Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friederike W*****, vertreten durch Mag. Thomas Mayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Rudolf S*****, vertreten durch Dr. Helmut Steiner ua Rechtsanwälte in Baden, wegen 27.200 EUR sA (Rekursinteresse 22.000 EUR), über den „Revisionsrekurs", richtig: Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. Oktober 2007, GZ 12 R 129/07i-38, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3. Mai 2007, GZ 20 Cg 223/04t-33, teilweise aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.189,44 EUR (darin 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadenersatz aufgrund eines Kunstfehlers bei einer Fußoperation. In der Klage hatte die Klägerin ein Schmerzengeld von 30.000 EUR sowie weitere 13.950,31 EUR für diverse unfallkausale Schäden und die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden begehrt. Mit Urteil ON 19 gab das Erstgericht der Klage hinsichtlich 7.640 EUR statt und wies einen Betrag von 39.310 EUR ab; über das Feststellungsbegehren wurde nicht ausdrücklich entschieden.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung (ON 20) begehrte die Klägerin weitere 5.200 EUR an Schmerzengeld und die Feststellung der Haftung; die Abweisung weiterer 22.200 EUR Schmerzengeld erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Die beklagte Partei erhob keine Berufung.
Mit Beschluss vom 24. 7. 2006 (ON 23) hob das Berufungsgericht dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung über 5.200 EUR Schmerzengeld und über das Feststellungsbegehren zurück.
In der Tagsatzung vom 7. 11. 2006 (AS 241 f = S 1 f in ON 26) dehnte der Klagevertreter das Schmerzengeldbegehren aus, wobei er ausführte, dass „nicht der offene Geldbetrag 5.200 EUR ausgedehnt wird, sondern auch gestützt wird dies seither, also seit der letzten Begutachtung eingetretenen Schmerzen". Dies präzisierte der Klagevertreter in der Folge (AS 251 = S 1 in ON 28) dahingehend, dass der offene Schmerzengeldbetrag für alle bisher entstandenen Schmerzen, aber inklusive jener, die seit der letzten Begutachtung bis heute angefallen seien, begehrt werde.
Mit Urteil vom 3. 5. 2007 (ON 33) sprach das Erstgericht im zweiten Rechtsgang der Klägerin 27.200 EUR an Schmerzengeld zu und stellte die Haftung des Beklagten für künftige Schäden fest.
Über Berufung des Beklagten hob das Berufungsgericht das Ersturteil und das vorangegangene Verfahren, soweit über das Begehren in einem 5.200 EUR sA übersteigenden Ausmaß entschieden wurde, als nichtig auf und wies das Klagbegehren in einem 5.200 EUR übersteigenden Betrag wegen rechtskräftig entschiedener Sache zurück. Im Übrigen gab es der Berufung nicht Folge.
Im Umfang der Aufhebung leide das Urteil des Erstgerichts an Nichtigkeit. Die Klägerin habe die über 5.200 EUR hinausgehende Abweisung auch ihres Schmerzengeldbegehrens von ursprünglich 30.000 EUR in Rechtskraft erwachsen lassen. Nur Schmerzengeldansprüche in Höhe von 5.200 EUR seien Gegenstand des Verfahrens im zweiten Rechtsgang gewesen. Die Klägerin habe ihre Ausdehnung im zweiten Rechtsgang um 22.000 EUR auch nicht darauf gestützt, dass gegenüber der damaligen Globalbemessung weitere, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht zu erwartende und daher nicht abschätzbare Unfallfolgen eingetreten seien. Insoweit seien das angefochtene Urteil und das ihm vorausgegangene Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen.
Diese Entscheidung des Berufungsgerichts bekämpft der Kläger mit „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs, vgl § 519 Abs 1 Z 1 ZPO).Diese Entscheidung des Berufungsgerichts bekämpft der Kläger mit „Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs, vergleiche § 519 Abs 1 Z 1 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Vorweg ist festzuhalten, dass der Rekurs rechtzeitig ist. Wird die Aufhebung des Ersturteils als nichtig und die Zurückweisung der Klage durch das Berufungsgericht bekämpft (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO), so handelt es sich um einen Rekurs gegen die Zurückweisung der Klage nach Streitanhängigkeit (§ 521a Abs 1 Z 3 ZPO). In einem solchen Fall ist der Rekurs zweiseitig, die Rekursfrist beträgt vier Wochen (E. Kodek in Rechberger, ZPO3 § 519 Rz 8).
2. In den Fällen des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO steht die Anrufung des Obersten Gerichtshofs ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwerts und auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage offen. Auf die Rekursausführungen zum Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist daher nicht weiter einzugehen.
3. In ihrer Mängelrüge vertritt die klagende Partei die Auffassung, die Rechtsansicht des Berufungsgerichts sei iSd § 182 ZPO überraschend; darin liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Rechtsmittelwerber in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darzulegen hat, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (1 Ob 215/05g). Diese Angabe ist zur Darlegung der Relevanz des Verfahrensmangels erforderlich (vgl 1 Ob 215/05g). Dies ist dem Rekurs der klagenden Partei jedoch auch nicht ansatzweise zu entnehmen.Dem ist entgegenzuhalten, dass der Rechtsmittelwerber in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darzulegen hat, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (1 Ob 215/05g). Diese Angabe ist zur Darlegung der Relevanz des Verfahrensmangels erforderlich vergleiche 1 Ob 215/05g). Dies ist dem Rekurs der klagenden Partei jedoch auch nicht ansatzweise zu entnehmen.
4. Im Übrigen billigt der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 500a ZPO).
Wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte, stand der neuerlichen Ausdehnung des Klagebegehrens die Rechtskraft der Klagsabweisung im Urteil vom 16. 2. 2006 (ON 19) entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Teileinklagung von Schmerzengeld nur ausnahmsweise zulässig (RIS-Justiz RS0031300; RS0031307; RS0031015). Auf die Richtigkeit dieser Auffassung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht einzugehen (vgl auch 2 Ob 157/98x). Gegenstand der Entscheidung des Erstgerichts vom 16. 2. 2006 bildete nämlich nicht etwa ein bloßer Teilanspruch; das Erstgericht hatte vielmehr ausdrücklich Schmerzengeldansprüche in Höhe von 27.400 EUR abgewiesen. Dieses Urteil wurde von der Klägerin nur in Ansehung von 5.200 EUR Schmerzengeld bekämpft. Damit erwuchs aber die Abweisung des Mehrbegehrens in Rechtskraft. Diese Folge kann nicht durch neuerliche „Ausdehnung" des Klagebegehrens unterlaufen werden (vgl Fasching/Klicka in Fasching/Konecny2 § 411 ZPO Rz 46). Die Klägerin behauptet ausdrücklich nicht das Auftreten neuer, bei der seinerzeitigen Schmerzengeldbemessung nicht vorhersehbarer Schmerzen, sondern strebt in Wahrheit eine neuerliche Überprüfung ihres bereits rechtskräftig abgewiesenen Anspruchs an. Dem steht aber - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache (§ 411 ZPO) entgegen.Wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte, stand der neuerlichen Ausdehnung des Klagebegehrens die Rechtskraft der Klagsabweisung im Urteil vom 16. 2. 2006 (ON 19) entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Teileinklagung von Schmerzengeld nur ausnahmsweise zulässig (RIS-Justiz RS0031300; RS0031307; RS0031015). Auf die Richtigkeit dieser Auffassung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht einzugehen vergleiche auch 2 Ob 157/98x). Gegenstand der Entscheidung des Erstgerichts vom 16. 2. 2006 bildete nämlich nicht etwa ein bloßer Teilanspruch; das Erstgericht hatte vielmehr ausdrücklich Schmerzengeldansprüche in Höhe von 27.400 EUR abgewiesen. Dieses Urteil wurde von der Klägerin nur in Ansehung von 5.200 EUR Schmerzengeld bekämpft. Damit erwuchs aber die Abweisung des Mehrbegehrens in Rechtskraft. Diese Folge kann nicht durch neuerliche „Ausdehnung" des Klagebegehrens unterlaufen werden vergleiche Fasching/Klicka in Fasching/Konecny2 § 411 ZPO Rz 46). Die Klägerin behauptet ausdrücklich nicht das Auftreten neuer, bei der seinerzeitigen Schmerzengeldbemessung nicht vorhersehbarer Schmerzen, sondern strebt in Wahrheit eine neuerliche Überprüfung ihres bereits rechtskräftig abgewiesenen Anspruchs an. Dem steht aber - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache (§ 411 ZPO) entgegen.
Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Rekurs ein Erfolg zu versagen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E86523European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00292.07W.0124.000Im RIS seit
23.02.2008Zuletzt aktualisiert am
11.11.2010