TE OGH 2008/1/25 1R288/07h

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Veröffentlicht am 25.01.2008
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Spruch

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Landesgericht Klagenfurt hat als Berufungsgericht durch die Richter Dr. Joham (Vorsitz), Dr. Steflitsch und Dr. Mikulan in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei *****, und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei *****, beide vertreten durch Dr. Hans Georg Mayer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen € 3.161,21 s. A., und Feststellung (Streitwert: € 3.000,--), über die Berufung der beklagten Partei sowie der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 6. August 2007, 22 C 169/07x-21, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Text

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen deren Vertreter binnen 14 Tagen die mit € 631,54 (darin € 97,16 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt €

4.000,--, nicht jedoch € 20.000,--.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig.Die ordentliche Revision gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die *****straße in ***** verläuft von Westen nach Osten; sowohl südlich als auch nördlich an diese Straße grenzen 10 cm über der Fahrbahndecke liegende, asphaltierte Gehsteige. Der Beklagte ist Eigentümer einer an den südlichen Gehsteig angrenzenden Liegenschaft mit der Adresse *****straße 58. Unmittelbar gegenüber dem westlichen Ende dieser Liegenschaft mündet aus Norden die *****straße in einem Winkel von etwa 90° mit einem den Gehsteig unterbrechenden Einmündungstrichter bis ca 7 m in Richtung Osten in die *****straße ein. Die *****straße ist westlich dieses Einmündungstrichters ca 20 m (einschließlich der Parkplätze), östlich davon ca 7 m (einschließlich der südlichen Längsparkplätze) breit. In der Nacht vom 3. auf den 4. März 2005 waren ca 11 cm Neuschnee gefallen. *****, die hohe Schneeschuhe mit einer dicken Sohle trug, ging um ca 7.00 Uhr dieses Tages auf dem südlichen Gehsteig in Richtung Osten. Mit Ausnahme des sich an die Liegenschaft des Beklagten anschließenden Gehsteiges - auf diesem befand sich der gefallene Neuschnee - waren alle anderen Gehsteigbereiche in der *****straße geräumt und eisfrei. Obwohl ***** schon vor Betreten des Gehsteigbereiches vor der *****straße 58 erkannt hatte, dass der Gehsteig dort nicht geräumt ist, verließ sie diesen zunächst nicht. Erst nachdem sie ca. 4 m zurückgelegt hatte, sah sie, dass der Gehsteig auf der nördlichen Seite geräumt war. Sie wollte daher den von ihr benützten Gehsteigteil verlassen, um auf den nördlichen Gehsteig zu wechseln. Dabei rutschte ***** aus, stürzte und wurde verletzt; künftig ist das Auftreten einer posttraumatischen Arthrose im rechten Sprunggelenk mit (nur) überwiegender Wahrscheinlichkeit, das heißt nicht mit Sicherheit auszuschließen. Die Klägerin hat diesen Unfall der bei ihr versicherten ***** als Arbeitsunfall anerkannt und für sie Behandlungskosten iwS in Höhe von insgesamt € 9.483,63 getragen. Die Nebenintervenientin - Haftpflichtversicherung des Beklagten - hat ihr davon zwei Drittel bezahlt.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Bezahlung von restlich € 3.161,21 s. A. und stellte ein Feststellungsbegehren betreffend sämtliche zukünftigen Pflichtaufwendungen für *****.

Der Beklagte und die Nebenintervenientin wendeten ein, dass ***** ein Mitverschulden im Ausmaß von einem Drittel treffe. Es sei ihr zumutbar gewesen, den Gehsteig noch vor Erreichen des ungeräumten Gehsteigteiles zu wechseln. Sie sei unvorsichtig gegangen; ihr Schuhwerk hätte bei entsprechend vorsichtiger Gehweise ein Ausrutschen verhindert.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht dem Klagebegehren stattgegeben. Dabei ist es von dem eingangs festgestellten, im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen Sachverhalt sowie von folgender Feststellung ausgegangen: Es stehe nicht fest, dass der Gehsteig vor dem Haus *****straße 58 in den Morgenstunden des 4. März 2005 erkennbar glatt gewesen sei oder dass eine sonstige erkennbare Gefahr für dessen Benützung bestanden habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass ***** im Hinblick darauf, dass sie feste und wintertaugliche Schuhe getragen hatte, aufgrund des Versuches, auf den geräumten Gehsteig zu wechseln, keine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (§ 1304 ABGB) vorgeworfen werden könne. Ein Anhaltspunkt für eine behauptete unvorsichtige Gehweise habe sich nicht ergeben. Aus der Tatsache des Sturzes allein könne nicht auf eine Unachtsamkeit der ***** geschlossen werden, eine solche werde auch nicht durch das Benützen eines ungeräumten Gehsteiges begründet, weil allein eine Neuschneedecke von 11 cm nicht zu einer erkennbaren Glätte des Gehsteiges führe. Nur das Ignorieren einer erkennbaren Gefahr hätte zu einem Mitverschulden der ***** geführt.Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht dem Klagebegehren stattgegeben. Dabei ist es von dem eingangs festgestellten, im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen Sachverhalt sowie von folgender Feststellung ausgegangen: Es stehe nicht fest, dass der Gehsteig vor dem Haus *****straße 58 in den Morgenstunden des 4. März 2005 erkennbar glatt gewesen sei oder dass eine sonstige erkennbare Gefahr für dessen Benützung bestanden habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass ***** im Hinblick darauf, dass sie feste und wintertaugliche Schuhe getragen hatte, aufgrund des Versuches, auf den geräumten Gehsteig zu wechseln, keine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (Paragraph 1304, ABGB) vorgeworfen werden könne. Ein Anhaltspunkt für eine behauptete unvorsichtige Gehweise habe sich nicht ergeben. Aus der Tatsache des Sturzes allein könne nicht auf eine Unachtsamkeit der ***** geschlossen werden, eine solche werde auch nicht durch das Benützen eines ungeräumten Gehsteiges begründet, weil allein eine Neuschneedecke von 11 cm nicht zu einer erkennbaren Glätte des Gehsteiges führe. Nur das Ignorieren einer erkennbaren Gefahr hätte zu einem Mitverschulden der ***** geführt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten und der auf seiner Seite beigetretenen Nebenintervenientin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben. Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die Gründe der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass es grundsätzlich mit diesem Hinweis sein Bewenden hat (§ 500 a ZPO). Im Hinblick auf die Berufungsausführungen wird noch folgende Begründung beigefügt:Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die Gründe der angefochtenen Entscheidung für zutreffend, sodass es grundsätzlich mit diesem Hinweis sein Bewenden hat (Paragraph 500, a ZPO). Im Hinblick auf die Berufungsausführungen wird noch folgende Begründung beigefügt:

Die Berufungswerbern bekämpfen in ihrer Beweisrüge die sich auf die Aussage der ***** stützende, dem Tatsachenbereich zuzuordnende Feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass der Gehsteig erkennbar glatt war oder dass eine sonstige erkennbare Gefahr für den Fall der Benützung bestand, ohne darzulegen, auf Grund welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen worden sei. Mit dieser bekämpften Feststellung korrespondiert die statt dessen begehrte Feststellung, dass der Gehsteig vor der Liegenschaft des Beklagten nicht geräumt war und eine (Neu)Schneedecke von 11 cm aufwies, nicht; abgesehen davon hat das Erstgericht diese Umstände ohnedies (wenn auch zT disloziert) festgestellt. Ob darin eine erkennbare Gefahr für die Benützung des Gehsteiges lag, ist jedoch keine Tatfrage, sondern eine Beurteilung des Sachverhaltes. Die Beweisrüge der Berufungswerber ist demnach nicht geeignet, auch nur irgendwelche Bedenken an der Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu erwecken.

Das Berufungsgericht übernimmt daher die bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und legt sie gemäß § 498 Abs 1 ZPO seiner eigenen Entscheidung zugrunde.Das Berufungsgericht übernimmt daher die bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und legt sie gemäß Paragraph 498, Absatz eins, ZPO seiner eigenen Entscheidung zugrunde.

Davon ausgehend kommt auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zu. Die Berufungswerber weisen richtig darauf hin, dass nach oberstgerichtlicher Judikatur ein Mitverschulden des Geschädigten bei einem Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten (nur) dann zu bejahen ist, wenn ein sorgfältiger Mensch rechtzeitig erkennen konnte, dass Anhaltspunkte für einen solchen Verstoß bestehen und er die Möglichkeit hatte, sich darauf einzustellen; erkennbaren Gefahren muss grundsätzlich ausgewichen werden (ZVR 1984/122; 6 Ob 333/00i mwN ua; RIS-Justiz RS0023704). Bei Schnee- oder Eisglätte muss ein Fußgänger besondere Vorsicht walten lassen, nach Möglichkeit muss er den gestreuten Teil des Weges benutzen; hiebei sind ihm auch kleinere Umwege zuzumuten (2 Ob 86/06w).

Im vorliegenden Fall waren die geräumten Gehsteigbereiche in der *****straße eisfrei; eine Glätte, aber auch eine sonstige Gefahr, war vor dem Haus *****straße 58 nicht erkennbar. Bei dieser Sachlage durfte ***** mit dem von ihr getragenen Schuhwerk den - erkennbar nur von 11 cm Neuschnee nicht geräumten - Gehsteig vor der Liegenschaft des Beklagten betreten, mit allenfalls darunter liegendem Eis musste sie nicht rechnen. Der nicht geräumte Bereich war für sie nicht als gefährlich einzustufen.

Zudem ist die Ursache des Sturzes ungeklärt geblieben: Weil nicht feststeht, ob unter dem Neuschnee Eisglätte bestand, kann auch nicht auf einen Gehfehler der ***** geschlossen werden.

Das Erstgericht ist daher zutreffend nicht von einem Mitverschulden der ***** ausgegangen.

Aus den dargelegten Gründen war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO.

Im Hinblick auf die von der Klägerin selbst vorgenommene Bewertung sowie auf ihr hinter dem Feststellungsbegehren stehendes Interesse war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt € 4.000,--, nicht jedoch € 20.000,-- übersteigt. Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO war nicht zuzulassen, weil sich Fragen von der im Gesetz genannten Bedeutung nicht stellten; die Beurteilung des Verhaltens des Geschädigten hängt nämlich von den Umständen des Einzelfalles ab (6 Ob 55/04p; 7 Ob 117/07t ua).Im Hinblick auf die von der Klägerin selbst vorgenommene Bewertung sowie auf ihr hinter dem Feststellungsbegehren stehendes Interesse war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt € 4.000,--, nicht jedoch € 20.000,-- übersteigt. Die ordentliche Revision gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO war nicht zuzulassen, weil sich Fragen von der im Gesetz genannten Bedeutung nicht stellten; die Beurteilung des Verhaltens des Geschädigten hängt nämlich von den Umständen des Einzelfalles ab (6 Ob 55/04p; 7 Ob 117/07t ua).

Landesgericht Klagenfurt

als Berufungsgericht

Anmerkung

EKL00055 1R288.07h

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LGKL729:2008:00100R00288.07H.0125.000

Dokumentnummer

JJT_20080125_LGKL729_00100R00288_07H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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