TE OGH 2008/1/24 6Ob137/07a

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Veröffentlicht am 24.01.2008
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** AG, *****, vertreten durch Widter Mayrhauser Wolf Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Christine R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in Wien, als Verfahrenshelfer, wegen 36.340 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 12. April 2007, AZ 16 R 45/07s, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts im Kostenpunkt ist - mangels Erwähnung in § 519 ZPO - jedenfalls unanfechtbar (RIS-Justiz RS0075172; RS0053407). Die insoweit jedenfalls unzulässige Revision war daher zurückzuweisen.1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts im Kostenpunkt ist - mangels Erwähnung in Paragraph 519, ZPO - jedenfalls unanfechtbar (RIS-Justiz RS0075172; RS0053407). Die insoweit jedenfalls unzulässige Revision war daher zurückzuweisen.

2. Die Revisionswerberin vermag im Übrigen eine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht aufzuzeigen:2. Die Revisionswerberin vermag im Übrigen eine im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht aufzuzeigen:

2.1. § 25c KSchG verpflichtet den Gläubiger, im Fall einer Interzession den Verbraucher auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird.2.1. Paragraph 25 c, KSchG verpflichtet den Gläubiger, im Fall einer Interzession den Verbraucher auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners hinzuweisen, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird.

2.2. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Gläubiger die wirtschaftliche Notlage des Schuldners kannte oder kennen musste, trifft den Interzedenten; wird aber der Kreditgeber selbst aktiv, um die Interzession des Verbrauchers zu erreichen, so weist das prima facie darauf hin, dass er die Einbringlichkeit der Hauptschuld als nicht gesichert ansah (RIS-Justiz RS0113882).

2.3. Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Klägerin auf Grund näher beschriebener Umstände, insbesondere der Höhe des frei verfügbaren Einkommens des Hauptschuldners die Kreditrückführung nicht zweifelhaft schien. Damit steht aber fest, dass die Klägerin nicht erkannt hat, dass der Kreditnehmer als Hauptschuldner seine Verbindlichkeiten voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde. Die Rechtsmittelwerberin räumt dies auch selbst ein (S 10 der Revisionsschrift). Damit ist aber der Anschein bereits widerlegt; einen Anschein des „Kennenmüssens" gibt es nicht (6 Ob 227/06k). Dass keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage besteht, ob die „prima-facie Beweislage auch dann vorliegen kann", wenn eine Verbindlichkeit unter Einbeziehung des Interzedenten zur Umschuldung aufgenommen wird und der Interzedent für die umgeschuldete Verbindlichkeit noch nicht gehaftet hat, vermag daher keine erhebliche Rechtsfrage zu bilden.

3. Die Frage, ob ein Gläubiger unter den gegebenen Umständen erkennen muss, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeiten voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde, kann regelmäßig nur einzelfallbezogen beantwortet werden, wobei erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO meist nicht zu beantworten sind. Dabei kann auch nicht einzelnen Argumenten für oder gegen die Annahme einer solchen Erkennbarkeit das Gewicht einer Rechtsfrage dieser Art zugemessen werden, weil das Gewicht dieser Argumente doch regelmäßig nur im Gesamtzusammenhang beurteilt werden kann und damit ein erheblicher Beitrag zur Rechtsfortentwicklung oder Rechtsvereinheitlichung nicht geleistet werden kann (RIS-Justiz RS0116208).3. Die Frage, ob ein Gläubiger unter den gegebenen Umständen erkennen muss, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeiten voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen werde, kann regelmäßig nur einzelfallbezogen beantwortet werden, wobei erhebliche Rechtsfragen im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO meist nicht zu beantworten sind. Dabei kann auch nicht einzelnen Argumenten für oder gegen die Annahme einer solchen Erkennbarkeit das Gewicht einer Rechtsfrage dieser Art zugemessen werden, weil das Gewicht dieser Argumente doch regelmäßig nur im Gesamtzusammenhang beurteilt werden kann und damit ein erheblicher Beitrag zur Rechtsfortentwicklung oder Rechtsvereinheitlichung nicht geleistet werden kann (RIS-Justiz RS0116208).

3.1. Im Zusammenhang mit dem „Kennenmüssen" dürfen die Prüf- und Informationspflichten des Gläubigers nicht überspannt werden. Es treffen ihn keine Nachforschungspflichten, die über die mit der notwendigen kaufmännischen Sorgfalt durchgeführte Bonitätsprüfung hinausgehen; letztlich kann auch das Verhalten des Interzedenten und dessen Bereitschaft zur Übernahme der Interzession die Nachforschungs- und damit auch die Informationspflichten des Gläubigers einschränken (6 Ob 227/06k mwN).

3.2. Der Umfang der Nachforschungspflicht und der daraus resultierenden Informationspflicht ist von der Beurteilung ganz konkreter Indiviualumstände abhängig und damit regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0112839 [T4]). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin nach der Lage des Falls nicht gehalten war, vom Hauptschuldner - dem Sohn der Beklagten - ein Betriebskonzept für das von ihm beabsichtigte Unternehmen zu fordern, von dem die Beklagte, die ihren Sohn schon zum ersten Termin bei der Klägerin zwecks Kreditaufnahme begleitete, Kenntnis hatte, ist vertretbar, zumal der Hauptschuldner seine unselbständige Vollzeitbeschäftigung beibehalten wollte und der Kredit nicht der Unternehmensfinanzierung dienen sollte. Die Frage, ob „der der Gläubigerin bekannte, der Kreditvergabe zu Grunde liegende Plan des Kreditnehmers, ein Unternehmen zu gründen, von der Informationsobliegenheit gegenüber der Interzedentin im Hinblick auf abzusehende künftige Entwicklung umfasst ist oder nicht", stellt sich nicht.3.2. Der Umfang der Nachforschungspflicht und der daraus resultierenden Informationspflicht ist von der Beurteilung ganz konkreter Indiviualumstände abhängig und damit regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (RIS-Justiz RS0112839 [T4]). Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin nach der Lage des Falls nicht gehalten war, vom Hauptschuldner - dem Sohn der Beklagten - ein Betriebskonzept für das von ihm beabsichtigte Unternehmen zu fordern, von dem die Beklagte, die ihren Sohn schon zum ersten Termin bei der Klägerin zwecks Kreditaufnahme begleitete, Kenntnis hatte, ist vertretbar, zumal der Hauptschuldner seine unselbständige Vollzeitbeschäftigung beibehalten wollte und der Kredit nicht der Unternehmensfinanzierung dienen sollte. Die Frage, ob „der der Gläubigerin bekannte, der Kreditvergabe zu Grunde liegende Plan des Kreditnehmers, ein Unternehmen zu gründen, von der Informationsobliegenheit gegenüber der Interzedentin im Hinblick auf abzusehende künftige Entwicklung umfasst ist oder nicht", stellt sich nicht.

4. Das Berufungsgericht mäßigte die Verbindlichkeit der beklagten Interzedentin (§ 25d KSchG) von rund 36.000 EUR auf 20.000 EUR, wobei sie auch den für die Klägerin bei Abschluss des Bürgschaftsvertrags voraussehbaren Umstand der Pensionierung der Beklagten und die damit verbundene Einkommensverschlechterung (monatliche Pension - nach der Revisionsbehauptung - seit 2006 840 EUR) berücksichtigte. Die Revisionswerberin strebt eine Mäßigung auf Null an, weil schon im Zeitpunkt der Zession das Einkommen der Beklagten nicht, wie vom Erstgericht festgestellt, 1.097 EUR, sondern auf Grund der Belastung mit Sozialversicherungsabgaben nur rund 941 EUR betragen habe. Die Klägerin hätte berücksichtigen müssen, dass die Beklagte - wie festgestellt - in mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden sei und somit selbst die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen hatte. Auch wenn dies im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht worden sei, weil der Beklagten die Schuld gegenüber der Sozialversicherung gar nicht bewusst gewesen sei, hätten die Vorinstanzen die Abgabenbelastung (§ 53a Abs 3 ASVG) berücksichtigen müssen, denn die Gerichte kennen die Gesetze.4. Das Berufungsgericht mäßigte die Verbindlichkeit der beklagten Interzedentin (Paragraph 25 d, KSchG) von rund 36.000 EUR auf 20.000 EUR, wobei sie auch den für die Klägerin bei Abschluss des Bürgschaftsvertrags voraussehbaren Umstand der Pensionierung der Beklagten und die damit verbundene Einkommensverschlechterung (monatliche Pension - nach der Revisionsbehauptung - seit 2006 840 EUR) berücksichtigte. Die Revisionswerberin strebt eine Mäßigung auf Null an, weil schon im Zeitpunkt der Zession das Einkommen der Beklagten nicht, wie vom Erstgericht festgestellt, 1.097 EUR, sondern auf Grund der Belastung mit Sozialversicherungsabgaben nur rund 941 EUR betragen habe. Die Klägerin hätte berücksichtigen müssen, dass die Beklagte - wie festgestellt - in mehreren geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden sei und somit selbst die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen hatte. Auch wenn dies im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht worden sei, weil der Beklagten die Schuld gegenüber der Sozialversicherung gar nicht bewusst gewesen sei, hätten die Vorinstanzen die Abgabenbelastung (Paragraph 53 a, Absatz 3, ASVG) berücksichtigen müssen, denn die Gerichte kennen die Gesetze.

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. Die gerichtliche Mäßigung der Verbindlichkeit setzt voraus, dass diese in einem unbilligen Missverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Verbrauchers steht und dieses dem Gläubiger bei Begründung der Verbindlichkeit zumindest erkennbar war (RIS-Justiz RS0113938; Kathrein in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² § 25d KSchG Rz 4). Die Beklagte trifft die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der für sie günstigen Norm des § 25d KSchG, also auch für die Erkennbarkeit des Missverhältnisses bei der Begründung der Verbindlichkeit. Sie hat aber in erster Instanz nicht behauptet, der Klägerin ihr Bruttoeinkommen bekanntgegeben zu haben. Ob für das Erstgericht in diesem Punkt eine Erörterungspflicht bestand, kann auf sich beruhen, weil ein allenfalls darin liegender Verfahrensmangel in der Berufung nicht geltend gemacht wurde. Im Übrigen liegt die Billigkeitsentscheidung des Berufungsgerichts (vgl 6 Ob 156/03i) über das Ausmaß der Mäßigung im Rahmen der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung.Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. Die gerichtliche Mäßigung der Verbindlichkeit setzt voraus, dass diese in einem unbilligen Missverhältnis zur Leistungsfähigkeit des Verbrauchers steht und dieses dem Gläubiger bei Begründung der Verbindlichkeit zumindest erkennbar war (RIS-Justiz RS0113938; Kathrein in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB² Paragraph 25 d, KSchG Rz 4). Die Beklagte trifft die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der für sie günstigen Norm des Paragraph 25 d, KSchG, also auch für die Erkennbarkeit des Missverhältnisses bei der Begründung der Verbindlichkeit. Sie hat aber in erster Instanz nicht behauptet, der Klägerin ihr Bruttoeinkommen bekanntgegeben zu haben. Ob für das Erstgericht in diesem Punkt eine Erörterungspflicht bestand, kann auf sich beruhen, weil ein allenfalls darin liegender Verfahrensmangel in der Berufung nicht geltend gemacht wurde. Im Übrigen liegt die Billigkeitsentscheidung des Berufungsgerichts vergleiche 6 Ob 156/03i) über das Ausmaß der Mäßigung im Rahmen der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung.

Die außerordentliche Revision war daher gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision war daher gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E865176Ob137.07a

Schlagworte

Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inRdW 2008/477 S 518 - RdW 2008,518XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00137.07A.0124.000

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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