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L08010 Vereinbarungen nach Art 15a;Norm
B-VG Art138a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des Landes Kärnten gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. Juli 2004, Zl. MA 15 - 5346/03 KE, betreffend Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe gemäß § 44 Wiener Sozialhilfegesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Das Land Kärnten gewährte in der Zeit vom 24. Oktober 2003 bis 13. September 2004 Herrn V gemäß § 13 Kärntner Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 30/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 140/2001 (K-SHG), Sozialhilfe durch Unterbringung in einer Drogenentwöhnungseinrichtung. Herr V hatte seinen Wohnsitz am 6. Oktober 2003 von Wien nach Klagenfurt verlegt. Das Land Kärnten stellte den Antrag auf Ersatz der aufgewendeten Kosten gemäß § 44 Abs. 3 WSHG.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Unterbringung eines Drogenkranken im Wiener Sozialhilfegesetz nicht vorgesehen sei. Die Unterbringung eines Drogenkranken erfolge in Wien nicht nach dem Sozialhilfegesetz, sondern nach dem Wiener Behindertengesetz, LGBl. Nr. 16/1986.
Da im Wiener Sozialhilfegesetz die Übernahme der Kosten für die Unterbringung Drogenkranker in Therapieeinrichtungen nicht vorgesehen sei und das Wiener Behindertengesetz nicht Gegenstand der Vereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe (Ländervereinbarung) sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Auffassung vertreten wird, dass die nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz gewährte Leistung "Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes" auch im Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) vorgesehen sei (und daher die Ersatzpflicht des Landes Wien bestehe).
1.4. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 44 des Gesetzes über die Regelung der Sozialhilfe - WSHG, LGBl. Nr. 11/1973 in der Fassung LGBl. Nr. 29/1997, lautet auszugsweise:
"Kostenersatz an andere Länder
§ 44. (1) Das Land Wien hat den Trägern der Sozialhilfe anderer Länder die für Sozialhilfe aufgewendeten Kosten nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen.
(2) Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfe Suchenden
a) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Sozialhilfe oder
b) nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945, in der Fassung BGBl. Nr. 54/1945, erwachsen.
(3) Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, ist das Land Wien zum Kostenersatz verpflichtet, wenn sich der Hilfe Suchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate in Wien aufgehalten hat und wenn das Land Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zu Grunde liegen, zu tragen hat.
1. ...
(5) Das Land Wien als zum Kostenersatz verpflichteter Träger hat, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist, alle einem Träger im Sinne des Abs. 2 erwachsenden Kosten zu ersetzen. Nicht zu ersetzen sind:
a) die Kosten für Leistungen, die im Rahmen der Privatrechtsverwaltung gewährt werden, sofern es sich nicht um Kosten im Sinne des § 2 lit. b handelt;
b) die Kosten für Aufwendungen im Einzelfall, die insgesamt die Höhe des Richtsatzes für Alleinunterstützte nicht übersteigen;
c) die Kosten für Leistungen, die in diesem Gesetz in der Art nicht vorgesehen sind;
d)
allgemeine Verwaltungskosten;
e)
die Kosten, die sechs Monate vor der Anzeige nach Abs. 6 entstanden sind;
f) die Kosten, die nicht innerhalb dreier Jahre ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Hilfeleistung erbracht wurde, anerkannt oder nach Abs. 7 geltend gemacht wurden;
g) die Kosten, die der Träger, dem Kosten im Sinne des Abs. 2 erwachsen, vom Hilfe Suchenden oder einem Dritten ersetzt erhält.
...
(7) Über die Verpflichtung des Landes Wien zum Kostenersatz hat im Streitfalle die Landesregierung im Verwaltungsweg zu entscheiden."
Gemäß § 11 Abs. 1 WSHG zählen zum Lebensbedarf:
1.
Lebensunterhalt,
2.
Pflege,
3.
Krankenhilfe,
4.
Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen,
5.
Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung.
§ 44 Abs. 5 WSHG setzt die Verpflichtungen des Landes Wien aus der Ländervereinbarung über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, LGBl. für Wien Nr. 9/1974, um. Gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. c dieser Vereinbarung sind u.a. nicht zu ersetzen:
"c) die Kosten für Leistungen, die in den für den verpflichteten Träger geltenden Vorschriften in der Art nicht vorgesehen sind;"
2.2. Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf § 44 Abs. 3 und Abs. 5 lit. c WSHG aus dem Umstand, dass die Unterbringung von Drogenkranken in Wien nicht im Sozialhilfegesetz, sondern im Behindertengesetz geregelt ist, geschlossen, dass keine Ersatzpflicht des Landes Wien bestehe.
2.3. Die beschwerdeführende Partei tritt dieser Argumentation mit dem Hinweis entgegen, dass die gegenständliche Unterbringung unter dem Titel "Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes" gewährt worden sei. Diese sei im Wiener Sozialhilfegesetz in § 11 geregelt und umfasse dieselben Hilfeleistungen wie nach dem Kärntner Sozialhilfegesetz. Der Umstand, dass die Hilfe auch an Behinderte gewährt werden könne, ändere nichts an dieser Tatsache. Die belangte Behörde hat in der Gegenschrift hiezu ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche Unterbringung offensichtlich auch in Kärnten unter keine der in § 4 Abs. 3 K-SHG genannten Leistungen subsumiert werden könne. Der Vergleich der Bestimmungen gehe daher insofern ins Leere.
2.4. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung von Rechten eines Sozialhilfeträgers nur insoweit in Betracht kommt, als diesem aus den einschlägigen Regelungen der jeweiligen Landesrechtsordnung (jenes Landes, von dem der Ersatz begehrt wird) Rechte zukommen. Eine Verletzung von Vorschriften der Ländervereinbarung (durch ein Land) wäre mittels Antrags an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 138a Abs. 2 B-VG geltend zu machen. Die Ländervereinbarung kann für den Verwaltungsgerichtshof lediglich im Zusammenhang mit einer allenfalls erforderlich werdenden Interpretation in Übereinstimmung mit der Vereinbarung, wenn die anzuwendende landesgesetzliche Bestimmung mehrere Auslegungsmöglichkeiten eröffnet, von Bedeutung sein (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 586).
2.5. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 97/08/0590, zu § 44 WSHG festgestellt (und im Erkenntnis vom 31. Mai 2006, Zl. 2002/10/0085, ebenfalls zu Grunde gelegt) hat, stellt § 44 Abs. 3 (so wie die Bestimmungen der Ländervereinbarung) abstrakt auf den Leistungstypus ab. Bei der Prüfung der Ersatzpflicht des Landes Wien ist daher zu prüfen, ob die nach dem Sozialhilfegesetz des Landes, in dem die Hilfe gewährt wurde, gewährte Hilfe auch im Leistungskatalog mit Rechtsanspruch nach dem Wiener Sozialhilfegesetz enthalten ist.
Es ist somit im Hinblick auf § 44 Abs. 5 lit. c WSHG im Beschwerdefall zu prüfen, ob auch die Unterbringung in einer Einrichtung der Drogentherapie unter § 11 Abs. 1 WSHG der Art nach zu subsumieren ist.
Das Wiener Sozialhilfegesetz enthält nun in der Tat keine Vorschriften über die Unterbringung von Personen in Heimen oder Anstalten unter dem Titel der Sicherung des Lebensbedarfes. Die beschwerdeführenden Partei stützt ihre Rechtsauffassung jedoch auf den Umstand, dass die Unterbringung in der Drogenentwöhnungseinrichtung gemäß § 13 Krnt SHG unter dem Titel der "Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes" erfolgt sei, welche der Art nach auch im WSHG vorgesehen sei.
Dieses Vorbringen zeigt jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Aus § 44 Abs. 3 und § 44 Abs. 5 WSHG ergibt sich nach der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung, dass die Kosten für Leistungen, die "der Art nach" im WSHG nicht vorgesehen sind, nicht zu ersetzen sind. Für die Beurteilung, ob eine Leistung "der Art nach" vorgesehen ist, kann es jedoch nicht darauf ankommen, unter welchen Oberbegriff das Landesgesetz jenes Landes, in dem die Hilfe gewährt wurde, eine Leistung subsummiert. Es ist nicht maßgeblich, ob eine bestimmte Leistung nach jenem Landesgesetz als "Hilfe zum Lebensbedarf" oder im Speziellen als "Hilfe zum Lebensunterhalt" oder "Krankenhilfe" bezeichnet wird, hätte es doch damit der Gesetzgeber jenes Landes, in dem die Leistung erbracht wurde, in der Hand, die Ersatzpflicht geradezu unbeschränkt auszudehnen. Die in der Ländervereinbarung vorgesehene Einschränkung, die in § 44 WSHG umgesetzt wird, verlöre damit ihren Sinn. Es kommt vielmehr darauf an, welche Leistungen der Art nach nach dem WSHG zu erbringen sind (wobei es auf eine konkrete Zuordnung zu bestimmten "Gruppen" von Leistungen nicht ankommt, also etwa die Grenzziehung zwischen Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe im Einzelnen nicht maßgeblich wäre, sofern nur eine bestimmte Leistung der Art nach nach dem Wiener Gesetz vorgesehen wäre).
Die beschwerdeführende Partei bestreitet nicht, dass die Unterbringung in einer Drogenstation nicht zu den Leistungen zählt, die nach dem Wiener Sozialhilfegesetz zu erbringen sind. Damit kann eine solche Leistung, auch wenn sie nach dem Kärntner Gesetz unter den Begriff der "Hilfe zum Lebensbedarf" zählt, auch nicht eine "der Art nach" nach dem WSHG zu erbringende sein. Die Interpretation, dass auf Grund der Einordnung unter die Maßnahmen zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem Krnt SHG die Maßnahme auch im Wiener Landesgesetz vorgesehen sei, weil dieses ebenfalls Maßnahmen zur Sicherung des Lebensbedarfes kenne, verfängt daher nicht.
2.6. Damit ergibt sich, dass die der beschwerdeführenden Partei erwachsenen Kosten nicht zu ersetzen waren.
2.7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Oktober 2007
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AuslegungBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004100165.X00Im RIS seit
28.11.2007Zuletzt aktualisiert am
31.03.2011