TE OGH 2008/1/29 1Ob236/07y

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Veröffentlicht am 29.01.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg M*****, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler, Mag. Harald Papesch und Mag. Helmut Leitner, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Landeshauptstadt L*****, vertreten durch Weixelbaum Humer Trenkwalder & Partner, Rechtsanwälte OG in Linz, wegen 5.100 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 4.600 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. Juli 2007, GZ 14 R 13/07s-27, womit das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 12. Oktober 2006, GZ 16 C 1173/05f-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt wie folgt lautet:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 2.300 EUR samt 4 % Zinsen seit 8. Juni 2005 zu zahlen und die anteilig mit 621 EUR bestimmten Barauslagen zu ersetzen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 2.800 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 2004 sowie 4 % Zinsen aus 2.300 EUR für die Zeit vom 1. Dezember 2004 bis 7. Juni 2005 zu zahlen, wird abgewiesen.

Im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin unterrichtet als Landeslehrerin an einer von der beklagten Partei erhaltenen öffentlichen Pflichtschule. Als sie am 30. 11. 2004 nach Unterrichtsschluss um 17.30 Uhr das Schulgebäude verließ, stürzte sie am Weg zum Lehrerparkplatz und zog sich einen Bruch zweier Rippen sowie Schürfwunden zu. Sie begehrte an Schmerzengeld 5.000 EUR, 50 EUR für beim Sturz beschädigte Schuhe und weitere 50 EUR an Spesen für Fahrten und Telefonate. Zusammengefasst brachte sie vor, sie sei deshalb zu Sturz gekommen, weil der Weg trotz Dunkelheit unbeleuchtet gewesen sei, sich an der Unfallstelle in der Mitte des Wegs ein Steher und zugleich am Wegrand ein in den Weg hineinragender Felsstein befunden habe, über den sie gestolpert sei. Die beklagte Partei habe ihre Verkehrssicherungspflicht im Sinne des § 18 Oö Landesbedienstetenschutzgesetz (Oö LBSG) verletzt, weil sie verabsäumt habe, für eine für die gefahrlose Begehung des Wegs geeignete Beleuchtung zu sorgen.

Die beklagte Partei wendete ein, der Weg sei ausreichend beleuchtet gewesen. Die Beleuchtungsanlage sei niemals beanstandet worden. Eine Verpflichtung zur 100-%igen Ausleuchtung der freien Flächen bestehe nicht. Außerdem sei es am Unfalltag nebelig gewesen; die Außenbeleuchtung sei nicht dafür bestimmt, vor den für Nebel typischen Gefahren zu schützen. In Anbetracht des Nebels hätte die Klägerin auch einen anderen Ausgang (den Vorderausgang) wählen können, um die Schule zu verlassen. Diesfalls wäre der Sturz unterblieben. Die Klägerin habe den Weg unzählige Male benutzt und sei daher mit den Örtlichkeiten bestens vertraut. Sollte die Beleuchtung nicht eingeschaltet gewesen sein, hätte die Klägerin durch Betätigung des Lichtschalters selbst für ausreichende Beleuchtung sorgen können. Ein grob fahrlässiges Verhalten der beklagten Partei im Sinne des § 1319a ABGB läge nicht vor. Selbst bei Annahme einer haftungsbegründenden Pflichtverletzung der beklagten Partei komme dieser als Schulerhalterin das Haftungsprivileg des § 333 ASVG zu Gute. Die Klägerin sei als Lehrkraft in das von der beklagten Partei besorgte Gebäudemanagement betrieblich eingegliedert gewesen.

Das Erstgericht sprach der Klägerin an Schmerzengeld 4.500 EUR sowie für das beschädigte Schuhwerk 50 EUR und für Spesen (Fahrten, Telefonate etc) weitere 50 EUR, somit insgesamt 4.600 EUR zu und wies das Mehrbegehren von 500 EUR (unangefochten) ab. Über den eingangs festgehaltenen Sachverhalt hinaus traf es folgende wesentliche Feststellungen:

Nach Unterrichtsende wählte die Klägerin den Hinterausgang, der neben dem Turnsaalgebäude liegt, um den entlang dieses Gebäudes und dann in einem Rechtsschwenk ums Hauseck führenden Weg zu begehen, der zum Lehrerparkplatz und in weiterer Folge aus dem Schulgelände hinausführt. Draußen war es bereits dunkel. Im Foyer des Gebäudes brannte noch Licht, sodass der Lichtschein aus dem Gebäudeinneren den Bereich unmittelbar beim Hinterausgang erhellte. Die Klägerin bemerkte zunächst nicht, dass entgegen den sonstigen Gepflogenheiten die Außenbeleuchtung, die damals aus auf dem Turnsaalgebäude montierten Gasleuchten bestand, nicht eingeschaltet war. Es war ihr nicht bekannt, dass man die Außenbeleuchtung mittels eines im Inneren des Hauptgebäudes beim Hinterausgang angebrachten Schalters aufdrehen konnte. Die Klägerin ging in raschem Gehtempo den etwa zwei Meter breiten asphaltierten Weg entlang und erreichte nach knapp einer Minute Gehzeit die Unfallstelle. An dieser ragt von links ein Felsstein etwa einen halben Meter in den Weg herein; zugleich befindet sich in der Mitte des Wegs ein umlegbarer Steher. Der Klägerin, die schon jahrzehntelang an der Schule tätig ist, war diese Situation bekannt. Dennoch übersah sie den Felsstein, weil sie ihr Augenmerk darauf gerichtet hatte, nicht über den ihr gefährlich erscheinenden Steher zu stürzen, von dem sie nicht wusste und - infolge der Dunkelheit - auch nicht sehen konnte, dass er an diesem Abend umgelegt war. Sie kollidierte mit dem Felsstein und kam zu Sturz. Dabei brach sie sich die achte und neunte Rippe rechts und erlitt Abschürfungen. Ihre Stiefeletten wurden beschädigt. Selbst wenn die Klägerin den Außenbeleuchtungsschalter beim Verlassen des Schulgebäudes betätigt und im normalen Gehtempo den Weg beschritten hätte, hätte zum Unfallszeitpunkt die Gasleuchte noch nicht ihre volle Leuchtkraft entfaltet gehabt, sodass die Unfallstelle im Dunkeln gelegen gewesen wäre. Weder der Weg, noch der Felsstein oder der Steher wären einigermaßen deutlich erkennbar gewesen. Erst dreieinhalb Minuten nach Einschalten der Gasleuchten erreichten diese ihre volle Leuchtkraft und leuchteten auch die Unfallstelle aus.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei habe als Schulerhalterin gegenüber der Klägerin Schutz- und Sorgfaltspflichten einzuhalten und dafür Sorge zu tragen gehabt, dass der Weg auch bei Finsternis gefahrlos begangen werden könne. Die beklagte Partei wäre daher verpflichtet gewesen, die Beleuchtungseinrichtungen darauf zu überprüfen, ob diese ein gefahrloses Begehen des Weges ermöglichten. Dies habe sie unterlassen, sodass es mangels Ausleuchtung der Unfallstelle zum Sturz der Klägerin habe kommen können. Ein Mitverschulden sei der Klägerin nicht anzulasten, weil sie danach getrachtet habe, nicht gegen den ihr bekannten Steher zu prallen, weswegen ihr nicht vorwerfbar sei, über den in den Weg hereinragenden Felsstein zu Sturz gekommen zu sein. Die Anwendung des § 333 ASVG scheide aus. Die von der Klägerin erlittenen Verletzungen und die damit verbundenen Schmerzen rechtfertigten den Zuspruch von Schmerzensgeld in Höhe von 4.500 EUR zuzüglich dem gemäß § 273 ZPO jeweils mit 50 EUR als angemessen anzusehenden Ersatz für die beschädigten Stiefeletten und Spesen für Fahrten und Telefonate.

Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Tatbestandsmäßige Voraussetzung für das Haftungsprivileg des Dienstgebers nach § 333 Abs 1 ASVG sei das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Die Klägerin habe weder die Sphäre ihres eigenen Betriebs (der Schule) verlassen, noch sich dem Aufgabenbereich der beklagten Partei (Gebäudemanagement) untergeordnet. Sie habe für die beklagte Partei keinerlei Arbeiten verrichtet, die sonst im Rahmen der Besorgung des Gebäudemanagements anfallen. Eine Haftungsfreiheit der beklagten Partei nach § 335 Abs 3 ASVG liege nicht vor, da diese Regelung ausschließlich das Verhältnis von Schülern und Studierenden zu den gesetzlichen Schulerhaltern betreffe. Der Weg zum Parkplatz sei als Landfläche im Sinne des § 1319a ABGB zu verstehen. § 1319a ABGB gehe anderen, den selben Regelungsgegenstand betreffenden Deliktsnormen im Sinne einer materiellen Derogation prinzipiell vor und verdränge auch § 18 Abs 2 des Oö Landesbediensteten-Schutzgesetzes (LBSG) sowie § 48 Abs 1 Z 1 Oö Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 ( Oö POG) im Sinne einer lex specialis. Aus diesem Grund sei die beklagte Partei als Wegehalter für den ordnungsgemäßen Zustand des Wegs nur verantwortlich, sofern sie oder einer ihrer Leute den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hätten. Ein solch extremes (ungewöhnliches und auffallendes) Abweichen von der gebotenen Sorgfalt liege nicht vor. Trotz abgeschalteter Beleuchtung sei ein Schadenseintritt für die beklagte Partei wenig wahrscheinlich gewesen. Der Umstand, dass die Gasleuchten infolge eines Versehens der Schulwartin zum Unfallszeitpunkt nicht aufgedreht waren, sei nicht als auffallend schwer zu beurteilen. Infolge grundsätzlicher Funktionstüchtigkeit der Gasleuchten stelle es kein schweres Organisationsverschulden dar, dass keine dem Stand der Technik entsprechenden Lichtquellen, wie etwa bei Bewegung sich automatisch einschaltende Leuchten, verwendet worden seien.Das Berufungsgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Tatbestandsmäßige Voraussetzung für das Haftungsprivileg des Dienstgebers nach § 333 Abs 1 ASVG sei das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Die Klägerin habe weder die Sphäre ihres eigenen Betriebs (der Schule) verlassen, noch sich dem Aufgabenbereich der beklagten Partei (Gebäudemanagement) untergeordnet. Sie habe für die beklagte Partei keinerlei Arbeiten verrichtet, die sonst im Rahmen der Besorgung des Gebäudemanagements anfallen. Eine Haftungsfreiheit der beklagten Partei nach Paragraph 335, Abs 3 ASVG liege nicht vor, da diese Regelung ausschließlich das Verhältnis von Schülern und Studierenden zu den gesetzlichen Schulerhaltern betreffe. Der Weg zum Parkplatz sei als Landfläche im Sinne des § 1319a ABGB zu verstehen. § 1319a ABGB gehe anderen, den selben Regelungsgegenstand betreffenden Deliktsnormen im Sinne einer materiellen Derogation prinzipiell vor und verdränge auch § 18 Absatz 2, des Oö Landesbediensteten-Schutzgesetzes (LBSG) sowie § 48 Abs 1 Z 1 Oö Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 ( Oö POG) im Sinne einer lex specialis. Aus diesem Grund sei die beklagte Partei als Wegehalter für den ordnungsgemäßen Zustand des Wegs nur verantwortlich, sofern sie oder einer ihrer Leute den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hätten. Ein solch extremes (ungewöhnliches und auffallendes) Abweichen von der gebotenen Sorgfalt liege nicht vor. Trotz abgeschalteter Beleuchtung sei ein Schadenseintritt für die beklagte Partei wenig wahrscheinlich gewesen. Der Umstand, dass die Gasleuchten infolge eines Versehens der Schulwartin zum Unfallszeitpunkt nicht aufgedreht waren, sei nicht als auffallend schwer zu beurteilen. Infolge grundsätzlicher Funktionstüchtigkeit der Gasleuchten stelle es kein schweres Organisationsverschulden dar, dass keine dem Stand der Technik entsprechenden Lichtquellen, wie etwa bei Bewegung sich automatisch einschaltende Leuchten, verwendet worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 48 Abs 1 Z 1 Oö POG 1992 ist unter Erhaltung einer öffentlichen Pflichtschule (unter anderem) die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften sowie deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung zu verstehen. Gemäß Abs 3 des § 48 Oö POG zählen zu den Schulliegenschaften insbesondere der Schulgrund, die Schulgebäude und die zur Schule gehörenden Nebengebäude, einzelne Schulräume, Lehrwerkstätten, Schulbauplätze, Turn- und Spielplätze, Pausenhöfe und Schulgärten. § 48 Oö POG ist als Schutznorm zu qualifizieren, nach deren Zweck unter anderem auch Lehrern ein sicherer, gefahrloser Zu- und Abgang zur und von der Schule ermöglicht werden soll. Dass das Oö POG insoweit für den Schutz der Gesundheit von Landeslehrern maßgeblich ist, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass das Oö Landesbedienstetenschutzgesetz 1998 (Oö LBSG) 1998 LGBl 1998/13, auf Lehrer für öffentliche Pflichtschulen nicht anwendbar ist (§ 1 Oö LBSG; vgl 1 Ob 213/06i zu § 24 StPEG 2004 LGBl 2004/71 mwN). Nach richtigem Verständnis der erstinstanzlichen Feststellungen zählt der von der Klägerin begangene Weg zur Schulliegenschaft im Sinne des § 48 Abs 3 Oö POG. Die beklagte Partei treffen somit die im Oö POG festgelegten Instandhaltungspflichten, um die körperliche Unversehrtheit von Lehrern zu gewährleisten. Wie schon in der Entscheidung 1 Ob 213/06i zum Ausdruck gelangt ist, ist die Sorgfaltspflicht des Schulerhalters nach den in den Landesgesetzen über die Schulerhaltung enthaltenen Vorschriften - und nicht nach § 1319a ABGB - zu beurteilen. Die landesgesetzlichen Regelungen schließen die Anwendung des § 1319a ABGB aus. Dies erklärt sich daraus, dass die in § 1319a ABGB normierte Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit ihre sachliche Rechtfertigung ausschließlich darin findet, dass ein Weg zulässigerweise allgemein benützt werden kann, was den Verantwortlichen in besonderer Weise belastet. Nur unter dieser Voraussetzung soll § 1319a ABGB zur Anwendung gelangen (RIS-Justiz RS0030061), nicht jedoch dort, wo das Merkmal des „Rechts der Benützung durch jedermann unter den gleichen Bedingungen" fehlt (8 Ob 611/89), wie etwa bei Schulliegenschaften, bei denen Schulfremden der freie Zutritt versagt bleibt. In diesen Fällen soll es bei den allgemeinen Grundsätzen über den Schadenersatz bleiben, welchem Grundgedanken die im Oö POG enthaltenen Schutzvorschriften in Ansehung von Landeslehrern entsprechen. In ähnlicher Weise schließt nach ständiger Rechtsprechung eine vertraglich übernommene Haftung jene nach § 1319a ABGB aus (SZ 52/135; SZ 53/169), ebenso das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit (Reischauer in Rummel3 § 1319a ABGB Rz 28). Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, § 1319a ABGB gehe § 48 Oö POG vor, weswegen die Haftung der beklagten Partei auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt sei, ist somit nicht zu folgen. Zwar hat der durch BGBl 1975/416 eingefügte § 1319a ABGB frühere landesgesetzliche Vorschriften, die denselben Gegenstand regelten (wie etwa § 9 des Kärntner Straßengesetzes 1971 siehe ZVR 1984/47) derogiert. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass § 1319a ABGB auch das Oö POG verdrängte, ist dieses Gesetz doch erst 1992 erlassen worden und dessen § 48 als besondere Schutznorm für bestimmte Personenkreise (Schüler, Lehrer) zu verstehen. Da sich die Klägerin als Landeslehrerin einer öffentlichen Pflichtschule unmittelbar nach Unterrichtsschluss auf dem Schulgelände befand, als sich der Unfall ereignete, ist sie eindeutig vom Schutzbereich des § 48 Abs 1 Z 1 Oö POG erfasst. Ein „allgemeiner Verkehr" im Sinne des § 1319a ABGB wurde für das Schulgelände nicht eröffnet, bezeichnet doch die beklagte Partei selbst die von der Klägerin benutzte Wegfläche als „Wegbereich des Hinterhofs der Schule", also eindeutig als zur „Schulliegenschaft" zählend (siehe ON 5; § 48 Abs 3 Oö POG).Gemäß § 48 Abs 1 Z 1 Oö POG 1992 ist unter Erhaltung einer öffentlichen Pflichtschule (unter anderem) die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften sowie deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung zu verstehen. Gemäß Abs 3 des § 48 Oö POG zählen zu den Schulliegenschaften insbesondere der Schulgrund, die Schulgebäude und die zur Schule gehörenden Nebengebäude, einzelne Schulräume, Lehrwerkstätten, Schulbauplätze, Turn- und Spielplätze, Pausenhöfe und Schulgärten. § 48 Oö POG ist als Schutznorm zu qualifizieren, nach deren Zweck unter anderem auch Lehrern ein sicherer, gefahrloser Zu- und Abgang zur und von der Schule ermöglicht werden soll. Dass das Oö POG insoweit für den Schutz der Gesundheit von Landeslehrern maßgeblich ist, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass das Oö Landesbedienstetenschutzgesetz 1998 (Oö LBSG) 1998 LGBl 1998/13, auf Lehrer für öffentliche Pflichtschulen nicht anwendbar ist (Paragraph eins, Oö LBSG; vergleiche 1 Ob 213/06i zu Paragraph 24, StPEG 2004 LGBl 2004/71 mwN). Nach richtigem Verständnis der erstinstanzlichen Feststellungen zählt der von der Klägerin begangene Weg zur Schulliegenschaft im Sinne des § 48 Abs 3 Oö POG. Die beklagte Partei treffen somit die im Oö POG festgelegten Instandhaltungspflichten, um die körperliche Unversehrtheit von Lehrern zu gewährleisten. Wie schon in der Entscheidung 1 Ob 213/06i zum Ausdruck gelangt ist, ist die Sorgfaltspflicht des Schulerhalters nach den in den Landesgesetzen über die Schulerhaltung enthaltenen Vorschriften - und nicht nach § 1319a ABGB - zu beurteilen. Die landesgesetzlichen Regelungen schließen die Anwendung des § 1319a ABGB aus. Dies erklärt sich daraus, dass die in § 1319a ABGB normierte Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit ihre sachliche Rechtfertigung ausschließlich darin findet, dass ein Weg zulässigerweise allgemein benützt werden kann, was den Verantwortlichen in besonderer Weise belastet. Nur unter dieser Voraussetzung soll § 1319a ABGB zur Anwendung gelangen (RIS-Justiz RS0030061), nicht jedoch dort, wo das Merkmal des „Rechts der Benützung durch jedermann unter den gleichen Bedingungen" fehlt (8 Ob 611/89), wie etwa bei Schulliegenschaften, bei denen Schulfremden der freie Zutritt versagt bleibt. In diesen Fällen soll es bei den allgemeinen Grundsätzen über den Schadenersatz bleiben, welchem Grundgedanken die im Oö POG enthaltenen Schutzvorschriften in Ansehung von Landeslehrern entsprechen. In ähnlicher Weise schließt nach ständiger Rechtsprechung eine vertraglich übernommene Haftung jene nach § 1319a ABGB aus (SZ 52/135; SZ 53/169), ebenso das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeit (Reischauerin Rummel3 § 1319a ABGB Rz 28). Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, § 1319a ABGB gehe § 48 Oö POG vor, weswegen die Haftung der beklagten Partei auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt sei, ist somit nicht zu folgen. Zwar hat der durch BGBl 1975/416 eingefügte § 1319a ABGB frühere landesgesetzliche Vorschriften, die denselben Gegenstand regelten (wie etwa § 9 des Kärntner Straßengesetzes 1971 siehe ZVR 1984/47) derogiert. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass § 1319a ABGB auch das Oö POG verdrängte, ist dieses Gesetz doch erst 1992 erlassen worden und dessen § 48 als besondere Schutznorm für bestimmte Personenkreise (Schüler, Lehrer) zu verstehen. Da sich die Klägerin als Landeslehrerin einer öffentlichen Pflichtschule unmittelbar nach Unterrichtsschluss auf dem Schulgelände befand, als sich der Unfall ereignete, ist sie eindeutig vom Schutzbereich des § 48 Abs 1 Z 1 Oö POG erfasst. Ein „allgemeiner Verkehr" im Sinne des § 1319a ABGB wurde für das Schulgelände nicht eröffnet, bezeichnet doch die beklagte Partei selbst die von der Klägerin benutzte Wegfläche als „Wegbereich des Hinterhofs der Schule", also eindeutig als zur „Schulliegenschaft" zählend (siehe ON 5; § 48 Abs 3 Oö POG).

Zu prüfen bleibt, ob der beklagten Partei ein (leichtes) Verschulden bzw der Klägerin ein Mitverschulden zuzurechnen ist. Beides ist zu bejahen.

Es versteht sich von selbst, dass für eine gefährliche Stelle eines Wegs - wie sie zweifellos die Unfallstelle infolge Zusammentreffens zweier Gefahrenmomente (Steher und Felsstein) darstellt - eine Beleuchtungssituation zu schaffen ist, die auch bei Dämmerung und Dunkelheit ein gefahrloses Passieren gewährleistet. Technisch wäre dies ohne weitere Schwierigkeiten beispielsweise durch das Anbringen von sich selbsttätig einschaltenden Beleuchtungseinrichtungen zu bewerkstelligen gewesen; das Belassen der vorhandenen und abschaltbaren Gasleuchten, obwohl diese infolge des langsamen Erreichens ihrer vollen Leuchtkraft die Unfallstelle nicht auszuleuchten vermochten, selbst wenn ein Fußgänger bei Verlassen des Schulgebäudes den Lichtschalter betätigte und in normalem Gehtempo den Weg beschritt, ist im Zusammenhang mit der mangelnden Kontrolle des Einschaltens dieser Beleuchtung der beklagten Partei als leichtes Verschulden zuzurechnen und begründet deren Haftung.

Wie bereits das Erstgericht - insoweit unbekämpft - ausgeführt hat, rechtfertigen die von der Klägerin erlittenen Verletzungen und die damit verbundenen Schmerzen grundsätzlich ein Schmerzengeld von 4.500 EUR zuzüglich jeweils 50 EUR für Schäden an den Stiefeletten und Auslagen für Fahrten und Telefonate. Zu berücksichtigen ist aber ein Mitverschulden der Klägerin:

Nach ständiger Rechtsprechung muss von jedem Fußgänger verlangt werden, dass er beim Gehen auch „vor die Füße schaut" (RIS-Justiz RS0027447) und der einzuschlagenden Wegstrecke Aufmerksamkeit zuwendet (vgl ZVR 1989/28; 3 Ob 519/95; 9 Ob 404/97w). Im vorliegenden Fall ging die Klägerin, der die örtlichen Verhältnisse vertraut waren, trotz Dunkelheit in raschem Gehtempo den Weg entlang. Dabei richtete sie ihr Augenmerk zwar auf den ihr gefährlich erscheinenden Steher, wendete aber dem Felsstein keine ausreichende Aufmerksamkeit zu, weswegen sie mit diesem „kollidierte" und zu Sturz kam. Bei - wie festgestellt - völliger Dunkelheit hätte die Klägerin in Annäherung an die Unfallstelle ihr Gehtempo jedenfalls wesentlich reduzieren und sich an den ihr als gefährlich bekannten Wegabschnitt „herantasten" müssen, um einen (folgenschweren) Kontakt mit den Hindernissen zu vermeiden. Nicht nur die beklagte Partei, sondern auch die Klägerin hat somit eine Bedingung für den Schadenseintritt gesetzt, der ihr als Mitverschulden anzulasten ist.Nach ständiger Rechtsprechung muss von jedem Fußgänger verlangt werden, dass er beim Gehen auch „vor die Füße schaut" (RIS-Justiz RS0027447) und der einzuschlagenden Wegstrecke Aufmerksamkeit zuwendet vergleiche ZVR 1989/28; 3 Ob 519/95; 9 Ob 404/97w). Im vorliegenden Fall ging die Klägerin, der die örtlichen Verhältnisse vertraut waren, trotz Dunkelheit in raschem Gehtempo den Weg entlang. Dabei richtete sie ihr Augenmerk zwar auf den ihr gefährlich erscheinenden Steher, wendete aber dem Felsstein keine ausreichende Aufmerksamkeit zu, weswegen sie mit diesem „kollidierte" und zu Sturz kam. Bei - wie festgestellt - völliger Dunkelheit hätte die Klägerin in Annäherung an die Unfallstelle ihr Gehtempo jedenfalls wesentlich reduzieren und sich an den ihr als gefährlich bekannten Wegabschnitt „herantasten" müssen, um einen (folgenschweren) Kontakt mit den Hindernissen zu vermeiden. Nicht nur die beklagte Partei, sondern auch die Klägerin hat somit eine Bedingung für den Schadenseintritt gesetzt, der ihr als Mitverschulden anzulasten ist.

Bei der Schadensteilung ist vor allem die Schwere der beiderseitigen Zurechnungsgründe zu berücksichtigen (siehe nur Karner in KBB2, Rz 4 zu § 1304 ABGB mwN). Setzt man das der beklagten Partei infolge mangelnder Ausleuchtung der Unfallstelle vorwerfbare Verschulden in Relation zu der der Klägerin infolge Einhaltung eines zu raschen Gehtempos anzulastenden Sorglosigkeit, ist eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 gerechtfertigt.Bei der Schadensteilung ist vor allem die Schwere der beiderseitigen Zurechnungsgründe zu berücksichtigen (siehe nur Karner in KBB2, Rz 4 zu Paragraph 1304, ABGB mwN). Setzt man das der beklagten Partei infolge mangelnder Ausleuchtung der Unfallstelle vorwerfbare Verschulden in Relation zu der der Klägerin infolge Einhaltung eines zu raschen Gehtempos anzulastenden Sorglosigkeit, ist eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 gerechtfertigt.

Zum Haftungsausschluss kommt es, wenn der Verletzte die Sphäre seines eigenen Betriebs verlässt und sich dem Aufgabenbereich eines anderen Unternehmers - wenn auch nur kurzfristig - unterordnet und dabei Arbeiten verrichtet, die auch sonst in dem in Frage stehenden Betrieb anfallen und üblicherweise von einem Arbeitnehmer im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichtet werden (SZ 52/66). Dem von der beklagten Partei in der Revisionsbeantwortung aufrecht erhaltenen Einwand im Sinne des § 333 ASVG ist - wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat - entgegen zu halten, dass die Klägerin die „Sphäre des Schulbetriebs" nicht verlassen und sich auch nicht dem Aufgabenbereich des Unternehmens der beklagten Partei (dem Gebäudemanagement) untergeordnet hat.

Der Revision der Klägerin ist daher teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 und 2 ZPO. Die Klägerin ist mit etwa 45 % ihrer Klageforderung durchgedrungen, wobei das Schmerzengeld von der Ausmittlung durch einen Sachverständigen abhängig war. Es ist daher von einem gleichteiligen Obsiegen der Parteien auszugehen, weshalb die Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben sind. Die jeweils entrichteten Barauslagen sind bei jeweils 50 %igem Obsiegen je zur Hälfte zuzusprechen, sodass ein Überhang zu Gunsten der Klägerin verbleibt.

Textnummer

E86675

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0010OB00236.07Y.0129.000

Im RIS seit

28.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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