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L92053 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Niederösterreich;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der KS in W, vertreten durch Dr. Stephan Messner, Rechtsanwalt in 4690 Schwanenstadt, Linzer Straße 2, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. November 2006, Zl. GS5-SH-3211/020-2006, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der NÖ Landesregierung vom 9. November 2006 "Hilfe zum Lebensunterhalt" nach dem NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) in der Höhe von monatlich EUR 672,90 ab 1. Juni 2006 gewährt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, unter Berücksichtigung der schweren Behinderung der Beschwerdeführerin sei ihr der für die Bemessung der laufenden Bedürfnisse maßgebliche Richtsatz zuzüglich Mietkostenzuschuss in doppelter Höhe zuzuerkennen und ihr daher - nach Abzug des Grundbetrages der Familienbeihilfe - eine laufende monatliche Hilfe in der Höhe von EUR 672,90 zu gewähren. Durch diese Hilfe seien die erhöhten Ausgaben der Beschwerdeführerin für Wasser- und Waschmittelmehrverbrauch, Bio-Vollwerternährung, Nahrungsergänzungspräparate, Mitgliedsbeiträge bei Vereinen etc. abgedeckt. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es müssten die erhöhten Energiekosten gesondert berücksichtigt werden, sei zu entgegnen, dass die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung keine Kopien der Heizkostenrechnungen des vergangenen Jahres vorgelegt und auch die beheizte Wohnfläche nicht bekannt gegeben habe. Aufwendungen für Spezialmixer, Spezialgetreidemühle und Speziallöffel seien keine regelmäßig anfallenden Ausgaben und seien daher bei Bemessung der in Rede stehenden Sozialhilfeleistung nicht zu berücksichtigen. Gegen Vorlage von Rechnungen könnten die Kosten für von der Beschwerdeführerin wegen ihrer Behinderung benötigte Geräte von der Sozialhilfe jedoch (gesondert) übernommen werden. Der Forderung nach finanzieller Abgeltung einer "allumfassenden 1:1 - Betreuung" sowie einer "therapeutischen Rehapflege" könne im Rahmen der laufenden Sozialhilfeunterstützung gleichfalls nicht nachgekommen werden. Der Antrag auf "rund um die Uhr Pflege" sei daher an "die zuständigen Bearbeiter der Behindertenhilfe des Landes Niederösterreich zur Bearbeitung weitergeleitet" worden. Über den Antrag auf Ersatz von Arzthonoraren und Selbstkosten medizinischer Leistungen habe die Erstbehörde noch nicht entschieden.
Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 12. Juli 2007, B 112/07, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten, der hierüber erwogen hat:
Gemäß § 1 NÖ Sozialhilfegesetz 2000 (NÖ SHG) hat die Sozialhilfe jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
Die Sozialhilfe umfasst gemäß § 3 Abs. 1 NÖ SHG
1.
Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes,
2.
Hilfe in besonderen Lebenslagen,
3.
Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes umfasst gemäß § 8 Abs.1 NÖ SHG
1.
Hilfe zum Lebensunterhalt,
2.
Hilfe bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbildung,
3.
Hilfe bei stationärer Pflege sowie
4.
Übernahme der Bestattungskosten.
Hilfe zum Lebensunterhalt erhält gemäß § 9 Abs. 1 NÖ SHG, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt und den seiner mit ihm in Haushaltsgemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend decken kann und ihn nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
Der notwendige Lebensunterhalt umfasst gemäß § 9 Abs. 2 NÖ SHG den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Unterkunft, Beheizung, Beleuchtung, Kleinhausrat und andere persönliche Bedürfnisse wie die angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt.
Zur Bemessung laufender monatlicher Geldleistungen hat die Landesregierung gemäß § 10 Abs. 1 NÖ SHG Richtsätze durch Verordnung so festzusetzen, dass mit dem jeweiligen Betrag die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse im Rahmen des Lebensunterhaltes (§ 9 Abs. 2) unter Berücksichtigung der bei einer gemeinsamen Haushaltsführung erzielten Einsparungen gedeckt werden.
Der Richtsatz darf gemäß § 10 Abs. 3 NÖ SHG im Einzelfall auch überschritten werden, wenn auf Grund der persönlichen oder familiären Verhältnisse ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt z. B. für alte, kranke oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 der NÖ Richtsatzverordnung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. 9200/1-6, beträgt der Richtsatz zur Bemessung laufender monatlicher Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, ausgenommen Kosten der Unterkunft für Menschen, die mit sonstigen Personen oder im Rahmen einer Lebensgemeinschaft in Haushalts- oder Wohngemeinschaft leben, EUR 335,90.
Der Zuschuss zu den vertretbaren Unterkunftskosten an Empfänger von laufenden monatlichen Leistungen gemäß Abs. 1 beträgt gemäß § 1 Abs. 2 Z. 3 der Richtsatzverordnung bis zu EUR 66,-- pro Monat.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Beschwerdeführerin sei auf Grund ihrer Behinderung eine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt in der Höhe des doppelten Richtsatzes gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 der Richtsatzverordnung zu gewähren.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, ihre "Aufwendungen hinsichtlich Lebensunterhaltes und individuellen Lebensbedarfes in vollem Umfang ersetzt" zu erhalten, verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde hätte ihre besonderen Bedürfnisse als behinderter Mensch zu prüfen und den tatsächlichen Bedarf zu decken gehabt. Ihre Aufwendungen hätten daher zur Gänze ersetzt werden müssen. Insbesondere hätte auch ihrem Antrag auf finanzielle Abgeltung einer "allumfassenden 1:1 24-Stunden-Betreuung" sowie einer "therapeutischen Rehapflege" stattgegeben werden müssen. Die belangte Behörde habe jedoch über diese beiden Punkte rechtswidriger Weise nicht abgesprochen, sondern vielmehr eine Entscheidung ausdrücklich verweigert, obwohl die Beschwerdeführerin nicht nur die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern auch eine "umfassende Lebensassistenz" unter den Titeln "Hilfe in besonderen Lebenslagen" und "Hilfe für Menschen mit besonderen Bedürfnissen" beantragt habe. Das Argument der belangten Behörde, dass zunächst die Erstbehörde zu entscheiden habe, sei nicht stichhältig. Die Berufungsbehörde könne sehr wohl in der Sache entscheiden, wenn die Erstbehörde über einen Antrag nicht vollständig entschieden habe. Hinsichtlich der erforderlichen Vorlage von Rechnungen, Kostenvoranschlägen etc. hätte die Beschwerdeführerin angeleitet werden müssen, was nicht geschehen sei. Dies werde als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Wie dargelegt, hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid über die Gewährung von Hilfe zur Deckung der regelmäßig gegebenen Bedürfnisse der Beschwerdeführerin im Rahmen des Lebensunterhaltes gemäß § 9 Abs. 2 NÖ SHG abgesprochen, nicht jedoch über einen darüber hinausgehenden besonderen Bedarf. Vielmehr wird im angefochtenen Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass über den Antrag auf "rund um die Uhr Pflege" gesondert entschieden werde und Sonderbedarfe durch "Extraleistungen" der Sozialhilfe abzudecken seien. Der von der Beschwerdeführerin behauptete Umstand, dass über einen diesbezüglichen Antrag (auf Gewährung von Sonderbedarfshilfe) nicht bereits mit dem angefochtenen Bescheid entschieden wurde, begründet jedoch keine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides. Gleiches gilt für Mängel, die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht dem vorliegenden, sondern jenen Verfahren anhaften, die geltend gemachte Sonderbedarfe zum Gegenstand haben.
Soweit die Beschwerdeführerin aber behauptet, die Berufungsbehörde könne in einer Angelegenheit entscheiden, über die von der Erstbehörde noch nicht entschieden wurde, verkennt sie, dass die meritorische Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf jene Angelegenheit beschränkt ist, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterinstanz gebildet hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), S. 1264 f, dargestellte Judikatur).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. Oktober 2007
Schlagworte
Inhalt der BerufungsentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007100178.X00Im RIS seit
26.11.2007Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008