TE OGH 2008/1/16 13Os147/07b (13Os148/07z)

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Veröffentlicht am 16.01.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian W***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB, AZ 14 Hv 139/06a des Landesgerichts Leoben, über die vom Generalprokurator gegen den die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden Beschluss dieses Gerichts vom 18. Mai 2007 (ON 21) und verschiedene Vorgänge erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, sowie des Angeklagten zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian W***** wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach Paragraphen 83, Absatz eins,, 84 Absatz eins, StGB, AZ 14 Hv 139/06a des Landesgerichts Leoben, über die vom Generalprokurator gegen den die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden Beschluss dieses Gerichts vom 18. Mai 2007 (ON 21) und verschiedene Vorgänge erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, sowie des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 14 Hv 139/06a des Landesgerichts Leoben verletzen das Gesetz

1. der die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligende Beschluss dieses Gerichts vom 18. Mai 2007 (ON 21) sowie die Durchführung der Hauptverhandlung am 28. September 2007 (ON 32) in den Bestimmungen des § 68 Abs 3 und des § 71 Abs 1 StPO (jeweils aF),1. der die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligende Beschluss dieses Gerichts vom 18. Mai 2007 (ON 21) sowie die Durchführung der Hauptverhandlung am 28. September 2007 (ON 32) in den Bestimmungen des Paragraph 68, Absatz 3 und des Paragraph 71, Absatz eins, StPO (jeweils aF),

2. die Unterlassung der Anzeige eines die Ausschließung begründenden Verhältnisses in der Bestimmung des § 70 Abs 1 StPO (aF) sowie2. die Unterlassung der Anzeige eines die Ausschließung begründenden Verhältnisses in der Bestimmung des Paragraph 70, Absatz eins, StPO (aF) sowie

3. die Unterlassung der Aktenübermittlung an den Untersuchungsrichter zwecks Erhebung der den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründenden Tatsachen und Vernehmung des Beschuldigten in der Bestimmung des § 357 Abs 2 StPO (aF).3. die Unterlassung der Aktenübermittlung an den Untersuchungsrichter zwecks Erhebung der den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens begründenden Tatsachen und Vernehmung des Beschuldigten in der Bestimmung des Paragraph 357, Absatz 2, StPO (aF).

Der Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 18. Mai 2007 wird aufgehoben und diesem Gericht die neuerliche Entscheidung über den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 9. Mai 2007 auf Wiederaufnahme des Verfahrens (ON 20) aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit in gekürzter Form ausgefertigtem, seit 16. November 2006 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Leoben vom 13. November 2006 (ON 17) wurde Christian W***** vom Vorwurf, am 13. Mai 2006 in Bruck an der Mur Araz M***** vorsätzlich schwer am Körper verletzt zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.Mit in gekürzter Form ausgefertigtem, seit 16. November 2006 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Leoben vom 13. November 2006 (ON 17) wurde Christian W***** vom Vorwurf, am 13. Mai 2006 in Bruck an der Mur Araz M***** vorsätzlich schwer am Körper verletzt zu haben, gemäß Paragraph 259, Ziffer 3, StPO freigesprochen.

Am 9. Mai 2007 beantragte die Staatsanwaltschaft - gestützt auf neue Beweismittel (§ 355 Z 2 StPO [aF]) - die Wiederaufnahme des Verfahrens (ON 20).Am 9. Mai 2007 beantragte die Staatsanwaltschaft - gestützt auf neue Beweismittel (Paragraph 355, Ziffer 2, StPO [aF]) - die Wiederaufnahme des Verfahrens (ON 20).

Die Einzelrichterin, die den Freispruch gefällt hatte, bewilligte die Wiederaufnahme ohne Durchführung von Erhebungen mit Beschluss vom 18. Mai 2007 (ON 21) und führte am 28. September 2007 die - sodann vertagte (S 155) - Hauptverhandlung über den am 5. August 2007 erhobenen Strafantrag (ON 23) durch (ON 32).

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, stehen die Beschlussfassung auf Bewilligung der Wiederaufnahme, die Durchführung der Hauptverhandlung sowie die Unterlassung der Anzeige eines die Ausschließung begründenden Verhältnisses und der Aktenübermittlung an den Untersuchungsrichter mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß § 68 Abs 3 StPO (aF) war nämlich von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme (§ 357 StPO) sowie von der Mitwirkung und Entscheidung in einer neuen Hauptverhandlung (§ 359 Abs 2 StPO [aF]) ua ausgeschlossen, wer - wie hier die Einzelrichterin (vgl S 85, 99, 151) - an der früheren Hauptverhandlung teilgenommen hatte. Die solcherart ausgeschlossene Richterin war nach § 70 Abs 1 StPO (aF) verpflichtet, das ihre Ausschließung begründende Verhältnis unverzüglich dem Präsidenten des Landesgerichts Leoben anzuzeigen und sich gemäß § 71 Abs 1 StPO (aF) von dem Zeitpunkt, in dem ihr der Ausschließungsgrund bekannt geworden war, aller gerichtlichen Handlungen zu enthalten.Wie die Generalprokuratur in der zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, stehen die Beschlussfassung auf Bewilligung der Wiederaufnahme, die Durchführung der Hauptverhandlung sowie die Unterlassung der Anzeige eines die Ausschließung begründenden Verhältnisses und der Aktenübermittlung an den Untersuchungsrichter mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß Paragraph 68, Absatz 3, StPO (aF) war nämlich von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme (Paragraph 357, StPO) sowie von der Mitwirkung und Entscheidung in einer neuen Hauptverhandlung (Paragraph 359, Absatz 2, StPO [aF]) ua ausgeschlossen, wer - wie hier die Einzelrichterin vergleiche S 85, 99, 151) - an der früheren Hauptverhandlung teilgenommen hatte. Die solcherart ausgeschlossene Richterin war nach Paragraph 70, Absatz eins, StPO (aF) verpflichtet, das ihre Ausschließung begründende Verhältnis unverzüglich dem Präsidenten des Landesgerichts Leoben anzuzeigen und sich gemäß Paragraph 71, Absatz eins, StPO (aF) von dem Zeitpunkt, in dem ihr der Ausschließungsgrund bekannt geworden war, aller gerichtlichen Handlungen zu enthalten.

Anlässlich der Entscheidung über die Statthaftigkeit der Wiederaufnahme (ON 21) wurden überdies die Bestimmungen des § 357 Abs 2 StPO (aF) missachtet, wonach der Untersuchungsrichter die Tatsachen zu erheben hatte, durch die der Antrag begründet wurde, und sodann in den Fällen der §§ 355 und 356 StPO der Beschuldigte zu vernehmen war. Die Bewilligung der Wiederaufnahme ohne Durchführung von Erhebungen und ohne Anhörung des Antragsgegners war somit unzulässig (Fabrizy, StPO9 § 357 Rz 2 bis 6).Anlässlich der Entscheidung über die Statthaftigkeit der Wiederaufnahme (ON 21) wurden überdies die Bestimmungen des Paragraph 357, Absatz 2, StPO (aF) missachtet, wonach der Untersuchungsrichter die Tatsachen zu erheben hatte, durch die der Antrag begründet wurde, und sodann in den Fällen der Paragraphen 355 und 356 StPO der Beschuldigte zu vernehmen war. Die Bewilligung der Wiederaufnahme ohne Durchführung von Erhebungen und ohne Anhörung des Antragsgegners war somit unzulässig (Fabrizy, StPO9 Paragraph 357, Rz 2 bis 6).

Da die Gesetzesverletzungen geeignet sind, zum Nachteil des Freigesprochenen zu wirken, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung gemäß § 292 letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.Da die Gesetzesverletzungen geeignet sind, zum Nachteil des Freigesprochenen zu wirken, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung gemäß Paragraph 292, letzter Satz StPO mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.

Anmerkung

E86423 13Os147.07b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0130OS00147.07B.0116.000

Dokumentnummer

JJT_20080116_OGH0002_0130OS00147_07B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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