TE OGH 2008/2/7 9Ob39/07m

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Veröffentlicht am 07.02.2008
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) F***** GmbH, 2.) M***** V*****, Prokuristin, 3.) H***** R*****, Geschäftsführer, alle ***** alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei H***** Vermietungs AG Nfg OEG, *****, vertreten durch Pistotnik Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Wien, wegen Anfechtung eines Mietvertrags (Streitwert 943.183,32 EUR), über den Revisionsrekurs der erstklagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. Jänner 2007, GZ 38 R 293/06d-19, mit dem dem Rekurs der erstklagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 24. Juli 2006, GZ 36 C 609/05y-11, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit er die Nichtzuerkennung der Verfahrenshilfe an die Erstklägerin betrifft, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Die erstklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.420,54 EUR (darin 570,09 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Erstklägerin schloss am 17. 10. 2002 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen später noch erweiterten Mietvertrag über ein Bestandobjekt, in welchem das Unternehmen der Erstklägerin betrieben wurde. Am 25. 7. 2005 wurde zu 4 S 78/05f des Handelsgerichts Wien der Konkurs über das Vermögen der Erstklägerin eröffnet.

Mit ihrer Rechtsgestaltungsklage vom 17. 10. 2005 begehrt die Erstklägerin die Aufhebung des Bestandvertrags wegen eines wesentlichen Geschäftsirrtums. Die Klageführung der Erstklägerin wurde vom Masseverwalter, der selbst Dispositionen über das Mietobjekt und den Bestandvertrag getroffen hatte, ausdrücklich nicht genehmigt, desgleichen wurden eine Ausscheidung des Mietobjekts bzw der Mietrechte aus der Masse und die Überlassung an die Gemeinschuldnerin verweigert.

Das Erstgericht wies die Klage der Erstklägerin mangels Prozessfähigkeit zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil es keine Rechtsprechung dazu gebe, ob Irrtumsanfechtungansprüche von der Konkurssperre umfasst seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Erstklägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Erstklägerin die Verfahrenshilfe bewilligt und die Zurückweisung der Klage ersatzlos aufgehoben wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO ist der Revisionsrekurs über die Verfahrenshilfe jedenfalls unzulässig.Gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 4, ZPO ist der Revisionsrekurs über die Verfahrenshilfe jedenfalls unzulässig.

Darüber hinaus ist der Revisionsrekurs nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob ein Gemeinschuldner einen von ihm vor Konkurseröffnung abgeschlossenen Bestandvertrag trotz Konkurssperre wegen Irrtums klageweise anfechten kann, zutreffend verneint. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat die Frage, ob ein Gemeinschuldner einen von ihm vor Konkurseröffnung abgeschlossenen Bestandvertrag trotz Konkurssperre wegen Irrtums klageweise anfechten kann, zutreffend verneint. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen werden (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Für die Beurteilung der Prozessfähigkeit des Gemeinschuldners ist von der Bestimmung des § 6 KO auszugehen. Danach fehlt (iVm § 1 Abs 1 KO) dem Gemeinschuldner die passive Prozessfähigkeit im Masseprozess. Für Aktivprozesse des Gemeinschuldners mangelt es an einer solchen ausdrücklichen Regelung. Diesbezüglich gilt aber § 3 KO, wonach Rechtshandlungen des Gemeinschuldners und damit auch die Prozessführung als Kläger, soweit sie die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind (RIS-Justiz RS0064016; SZ 2004/159). Zu den „Gemeinschuldnerprozessen" im Sinn des § 6 Abs 3 KO - also jenen Verfahren, in denen der Gemeinschuldner selbst als Kläger oder Beklagter auftreten kann - gehören nur jene Streitigkeiten, deren Gegenstand nicht vermögensrechtlicher Natur ist, und Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, sofern der Streitgegenstand weder einen Aktivbestandteil noch einen Passivbestandteil der (Sollmasse) Konkursmasse bildet (RIS-Justiz RS0064115). Bestandverträge werden durch die Konkurseröffnung grundsätzlich nicht berührt, das heißt, dass das Bestandverhältnis sich unverändert mit der Konkursmasse fortsetzt; der Masseverwalter tritt mit der Konkurseröffnung ipso iure in den Bestandvertrag ein (RIS-Justiz RS0020908).Für die Beurteilung der Prozessfähigkeit des Gemeinschuldners ist von der Bestimmung des Paragraph 6, KO auszugehen. Danach fehlt in Verbindung mit Paragraph eins, Absatz eins, KO) dem Gemeinschuldner die passive Prozessfähigkeit im Masseprozess. Für Aktivprozesse des Gemeinschuldners mangelt es an einer solchen ausdrücklichen Regelung. Diesbezüglich gilt aber Paragraph 3, KO, wonach Rechtshandlungen des Gemeinschuldners und damit auch die Prozessführung als Kläger, soweit sie die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam sind (RIS-Justiz RS0064016; SZ 2004/159). Zu den „Gemeinschuldnerprozessen" im Sinn des Paragraph 6, Absatz 3, KO - also jenen Verfahren, in denen der Gemeinschuldner selbst als Kläger oder Beklagter auftreten kann - gehören nur jene Streitigkeiten, deren Gegenstand nicht vermögensrechtlicher Natur ist, und Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, sofern der Streitgegenstand weder einen Aktivbestandteil noch einen Passivbestandteil der (Sollmasse) Konkursmasse bildet (RIS-Justiz RS0064115). Bestandverträge werden durch die Konkurseröffnung grundsätzlich nicht berührt, das heißt, dass das Bestandverhältnis sich unverändert mit der Konkursmasse fortsetzt; der Masseverwalter tritt mit der Konkurseröffnung ipso iure in den Bestandvertrag ein (RIS-Justiz RS0020908).

Unter Rechtshandlungen, die die Masse betreffen, sind nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern alle Handlungen, die rechtliche Wirkungen hervorbringen, zu verstehen. Darunter fallen insbesondere Rechtsgeschäfte, für die kennzeichnend ist, dass sie auf einen rechtsgeschäftlichen Erfolg abzielen (Schubert in Konecny/Schubert Komm zu den Insolvenzgesetzen § 3 KO Rz 3). So ist etwa auch die Kündigung eine rechtlich relevante Handlung, die rechtliche Wirkungen im Vermögen des Gemeinschuldners hervorrufen kann, wobei es genügt, dass diese Wirkungen auch nur mittelbar die Masse betreffen (9 ObA 292/97z; 8 Ob 143/01i). Entfaltet daher eine vom Gemeinschuldner ausgesprochene Kündigung des Bestandverhältnisses für das Konkursverfahren mangels Genehmigung durch den Masseverwalter keine Wirkung (8 Ob 143/01i), muss ein Mangel der Vertretungsfähigkeit des Gemeinschuldners auch für die Anfechtung eines Bestandvertrags gelten, weil eine solche Rechtshandlung zweifelsohne Wirkungen erzielt, welche die Masse treffen. Die mangelnde Vertretungsfähigkeit bedingt wiederum, dass der Erstklägerin auch die Prozessfähigkeit fehlt.Unter Rechtshandlungen, die die Masse betreffen, sind nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern alle Handlungen, die rechtliche Wirkungen hervorbringen, zu verstehen. Darunter fallen insbesondere Rechtsgeschäfte, für die kennzeichnend ist, dass sie auf einen rechtsgeschäftlichen Erfolg abzielen (Schubert in Konecny/Schubert Komm zu den Insolvenzgesetzen Paragraph 3, KO Rz 3). So ist etwa auch die Kündigung eine rechtlich relevante Handlung, die rechtliche Wirkungen im Vermögen des Gemeinschuldners hervorrufen kann, wobei es genügt, dass diese Wirkungen auch nur mittelbar die Masse betreffen (9 ObA 292/97z; 8 Ob 143/01i). Entfaltet daher eine vom Gemeinschuldner ausgesprochene Kündigung des Bestandverhältnisses für das Konkursverfahren mangels Genehmigung durch den Masseverwalter keine Wirkung (8 Ob 143/01i), muss ein Mangel der Vertretungsfähigkeit des Gemeinschuldners auch für die Anfechtung eines Bestandvertrags gelten, weil eine solche Rechtshandlung zweifelsohne Wirkungen erzielt, welche die Masse treffen. Die mangelnde Vertretungsfähigkeit bedingt wiederum, dass der Erstklägerin auch die Prozessfähigkeit fehlt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Da im Revisionsrekursverfahren nur die Erstklägerin und die Beklagte einander gegenüberstehen, kann der begehrte Streitgenossenzuschlag nicht zuerkannt werden.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Da im Revisionsrekursverfahren nur die Erstklägerin und die Beklagte einander gegenüberstehen, kann der begehrte Streitgenossenzuschlag nicht zuerkannt werden.

Textnummer

E86652

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2008:0090OB00039.07M.0207.000

Im RIS seit

08.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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