TE OGH 2008/1/31 12Os129/07y

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Veröffentlicht am 31.01.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich F***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. Juli 2007, GZ 10 Hv 46/07d-103, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Ruhri zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich F***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach Paragraph 156, Absatz eins und Absatz 2, StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 10. Juli 2007, GZ 10 Hv 46/07d-103, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Ruhri zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Freispruch 1 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich F***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Graz und an anderen Orten

1. als Angestellter des nicht protokollierten Einzelunternehmens „D*****" dazu beigetragen, dass der abgesondert verfolgte Daniel F***** als Schuldner einen Bestandteil seines Vermögens beiseite schaffte und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelte oder schmälerte, indem er im Zeitraum von März 2006 bis 17. August 2006 die finanzielle und buchhalterische Leitung des genannten Unternehmens wahrnahm und zusammen mit Daniel F***** die Verlagerung der operativen Tätigkeit nach Dubai bewerkstelligte, wobei insbesondere bewirkt wurde, dass einlangende Kundenzahlungen nicht auf die Geschäftskonten der „D*****" in Graz, sondern auf eigens geschaffene Kontoverbindungen in Dubai gelangten und die laufenden Geschäftsprojekte von der „B*****" in Dubai übernommen wurden, während Erich F***** die andrängenden Gläubiger durch die Vorspiegelung, es handle sich um eine lediglich vorübergehende Zahlungsstockung, und Ratenzahlungszusagen zur Abstandnahme von gerichtlichen Schritten veranlasste, wodurch ein derzeit nicht exakt bezifferbarer, jedoch 50.000 Euro jedenfalls übersteigender Schaden verursacht wurde;

2. im Zeitraum von 19. Juni 2006 bis Anfang August 2006 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Daniel F***** mit dem Vorsatz, diesen durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der „E***** AG *****" durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit der „D*****" im Zuge mehrerer Bestellungen zur Lieferung von Mess- und Regeltechnikgerätschaften im Wert von insgesamt 73.065,60 Euro, somit zu Handlungen verleitet, welche die genannte Aktiengesellschaft in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.gemäß Paragraph 259, Ziffer 3, StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der teilweise Berechtigung zukommt.Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5, StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der teilweise Berechtigung zukommt.

Zum Freispruch 1:

Die Beschwerdeführerin bekämpft mittels Mängelrüge die Negativfeststellungen des Erstgerichts betreffend die finanzielle und buchhalterische Leitung des gesamten Unternehmens im Zeitraum von März 2006 bis zum 17. August 2006 durch den Angeklagten sowie die Bewerkstelligung der Verlagerung der operativen Tätigkeit nach Dubai zusammen mit Daniel F*****. Sie wendet sich außerdem gegen die erstgerichtlichen Konstatierungen, wonach dem Angeklagten keine Tathandlungen nachgewiesen werden könnten, die Ursache dafür waren, dass dadurch zumindest ein Gläubiger effektiv einen Befriedigungsausfall erlitten hätte, sowie gegen die Urteilsannahme, eine Beteiligung iSd §§ 12 dritter Fall, 14 Abs 1 StGB sei nicht feststellbar gewesen, schließlich noch gegen die Feststellung, ein 50.000 Euro übersteigender Schaden könne nicht angenommen werden. Zutreffend macht die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt unvollständiger Begründung (Z 5 zweiter Fall) geltend, das Erstgericht habe den Angeklagten belastende Verfahrensresultate völlig ungewürdigt und unerörtert gelassen.Die Beschwerdeführerin bekämpft mittels Mängelrüge die Negativfeststellungen des Erstgerichts betreffend die finanzielle und buchhalterische Leitung des gesamten Unternehmens im Zeitraum von März 2006 bis zum 17. August 2006 durch den Angeklagten sowie die Bewerkstelligung der Verlagerung der operativen Tätigkeit nach Dubai zusammen mit Daniel F*****. Sie wendet sich außerdem gegen die erstgerichtlichen Konstatierungen, wonach dem Angeklagten keine Tathandlungen nachgewiesen werden könnten, die Ursache dafür waren, dass dadurch zumindest ein Gläubiger effektiv einen Befriedigungsausfall erlitten hätte, sowie gegen die Urteilsannahme, eine Beteiligung iSd Paragraphen 12, dritter Fall, 14 Absatz eins, StGB sei nicht feststellbar gewesen, schließlich noch gegen die Feststellung, ein 50.000 Euro übersteigender Schaden könne nicht angenommen werden. Zutreffend macht die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt unvollständiger Begründung (Ziffer 5, zweiter Fall) geltend, das Erstgericht habe den Angeklagten belastende Verfahrensresultate völlig ungewürdigt und unerörtert gelassen.

Wenngleich das Gericht nach § 258 Abs 2 StPO in der Beweiswürdigung nicht an formelle Beweisregeln gebunden und nach § 270 Abs 2 Z 5 StPO nur verpflichtet ist, die entscheidenden Umstände in gedrängter Darstellung abzufassen, ohne sämtliche Verfahrensergebnisse detailliert zu erörtern, muss es in jedem Fall das wesentliche Beweismaterial verwerten und - falls sich der Schöffensenat für die Glaubwürdigkeit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten entscheidet - formell einwandfrei dartun, aus welchen Gründen es die in die entgegengesetzte Richtung weisenden Beweisergebnisse für belanglos oder nicht hinreichend überzeugend hält. Wegen Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ist demzufolge ein Urteil dann nichtig, wenn das Gericht bei einer solchen Feststellung in der Hauptverhandlung erörterte Tatsachen oder aufgenommene Beweise oder sonst im Beweisverfahren hervorgekommene Umstände mit Stillschweigen übergeht oder ungewürdigt lässt (Ratz, WK-StPO Rz 421; Fabrizy, StPO9 Rz 43, beide zu § 281).Wenngleich das Gericht nach Paragraph 258, Absatz 2, StPO in der Beweiswürdigung nicht an formelle Beweisregeln gebunden und nach Paragraph 270, Absatz 2, Ziffer 5, StPO nur verpflichtet ist, die entscheidenden Umstände in gedrängter Darstellung abzufassen, ohne sämtliche Verfahrensergebnisse detailliert zu erörtern, muss es in jedem Fall das wesentliche Beweismaterial verwerten und - falls sich der Schöffensenat für die Glaubwürdigkeit der leugnenden Verantwortung des Angeklagten entscheidet - formell einwandfrei dartun, aus welchen Gründen es die in die entgegengesetzte Richtung weisenden Beweisergebnisse für belanglos oder nicht hinreichend überzeugend hält. Wegen Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen im Sinne der Ziffer 5, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO ist demzufolge ein Urteil dann nichtig, wenn das Gericht bei einer solchen Feststellung in der Hauptverhandlung erörterte Tatsachen oder aufgenommene Beweise oder sonst im Beweisverfahren hervorgekommene Umstände mit Stillschweigen übergeht oder ungewürdigt lässt (Ratz, WK-StPO Rz 421; Fabrizy, StPO9 Rz 43, beide zu Paragraph 281,).

Vorliegend hat das Erstgericht - wie die Anklagebehörde zu Recht aufzeigt - die belastende Aussage des Zeugen Christian Ed***** über den steigenden Einfluss des Angeklagten auf die Unternehmensführung ab März 2006 (also nach dem Abgang von Daniel F***** nach Dubai) ebenso wenig berücksichtigt wie dessen Angaben, ein im Iran ansässiger Kunde habe im Mai 2006 einen Betrag von 200.000 Euro auf ein Konto in Dubai überwiesen und eine weitere Zahlung in Höhe von 88.000 Euro sei direkt, ohne Graz zu tangieren, von den USA nach Dubai erfolgt (S 161 f/VI; vgl auch die vorliegende E-Mail-Korrespondenz [Beilagen zu ON 37] und die Darstellung des Angeklagten in seinem Reisebericht [ON 33, S 401]). Das erstgerichtliche Urteil übergeht darüber hinaus das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen Mag. (FH) Martin G***** zur Höhe des Gläubigerschadens sowie zur Frage der Mittelverbringung vom Einzelunternehmen D***** nach Dubai, insbesondere die Ausführungen, wonach davon auszugehen sei, dass Lieferungen des Einzelunternehmens an Endabnehmer erfolgten, weil aus den Unterlagen hervorgehe, dass Kundenzahlungen veranlasst worden, diese allerdings nicht auf den Konten der D***** bei der St***** Bank und Sp***** AG eingelangt seien (S 199 ff und 215 ff im Ergänzungsgutachten ON 99/VI). Ebenso wenig berücksichtigten die Tatrichter einen den Angeklagten belastenden E-Mail-Verkehr vom 13. Juli 2006 mit seinem Sohn Daniel F***** (S 393/V), aus dem sich ergibt, dass die Bezahlung von Lieferantenrechnungen nicht geplant war, und zwischen den beiden die Möglichkeit erörtert wurde, die Firma in Österreich in Konkurs zu schicken (S 375/V, vgl auch S 387/V).Vorliegend hat das Erstgericht - wie die Anklagebehörde zu Recht aufzeigt - die belastende Aussage des Zeugen Christian Ed***** über den steigenden Einfluss des Angeklagten auf die Unternehmensführung ab März 2006 (also nach dem Abgang von Daniel F***** nach Dubai) ebenso wenig berücksichtigt wie dessen Angaben, ein im Iran ansässiger Kunde habe im Mai 2006 einen Betrag von 200.000 Euro auf ein Konto in Dubai überwiesen und eine weitere Zahlung in Höhe von 88.000 Euro sei direkt, ohne Graz zu tangieren, von den USA nach Dubai erfolgt (S 161 f/VI; vergleiche auch die vorliegende E-Mail-Korrespondenz [Beilagen zu ON 37] und die Darstellung des Angeklagten in seinem Reisebericht [ON 33, S 401]). Das erstgerichtliche Urteil übergeht darüber hinaus das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen Mag. (FH) Martin G***** zur Höhe des Gläubigerschadens sowie zur Frage der Mittelverbringung vom Einzelunternehmen D***** nach Dubai, insbesondere die Ausführungen, wonach davon auszugehen sei, dass Lieferungen des Einzelunternehmens an Endabnehmer erfolgten, weil aus den Unterlagen hervorgehe, dass Kundenzahlungen veranlasst worden, diese allerdings nicht auf den Konten der D***** bei der St***** Bank und Sp***** AG eingelangt seien (S 199 ff und 215 ff im Ergänzungsgutachten ON 99/VI). Ebenso wenig berücksichtigten die Tatrichter einen den Angeklagten belastenden E-Mail-Verkehr vom 13. Juli 2006 mit seinem Sohn Daniel F***** (S 393/V), aus dem sich ergibt, dass die Bezahlung von Lieferantenrechnungen nicht geplant war, und zwischen den beiden die Möglichkeit erörtert wurde, die Firma in Österreich in Konkurs zu schicken (S 375/V, vergleiche auch S 387/V).

Wie die Beschwerde weiters aufzeigt, setzt sich das Erstgericht in keiner Weise mit der schriftlich festgehaltenen Aufgabenaufteilung im gegenständlichen Einzelunternehmen während des Dubaiaufenthalts von Daniel F***** auseinander. Danach waren dem Angeklagten das gesamte „Handling" der Buchhaltung, die Durchführung aller Überweisungen sowie alle Behördenwege im Rahmen des Unternehmens übertragen (S 273/I).

Unerwähnt bleibt im erstgerichtlichen Urteil auch der im Sinne der Anklage belastende Umstand, dass Tan-Listen (Berechtigungscodes zur Durchführung von Überweisungen) für das Geschäftskonto des Einzelunternehmens D***** in einer Tasche des Angeklagten aufgefunden wurden (S 269/I) und er daher insoweit zeichnungsberechtigt war. Die Nichtigkeitswerberin weist außerdem zutreffend darauf hin, dass das Schöffengericht einen Bericht des Angeklagten über eine Geschäftsreise nach Teheran (S 399 ff/II), die für seine gehobene Verantwortlichkeit im Einzelunternehmen spricht, völlig außer Acht lässt.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tatrichter bei gebotener Erörterung der angeführten Beweisergebnisse zu einer anderen Beurteilung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten und zu anderen (gegenteiligen) Feststellungen gelangt wären. Die von der Staatsanwaltshaft zutreffend gerügten Begründungsmängel bewirken Nichtigkeit des Punktes 1 des Freispruches nach der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO, weshalb sich die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung insoweit als unvermeidlich erweist.Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Tatrichter bei gebotener Erörterung der angeführten Beweisergebnisse zu einer anderen Beurteilung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten und zu anderen (gegenteiligen) Feststellungen gelangt wären. Die von der Staatsanwaltshaft zutreffend gerügten Begründungsmängel bewirken Nichtigkeit des Punktes 1 des Freispruches nach der Ziffer 5, des Paragraph 281, Absatz eins, StPO, weshalb sich die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung insoweit als unvermeidlich erweist.

Zum Freispruch 2:

Die Ausführungen der Mängelrüge, auf Grund des umfassenden Verantwortungsbereichs des Angeklagten sei der Vorwurf von Betrugshandlungen zum Nachteil der E***** durch die Feststellung, dass die Bestellungen durch den Zeugen Christian Ed***** getätigt wurden, nicht zu entkräften, richten sich hingegen in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Weshalb die Berücksichtigung der Zeugenaussage des informierten Vertreters des geschädigten Unternehmens, keinerlei direkten Kontakt mit Daniel F***** gehabt zu haben, zu einer anderen Lösung der Schuldfrage führen könnte, wird in der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht nachvollziehbar dargetan, weshalb dieser Einwand einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist. In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Freispruch 1 aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen. Zum Freispruch 2 war die Nichtigkeitsbeschwerde hingegen zu verwerfen.

Anmerkung

E86855 12Os129.07y

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0120OS00129.07Y.0131.000

Dokumentnummer

JJT_20080131_OGH0002_0120OS00129_07Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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