem Anspruchswerber ein anderes sein kann. Dass etwa zwischen verschiedenen Beklagten selbst wieder strittig sein kann, wessen Forderungen vorgehen, ändert nichts daran. Diese Fragen können zwischen zwei Parteien, die beide beklagte Parteien sind, also auf der gleichen Seite des Prozessrechtsverhältnisses stehen, nicht bindend geklärt werden. Anders ist es etwa dort, wo die Parteien in einer Rechtsgemeinschaft stehen, die eine unterschiedliche Entscheidung nicht zulässt, wie etwa bei einer Gesamthandforderung (8 Ob 63/04d = RIS-Justiz RS0035473 [T2]; vgl auch 8 Ob 631/90 = SZ 65/60 hinsichtlich der Ausübung der Gesellschafterrechte an einer KG).2. Eine „einheitliche Streitpartei" liegt gemäß § 14 erster Satz ZPO dann vor, wenn sich die Wirkung des zu fällenden Urteiles kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt. Ein Fall einer einheitlichen Streitpartei ist (auch) dann gegeben, wenn es das materielle Recht gebietet, die Klage für oder gegen alle übrigen Partner zu erheben (notwendige Streitgenossenschaft). Das ist nach ständiger Rechtsprechung dann der Fall, wenn für sämtliche Streitgenossen aus der Einheitlichkeit des rechtserzeugenden Sachverhaltes ein allen Streitgenossen gemeinsames Begehren abgeleitet wird oder wenn die Kläger nur gemeinschaftlich über den strittigen Anspruch verfügen können oder wenn das allen Streitgenossen gemeinschaftliche Rechtsverhältnis seiner Natur nach nur gegen alle oder für alle einheitlich festgestellt oder gestaltet werden kann (8 Ob 574/77 = SZ 51/4; 7 Ob 293/04w = wobl 2005/121, 323 [Call] uva; RIS-Justiz RS0035409; Fasching, Lehrbuch2 Rz 374). Bei dinglichen Ansprüchen folgt schon aus der Natur des Anspruches, dass sie grundsätzlich nur einheitlich festgestellt werden können (2 Ob 526/95 = EvBl 1996/3; 7 Ob 125/04i; RIS-Justiz RS0035496 [T2]). Bei obligatorischen Rechten hat die Beteiligung mehrerer Parteien zwar nicht in jedem Fall eine notwendige Streitgenossenschaft zur Folge; sie ist aber auch bei schuldrechtlichen Verhältnissen nicht ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0035479 [T5]). Im Zweifel ist sie dann anzunehmen, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Einzelentscheidungen besteht (8 Ob 574/77 = SZ 51/4 uva; RIS-Justiz RS0035479 ua; Schubert in Fasching/Konecny2 § 14 ZPO Rz 2). Aus der Beanspruchung desselben Gegenstandes durch verschiedene Kläger aus verschiedenen Sachverhalten resultiert allerdings keine einheitliche Streitpartei, weil bei einem Streit um das „bessere Recht" das Ergebnis bei jedem Anspruchswerber ein anderes sein kann. Dass etwa zwischen verschiedenen Beklagten selbst wieder strittig sein kann, wessen Forderungen vorgehen, ändert nichts daran. Diese Fragen können zwischen zwei Parteien, die beide beklagte Parteien sind, also auf der gleichen Seite des Prozessrechtsverhältnisses stehen, nicht bindend geklärt werden. Anders ist es etwa dort, wo die Parteien in einer Rechtsgemeinschaft stehen, die eine unterschiedliche Entscheidung nicht zulässt, wie etwa bei einer Gesamthandforderung (8 Ob 63/04d = RIS-Justiz RS0035473 [T2]; vergleiche auch 8 Ob 631/90 = SZ 65/60 hinsichtlich der Ausübung der Gesellschafterrechte an einer KG).
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes ist offensichtlich vom Gedanken der Entscheidungsharmonie (und der Vermeidung divergierender Entscheidungen) geprägt. Dieser Aspekt reicht für sich allein aber nicht aus, aus den materiellen Rechtsbeziehungen eine notwendige Streitgenossenschaft abzuleiten.
3.1. § 1072 ABGB versteht unter dem Vorkaufsvorbehalt einen Nebenvertrag zum Kaufvertrag, durch welchen sich der Käufer schuldrechtlich verpflichtet, das Kaufobjekt vor Veräußerung an einen anderen dem Verkäufer zur Einlösung anzubieten. Der Begünstigte erhält dadurch das (an seine Person gebundene) Gestaltungsrecht, ein Vertragsverhältnis durch einseitige Erklärung ohne Mitwirkung der Gegenseite zustande zu bringen (Binder in Schwimann, ABGB3 IV § 1072 Rz 4). Mit anderen Worten steht dem Vorkaufsberechtigten dann, wenn im Verhältnis zwischen dem Eigentümer und dem potenziellen Käufer zumindest eine bindende Vertragsofferte vorliegt, die Option offen, ohne weitere Einflussmöglichkeit und ohne weiteres Tätigwerden des Eigentümers und des potenziellen Käufers an dessen Stelle zu treten. Etwaige weitere Verträge zwischen dem Eigentümer und dem Vorkaufsberechtigten haben auf die Frage der Einlösung keinen Einfluss.
In Wirklichkeit liegt daher eine bilaterale Rechtsbeziehung vor, bei der auf einer Seite der Geschäftspartner ausgetauscht wird, falls fristgerecht eine „wirkliche Einlösung" iSd § 1075 ABGB erfolgt. Eine Notwendigkeit, dass in einen Prozess über die Frage, ob eine wirkliche Einlösung erfolgt ist oder nicht, jedenfalls alle drei beteiligten Personen einzubeziehen sind, besteht auf dieser Grundlage nicht.
Auch das nicht zu verkennende Interesse des Eigentümers zu wissen, wer nun sein Vertragspartner ist, von wem er Zahlung erlangt etc, vermag für sich allein eine zwingende Parteistellung in einem solchen Verfahren nicht herbeizuführen.
3.2. Das Vorkaufsrecht wirkt nur für einen Vorkaufsfall und geht daher unter, wenn der Berechtigte auf die Ausübung dieses Rechts ausdrücklich oder durch Verstreichenlassen der Einlösungsfrist stillschweigend verzichtet (§ 1075 Satz 2 ABGB). In diesem Fall, wenn vom Vorkaufsrecht nicht fristgerecht Gebrauch gemacht wird, kann der Vorkaufsverpflichtete den Berechtigten auf Einwilligung in die Löschung des verbücherten Vorkaufsrechts klagen. Der Drittkäufer, dessen Eigentumsrecht noch nicht einverleibt ist, kann dagegen nicht selbst die Löschungsklage anstrengen (RIS-Justiz RS0020236); er kann allerdings auf Feststellung klagen, dass das Vorkaufsrecht des Begünstigten erloschen ist, sowie auf Unterlassung der Verbücherung eines zwischen dem Eigentümer und dem Vorkaufsberechtigten abgeschlossenen Kaufvertrages (6 Ob 733/80 = SZ 53/177 = EvBl 1981/120; Binder in Schwimann, ABGB3 IV § 1073 Rz 10).
3.3. Wie die klagende Partei in ihrer Revision zutreffend darlegt, ist die Gefahr „unlösbarer Verwicklungen" schon deshalb zu verneinen, weil das Ziel, dass das Eigentumsrecht einer bestimmten Person als Käufer einverleibt werden kann, nicht zwingend nur auf der Grundlage eines Prozesses geklärt werden kann; es ist durchaus denkbar, dass sich das „beste Recht" aufgrund verschiedener Prozesse herausstellt. Der Gefahr, dass unterschiedliche Personen als Eigentümer einverleibt werden könnten, steht schon das geltende Grundbuchsrecht entgegen.
4. Das Berufungsgericht wird sich daher unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund mit der Berufung der beklagten Partei auseinanderzusetzen und insbesondere die darin erhobene Beweisrüge zu behandeln haben.
5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Textnummer
E86243European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2007:0100OB00076.07K.1218.000Im RIS seit
17.01.2008Zuletzt aktualisiert am
03.12.2010